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Bruderschaft: “Es zählt der Gedanke bei dem, was wir tun, nicht die Anerkennung”

Wir haben euch ja bereits das Electronic / Synth / EBM Projekt Bruderschaft in unserem Special vorgestellt, aber klarerweise wollten wir mehr über diese All-Star Formation (Mitglieder von VNV NATION, COVENANT, APOPTYGMA BERZERK und ICON OF COIL bzw. ASSEMBLAGE 23) wissen, die ihre Veröffentlichungen (die EP “Forever” vor 10 Jahren und nun die neue Full-Length CD “Return” voll und ganz in den Dienst der Krebshilfe gestellt hat. Rexx Arkana, ein populärer DJ, Künstler, Produzent und Promoter aus New York, der mit unzähligen Szenegrössen (u.a. Skinny Puppy, Ministry) gearbeitet hat, ist der Gründer und Mentor von Bruderschaft und erzählt uns hier etwas mehr darüber.

Erstmal Gratulation zum gelungenen zweiten Bruderschaft-Projekt – wie waren denn die Reaktionen auf die neue CD “Return” bisher?
Wir sind alle sehr froh darüber, wie dieses Album aufgenommen wurde, besonders wenn man bedenkt, dass 10 Jahre vergangen sind, seit wir was veröffentlicht haben. Wir haben viele tolle Reviews bekommen und die Verkäufe waren so gut, dass sie uns in der Kategorie Electronic Dance bei Amazon USA auf die Nummer 1 gehievt haben.

Was waren denn die Schwierigkeiten, die du meistern musstest, um ”Return” Realität werden zu lassen (da du erwähnt hattest, dass “nicht alles nach Plan lief”?) Hattest du denn geplant, bis zur nächsten Veröffentlichung 10 Jahre verstreichen zu lassen, oder hat es einfach so lange gedauert?
Der Song “Return” war ziemlich schnell nach “Forever” fertig, aber ich wollte nicht wieder eine Veröffentlichung mit einem einzigen Song in 25 Remixes haben, also beschlossen wir, Songmaterial für ein volles Album zu erschaffen und bei jedem Song einen anderen Sänger zu präsentieren. Die geographische Streuung der Beteiligten bedeutete auch, dass es eine Weile dauerte, bis wir alles zusammengetragen hatten. Es war eine langwierige Sache, aber sie war es wert.

War es ganz am Anfang eigentlich schwierig, Partner für dieses Projekt zu finden, also Musiker und Plattenfirma? War es jetzt bei der zweiten Veröffentlichung einfacher – da die erste ein Erfolg war – oder schwieriger, weil die Erwartungen höher lagen auf beiden Seiten?
“Forever” war nicht als Song geschrieben worden, sondern als Worte an meinen Vater. Jeder, der in dieses Projekt involviert war, hat sich freiwillig beteiligt, denn sonst wäre es wohl nie Realität geworden. Alle Künstler, mit denen wir gearbeitet haben, waren etwas Besonderes, sowohl was ihr Bedürfnis betrifft, sich an dem Projekt zu beteiligen, als auch das Endprodukt, was sie dazu beigetragen haben. Ich muss mich glücklich schätzen, so viel Unterstützung von ihnen zu erhalten und dass ich das Privileg habe, mit so talentierten Leuten wie Dräcos an der Musik zu arbeiten.

Wie wurden die Performer bzw. die Songs ausgewählt? Gab es da konkrete Pläne im Vorfeld (dass etwa ein bestimmter Sänger schon beim Komponieren eines Songs vorschwebte) oder suchten sich die Leute selbst die Songs aus, oder lief es nach dem Motto “wer zuerst kommt”?
Einige der Songs – wie “Trigger”, “Return” und “6AM” – waren für bestimmte Sänger konzipiert und wurden losgeschickt, um diese Sänger zu kriegen. Andere Songs – wie “Falling”, “Dead Tomorrow” und “Goodbye” – wurden eher mit viel Glück und glücklichen Zufällen realisiert.

Wie viel Zeit hast du bisher in dieses Projekt investiert? War es schwierig, alles mit deinen anderweitigen Verpflichtungen unter einen Hut zu kriegen, musstest du eventuell was anderes deswegen aufs Eis legen (Arbeit/Privat- oder Sozialleben), um Deadlines halten zu können?
Einer der Gründe, warum es so lange gedauert hat, war jener, dass wir eigentlich nie eine definitive Deadline für das fertige Album hatten. Wir arbeiteten ein bisschen daran, dann widmeten wir uns FGFC820 oder Remixes oder einer Tour, und wir mussten das ganze wieder etwas ruhen lassen. Das war manchmal frustrierend, aber wenn es nicht so gelaufen wäre, dann hätten wir nicht so einen Track wie “Falling” auf dem Album, der einer meiner persönlichen Faves ist.

Hat du denn irgenwelche persönlichen Reaktionen von Leuten oder Organisationen gekriegt, denen durch das erste Bruderschaft-Projekt mit der ”Forever” EP vor 10 Jahren geholfen wurde? Falls ja, was genau war es?
Wir haben nicht wirklich viel Feedback von der American Cancer Society (Amerikanischen Krebs-Gesellschaft) bekommen, und ich vermute, weil das so eine Riesenorganisation ist und sie auf regelmässiger Basis Spenen erhalten, die viel grössere Beträge ausmachen als unsere. Sie waren dankbar, aber schliesslich zählt ja der Gedanke bei dem, was wir tun, und nicht die Anerkennung.

Was sind denn die Kriterien, nach denen ihr die Organisationen aussucht, die das Spendengeld erhalten – kannst du da ein paar Beispiele nennen?
Wir spendeten an die American Cancer Society (Amerikanischen Krebs-Gesellschaft) weil das die grösste Organisation hier in den USA ist, aber wir sind auch der Empfehlung von Alfa-Matrix gefolgt und suchen auch eine Organisation in Europa.

Da der Hintergrund dieses Projekts ja ein ziemlich trauriger ist (du hast deinen Vater durch Krebs verloren), ist es noch immer schmerzhaft für dich, daran zu denken?
Natürlich. Ich vermisse ihn und bedaure, dass er nie seine jüngste Enkelin kennenlernen konnte. Dieses Album ist auch für mich ziemlich schwierig, da die meisten Songs von den geliebten Menschen in meinem Leben handeln, die ich verloren habe. Vielleicht wird die dritte Bruderschaft Veröffentlichung endlich eine sein, die ich mir ansehen oder anhören kann, ohne dabei Trauer zu empfinden.

Wie seid ihr eigentlich auf den Namen Bruderschaft – also den deutschen Begriff – gekommen und habt nicht einfach ein ähnliches Wort in eurer Muttersprache verwendet (wie ”brotherhood”, ”community, unity”)?
Ich glaube, ich zog einfach den Klang des deutschen Worts “Bruderschaft” dem englischen Begriff “brotherhood”vor. Und ich glaube, der Name passt gut zu diesem Projekt, denn es ist genau das, was das Wort beschreibt – eine Gemeinschaft von talentierten Künstlern und Sängern aus der ganzen Welt.

Was hast du in nächster Zukunft geplant (mit Bruderschaft, mit deinen eigenen musikalischen Projekten) ?
Wir würden gerne mehr Liveshows spielen, da wir bisher nur zwei Mal aufgetreten sind und unser Sänger (Daniel) auch noch seine Stimme vor unserer WGT Show im vergangenen Jahr verloren hatte. Ausserdem haben wir noch nie in den USA einen Auftritt gehabt. Wir würden auch gerne wieder in Europa spielen, sowohl mit Bruderschaft als auch mit FGFC820. Hoffentlich haben wir nächstes Jahr mehr 820 Material und auch vielleicht schon das Debüt meines neuen Projekts Armor mit Brendin Ross. Vielen Dank für diese Gelegenheit und die Unterstützung!

Photos: Band

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....