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Doro / nulldB

Leider zeigt sich auch am heutigen Abend, an dem die Metalqueen höchstpersönlich einen Abstecher in westfälische Metropole macht, dass Münster kein gutes Pflaster für Heavy Metal ist. Und das, obwohl nicht einmal Semesterferien in Deutschlands Studentenstadt Nr. 1 angefangen haben.

Der Abend beginnt zunächst mit einem kleinen Ärgernis: Obwohl laut Jovel-Homepage die Veranstaltung erst um 20:00 Uhr beginnen soll, dröhnt mir, als ich um 19:45 Uhr an der Halle eintreffe, bereits laute Musik entgegen. Da im Vorfeld nichts über eine eventuelle Vorgruppe zu erfahren war, halte ich kurz inne. Das wird doch nicht bereits Frau Pesch samt Band sein? Ein männlicher Sänger, den ich noch nicht gehört habe spricht aber dagegen.

In der Halle angekommen stelle ich fest, dass eine Gruppe namens nulldB heute anscheinend den Anheizer macht. Schon der erste Höreindruck verrät: das passt heute nicht! Statt melodischem Metall, schmusigen Balladen oder Old-School-Nackenbrechern gibt es hier basslastiges mit deutschen Texten in einer Schnittmenge aus Rammstein, Turbonegro und Backyard Babies. Dazu 4, ich möchte sie mal „Freaks„ nennen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Während der Sänger mit Matte und Bierbauch optisch noch als Vollblutmetaller durchgeht, wirkt der Rest vom Haufen irgendwo zusammengewürfelt und deplatziert. Der Rest besteht aus einem Gitarristen, der von Kopf bis Fuß schwarz / weiß angepinselt ist, einem Basser mit Kilt und einem seltsamen Hut und einem Drummer, der in seinem weißen Anzug irgendwie nach Psycho aussieht.
Musikalisch betrachtet ist das Dargebotene nicht unbedingt schlecht, aber, wie schon gesagt, absolut fehl am Platz. Weder die anwesenden Metalheads, noch die Hausfrauenriege kann mit dem Stoff was anfangen. Sicherlich wären nulldB auf einer Tour von Turbonegro oder einem Festival wie dem Full Force deutlich besser aufgehoben. Dort hätten sie vielleicht auch mehr als nur zaghaften Höflichkeitsapplaus bekommen.

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Bei der Headlinerin des heutigen Abends ist das Bild ein komplett anderes. Doro und Band steigen mit `Out of Control` bestgelaunt in ihren Set ein und die gute Stimmung steckt sofort an. In der Halle gehen alle Arme und spätestens beim folgenden `I rule the Ruins` singen auch alle mit. Es ist wirklich erstaunlich, dass Frau Pesch, obwohl sie bereits seit 30 Jahren im aktiven Dienst und bereits mehrere Tausend Konzerte gespielt hat, trotzdem hoch motiviert in jede Show geht – und sei es auch vor einem nur zu Hälfte gefüllten Jovel in Münster!
Was folgt ist eine Zeitreise quer durch die Warlock und Doro Diskographie. Neben diversen alten Krachern der Marke `Burning the Witches`, `Hellbound` und `Earthshaker Rock` stehen auch neuere Songs wie `Night of the Warlock`, `Raise your fist in the Air` oder die Wacken Hymne `We are the Metalheads`. Natürlich kommt auch die schmusige Seite mit `Unholy Love` und `Für immer` nicht zu kurz. Zwischendurch gibt es zwar den ein oder anderen Stimmungsmäßigen Hänger, was sicherlich auch durch das arg breitgefächerte Publikum zu erklären ist, aber spätestens zum Finale ist die Stimmung wieder voll da! Zunächst gibt es eine Hammerversion von Priests `Breaking the Law`, bestehend aus einem ruhigen Teil im Stil der auf „Classic Diamonds„ vertretenen Version, gefolgt von einem Vollgasteil, den selbst Priest nicht besser hinbekommen hätten. Danach steht natürlich noch das unvermeidlich und von allen geliebte `All We Are` an, das natürlich von jedem mitgesungen wird.

Alles also im grünen Bereich? Nicht ausnahmslos durch 2 kleinere Ärgernisse. Zum einen findet heute nach dem Konzert noch eine Disco-Veranstaltung im Jovel statt, sodass Doro das eigentliche Tourset um etwa 20 Minuten kürzen muss. So reicht es nur zu einer Zugabe, `Love me in Black`, das auf Zuruf aus dem Publikum gespielt wird. Zum anderen ist die Lichtabstimmung äußerst suboptimal. Während die Bühne (und damit die Band) größtenteils bestens ausgeleuchtet ist, bewegt sich Doro fast ausschließlich an der vorderen Bühnenkante. Diese ist jedoch so spärlich erleuchtet, dass man in den hinteren Reihen meistens nur ihre Silhouette erkennen kann. Trotzdem war es unterm Strich ein netter Abend, an dem Doro verspricht auch in den nächsten 30 Jahren Vollgas zu geben. Wir verlassen uns darauf!

Timo Pässler

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