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Kuolemanlaakso: Böse, hässlich und super-heavy

Als ich diesen Act als neue finnische Supergroup bezeichnete und meine Wertschätzung in meiner Rezension zum Ausdruck brachte, stand ich mit meiner Meinung nicht alleine da. Kuolemanlaakso haben mit ihrem Debüt „Uljas uusi maailma” (”Schöne Neue Welt”) in der Szene wie eine Bombe eingeschlagen. Gründer und Mastermind Markus Laakso (guitar & keyboards) erzählt uns mehr über die Band, die mystische finnische Natur – und verrät, welches Bandmitglied am besten kocht.


Obwohl ihr alle ziemlich bekannt seid, könntest du kurz erzählen, wie Kuolemanlaakso zustandekam? Wie habt ihr euch getroffen und die Band zusammengestellt?
Es ist eine brüderliche Band, sozusagen. Ich wollte Kuolemanlaakso eigentlich als Ein-Mann-Projekt belassen, aber als Kouta (guitar) „versehentlich“ einige meiner Demosongs bei einer Party im Studio Perkele hörte, wo ich die aufgenommen hatte, rief er mich sofort an und bestand darauf, dass ich eine vollständige Band daraus machen sollte. Er wollte offensichtlich mit dabei sein, da er die Musik so mochte.
Kouta und ich spielten in einer Extrem Metalband Chaosweaver, und er ist einer meiner engsten Freunde, als dachte ich darüber nacht. Und nach einer Weile dachte ich, warum nicht, probieren wir´s . Ich hatte gleich von Anfang an bestimmte Leute im Sinn, und glücklicherweise waren alle davon begeistert mitzumachen. Es gab zwei Voraussetzungen zu erfüllen, erstens sollten sie tolle Musiker sein und – noch wichtiger – bodenständige gemütliche Kerle. Ich hasse Auseinandersetzungen und unnötigen Bullshit. Kuolemanlaakso dreht sich um Wohlfühlen und depressive Musik mit Gleichgesinnten. So ungefähr.
Ich kannte Usva (The Nibiriuan, ex-Elenium) und Tiera (Cult of Endtime, ex-Discard) seit Jahren, aber ich kannte Kotamäki (Swallow the Sun, Barren Earth) eigentlich nur durch seinen Ruf, ehe er Bandmitglied wurde. Er war die erste Wahl für den Gesang, weil er der beste ist, heh… Kouta fragte ihn, ob er mitmachen will, weil er ihn von woanders her kennt.

Wenn die Bandmitglieder nun Die Simpsons / Krieg der Sterne oder Tolkien Herr der Ringe Charaktere wären – wer entspräche welcher Figur und warum, wo liegen da die Parallelen?
Musikalisch sind wir wie Jabba the Hut – böse, hässlich und super-heavy.
Was die Persönlcihkeiten betrifft, erinnert mich Kouta an den Comic-Laden-Typen bei den Simpsons, denn er ist manchmal so über-kritisch („das war echt Schrott“, heh). Es gibt auch gewisse Paralellen zu Homer, denn er mag Essen, Bier und – naja, Homer. Tiera ist wie Boba Fett, der stille Kopfjäger aus Krieg der Sterne, der aber immer elegant liefert.
Usva ist wie Lisa Simpson, denn er will die Welt heilen und seinen Nächsten helfen. Er sorgt sich wirklich um andere, ein kluger Kopf und ein Hippie – sowas wie die Rasta-Version von Legolas aus Herr der Ringe. Kotamäki ist ebenso wie Bart zu Streichen aufgelegt, aber zugleich erinnert er mich an die Ranger-Version von Aragorn: edel, aber etwas heruntergekommen, mit viel Potential. Es gibt viel mehr, als man mit blossem Auge erkennen kann. Klar trinkt er wie Barney Gumble und hält sich unter einer Kapuze verborgen wie der Imperator, aber in Wirklichkeit ist er ein wirklich netter Kerl. Und ein toller Koch..

Laakso
Was mich betrifft, keine Ahnung. Han Solo ist einer meiner Lieblingshelden, ein abgebrühter Lebenskünstler und der Meister der sarkastischen Bemerkungen, aber da musst du wohl jemand anders fragen, welcher Figur ich entspreche.

