ArchivInterviews

Morgoth: Kein Ausflug nach Stockholm

Nach einer – für die meisten viel zu langen – Kunstpause meldete sich letztes Jahr eine der Speerspitzen des deutschen, wenn nicht gar europäischen, Death Metals mit einigen fulminanten Live-Shows zurück. MORGOTH-Gitarrist Sebastian Swart plaudert mit STALKER über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer Legende.


Sotirios Kelekidis: Bass; Harry Busse: Guitar; Marc Reign: Drums; Marc Grewe: Vocals; Sebastian Swart: Guitar
Moin Sebastian, da sind wir wieder! Letztes Jahr, kurz vor eurem Comeback und der „Cursed“-Jubiläumstour, hatten wir an anderer Stelle schon mal über die bevorstehenden Gigs und die Vorfreude darüber gesprochen. Wie sieht eure Welt jetzt, ein Jahr später, aus? Was habt ihr erwartet und was habt ihr bekommen?
Sagen wir so: wir haben mehr bekommen, als wir erwartet hatten. Im Grunde sind wir mit sehr niedrigen Erwartungen an den Start gegangen, denn wir hatten ja auch keine Ahnung, wie die Leute letztlich reagieren würden. Im Vorfeld gab es zwar in erster Linie sehr positive Statements aber durchaus auch kritische bis ablehnende. Unterm Strich war 2011, was die Gigs und die Reaktionen betraf, in jedem Fall klasse für uns!

Das heißt also, ihr habt noch richtig Bock, die ersten Festivals für 2013 sind schon gebucht und ihr probt schon wie jeck an der 20 Jahre „Odium“-Jubeltour?
Nein! 2013 sind zunächst keine weiteren Shows geplant, was nicht heißt, das wir ggf. ein gutes Angebot wahrnehmen werden. Wir werden Ende des Jahres 1,5 Jahre mit dem alten Material auf vielen guten Festivals gespielt haben und das geplante 20 Jahre Cursed Jubiläum ist damit abgeschlossen. Was 2013 bringen wird, ist noch völlig offen.

Euer Haus- und Hoflabel Century Media veröffentlichte gerade seine Biografie und ihr seid ein nicht unwesentlicher Bestandteil dieser Erfolgsgeschichte. Was hat CM richtig gemacht und woran erkennt man, deiner Meinung nach, als junge Band heute ein gutes Label?
Es ist schon so, dass wir zu Beginn von Century Media ein starkes Zugpferd für das Label waren. Später sah das dann alles etwas anders aus, aber dennoch haben Century die ersten größeren Erfolge mit uns gefeiert. Die Labelführung um Robert Kampf hat in den vergangenen Jahren ein recht gutes Gespür dafür entwickelt, was in der Szene gut läuft und hat sich nach meiner Beobachtung weniger auf Experimente eingelassen. Damit wurde es natürlich auch geschäftlicher, aber letztlich kann ein Unternehmen eben nur dann überleben, wenn es kühl kalkuliert. Ich denke, Century ist es ganz gut gelungen, die Gratwanderung zwischen Business und Leidenschaft zu meistern.


Das gilt natürlich auch für Bands. Deswegen sei mir die Frage gestattet, ob sich euer US-Trip zum Maryland Death Fest eigentlich gerechnet hat, oder war das einfach die Überlegung: Da haben wir jetzt Bock drauf und machen das!?
Was heisst gerechnet? Klar hatten wir da Bock drauf und in den USA haben wir 21 Jahre nicht mehr gespielt. Wir spielen aber prinzipiell auch keine Shows, bei denen wir draufzahlen, insofern alles im grünen Bereich.

Kommen wir mal zu eurer gerade veröffentlichten Live-DVD „Cursed To Live“.Da ist so ein großes, schwarzes Dingens mit bei, welches nicht so recht in den CD-Schacht, geschweige denn in den iPod, passen will…
Ja, Vinyl erlebt wohl gerade eine neue Renaissance, vor allem bei Sammlern. Also haben wir uns entschlossen, Vinyl zu machen. Ich muss ebenfalls sagen, dass das Gefühl einer echten Platte und das Format kaum zu toppen ist. Dennoch bin ich froh, dass es digitale Musik gibt, da einfach praktischer.

Die Idee eine DVD zu machen lag natürlich auf der Hand, hatten wir doch eine ganze Reihe Shows mitfilmen lassen. Außerdem haben wir nie ein Live-Release gemacht und wer weiß, ob es dazu jemals wieder eine Chance gibt! Die Entscheidung fiel letztlich auf das Way of Darkness Festival, weil hier alles stimmte. Volles Licht, guter Sound, gute Stimmung, guter Preis 😉 Sehr gefreut hat uns die erneute Zusammenarbeit mit Dirk Rudolph, der wie 1991 schon das Cover gemacht hat. Es ist einfach klasse geworden. Düster, morbide und gleichzeitig sehr edel. Das hat er einfach drauf.

„Drauf“ hat es auch ein gewisser Dan Swanö, der für den soundtechnischen Endschliff verantwortlich ist. Ich hatte das auf facebook gesehen, als er sich vor Freude fast bepinkelt hatte bei der Ankündigung, dass er die DVD produzieren darf, bzw. schon hat. Lässt man so einen Typ einfach machen oder wolltet ihr schon wissen, was der da so treibt und wie ist die Zusammenarbeit mit Dan eigentlich entstanden?
Dan wurde uns empfohlen und er hat einfach zwei Testmixe zweier Songs abgeliefert. Die waren so gut, dass wir erst gar nicht weiter gesucht haben. Die Zusammenarbeit fand letztlich nur per E-Mail statt. Ich hatte kurz die romantische Vorstellung, Harry und ich flögen nach Stockholm, um dort in einem richtigen Studio zu arbeiten, ich hatte dabei aber wohl unterschlagen, dass wir 2012 schreiben und die Anwesenheit eines Musikers beim Mix im Studio gar nicht mehr nötig ist. Alles per Onlinelisten, Downloads und E-Mail 🙂


Seit geraumer Zeit liest man auf eurer Facebook-Seite diverse Huldigungen und Glückwünsche von etlichen szenerelevanten Musikerkollegen, was ich persönlich ziemlich cool finde. Ist das nochmal Balsam für die Seele oder verbucht ihr das unter: „Na ja, ganz nett. All die Jahre hat sich keiner für uns interessiert und jetzt kommen sie wieder…“?
Ja klar ist es schön, von diesen Musikern ebenfalls noch beachtet zu werden. Mit allen verbindet uns, dass wir etwas zusammen erlebt haben, was wir nicht wieder vergessen werden. Wenn man für einen längeren Zeitraum gemeinsam auf Tour ist, dann passiert schon so einiges be(merkenswertes). Wenn ihnen dann noch die DVD gefällt, ist das doch eine tolle Sache.

Durchaus! Was wäre denn mal ein Wunsch-Line Up für eine (fiktive) Tour und warum gerade diese Bands? Muss nicht zwingend Metal sein…
Da wir keine Tour planen, auch nicht fiktiv, habe ich auch kein Wunsch-Line Up.

Auch auf die Gefahr hin, dass du mir bei nächster Gelegenheit in den Maschinenraum treten wirst, möchte ich dir unsere Rubrik „7 Todsünden“ nicht vorenthalten. Was verbindest du persönlich mit diesen Attributen?
Völlerei – Langeweile
Neid – Dummheit
Trägheit – Kraftlosigkeit
Eitelkeit – Falscher Stolz
Gier – Grundbedürfnis der Dummen
Zorn – Ehrlichkeit
Wollust – widerliche Ferkeleien 🙂

Amen! Wer sich mit neuester Merch und einigen ausgesuchten CDs eindecken möchte, kann dies im offiziellen MORGOTH-Shop nach Herzenslust tun:
http://www.morgoth-shop.com/

Autor: + live-pics Vik

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski