Feline Melinda: „Musik ist leider zu einem Konsumartikel geworden“
Sechs Jahre sind vergangen seit Erscheinen des letzten Albums „Morning Dew“. Nun haben die Südtiroler Feline Melinda ihr neues Werk „Dance of Fire and Rain“ veröffentlicht. Sie blicken auf fast eine 30 jährige Musikgeschichte zurück und haben für dieses Album keine Mühe gescheut. Bis nach Finnland sind sie gereist, um Teile ihres Albums aufzunehmen. Drummer Chris erzählt uns mehr über die lange Pause und den Aufnahmeprozess, und warum sie sich dafür extra ins Land der 1000 Seen begaben.
Euer neues Album „Dance of Fire and Rain“ ist seit September 2014 erhältlich, wie waren die Rückmeldungen darauf bisher? Was sagen die Kritiker? Seid ihr zufrieden damit?
Vorausgeschickt, dass jegliche Art von Musik Geschmacksache ist, ist es naheliegend, dass man es nicht allen Recht machen kann. Im Fall von Feline Melinda ist das nicht anders: von dieser Tatsache ausgehend ziehen wir unseren Sound durch und freuen uns umso mehr, wenn unsere Songs zu gefallen wissen! Seit der Veröffentlichung des neuen Albums ist es noch nicht lange her; es gab jedoch schon jede Menge Feedbacks, die sehr unterschiedlich ausgefallen sind. In Italien sind die Rückmeldungen von Fans und Reviews bisher sehr gut bis teilweise euphorisch ausgefallen. Wir hatten schon beim 2008er Album “Morning Dew” bemerkt, dass unsere Musik in jenen Ländern, in denen man gerne melodische und eingängige Musik hört, gut ankommt. Das ist nicht überall so selbstverständlich und deshalb gab es nun beim aktuellen Tonträger auch einige Rezensionen, die weniger schmeichelhaft ausfielen, so wie z.B. in Deutschland. Wir denken, dass ein Musiker – generell jeder Künstler – immer für konstruktive Kritiken offen sein sollte; allerdings gab es bezüglich “Dance Of Fire And Rain” auch einige, die ‘unter die Gürtellinie’ gingen. Aber wem’s nicht gefällt, der sollte halt – wie beim TV weiterzappen; wir zwingen schließlich niemand, Feline Melinda zu hören oder uns gar zu mögen. Wir machen unsere Musik für uns und für all jene Menschen, die dafür ein offenes Ohr dafür haben und freuen uns, wenn wir mit unseren Songs Emotionen wecken oder die Herzen berühren!
Zwischen diesem Album und dem letzten „Morning Dew“ liegen sage und schreibe sechs Jahre; warum hat es so lange gedauert, bis ein neues Album erschien?
Wenn wir uns entscheiden, ein neues Album aufzunehmen, ist die einzige Gewissheit, die wir haben, das Datum des Beginns der Produktion. Wir setzen uns bewusst keinen Endtermin, innerhalb wann diese abgeschlossen sein muss. Wir nehmen uns die Zeit, die es dafür braucht! Musikmachen ist für uns eine Leidenschaft; die Entfaltung von Kreativität, der man ihren freien Lauf lassen muss, damit sie sich auf den Flügeln der Emotionen treiben lässt. Songs entstehen nicht alle Tage; sie werden nicht bewusst komponiert, um genügend davon zu haben um ein Album zu füllen. Wann immer wir verspüren, dass die Zeit für eine neue Produktion reif ist, gehen wir diese konkret an. Zudem ist unsere konstante Suche nach Details bei den Arrangements jedes einzelnen Liedes ein weiterer, nicht unwesentlicher Grund, der die Produktionszeit verlängert.
Ihr habt Teile vom neuen Album in den Finnvox Studios in Helsinki, Finnland, aufgenommen, warum gerade dort, und wie hat es euch in Finnland gefallen?
Wir wollten für “Dance Of Fire And Rain” einen potenten, in der gesamten Produktion im Vordergrund stehenden Drumsound haben. Um dies umzusetzen, haben wir uns entschieden, das Schlagzeug im Studio B von Finnvox aufzunehmen. Es handelt sich dabei um einen sehr großen Aufnahmeraum, der die Voraussetzungen besitzt – Breite, Tiefe und Akustik – um einen entsprechend präsenten Sound zu produzieren. Auch für das endgültige Mastering haben wir mit Finnvox zusammengearbeitet. Mastering Engineer Mika Jussila hatte für uns bereits 2008 “Morning Dew” zu unserer vollen Zufriedenheit gemastert, deshalb haben wir ihm das aktuelle Album anvertraut. Während der Aufnahmen hatten wir in Helsinki eine sehr gute Zeit. Wir waren sehr angetan von der Ruhe, Besonnenheit und Freundlichkeit der Finnen und besonders die Professionalität und das Entgegenkommen der Leute von den Finnvox Studios haben uns positiv beeindruckt! Helsinki ist mit seinen Musikclubs und seinem Flair für jeden Musiker interessant. Aus vielen Radiosendern erklingt Rockmusik und man spürt es: Helsinki hat Metal im Blut
Würdet ihr die Finnvox Studios für nicht Finnen weiterempfehlen oder ist es doch eher etwas, wo sich nur Finnen wohl fühlen?
Finnvox Studios sind das älteste und größte Tonstudio Finnlands. Von mehreren Aufnahmestudios zur Produktion und fürs Abmischen bis zu Mastering und Filmvertonung findet man alles unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Finnvox sind stets zuvorkommend; unter ihnen findet man Namen, die maßgeblich zum Erfolg von vielen Top-Acts aus der Hard’n Heavy Szene beigetragen haben. Davon zeugen die schier unendlich vielen Gold- und Platinplatten in den Gängen und Räumen von Finnvox: HIM, Nightwish, Sonata Arctica, Stratovarius – um nur einige zu nennen!
In den Finnvox Studios fühlt man sich wohl, denn man atmet, bzw. fühlt förmlich die Atmosphäre großer Musikproduktionen. Dieses besondere Flair, das Eintauchen in die Welt der Musik machen Finnvox für jeden Musiker zu einem besonderen Erlebnis. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich nicht nur skandinavische Bands dafür entscheiden.
Welcher Song des neuen Albums liegt euch speziell am Herzen?
So wie von der CD von 2008 unser Song “Skydiver” besonders gut ankommt – sowohl als Studioversion als auch der Videoclip und bei Live-Auftritten, ist auf dem aktuellen Album sicherlich “Angel Eyes” einer der herausragenden Songs. Diesen gibt es auf der CD neben der Standardversion auch als eigens dafür arrangierte Piano-Version mit Klavier und Rob’s Stimme. Weiters liegt uns der dem Album titelgebende Song “Dance Of Fire And Rain” nicht zuletzt wegen seiner Aussage am Herzen. Als Bonus-Track (Orchestral Version) ist dieses Lied ebenfalls gleich zweimal auf der CD. Übrigens gibt es davon auch noch eine dritte Version, die Ex-Stratovarius Mastermind und Ausnahmegitarrist Timo Tolkki gemischt und gemastert hat. Diese Version ist allerdings derzeit noch unveröffentlicht; eventuell wird sie zu einem späteren Zeitpunkt über Downloadportale angeboten. Eine Herz-Schmerz Metal Ballade, die allen vier Bandmitgliedern sehr gefällt und von der gerade der offizielle Videoclip produziert wird, ist “Luna (My Love)”.
Wie entstehen bei euch die Songs von der Inspiration bis hin zum fertigen Endprodukt?
Wie vorhin bereits erwähnt, entstehen sie nicht auf Abruf oder mit dem Vorsatz, dass innerhalb einer gewissen Zeitspanne ein neues Repertoire komponiert werden soll/muss. Rob schreibt den größten Teil unserer Lieder. Dem folgt eine erste Demo-Aufnahme in Chris’ Homestudio, wo auch schon einige Arrangements, für die zumeist Chris zuständig ist, eingebaut werden. Die Demo-Version des Songs wird dann im Proberaum gespielt um zu sehen, ob und wie er “funktioniert”, oder ob es weitere Verbesserungen/Veränderungen bedarf. Bassist Gschnell hat dabei immer wieder kleine, aber wesentliche Einfälle, die dem Song weitere Pluspunkte bringen. Ebenfalls in Chris Studio werden die K-Boardtracks vorproduziert; diese Audiofiles werden für die endgültige Studioproduktion exportiert. Einige Songs werden auch in der Live-Setlist eingebaut, um zu checken, wie diese beim Publikum und ankommen. HeadMatt hat bei den Gitarrensolis freie Hand und nimmt auf der Akkordfolge für den Soloteil verschiedene Tracks auf, die wir uns dann zusammen anhören und die besten Teile davon auswählen. Wenn schließlich Material vorliegt und uns das Gefühl sagt, dass die Zeit die Produktion für ein neues Album reif ist, beginnt schließlich die Hauptphase, die aus verschiedenen Aufnahmesteps in verschiedenen Studios, Editing, Pre-Mix bis hin zur endgültigen Abmischung und finalem Editing besteht.
Ihr seid mit euer Band bereits seit den 80ern am Start; was hat sich in der Zeit für euch am Musik Business verbessert bzw. verschlechtert?
Die Digitalisierung der Musik war eindeutig die größte Revolution der letzten Jahrzehnte im Musik-Biz. Diese Neuerung hat neben der verbesserten Aufnahmetechnik unendliche Möglichkeiten der Bearbeitung von Sound und Musik mit sich gebracht. Heutzutage verdienen allerdings nur mehr die absoluten Top-Acts und Weltstars an den Einkünften aus Royalties gut. Dabei handelt es sich zumeist um bekannte Namen des Pop-Mainstreams, der im Radio gespielt wird. Der physische Tonträger – sprich CD – ist für den Großteil der Künstler, bzw. Bands nicht mehr in großen Zahlen absetzbar, da die technischen Mittel wie PC, Smartphones, Musikplayer, Clouds usw. es ermöglichen, Musik digital überall und jederzeit dabeizuhaben. Irgendwie ist es verrückt, wenn man bedenkt, dass das Zeitalter der digitalen Aufnahme unendliche Möglichkeiten bei der Produktion eines Songs bietet, die Qualität anschließend jedoch wieder voll komprimiert und reduziert auf wenige Megabites und frequenzmäßig beschnitten und infolgedessen wieder qualitätsmäßig herabgesetzt wird! Musik wird leider oftmals nicht mehr intensiv gelebt und verinnerlicht, sondern ist zu einem reinen Konsumartikel wie viele andere Dinge auch, geworden. Allerdings gibt es zum Glück immer noch auch die Musikliebhaber, die Wert auf einen Originaltonträger samt Booklet legen und Sammler, die stets auf der Suche nach CDs von interessanten Künstlern und Vinylveröffentlichungen sind und diese erwerben.
Das Musik Business kränkelt ja seit längerem ein bisschen. Was sollte sich eurer Meinung im Musik Business ändern, damit es für Musiker, aber auch für Hörer wieder attraktiv wird?
In dieser schnelllebigen Zeit haben sollten Menschen wieder lernen, innezuhalten und das was der Fortschritt bietet, bewusster zu genießen. Nichts ist selbstverständlich und so verhält es sich auch mit der Musik: egal welche Stilrichtung, ob Hardrock oder Metal, Klassik oder jedes andere Musikgenre: die Auseinandersetzung mit dem Schaffen des Künstlers, seinem musikalischen Werdegang, seinem Message sollte vertieft werden. Mit diesem Background kann man dessen Musik besser verstehen und auch besser genießen und schätzen! Was die Musiker selbst betrifft, sollten sich diese weniger aufs “Berühmtwerden” und “Vermarkten” konzentrieren, sondern sich stets bewusst sein, dass Musik in erster Linie aus Leidenschaft, Herzblut, Einsatz und Ausdauer gemacht wird und es nicht notwendig ist, sich für Erfolg zu verbiegen und ihm ständig hinterherrennen oder auf musikalisch auf den Zug zu springen, der gerade im Moment angesagt ist… Kurzum: es ist wichtig, sich selber treu zu bleiben, seine eigene Identität zu wahren und mit Ausdauer den eigenen Weg zu gehen, denn es fühlt sich gut an und man wird dafür mit echter, aufrichtiger Anerkennung belohnt.
Ihr gehört zum Kult des Italian Metal. Da ihr aus dem Tirol stammt und ich mich dort weniger mit der Szene auskenne, frage ich mich, wie die Chancen für eine Metal Band bei euch stehen? Bekommt man die Möglichkeit aufzutreten, wird man unterstützt oder eher nicht?
