YOU GOT STALKED: Pain, Engel, Turmion Kätilöt, Black Light Discipline
Drei Konzerte, drei STALKER, drei Meinungen – wieder einmal kann sich eine Band der Ehre rühmen, von uns das YOU GOT STALKED Gütesiegel aufgebrannt zu kriegen… wie sich PAIN und Support auf ihrer Europa-Tour schlugen, könnt ihr in der Folge nachlesen:
Nosturi Helsinki, 24. Sept 2011
Da Tarot für die EU-Tour ausfielen, sprangen einige Bands kurzfristig ein, die vier Gigs in Finnland begleiteten als Exklusivsupport Black Light Discipline – mit neuem Basser Toni Hintikka (der mit Sänger Toni ja auch bei den durchgeknallten The Closed werkelt). Ein Glückstreffer für alle Beteiligten: der Club war bereits mit ca. 50% der späteren Publikumsmassen gut gefüllt. BLD brachten die Leute schnell mit Aggressor in Stimmung. Mit Tides, On The Stars und For All You Heavy Hearted folgte ein Best-Of ihrer alten Songs und mit Walls Inside Us der neuesten Single-Track, das Bitter End-Cover endete das (viel zu kurze) Set. BLD wurden zu recht begeistert abgefeiert – also Glück für sie, denn sie haben wohl einige neue Fans gefunden.
Glück für PAIN , denn sie fanden bereits ein bestens eingestimmtes Publikum incl. „dirty Finnish women“ vor und rockten den nahezu ausverkauften Club in Grund und Boden. Wer weniger Glück hatte, waren jene, die es durch die lange Schlange am Eingang erst nach dem BLD Gig in den Saal geschafft haben – die haben echt was verpasst … (Fotos und Text: K.Weber)
Markthalle Hamburg, 5.10. 2011
Turmion Kätilöt
Mal wieder etwa eine halbe Stunde früher als angekündigt legte die erste Band des Abends los, von der wir dementsprechend die ersten beiden Songs verpassten. Turmion Kätilöt hatten in Finnland schon ihren Ruf als durchgeknallte finnische Rammsteins auf Speed weg. Musikalisch haben sie sich seit ich sie vor Jahren zum ersten Mal auf dem Tuska Festival hörte weiterentwickelt.
Die Band lieferte einen soliden Elektro-Metal ab, der sich hören ließ. Die Stageperformance rundete das Bild ab. Ein bisschen Rocky Horror Picture Show, ein wenig Waldschrat, ein Tröpfchen Kriegsbemalung á la Turisas und fertig ist eine halbe Stunde köstliche Unterhaltung. Da in Hamburg Nicken schon Begeisterung ausdrücken kann und die Hebammen des Verderbens (Übersetzung von Turmion Kätilöt) hierzulande noch kaum einer kennt, musste das Quintett aus Kuopio mit einem überschaulichen Publikum zurechtkommen, welches noch nicht ganz aufgetaut war. Da halfen auch die Abschiedsworte nicht weiter: „We don’t know if you love your mothers, but if you don’t, be sure that we love your motherfucking mothers fucker mother…” Was sie uns damit sagen wollten, bleibt wohl erstmal ein Geheimnis.
Engel
Ich muss leider gestehen, dass mir die schwedische Band Engel vorher kein Begriff war. Dieses Fauxpas gilt es ganz schnell auszumerzen, denn Engel spielen melodischen Death-Metal, der einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf geht.
Leider war der Sound so höllisch schlecht – bei der Vorband war er noch gut-, dass man teilweise nur erahnen konnte, wie gut diese Schweden wirklich sind. Es spricht für diese Band, dass das Publikum langsam in Fahrt kam und sich sogar zaghaft ein kleines Moshpit bildete. Wahrscheinlich war ich nicht die Einzige, die zuhause gleich mal geschaut hat, wie Engel ohne Soundbrei klingen. Wieder einmal ein echtes Highlight aus Gothenburg.
Pain
Mit beeindruckendem Bühnenbild, Monster-Drumkit und tollem Licht nahmen Pain schließlich die Bühne ein. Leider war der Sound nur ein bisschen besser als bei Engel und so wäre das Konzert sicher vergrätzt worden, wenn Peter Tägtgren und seine Mannen es nicht geschafft hätten, durch Interaktion, Atmosphäre und guter Songauswahl davon abzulenken. Der Opener „Let Me Out“ vom neuen Album „You Only Live Twice“ füllte die Halle bereits. Bei den ersten Tönen von „Psalms Of Extinction“, der gleich nachgelegt wurde, kamen auch die letzten aus der Raucherecke der Markthalle geeilt, die an diesem Abend etwa 600 Leute beherbergte.
Mit vier weiteren Songs vom neuen Album, “The Great Pretender”, „Feed The Demons“, „Let Me Out“ und „Dirty Woman“ überzeugten Pain auch noch letzte Zweifler von der Qualität des neuen Machwerks. Der Rest der Set-List war ein wilder Ritt durch Pains Hits, die kaum Wünsche offen ließen. Selbst der Soundmann hatte Erbarmen und hat nach der ersten halben Stunde Gedröhne das Problem in den Griff bekommen.
