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Blind Guardian, Orphaned Land

10.4.2015  Effenaar Eindhoven, NL

Nach etwa 2-jähriger Pause brechen Blind Guardian mit ihrem neuen Album „Beyond The Red Mirror„ zu einer neuen weltweiten Gastspielreise auf. Wir ließen uns die Gelegenheit nicht entgehen und nahmen sie beim Tourauftakt im holländischen Eindhoven unter die Lupe. Dabei lief aber nicht alles traumhaft…

Der Abend beginnt nicht gut. Auf dem Weg nach Eindhoven gerate ich in einen verkehrsunfallbedingten Stau, der mich fast eine Stunde meines Lebens kostet. Bedingt durch diese Verzögerung komme ich erst an, als Orphaned Land bereits auf der Bühne stehen. Zum Glück finde ich noch in unmittelbarer Nähe des Klubs einen Parkplatz, den ich schnell in Beschlag nehme.

Also nichts wie rein in das Effenaar, dass von außen wie ein Hochbunker wirkt und insgesamt 2 Konzertsäle beheimatet. Ein kurzer Blick im bereits prall gefüllten großen Saal offenbart, dass Orphaned Land aus Israel nur bei wenigen der Anwesenden gut ankommen. Schnell habe ich auch eine Vermutung, was die Ursache sein könnte: Zum einen agieren Kobi Farhi und seine Mannen recht hüftsteif, zum anderen hat man nicht gerade das Gefühl, einen Livekonzert beizuwohnen. Hier kommen nicht nur orientalische Instrumente vom Band, sondern auch ein Teil der Gesänge, und wenn ich mich nicht verhöre, sogar einige Percussions.

Der Gesamtsound leidet zudem unter extrem schwachbrünstigen Gitarren und (für meinen Geschmack) einem zu starken ethnischen Anstrich in den Lyrics. Ich teile damit die Grundhaltung der meisten der Anwesenden und beschränke mich auf Höflichkeitsapplaus. Bis zum Ende steigt die Anteilnahme im Publikum noch etwas an, sodass Orphaned Land nach 55 Minuten zumindest mit wohlwollendem Applaus verabschiedet werden.

Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause gibt es das Stageset der neuen Blind Guardian Show zu bewundern: abgesehen vom Backdrop bestehend aus 3 Quadraten, an denen Unmengen von rotierenden Lampen hängen, und 2 Spiegeln, wie sie vom Cover des neuen Albums bekannt sind. Wobei Spiegel hier das falsche Wort ist, eigentlich stehen nur Rahmen, in denen bei einigen Songs eine Art „Feuer„-Effekt erzeugt wird durch angestrahlten, flatternden Stoff. Sehr effektvoll, ebenso wie die Lichtshow.

Das Konzert wird mit dem Opener des neuen Albums, `The Ninth Wave` eröffnet. Auch wenn sowohl das Publikum als auch die Band zunächst noch etwas hüftsteif wirken, ist die Stimmung doch bereits jetzt deutlich besser als noch bei Orphaned Land. Nach dem Song begrüßt Sänger Hansi Kürsch die Anwesenden ausgiebig und berichtet von einer „holländischen Verschwörung„. Unter wachsendem Jubel berichtet er den Anwesenden, dass immer mehr Holländer in Diensten der Band aus Krefeld stehen, so z.B. der neue Live-Bassist Barend Courbois. Mit einem Augenzwinkern nimmt er dies jedoch gelassen, solange nicht seine eigene Position durch einen Holländer ersetzt wird…

Was folgt, ist ein 2-stündiger Ritt durch die Blind Guardian Historie. Dabei bringen Guardian insgesamt 4 Stücke vom neuen Album, vernachlässigen aber extrem „A Twist In The Myth„ (nur `Fly`, dafür aber in einer unglaublich harten, sehr guten Version) und `A Night At The Opera„ (kein Song). Auch die Referenzwerke der 90er, „Somewhere Far Beyond„ und „Tales From The Twilight World„ sind jeweils nur mit einem Stück vertreten. Trotzdem ist die Setlist ausgewogen und abwechslungsreich. Schade, dass der Griff in die Mottenkiste, wie Marcus Siepen ihn in unserem Interview angekündigt hat, nicht sonderlich tief ausfällt. So ist heute kein Song vertreten, den man in den letzten 10 Jahren nicht schon mal live gehört hätte. Aber was heute nicht ist, kann ja noch im Laufe der Tour werden.

Im Laufe der Show wird die Performance dann auch ausgelassener – sowohl auf als auch vor der Bühne. Nachdem die Balladen `Miracle Machine` (in einer sehr gelungenen Version mit akustischen Gitarren und leichter Percussion) und `A Past And Future Secret` in einem kurzen Akustik-Set an einem imaginärem Lagerfeuer gespielt werden, nimmt das Konzert immer mehr Fahrt auf, bevor es mit `Imaginations From The Other Side` zum ersten Mal  für beendet erklärt wird. Der Einstieg in die Zugaben ist `Into The Storm`, indem Hansi den Text etwas gegenüber der Studio Version und früheren Live-Versionen abändert. Der Grund erschließt sich mir allerdings nicht. Im Zugabenblock haben sich dann auch die beiden Highlights des Abends versteckt, `Valhalla` und `The Bard`s Song`, und auch das finale `Mirror Mirror` wird noch einmal von allen Anwesenden lauthals mitgesungen.

Unterm Strich war es also ein schöner, gelungener Abend, für den sich der weite Weg gelohnt hat und von dem man demnächst vielleicht den ein oder anderen Song in den heimischen 4 Wänden genießen kann. Blind Guardian schneiden nämlich jede Show der Tour mit, um hinterher ein Live-Album zusammenzustellen. Leider hält dieser Konzertabend für mich nicht nur am Anfang, sondern auch am Ende ein Negativerlebnis parat. Auch wenn ich mir bis jetzt immer noch keiner Schuld bewusst bin, scheint mein perfekter Parkplatz nicht ganz den Normen des ruhenden holländischen Verkehrs entsprochen zu haben. Die Quittung ist ein Parkticket im Wert von schlappen 90€…

Setlist:
The Ninth Wave
Banish From Sanctuary
Nightfall
Fly
Tanelorn (Into The Void)
Prophecies
Lost In The Twilight Hall
Miracle Machine
A Past And Future Secret
Mordred`s Song
A Journey Through The Dark
Imaginations Form The Other Side

Into The Storm
Twilight Of The Gods
Valhalla

Sacred Worlds
The Bard`s Song (In The Forrest)
Mirror Mirror

Fotos: Timo Pässler

Timo Pässler

timo@stalker-magazine.rocks - Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - - - Hauptsächlich Speed, Power, Melodic, Symphonic and Thrash Metal, manchmal auch Black und Death Metal - - - Favorisierte Bands? - - - Blind Guardian, Iced Earth, Children of Bodom, Powerwolf, Kreator, Vader, Amon Amarth, Subway to Sally, Avantasia, U.D.O., Accept, Sinbreed und viele mehr! - - - Sonstige Interessen? - - - Musik (hören und spielen), Wing Tsun, Pfadfinder, Whiskey

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