Auf lokaler und regionaler Ebene können wir immer mit guter Unterstützung vieler Medien rechnen, sowohl was Tages- oder Zeitschriften als auch was Radiosender und TV betrifft.. Dies ist alles andere als selbstverständlich und dafür sind wir jedem, der uns behilflich ist, sehr dankbar! Auf nationaler Ebene genießen wir Ansehen und alle wichtigen Hard’n Heavy Online-Magazine haben bereits “Dance Of Fire And Rain” rezensiert und Interviews veröffentlicht. Auftrittsmöglichkeiten gibt es schon; allerdings ist es nicht einfach, denn für eine Band bedeutet jede Anreise zu einem Gig bereits im Vorfeld Ausgaben für Fahrt, Unterkunft usw.. Oft sind die Clubinhaber und Konzertveranstalter nicht gewillt, bzw. ist es ihnen einfach nicht möglich – mitunter auch aufgrund der derzeit immer noch andauernden Krise und Rezession – Gagen zu bezahlen, die es ermöglichen, diese Spesen zu decken. Aber es herrscht auch großes Konkurrenzdenken, was mit sich bringt, dass sich Bands gegenseitig unterbieten und die Veranstalter unter Umständen dann jene buchen, die für wenig Geld, aber teilweise sogar unentgeltlich auftreten. Oder das Gegenteil: pay to play, was in etwa so ist wie im Automobilrennsport, wo es Gang und Gebe ist, dass sich Fahrer mit den besten finanziellen Voraussetzungen in Teams oder fürs Cockpit einkaufen… Weiters gibt es in Italien unzählig viele Cover-Bands, die bekannte Songs von großen Bands nachspielen oder das Repertoire eines bestimmten Künstlers/Band. Damit lockt man als Veranstalter immer ein paar Leute in die eigene Bude, wo hingegen der Auftritt einer Band mit Originalmusik eher mit einem Verlustrisiko verbunden ist. Dadurch haben Bands mit eigener Musik oftmals das Nachsehen und es ist schwer, geeignete Möglichkeiten zu finden, um sich dem Publikum zu präsentieren.
Welche Sachen sollten sich Metalheads, wenn sie Südtirol besuchen, unbedingt mal ansehen, habt ihr Insider Tipps?
In Südtirol werden alljährlich einige gute und mittlerweile weit über die Grenzen hinaus bekannte Open-Airs veranstaltet, für die wir an dieser Stelle jedoch keine Werbung machen möchten. Leider gibt es ansonsten wenig bis fast keine Möglichkeiten für Auftritte, sprich Clubs, wo regelmäßig Live-Musik geboten wird. Als Möglichkeit bieten sich besonders für Underground- und Newcomerbands kleinere Auftritte in Jugendzentren, die jedoch meist eher spärlich besucht sind.
Habt ihr Pläne für eine Tour mit eurem neuen Album oder bevorzugt ihr es, nur in eurer Gegend zu spielen?
Prinzipiell treten wir gern überall dort auf, wo ein geeigneter Rahmen für unsere Musik besteht. Wenn uns die Möglichkeit für einen Auftritt geboten wird, wählen wir gezielt jene aus, die uns interessant erscheinen. Es geht uns in erster Linie nicht um die Anzahl der Auftritte oder um den monetären Aspekt, sondern darum, unsere Musik dort zu promoten, einzusetzen und zu verbreiten, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind, aufgrund der sich für die Band, dem Veranstalter und dem Publikum etwas Positives ergibt.
Last but not Least: Wie sehen eure Neujahrsvorsätze aus?
Mal sehen… Bestimmt aber werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten weiterhin das aktuelle Album promoten, sowohl in Form von Medienpräsenz als auch mit Live-Auftritten, wann immer sich entsprechend interessante Möglichkeiten dazu ergeben, die in unser Konzept passen. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt ist das Songwriting: da seit diesem Album aus dem ehemaligen Trio ein Quartett geworden ist, möchten wir die Möglichkeit des Einsatzes von zwei Gitarren nutzen und die neuen Songs verstärkt darauf aufbauen. Die Veränderung, bzw. die Erweiterung der Band empfinden wir als Chance für die Band, musikalisch zu experimentieren und sich weiterzuentwickeln!
Vielen Dank für eure Zeit und alles Gute!
Vielen Dank dem Stalker-Magazin, dir Sandy und – last but not least – all euren Lesern und besonders den Musikfans in der Schweiz!
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