Fuck 2020 Serie: Jules Näveri (Spiritraiser, Rootbrain, Profane Omen)
Wir alle sind durch die Pandemie mehr oder weniger traumatisiert worden – und es ist OK, sich nicht OK zu fühlen, wie ich auch in meiner KOLUMNE schrieb. In unserer neuen Serie „Fuck 2020“ kannst du nachlesen, wie die Kunstwelt, namentlich Musiker und Bands, damit umgegangen sind.
Was hat 2020 für euch persönlich und für die ganze Band am schwierigsten gemacht – was hat eurer Meinung nach am meisten genervt?
Seit wir uns entschieden haben, Profane Omen auf Eis zu legen, habe ich meinen musikalischen Fokus auf meine anderen Bands Rootbrain und Spiritraiser gerichtet. Wir waren vor der Pandemie mit Aufnahmen eingedeckt und es gibt eine Menge Material, das auf eine Veröffentlichung wartet. Wir hatten mit beiden Bands eine Menge Pläne für 2020. Als uns dann der Ernst der Lage bewusst wurde, haben wir sofort die Bremse gezogen. Ich lebe die meiste Zeit in Brasilien, also ist es schon eine ziemliche Herausforderung, in Finnland etwas gemeinsam zu planen. Jetzt während der Pandemie ist es einfach ein Wartespiel. Die Bands sind im Grunde Newcomer, also können wir uns nicht darauf verlassen, dass wir einfach nur die Songs rausbringen, wir müssen auch ein paar Shows spielen. Ich schätze, dass viele Bands, welche dazu die Entscheidungsfreiheit haben, lieber auf ihren Veröffentlichungen sitzen, bis sich die Situation ausreichend geklärt hat. Natürlich lässt sich durch die Tatsache, dass wir in einem Land leben, das von Covid schwer getroffen wurde, nicht wirklich viel vorausplanen. Wir sind seit März 2020 sozial distanziert zu Hause und machen nur noch das Nötigste, wie mit den Hunden spazieren gehen und Einkäufe machen. Die Tatsache, dass ich meine Familie und Freunde in Finnland nicht besuchen konnte, hat am meisten genervt, aber ansonsten kommen wir ganz gut damit zurecht.
Wie seid ihr mit dem Stress und den speziellen Herausforderungen in 2020 umgegangen?
Wir hatten gleich zu Beginn mit meiner Frau das Gefühl, dass es sehr lange dauern wird, bis es besser wird. Wir haben beschlossen, unser Haus so gemütlich wie möglich zu gestalten, damit sich der Aufenthalt darin entspannend anfühlt. Es wurde viel gestrichen und dekoriert! Wir arbeiten beide von zu Hause aus, also war auch eine gewisse Abkopplung davon notwendig, um nicht das Gefühl zu haben, plötzlich am Arbeitsplatz zu wohnen. Ich persönlich habe auch beschlossen, diese Zeit zu meinem Vorteil zu nutzen. Ich habe Online-Gitarrenunterricht genommen, um meine eigene Musikalität zu verbessern. Workout-Sessions zu Hause sind zur Routine geworden und auch die Stimmübungen haben neue Level erreicht. Alle diese hier erwähnten Aktivitäten dienen mir als Stressabbau. Ich kann mich auf etwas konzentrieren, das mir Energie gibt und mich kreativ werden lässt. Gesund und fit zu bleiben, ist mir irgendwie wichtig. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass sich ein Ventil öffnete und ich musste drauflos schreiben, und zwar jede Menge! Diese Situation hat definitiv meine kreative Seite geweckt, wenn ich nach etwas Positivem suchen muss.
Welche Veränderungen musstest du in/mit der Band 2020 vornehmen, abgesehen von vielen Absagen?
Mit Rootbrain und Spiritraiser haben wir uns die Zeit genommen, mehr vorauszuplanen und zu überlegen, wie wir neue Musik herausbringen wollen. Das erste Album von Rootbrain ist bereits fertig, also kann man einige Songs erwarten, die sehr bald herauskommen! Mit Spiritraiser haben wir die Hälfte des zweiten Albums aufgenommen und sind jetzt in der Vorproduktion, um den Rest hoffentlich im August/September 2021 aufzunehmen (wenn es die Situation erlaubt), aber wir planen schon gegen Sommer ein paar Songs zu veröffentlichen. Ich lebe seit 2012 größtenteils im Ausland und bin an diese Form des Musikmachens in der Ferne mit anderen Bandmitgliedern gewöhnt, also hat sich in dieser Hinsicht nicht viel geändert. Ich schätze, dass Bands jetzt versuchen, ihre Aktivitäten mehr online auf Social-Media-Kanäle zu verlagern, und das ist es, was wir auch vorhaben. Das einzige, was wir nicht planen können und wollen, sind die Shows. Jedenfalls nicht bis sich die Situation wirklich entspannt hat und es wieder Sinn macht, nach Europa zu fliegen. Wir mussten natürlich alle Shows für beide Bands absagen, aber darüber zu jammern hilft nicht wirklich.

Habt ihr 2020 auch als Chance gesehen, etwas völlig anderes auszuprobieren, um als Musiker weiterzumachen, z.B. Live-Streaming, „Zoom-Sessions“, Musikvideos? Wenn ja, könnt ihr uns etwas über eure Erfahrungen erzählen, z.B. wie war die Reaktion der Fans?
Es wird definitiv mehr Inhalte auf unseren Social Media Kanälen geben und das ist eine große Herausforderung für uns, denn wir reagieren alle eher allergisch darauf, wenn man seine Band in den sozialen Medien bewirbt. Die jüngere Generation macht das mit solcher Leichtigkeit, aber ich habe das Gefühl, dass diese ganze Sache zu schnell explodiert ist, als dass ich da mithalten könnte, also gibt es einiges zu lernen! Die Kontaktaufnahme mit den Zuhörern findet heutzutage hauptsächlich in den sozialen Medien statt und es ist wichtig, diesen direkten Austausch zu haben. Wir planen einige Sachen, um unsere Visagen dort öfter zu zeigen! Mit Rootbrain haben wir auch ein Musikvideo gedreht, bei dem jeder seine Parts bei sich zu Hause oder in der Nähe davon gedreht hat. Da wir in drei verschiedenen Ländern leben, war das nicht ganz einfach, aber es ist wirklich toll geworden! Wir werden den Clip bald veröffentlichen und dann werden wir mehr über die Reaktionen von Fans wissen.
Wie sehen eure Pläne für 2021 aus, worauf freut ihr euch? Eure Botschaft an Fans?
Checkt unbedingt Rootbrain und Spiritraiser an! Beide Bands werden in diesem Jahr neue Musik veröffentlichen, egal was noch passiert. Bleibt in Sicherheit, bleibt zu Hause, wenn ihr könnt, schützt euch und andere. Seid keine Arschlöcher!
Jules
SPIRITRAISER ROOTBRAIN
Startphoto: Pete Voutilainen
Bei Notfall – hier ein Videoclip zum Nervenberuhigen