Interviews

Obscurity: Wikinger und Redefreiheit

Obscurity aus Velbert im Bergischen Land zählt zu den Vorreitern jenes Genres, in dem sich Death-, Black-, Viking- und Pagan-Metal Einflüsse mischen. Zu den frühen Tagen und nordischen Mythologien haben uns Sänger/Gitarrist Agalaz und Drummer Isarn einiges zu erzählen. Die Band hat in Kürze auch einige Live-Auftritte im Kalender – mehr dazu im Interview:

Wann wurde Obscurity gegründet? Bitte erzählt uns die Geschichte.
Agalaz: Zunächst einmal vielen Dank für das Interview im Stalker-Magazin. Grüße an alle Beteiligten und an alle, die das hier lesen. Wir werden unser Bestes geben, damit ihr nicht schon nach den ersten paar Zeilen einschlaft, haha.

Die Band wurde 1997 von Nezrac (Ex-Gesang), Ziu (Ex-Bass), Arganar (Ex-Schlagzeug) und Agalaz (mir) gegründet, zunächst spielte ich Gitarre und dann mit dem 2009er Album Várar übernahm ich den Gesang. In den ersten zwei oder drei Jahren versuchten wir, auf Englisch zu schreiben und hatten einen etwas stärkeren Black-Metal-Ansatz als heute, aber ich denke, wir haben noch immer einige echte Black-Metal-Einflüsse eingemischt. Der Wechsel der Sprache ergab sich mit der Erkundung von mehr historischen und regionalen Themen. Wenn man zum Beispiel über Episoden aus der eigenen deutschen Geschichte schreibt, fühlt es sich irgendwie seltsam an, das in englischer Sprache zu tun. Im Laufe der Jahre wurden die deutschen Texte und historische und mythologische Themen so etwas wie unser Markenzeichen.

Wann habt ihr angefangen, euch für die nordische Mythologie zu interessieren?
Isarn: Die nordische Mythologie war schon immer ein interessantes Feld, das es zu erforschen gilt. Denn vieles an den Bedeutungen von früher oder was die Archäologie gefunden hat, ist im Laufe der Zeit verloren gegangen, oder es so alt, dass es keine Möglichkeit gab, alles durch ein Manuskript zu dokumentieren. Es ist also einerseits interessant, sich mit dem, was wir haben und was übrig geblieben ist, als Teil unserer Kultur und Geschichte auseinanderzusetzen. Andererseits gibt es so viel, was wir nicht wissen, dass wir das, was übrig geblieben ist, einfach in einen neuen Kontext stellen können. Es handelt sich also um eine Art Übersetzung aktueller, zeitgenössischer Themen in etwas Altes und Uraltes. Wenn man so will, benutzen wir die nordische Mythologie als eine Art metaphorische Sprache.

Wie sieht die Pagan-Metal-Szene in Deutschland derzeit aus?
Agalaz/Isarn: Eigentlich ist die Szene in Deutschland ziemlich groß. Zumindest ist das unser Eindruck. Es gibt einige alteingesessene Bands oder Institutionen, die schon seit Jahrzehnten in der Szene aktiv sind, und dann gibt es im Moment eine Art „neue Welle“, wenn man es so nennen will. Viele Bands, die recht neu und jung sind, beschäftigen sich mit diesen Themen und finden hier ihre Inspiration. Trotzdem gibt es musikalisch gesehen keine echte Pagan Szene, weil jede Band einen anderen musikalischen Ansatz hat und es keine homogene Masse gibt (was übrigens toll ist). Es ist immer schwer, ein Musikgenre zu definieren und alles, was mit der nordischen Mythologie zu tun hat, fällt unter Pagan oder Viking. Wenn also jemand einen Metal-Song über Liebe schreibt, ist das Genre dann Love Metal? 😉

Habt ihr Lieblings-Metal-Bands oder -Künstler?
Agalaz: Zu viele! Jeder in der Band hat seine eigenen Lieblingsbands und -künstler oder Genres. Für unseren Schlagzeuger Isarn und mich ist es eher Black Metal, Askar mag melodischen Death Metal und unsere neuen Mitglieder Grimnir und Vidar haben ihre musikalischen Wurzeln im Pagan und Viking Metal. Aber es ist fast unmöglich, nur einen Künstler oder eine Band aus jedem Genre zu nennen.