Wie würdest du euren Stil beschreiben, und wie hat er sich entwickelt? Was sind denn so die musikalischen Wurzeln und Einflüsse?
Ich wurde beeinflusst von Triptykons Eparistera Daimones, als ich die Songs zu diesem Album schrieb, aber das Resultat war schlussendlich ganz was anderes, und was betont Finnisches. Und ich meine nicht nur die Sprache, sondern auch die Melodien und die tiefsitzende Melancholie. Ich habe so eine Gabe, Ohrwürmer zu kreieren, auch wenn ich bewusst versuche, in eine andere Ricthung zu gehen. Tja, ich kann mich nicht beschweren, denn ich bin wirklich auf dieses Album stolz.
Ich höre alles mögliche an Musik von Doom, Death, Black, traditionellem, Heavy, Symphonic Extreme Metal bis zu Psychedelic Forest Folk, Hiphop, Pop, Rock, Punk und Soundtracks, und so ziemlich alles dazwischen. Ich hatte als Kind eine Zeitlang Klavier und Gitarrenunterricht, aber ich betrachte mich als Autodidakt, denn ich habe vergessen, wie man Noten liest und weiss Null über Kompositionstheorie. Ich höre Metal seit meinem sechsten Lebensjahr, also glaub ich wurzeln meine Einflüsse noch in meiner Kindheit.

Wie waren die Reaktionen auf das Album bisher? Bist du zufrieden, haben die Reaktionen deinen Erwartungen entsprochen?
Das positive Feedback war überwältigend, ich habe mir so viel an Lob auf internationaler Ebene und so hohe Verkaufszahlen gar nicht erwartet. Also ja, ich bin mit den Reaktionen sehr zufrieden.

Wie waren die ersten Gigs – die Publikumsreaktionen und so? Wie war´s denn in Helsinki mit dem Publikum? Ich hab den Imperiumi.net Artikel gesehen – kriegen bei euch die Journalisten immer ne Runde Sauna und was Leckeres zu essen?? 😀
Wir behandeln Menschen, wie sie behandelt werden sollten… Jaakko Silvast, der Journalist, ist ein cooler Typ, also haben wir ihn klarerweise in die Sauna gezerrt, und Kotamäki hat uns was Feines gekocht.

Kotamäki
Es war seltsam, das allererste Mal überhaupt im Henry´s Pub, Kuopio, auf die Bühne zu gehen, weil wir nicht wussten, was uns erwartet. Klar wussten wir, dass Deathchain und Sotajumala eine Menge Leute anlocken würden, aber als wir auf die Bühne kamen, war der Club schon voll und den Leuten schien unser Set echt zu gefallen. Es war eine tolle Show.
In Helsinki såielten wir mit Shining (SWE), Ofermod (SWE) und The Crescent. Die Leute haben offensichtlich auf die grösseren Hauptbands gewartet, also war das Publikum eine grössere Herausforerdung. Ich hörte, dass sich Ville Valo von HIM unser gesamtes Set angehört hat, also denke ich, dass wir nicht so extrem Mist gebaut haben, heh… Der Drummer von Shining, Rainer Tuomikanto, kam hinterher zu uns und hat uns gratuliert, er war echt beeindruckt. Am nächsten Tag schrieb er auf Facebook „Kuolemanlaakso: meine neue Lieblingsband“. Es war herzerfrischend, denn er ist einer der besten Drummer hierzulande.

Woher stammt dieser Name – wieso „Das Tal des Todes“ – gibt es da eine persönliche Verbindung, oder spielst du da nur mit der Bedeutung deines Nachnamens (Laakso – Tal)?
Ich wollte die Band Laakso nennen, da es sich ja um mein eigenes Projekt handelt, und fand dann heraus, dass es schon eine schwedische Popband mit diesem Namen gibt, und deren Sänger heisst auch noch Markus – genau wie ich – also ein Griff ins Klo.
Ich hab mal als Kind in San Diego, Kalifornien, gelebt, und die brütende Hitze des Todestals hat einen Eindruck hinterlassen. Dieses bedrückende Gefühl kommt auch in unserer Musik vor. Und als wir durch dieses Tal fuhren, hat mein Vater auch noch so eine grosse rote Schlange überfahren. Diese Erfahrung hat sich in meinem Kopf als tiefere symbolische Bedeutung festgesetzt.

Für all jene, die kein Finnisch können – worum geht es in den Texten?
Ich hab die Texte auch in Englisch im CD und LP Booklet wiedergegeben – sie behandeln Themen wie Verlust, Rache, Sehnsucht und die Mystik der finnischen Natur.


Kouta
Wieso hast du dieses bestimmte Gedichtbuch gewählt, was fasziniert dich an Eino Leino? Ist er so bekannt in Finnland, dass man seine Werke lesen/auswendig lernen muss (so wie deutschsprachige SchülerInnen durch Schiller & Goethe traumatisiert werden)? Oder wer ist er, was ist sein bekanntestes Werk?
Yeah, Leino ist einer der „Pflichtlektüren-Dichter“ – oder zumindest sollte er das sein. Er ist in Finnland sehr bekannt, aber ich glaube, die meisten kennen nur seinen Namen und seinen Ruf, nicht wirklich sein Schaffen. In diesem Fall habe ich Helkavirsiä als Inspiration für meine Lyrics „gewählt“. Ich verehre Leinos super-düsteren Stil und den Rhythmus seiner Sprache. Das passt super zu heavy-melancholischem Metal, so wie wir ihn machen.
Ich habe schon mit dem Schreiben der Texte für das zweite Album angefangen, und sie sind ebenso stark von Leino beeinflusst. Naja, das ist nicht die ganze Wahrheit, da es zwar noch immer die stilistischen Parallelen gibt, aber die Themen sind etwas anders. Leinos Werk behandelt oft die finnische Natur – die menschliche und die physische, so wie meine Texte.

Wieso hast du die finnische Sprache gewählt, obwohl das einen Durchbruch im Rest Europas schwieriger macht?
Ich wollte mich fordern. Finnisch gut zu Musik klingen zu lassen ist so viel schwieriger als Englisch. Es ist eine rohere Sprache und nicht so musikalisch. Ich hatte vorher nicht viele Texte in Finnisch geschrieben, und das waren die Hauptgründe, warum ich bei Finnisch bleiben wollte. Ich wollte auch Sachen schreiben, die irgendwie direkt mit meinem Leben zu tun haben und nicht nur totale Fiktion wie bei Chaosweaver.
Ehrlich gesagt hab ich nicht den leisesten Gedanken an einen Durchbruch verschwendet, ich dachte nur, dass diese Songs absolut in finnischer Sprache rezitiert werden müssen. Englisch wäre sicher ein leichterer Weg zum Erfolg gewesen, sozusagen, aber einer der Gründe, warum Kotamäki bei uns einsteigen wollte, war die Tatsache, dass er etwas machen kann, was er vorher nicht tun konnte. Dasselbe bei mir. Ich war überrascht, dass die Texte nicht mal ein grosses Thema in der nicht-finnischen Welt waren. Die Leute scheinen die Sprache exotisch zu finden.

Tiera
Es ist ja schon in der Bandbio erwähnt, aber in welchen anderen Projekten hast du denn vor Kuolemanlaakso gespielt, hast du nebenbei noch andere Bands?
Yeah, zwei. Chaosweavers zweites Album „Enter the Realm of the Doppelgänger“ kam im Juni über Napalm Records heraus, und Kuolemanlaaksos „Uljas uusi maailma“ im November via Svart, also 2012 war ein bisschen hektisch für Kouta und mich. Chaosweaver ist auch die erste Band, in der ich jemals ein Mitglied war, ich hab sie 2004 mitbegründet.
Die andere ist eine bisher unbenannte traditionelle Doom-Band, Wir haben schon mehr Songs, als wir für ein Album bräuchten, aber wir haben noch nicht die richtige Person für die Vocals gefunden.
Ich hab auch noch tonnenweise mehr oder weniger offizielle Projekte, so wie His Gray Eminence, wo wir schnellen und bösartigen Black Metal spielen. Ich plante dieses Album im März aufzunehmen, aber kann nicht, weil ich zu viel mit anderen Sachen zu tun haben werde, wie etwa mit dem zweiten Kuolemanlaakso-Album.

Da auch alle andren Bandmitglieder andere Projekte haben, was ist am schwierigsten zu koordinieren, die Proben oder die Gigs?
Wir mussten noch keine Proben oder Gigs absagen, also gab es bisher keine Probleme. Kotamäki hat offensichtlich am meisten zu tun, denn Swallow the Sun scheinen ständig zu touren, und auch Barren Earth tritt rund um den Globus auf.

In diesem Imperiumi.net Artikel wurde erwähnt, dass ihr erst kurz vor dem ersten Gig geprobt habt – passiert das öfter?
Um ehrlich zu sein – wir haben mit Kotamäki nur ein EINZIGES MAL geprobt. Jemals. Proben ist für Amateure – darum verbringen wir anderen ziemlich viel Zeit im Proberaum, heh…

Usva
Da du ja ein bisschen älter bist – hat sich was geändert in all den Jahren, ich meine, hat sich der „grosse Traum“ geändert seit Beginn deiner musikalischen Karriere, oder ist der Traum noch immer derselbe?
Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber den einzigen Traum, den ich jemals hatte, war es, einen Plattendeal zu kriegen und meine eigene Musik zu veröffentlichen. Ich hab nicht davon geträumt, auf riesigen Bühnen zu spielen oder reich zu werden. Jetzt wo wir einige Shows in dieser Besetzung gespielt haben, kann ich es kaum erwarten, wieder auf die Bühne zu gehen. Wir haben viel Spass miteinander.
Wenn ich die Möglichkeit hätte, ein Vollzeit-Musiker zu sein, würde ich das sofort tun. Leider ist das in Zeiten wie diesen finanziell nicht möglich. Jedoch fühle ich mich wirklich vom Glück verwöhnt, dass ich Musik aufnehmen kann mit Leuten, die ich schätze, dass unsere Alben von tollen Plattenfirmen international veröffentlicht werden, dass wir vor Publikum auftreten können, das gekommen ist, um uns zu sehen. Ich kann wohl nicht mehr verlangen. Es ist keine Frage von Erfolg, Ruhm oder Reichtum, es geht um die wahre Berufung, der ich einfach nachkommen muss.

Diese Band gibt es noch nicht so lange, aber ihr alle seid schon lange im Geschäft – hast du da eine wüste, absurde Story auf Lager, sowas wie Missgeschicke auf ner Tour, bei einem Gig, eine Situation, wo du dachtest, du bist im falschen Film oder so?
Es gab einige “ein Traum wird wahr” Momente mit dieser Band – ich glaube, das beste war wohl, das Album in Deutschland mit V. Santura von Triptykon aufzunehmen, im selben Studio, wo sie ihr monumentales „Eparistera Daimones“produziert haben. Ein weiterer Höhepunkt ist, die Bühne mit Top-Musikern zu teilen, die ich sowohl professionell als auch persönlich schätze. Swallow the Sun ist wohl meine finnische Lieblingsband. Es ist toll, dass Kotamäki die Songs singt, die ich geschrieben habe, und er hat anscheinend Spass dabei.

Was habt ihr in naher Zukunft vor? Mehr Gigs, eine Tour?
Mehr Shows, ganz sicher. Wir spielen am 25. Jänner im Lutakko, Jyväskylä. Danach haben wir noch eine Reihe toller Gigs, aber ich kann die leider noch nicht offiziell verkünden.
Wir schreiben auch schon das zweite Album , das wir Ende 2013 aufnehmen wollen. Wir werden wohl wieder das Dark Fortress Studio und V. Santura von Triptykon nehmen, der das erste Album aufgenommen, gemischt und ko-produziert hat. Also sieht die Zukunft ziemlich rosig aus!

Kuolemanlaakso: Band & Bio
Das nächste Konzert:
25.01.2013 Lutakko, Jyväskylä (support: Church of Void)

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....