„Have A Drink On Me“ gab es dann als Sit-In um den alten Knochen eine Pause zu gönnen, wie Peter grinsend meinte. Zum Schluss wurden noch die Pain-Evergreens “Same Old Song” und “Shut Your Mouth” zum Besten gegeben. Zufriedene Gesichter trotz teilweise ziemlichen Soundmülls – Pain hat wieder einmal auf ganzer Linie überzeugen können. (Samira Alinto)
Zürich, Dynamo, 12.10. 2011
Hin gehen oder nicht – das war die Frage, und dann wollte ich die finnischen Turmion Kätilöt keinesfalls verpassen. Etwas unsicher konnte man durchaus sein, ob das Konzert überhaupt so stattfinden wird, da nur eine Woche zuvor der Veranstalter Konkurs angemeldet hatte. Aber zum guten Glück klappte es mit Finnen- und Schweden-Power an diesem düsteren Herbsttag in Zürich.
Bereits beim Einlass fallen mir viele Nightwish Anhänger unter den Besuchern auf, die wohl Pain als Support der kommerzmutierten Band gesehen haben. Und ich glaube sogar, dass der eine oder andere gar nicht mitbekommen hat, dass Tarot aufgrund von familiären Ereignissen nicht an der Tour teilnehmen. Zumindest diese Konzertbesucher werden vom ersten Act nur wenig begeistert sein.
Turmion Kätilöt
Die Herren kann man bereits von der Halle aus ohne weiteres erspähen, da der Backstagebereich der Vorbands auf der Terrasse des Clubs liegt. Zumindest dem bekanntlich exhibitionistisch veranlagten Spellgoth dürfte das nicht all zu viele Probleme bereitet haben. Die schon im allgemeinen recht kleine Bühne ist durch die dahinterstehenden Utensilien von Pain noch mehr geschrumpft und so bleibt den sechs Finnen nur wenig Platz. Einigen im Publikum ist der Schock oder gar der Ekel gut anzusehen, als Spellgoth leichter als leicht bekleidet die Bühne betritt. Und so bleiben Zurufe wie „Hey dein Schwanz schaut raus!“ nicht aus. Die Jungs von Turmion Kätilöt stecken es gekonnt weg, aber können nicht alle begeistern. Nur die üblichen verdächtigen Finnland Anhänger, die auf einfach alles aus Suomi stehen, benehmen sich mal wieder unter aller Sau und nerven schlicht und einfach nur mit ihren „Perkele!“ Rufen. Ich hatte schon bessere Gigs von MC Raaka Pee und Co. gesehen, aber die Jungs tragen keine Schuld daran, wenn sie sich kaum auf der Bühne bewegen könne, denn das macht einen Grossteil der Stimmung bei ihren Gigs aus. Und für das zu prüde Publikum können sie ja schliesslich auch nichts.
Engel
Von der Band, die für Tarot einspringt, habe ich zugegebenermassen noch nie was gehört und stelle mich schon mal auf den typischen Schweden Sound ein. Der zu meiner Enttäuschung leider prompt geliefert wird. Ich hätte mich nur all zu gerne von etwas anderem überzeugen lassen. Vom Styling her gibt es bei den meisten Schweden ja nichts zu meckern, und so faszinieren mich hauptsächlich die schönen langen schwarzen Haare vom Bassisten und Gitarristen, da der Sound so gar nicht meins ist. Was vielleicht auch zum Teil am schlechten Klang in dem Grossen Saal des Dynamos liegt. Auch das Licht ist zum Fotografieren die reinste Tortur, da Engel nur auf Rot und Blaulicht während ihrer Shows setzten. Oder ihr Lichttechniker sollte mal ausgewechselt werden. Den Leuten scheint es gefallen zu haben, mein Fall ist es nicht.
Pain
Eine gefühlte Stunde dauert der Ab- und Umbau für die Bühne von Pain. Und die Spannung steigt, was sich hinter den schwarzen Tüchern verbirgt. Schliesslich wird das Geheimnis gelüftet, und man erblickt ein paar Screens, auf denen während des Gigs unterschiedliche Bilder gezeigt werden. Nicht nur bei Tarot, auch bei Pain gibt es eine kleine Besetzungsänderung aus familiären Gründen. Da Bassist Johan das gemeinsame Kind mit Anette Olzon (Nightwish) während ihrer Promo-Tour umsorgt, kann er nicht mit dabei sein und wird von Clawfinger Basser Andre Skaug würdig vertreten.
Pain brettern gleich zu Beginn einige ihrer besten Songs hin, unter anderem auch ihren neuen Hit „Dirty Women“ der irgendwie so gar nicht ins gewohnte Pain Material passt. Aber man soll sich ja öfters neu erfinden. Peter Tägtgren macht einen sehr müden und überarbeiteten Eindruck, seine Augenringe ziehen sich mittlerweile bis tief ins Gesicht und lassen ihn älter wirken, als er eigentlich ist. Gesund sieht das zumindest nicht mehr aus. Bekanntermassen ist er ja ein Workaholic und kann seine Finger wohl keine Sekunde von der Musik lassen. Denn wen er nicht an seiner eigenen Mucke rumbastelt, arbeitet er auch noch für andere Bands als Songwirter, Produzent ect. Ich muss sagen, dass ich schon immer viel von diesem Mann gehalten habe vor allem musikalisch. Aber irgendwie hat sich das ganze in den letzten Jahren ein wenig verändert, vielleicht liegt es auch einfach daran das es gerade IN ist, Pain toll zu finden, nur weil diese mit Nightwish auf Tour waren und von Nuclear Blast gepuscht werden. Keine Ahnung, vielleicht sollte sich Peter Tägtgren mal eine Auszeit gönnen, ehe er noch unfreiwillig einen Boxenstop einlegen muss. Das Konzert in Zürich liefern die Schweden souverän, aber ein bisschen zu routiniert ab; ich habe sie schon in besserer Form erlebt. Doch im Grossen und Ganzen ist ihre Show wie immer sehenswert! (SM)
Text & photos: Samira Alinto, Sandy Mahrer