Woran arbeitet ihr gerade? Bitte erzählt uns von euren zukünftigen Plänen und Projekten.
Isarn: Im Moment konzentrieren wir uns auf unsere Live-Auftritte. Wir haben uns mit unserem verehrten Studiotechniker von 4CN Studios Zeit genommen, um an technischen Lösungen für die Bühne zu arbeiten. In-Ear-Monitoring, einige wenige Backing-Tracks und die Programmierung von Licht-/Nebel-Effekten zum Beispiel. Im Moment nutzen wir gerne jede Gelegenheit, live zu spielen, da wir letztes Jahr unser Album SKOGARMAORS veröffentlichten und es da nur wenige Gelegenheiten für Konzerte gab.

Zukunftspläne? Es wird in naher Zukunft ein paar Kleinigkeiten geben, die mit dem letzten Album zu tun haben. Ansonsten haben wir ein paar Dinge im Kopf, aber es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Wir werden es euch alle wissen lassen, wenn die Zeit gekommen ist. Aber eines ist sicher: Es wird etwas Besonderes für uns sein.

Rockharz Open Air 2022

Wie sieht es mit Live-Shows aus? Habt ihr demnächst Konzerttermine?
Agalaz: Die letzte Show war das fantastische Turock Open Air von unserem Freund Peter, der uns eingeladen hat, Teil dieses tollen Billings zu sein.
Am 10. September gibt es ein Konzert mit unseren Freunden Black Messiah im Clubhaus Annahütte,
Am 24. September spielen wir beim Thorshammer Festival,
am 10. Dezember bei der 30 Jahre Black Messiah Veranstaltung in Oberhausen.
Ansonsten sind noch einige weitere Termine und eine Tour geplant, wir werden euch über Social Media auf dem Laufenden halten.

Gibt es irgendwelche Obscurity-Nebenprojekte von Bandmitgliedern?
Isarn: Ja, die gibt es. Aber die Jungs würden mich umbringen, wenn ich es ein Nebenprojekt nennen würde, haha. Am erwähnenswertesten ist Helgrindur, die von Vidar und Grimnir gegründete Band. Sie machen Pagan Metal und arbeiten gerade an einem Studioalbum. Wahrscheinlich werden wir dieses Jahr noch ein paar Gigs zusammen spielen. Ich habe sie dieses Jahr am Bass begleitet. Ihr solltet sie unbedingt anhören.
Ich habe eine Art Black-Metal-Soloprojekt am Laufen, aber es ist nicht dazu gedacht, jemals live zu gehen. Das ist einfach mein kreativer Freiraum, in dem ich die einzige Person bin, welche die Grenzen setzt. Ihr werdet in Zukunft mehr darüber hören.

Agalaz, die Band hat sich davon distanziert, einen politischen Standpunkt einzunehmen. Wird die Band trotzdem ermutigt, politisch aktiv zu werden?
Agalaz: Nein, gar nicht. Jedes Bandmitglied hat seine eigene Meinung zu politischen Themen und wir haben uns als Band der Rede- und Gedankenfreiheit verschrieben. Wir wollen den Zuhörern also nicht vorschreiben, was sie zu denken oder zu tun haben. Politik ist ein Kampf, für den wir alle nicht erzogen wurden 😉

Spielt Dornaz noch gelegentlich mit der Band?
Im Moment nicht. Aber Dornaz ist immer noch ein Mitglied von Obscurity. Er hat sich entschieden, so etwas wie eine Pause einzulegen oder besser gesagt, er will im Moment einen Schritt zurücktreten.

Wenn ihr es bis hierher geschafft habt, möchten wir euch danken, dass ihr unseren selbstdarstellerischen Schwurbel gelesen habt. Bitte, seid nett zueinander und denkt selbst nach.
Vielen Dank für das Interview, es war uns ein Vergnügen, eure Fragen zu beantworten! Bis zum nächsten Mal!

Bandwebsite

Interview: John Wisniewski, Fotos: Band

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski