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Rockfest Vantaa 2017

Vehkala, Vantaa, Finnland, 9.-10. Juni 2017  –  Fotogalerie HIER

Neues Festival, neues Gelände, innerhalb von 15-20 Minuten via Öffis von Helsinki aus zu erreichen, und dann noch das ausgezeichnete Line-Up. Rammstein! Ausserdem noch Glück, an beiden Tagen Festival-Kaiserwetter. Also nix wie hin, und ungefähr 30.000 Leute dachten sich dasselbe am Freitag (siehe Startfoto). Was dann auch ein Problem werden sollte, aber dazu später…

Mich beschäftigte da zunächst die Frage, was denn schlimmer sei: Die gesamte Ausrüstung mitzuschleppen und dann doch keinen Fotopass zu kriegen, oder dann überraschend doch einen zu erhalten – aber nur ne alte Kompaktkamera dabei zu haben? Nunja, ich kriegte ich doch einige nette Pics damit zustande.

Dass Freitag hart an der Ausverkauft-Grenze schrammte, wurde schon bei Toröffnung klar, da warteten schon hunderte oder tausende in einer elendslangen Schlange. Doch der Einlass floss zügig, und Royal Republic konnten sich über zunehmendes Publikum freuen. Unterhaltsame Truppe aus Schweden, deren Sound in etwa mit Danko Jones zu vergleichen ist – und auch hier plaudert der Frontmann gerne. Da gab es James Brown Zitate, oder gar Max Raabe, ehe am Schluss noch ein Metal-Medley (Metallica, Motörhead) gezockt wurde.

Die Zeltbühne wurde gleich anschließend von Brother Firetribe eröffnet. Was kann man da gross erzählen, diese Strahlenmänner mit ihrer guten Laune und ihren Ohrwürmern sind stets unwiderstehlich. Apropos Ohrwürmer, Viikate auf der Hauptbühne sorgten da gleich wieder für eine etwas melancholischere Note. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie diese Finnen mit ihrem altertümlichen „Rautalanka“ Stil und Bühnenshow/Texte Marke Beerdigungsinstitut die Massen begeistern. Bei Kotiteollisuus drohte das Zelt schon aus allen Nähten zu platzen – tja, auch hier muss man nicht viel erzählen, die Jungs gebärdeten sich wieder mal wie die ärgsten R’n’R Asis, und die Meute rastete dementsprechend aus.

Pain hatten schon eine massive Menge vor sich, die auch schon kräftig auf Feierstimmung machte. Klar, sowohl die alten als auch die neuen Songs wie etwa Call Me (hier incl. Sabatons Joakim Handpuppe)  gehen ins Ohr. Nur fiel mir auf, dass viele doch recht ähnlich klingen… Egal, Herr Tägtgren und seine Truppe sind stets ein Garant für eine kurzweilige Show. Die Stimmung im Zelt bei Turmion Kätilöt war schon vor Beginn des Gigs am Überkochen. Die Truppe heizte den Fans wieder ordentlich ein, und der neue Mann am Mikro machte sich gut, obwohl Saku hier anscheinend weniger Make-Up trägt als bei seiner alten Band Fear Of Domination.

Rammstein durfte niemand vom Fotograben aus knipsen – wohl aus Sicherheitsgründen – aber da hatte ich nicht wirklich was dagegen. So liess sich die phänomenale Show verfolgen (obwohl ich da auch erst ein Fleckchen finden musste, wo man nicht totgequetscht wurde). Wahnsinn, schlicht und einfach. Ein Genuss! Diese Band ist einfach unglaublich! (Hier ein paar halbwegs ansehliche Schnappschüsse).

Den Rock-Partysound von Infected Mushroom hörte ich noch ein bisschen aus der Ferne, als ich versuchte, den Bahnhof von Vantaakoski zu Fuss zu erreichen – es dauerte fast 3h, nach Hause zu kommen…

Am Samstag war ich doch noch zu erschöpft für Musta Paavi und deren Black Metal. Ich kam bei Metsatöll an, die umgehend gute Laune mit ihrem Folk Metal und launigen Ansagen verbreiteten. Der Mann an der Flöte hat diese irre sonore Stimme… Und ja, es war hier und auch bei Santa Cruz im Zelt  offensichtlich, dass die Menschenmassen an diesem Tag ausbleiben sollten. Unangenehm für die Bands, für viele incl. meinereiner eher nicht.

Der Rockstar-Nachwuchs Santa Cruz hatte ja schon die Sau rausgelassen, doch der Altmeister der Bühnenshow Michael Monroe zeigte wieder mal mit seiner All-Star-Truppe, wie es richtig gemacht wird. Und auch Peer Günt später im Zelt sollten mindestens ebenso heftig abhotten wie 20jährige…

Auf Guano Apes war ich ja schon gespannt – und diese Band sollte auch den Besucherrekord im Festivalzelt für diesen Tag halten. Nur ganz so zündete der Gig nicht. Ich fand, dass nach dem herrlich derben Einstieg dann viel zu viele ruhige Songs folgten. Zwar ging dann die Post mit Klassikern wie Open Your Eyes wieder ab, nur war dann der Gig ja auch zu 2/3 gelaufen…

Dead By April waren mit ihrem -core nicht so ganz mein Fall, aber die Kids tobten da heftig im Moshpit. Zu Stam1na – ich vermisste nur etwas die aufblasbaren Strandutensilien und Baströckchen – und Diablo fällt mir nicht viel ein. Beide Bands haben klasse Songmaterial und wissen, wie man ihr Publikum um den Finger wickelt.

Auch bei Evanescence durfte nur aus gewisser Entfernung geknipst werden (hier offizielle Pressefotos). Deren intime Show entpuppte sich als das Gegenteil von Rammstein – statt Megalichtern und Flammen eine minimalistisch beleuchtete Bühne und so gut wie keine Gimmicks. Die Band ließ die Musik alleine wirken, was zur allgemeinen Wetterstimmung an diesem Abend (Mond, Bewölkung) auch hervorragend passte. Auch etwas entspannender nach dem Stress und Chaos am Vortag… Und ich war leider etwas zu müde, um mich der anschließenden Party im Zelt mit Proteus anzuschließen.

FAZIT – Plus: Ein neues Festival mit riesigem Potential und toller Lage. Riesiges Gelände direkt am Bahnhof – also raus aus der Bahnstation Vehkala und schon bist du beim Festivaleingang – und weit und breit keine Anrainer, da konnte locker bis in den frühen Morgen gefeiert werden. Es gab ausreichend Versorgung, von Essen Trinken bis zu dessen Gegenteil. Viele gute Ideen wie die Fanzone vor der Bühne (eine weitere Absperrung hinter der Hauptabsperrung, gegen Zusatzgebühr zugänglich – und zugleich der bequemste Fotograben aller Zeiten) sowie VIP Zonen benötigen noch etwas Schliff. Ich kriegte zu hören, dass sich einige VIPs etwas mehr an exklusiven Extras erwartet hatten.

Minus: Es gab nur eine Wasserstelle, und an Tag 1 war die Schlange hier länger als an sämtlichen Theken zusammen. Gelände zu offensichtlich noch ehemalige Baustelle. Die Leute hatten sich offensichtlich bemüht, aber matschige Pfützen, allgemeine Unebenheiten und grobes Geröll entpuppten sich stellenweise als Stolperfallen – und macht auch schnell müde. Kiesaufschüttungen für Trampelpfade hätten da eventuell geholfen. Das größte Problem war hinterher klarerweise, die 30000 Leute in diverse Öffis zu stopfen. Da haperte es an allen Ecken und Enden, trotz Sonderzügen und Festivalbussen (da stand gegen 2h morgens nur einer für ne Schlange von 3-500). Ich habe hinterher von teils krassen Szenen (niedergerissenen Absperrungen etc) gehört. Unter 1,5 Stunden Warterei oder Latscherei war da kein Transportmittel zu ergattern, ausser du hattest ein Taxi vorbestellt.

Dennoch trotz der „Kinderkrankheiten“ ein gelungenes Festival, also auf ein Neues in 2018!

Startfoto: Rockfest Vantaa skyjphoto
Evanescence-Fotos: Rockfest/Julius Konttinen, Henri Juvonen
Textfotos Rammstein: K. Weber

Festival-Website: http://www.rockfest.fi/

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....