Fresh ActInterviews

Enemy of Reality – Fresh Act August 2018

Enemy Of Reality ist eine Symphonic Metal Band aus Griechenland, die mich mit ihrem Auftritt bei der Tour mit Therion Anfang dieses Jahres schwer beeindruckt hat. Kein Wunder, Iliana – Vocals, Steelianos – Guitars, Thanos – Bass, Philip – Drums (auf dem Foto auch noch Keyboarder Leonidas, der im Mai ausstieg) sind alles andere als Amateure. Sie haben bereits mit Acts wie Leaves‘ Eyes, Xandria, Delain, Anathema, Epica, Rage, Uli John Roth etc die Bühne geteilt. Zwei Alben sind beim Indielabel FYB Records erschienen, welches jedoch nicht mehr zu existieren scheint* – und gerade haben sie selbst eine Live DVD mit ihrem kompletten MFVF XII  2014 und 3 akustischen Songs von ihrem Opener-Set für Anneke Van Giersbergen in Athen 2015 herausgebracht, erhältlich über die Bandwebsite. Also höchste Zeit für ein Interview…

Wie war die Tour mit Therion, hat es euch in Finnland gefallen?
Die Tour war großartig, wir haben tolle Erfahrungen gesammelt und viele schöne Erinnerungen. Wir spielten viele coole Gigs und haben neue Freundschaften mit Leuten aus dem Publikum geschlossen. Überdies waren die Bands, mit denen wir tourten, absolut tolle Leute. Finnland fanden wir absolut toll, echt. Alles war so super organisiert in allen Venues, es gab genau null Probleme und abgesehen vom Wetter, dem Schnee und der Kälte war es einfach nur großartig. Ich plappere das nicht nur so einfach dahin, wir können es echt kaum erwarten, hier wieder mal aufzutreten.

Wie kam diese Tour mit Therion für euch überhaupt zustande?
Wir erfuhren Neuigkeiten über eine anstehende Tour, kontaktierten die Agentur und diese wählte uns aus vielen Kandidaten aus, die sich ebenfalls gemeldet hatten. Wir hatten bereits zuvor mit Chiara auf unserem letzten Album gearbeitet und auch mit ihr live gespielt, und daher vermuten wir, dass uns noch mehr Leute live schon mal auf einer Festivalbühne erlebt hatten.

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Ihr habt eine Reihe namhafter GastmusikerInnen auf eurem aktuellen Arakhne Album, genauer gesagt Jeff Waters (Annihilator), Fabio Lione (ex-Rhapsody Of Fire, Angra) und Chiara Malvestiti (Therion/ Crysalys). Wie kam das zustande?
Wir hatten schon einige GastmusikerInnen auf unserem ersten Album „Rejected Gods“ (2014): Christos Antoniou (SepticFlesh, Chaostar), Ailyn Giménez (Sirenia), Mike LePond (Symphony X), Androniki Skoula (Chaostar) und Maxi Nil (Jaded Star, ex-Visions of Atlantis).
Wir haben die meisten von ihnen persönlich kennengelernt, mit einigen sind wir auch befreundet, wir fragten einfach, ob sie Bock drauf hätten. Und um ehrlich zu sein, wir brauchten Gäste aus spezifischen Gründen, um unser Konzept besser rüberzubringen und damit die Songs besser funktionieren. Fabio Lione sang die Rolle von Narcissus, wir brauchten diese bestimmten schönen männlichen Vocals für „Reflected“, Chiara sang die „Arakhne“ in einem Showdown als Duett mit Iliana (als Athena). Und was Jeff Waters betrifft, wir trafen ihn bei einem Festival, bei dem wir auftraten vor einigen Jahren, unser Track „Nouthetisis“ hatte so einen Thrash-Vibe, daher fühlte es sich richtig an, seinen Character in einem Gitarrensolo einzubringen.

Eventuell erzähl uns noch mehr über die Band – wer sind die Mitglieder, wie habt ihr einander kennengelernt und wie kam es zur Gründung dieser Band?
Wir gründeten die Band in 2013. Iliana (vocals) hatte sich schon durch ihre Beteiligung an SepticFlesh „The Great Mass“ einen Namen gemacht und Drummer Philip war eine Größe in der lokalen Szene. Beide hatten gerade ihre Bands verlassen, um ihr eigenes Ding durchzuziehen. Sie nahmen mit mir (Steelianos) Kontakt auf zu einer Zeit, als ich gerade einige Monate mit diversen anderen Bands aufgehört hatte. Gemeinsame Freunde stellten die Verbindung her, und ich nahm diese Herausforderung an. Wir wollten eine Band gründen, die alle unsere Einflüsse vereinte: Symphonic Metal, Prog, Power, also ungefähr alles, das uns gefällt. Zu dieser Zeit spielte ich mit Marianthie (Keyboards auf „Rejected Gods“) in einer anderen Band, also brachte ich sie mit, und schließlich trafen wir Thanos (Bass, davor spielte er in Black Metal-Projekten) ein paar Wochen später. Wir trafen uns, wurden immer bessere Freunde und begannen Ende 2013 mit dem Komponieren. Unser erstes Album kam im Sommer 2014 raus.

Wie hat sich euer Stil entwickelt, wo liegen eure musikalischen Wurzeln und Einflüsse?
Wie bereits gesagt, haben wir alle unterschiedliche Wurzeln mit einem gemeinsamen Faktor, Metal. Um ein paar Beispiele zu erwähnen, Iliana hört sich ungefähr jede Symphonic Metal Band und Band mit Frontfrau an, die es nur gibt. Philip steht auf Modern Metal, die schwedische Melodic Death Szene und auch Grindcore. Thanos hört sich alles zwischen klassischem Heavy und Power Metal Bands bis hin zu Progressive und Black Metal an. Und ich fing auch mit der klassischen Metalszene an, aber im Lauf der Zeit kam alles von Jazz zu Blues oder Thrash, Speed, Power, Progressive und Modern Metal dazu. Einige von uns hören auch gerne Folk und Traditionelles aus Griechenland und anderen Ländern. Zunächst schrieben wir einfach Songs, die sich irgendwie richtig anfühlten, und das tun wir noch immer, aber wir versuchen auch, dem Konzept so gut wie möglich gerecht zu werden.

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Wie macht ihr das mit dem Songwriting und den Texten, ist es Teamwork – und gibt es eine bestimmte Philosophie in eurem Schaffen? 
Ja, wir erschaffen ungefähr alles selbst als Team. Auf unserem ersten Album hat auch Marianthie (Keyboards) zum Songwriting beigetragen und auf dem zweiten Album war es der zweite Keyboarder Leonidas. Die Texte schreibt hauptsächlich unser Bassist Thanos. Das Konzept von  Arakhne war das erste, dem wir gemeinsam zustimmten, ehe wir mit der Arbeit anfingen. Dann schrieb  Iliana ihre Gesangslinien vor den Texten, während ich musikalische Ideen mit  Leonidas austauschte, und wir schlossen den Songwriting-Prozess innerhalb weniger Monate ab. wir versuchen immer, das Beste aus uns selbst herauszuholen und das Song-Konzept dabei zu bewahren.

Wie kamt ihr auf den Bandnamen – gibt es da eine Story dazu? 
Tja, das kam ursprünglich von Nevermore, um ehrlich zu sein. Ich kann mich nicht genau an den Moment erinnern, als es passierte, aber wir hatten eine philosophische Diskussion über das Konzept der Realität und wie wir sie wahrnehmen, und was der größte Feind der Realität ist – manchmal sind wir es selbst, wenn wir uns zurückhalten oder die Art verändern, wie wir die Realität sehen. Eines führte zum anderen, und als  Iliana diese Idee einwarf, klang es so schlüssig, dass wir sofort zustimmten.

Habt ihr Musik studiert, euch selbst alles beigebracht oder wie wurdet ihr alle überhaupt Musiker? 
Wir alle haben Musik studiert. Iliana hat ein klassisches Gesangsdiplom, also hat sie ein jahrelanges Training hinter sich und arbeitet auch als Gesangslehrerin. Philip hat auch einige Schlagzeugstunden mit den besten Drummern aus Griechenland hinter sich. Thanos hat eine Ausbildung an Schlagzeug, Gitarre und Bass. Und was mich betrifft, ich habe viele Jahre lang Gitarre studiert und gebe auch seit vielen Jahren Unterricht an der E-Gitarre. Musik ist unsere Leidenschaft, jeder Musiker wird dir da dasselbe sagen. Und wir haben Glück, dass wir tun können was wir gerade tun.

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Wie ist die Lage für Rock / Metalbands in eurem Land (besonders was euren Stil betrifft)? Was macht ihr im „richtigen Leben“, wenn ihr nicht Musik macht? 
Es ist sehr schwierig, du kannst nicht hauptberuflich eine Rock / Metalband sein, es ist eine Leidenschaft und keine einfache. Andere Genres sind viel mehr im Mainstream als das, was wir machen, und es ist viel einfacher dort Erfolg zu haben als im Metal. Obwohl es in Griechenland eine solide Szene mit vielen tollen Bands in allen Metalgenres gibt, hört sich die Mehrheit lieber Pop und (griechische) Volksmusik an. Aber wir bleiben am Ball, da wir an diese Art von Musik glauben. Im richtigen Leben sind zwei von uns, Philip und Thanos, in regulären Jobs, während Iliana und ich das Glück haben, hauptberuflich mit Musik und Musikunterricht zu arbeiten, mit Studenten am Konservatorium und in Privatstunden.

Habt ihr eine wüste / absurde Story auf Lager, beispielsweise was bei einem Gig schiefging, oder was war das Beste / Schlimmste, was euch auf Tour passiert ist? 
Tja, da gab es viel, was im Lauf der Jahre so schief lief bei unseren Gigs, besonders was den technischen Aspekt betrifft. Ich bin von der Bühne gefallen (ohne mir weh zu tun, glücklicherweise), bei einem Festival vor vielen Jahren hatte ein Techniker einige Kabel in meinem Equipment vertauscht, also kam der erste Song für das Publikum in einem akustisch-trockenen Sound, bei mir auf der Bühne verzerrt – wie er sein sollte – raus. Ich erinnere mich an eine Show, wo die beiden anderen Bands ihre PA mitten im Set verrecken sahen, also wurde einige Male unterbrochen und dann völlig abgesagt. Das sind nur einige meiner Erinnerungen, und ich bin sicher, dass die anderen in der Band noch mehr auf Lager haben, das sie erzählen könnten.
Das Beste, was uns auf jeder Tour passiert, ist es, wenn wir das Publikum überzeugen können und dass hinterher Leute kommen und uns sagen, wie sehr es ihnen gefallen hat. Wir haben so viele Freundschaften gewonnen, nicht nur mit dem Publikum, sondern auch mit der Crew von Venues. und das ist auch der Grund, warum wir das tun was wir tun. Wir haben Spaß dabei, wenn wir anderen Leuten mit unserer Musik Freude bereiten können.

Was habt ihr in (naher) Zukunft vor? 
Wir arbeiten gerade an unserem dritten Album und experimentieren viel. Wir haben die Tour mit Therion abgeschlossen, danach hatten wir einige Gigs mit SepticFlesh. Im Oktober werden wir beim FemMe (Female Metal Event) in Holland auftreten. Folgt uns einfach über Social Media, um auf dem Laufenden zu bleiben! Wir hoffen auch, recht bald wieder nach Finnland zu kommen!

Danke vielmals für dieses Interview, stay heavy!

Photos: Band, K. Weber

http://enemyofreality.com

* FYB Records Platten gibt es hier zu kaufen: https://www.discogs.com/label/755526-FYB-records

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Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....