The Gathering: Zufällig wieder eine Band
The Gathering haben unlängst ihr erstes Album mit ihrer neuen, charismatischen Sängerin, Silje Wergeland, veröffentlicht. Auch nach 20 Jahren Bandgeschichte, und immer noch in bester Form, lassen The Gathering weiterhin Metallerherzen höher schlagen und Emotionen für sich sprechen. Im Prostor Abaton, einem recht unauffälligem Klub im Liben-Bezirk von Prag, traf ich auf Hans und Silje, um mit ihnen über den Neuanfang bei The Gathering zu sprechen.
Ich hab von euch zuerst in einem amerikanischen Metalmagazin, Metal Maniacs, gelesen. Die Beschreibung klang interessant und so hab ich euer Album „If Then Else“ gekauft und war sofort hin und weg. Ich kenne auch euer älteres Metal-Material, aber warum werdet ihr immer noch zur Metalszene gezählt? Für mich ist eure Musik eher passend für romantische Stunden zu zweit oder einen regnerischen Tag im Zug…
Hans: Ich weiß es nicht, aber ich glaube, der Hauptgrund ist, dass es ein Untergenre ist. Das, was wir gemeinsam mit Bands wie Anathema und Ulver einnehmen, so was wie eine atmosphärische Art von Metal, es ist ein Untergenre des Metal and wir machen auch Interviews mit jeder Art von Magazin: Pop, Rock, Alternative, Sympho-Metal. Such es dir aus, wir machen Interviews and Metal interessiert sich immer noch für uns, also machen wir auch weiterhin Interviews und spielen auf Metalfestivals, aber ich glaube auch, dass wir immer noch metallisch klingen, wir haben immer noch eine Metal-Struktur. Wir sind nicht so ambient wie die Leute manchmal sagen, The Gathering ist nicht ambient, wir sind atmosphärisch, aber wir sind keine Ambient-Band.
Vielleicht so ähnlich wie es Opeth auf ihrem Album “Damnation” gemacht haben?
Hans: Sie sind ziemlich heavy. Ich glaube, dass ist recht interessant. Ich glaube, wenn Metal überleben will, dann müssen Dinge erfunden werden, man muss Crossover Sachen machen. Ich glaube, das ist sehr wichtig, weil es Metal derzeit nicht gut geht, wenn man sich mal die Verkäufe und Konzerte anschaut. Ich glaube, es ist gut, wenn man die Szene mal ein bisschen aufmischt, aufrüttelt.
Wie waren die bisherigen Reaktionen auf euer neues Album „The West Pole“?
Hans: Gut. Wir hatten ein bisschen Bammel, haben all die Magazine gelesen, über Bands, die ihren Sänger ausgetauscht haben. Wir dachten immer: Ok, Black Sabbath haben ihren Sänger gewechselt, Marillion haben ihren Sänger gewechselt und sie sind immer noch groß. Black Sabbath mit Dio, sie hatten ein paar gute Alben. Das gleiche gilt auch für Marillion, such es dir aus. Aber dann gibt´s auch die Geschichte mit Nightwish, es ist eine furchtbare Geschichte, es gibt YouTube Videos mit verärgerten Zuschauern. Es gibt eine Menge kindische Fans. Aber wir sind glücklich. Fans und Presse sind sehr positiv und beiden ist auch klar, dass Anneke gegangen ist und wir sie nicht rausgeschmissen haben. Ich glaube, dass hilft uns auch, weißt du.
Was steckt eigentlich hinter dem Titel “The West Pole” [Der Westpol]?
Hans: Das ist keine große Geschichte. Wenn es eine Geschichte gibt, dann eher so was wie eine Überlegung, so wie, wenn du im Pub sitzt und über den Titel nachdenkst „Wo sollte denn der Westpol sein? Im Westen natürlich!“ Es ist einfach nur ein Fantasie-Titel.
Könntest du kurz beschreiben, wie ihre eure neue Frontfrau überhaupt gefunden habt?
Hans: Die Hauptidee mit “The West Pole” war, ein Album mit verschiedenen Sängern zu machen, männlich und weiblich; wir hatten also gar nicht die Absicht, jemanden zu finden. Natürlich haben wir gehofft, jemanden zu finden und wir waren auch schon damit beschäftigt, mit Marsela und Alma zwei Songs für „The West Pole“ aufzunehmen. Dann kam Silje, wir hatte noch einige Auditions am Laufen, es gab auch Auditions im Internet, dann kam Silje, wir hatten vorher schon gemailt, dann irgendwann kam sie vorbei und irgendwann waren wir dann wieder eine Band. Es ist also alles eher ganz zufällig passiert. Natürlich war es großartig, wieder eine Band zu sein und nicht nur ein Projekt, weil „The West Pole“ doch eigentlich nur als Projekt geplant war.
Ihr habt also auch über männliche Sänger nachgedacht, aber seht ihr Silje jetzt als eine Art Neuanfang für die Band?
Hans: Ja, es ist ein Neuanfang. Eine neue Ära. Ganz klar.
Was für Unterschiede gibt´s jetzt, mit einer neuen Sängerin?
Hans: Mit Anneke, hmmm, sie ist ein ganz anderer Mensch. Obwohl es Gemeinsamkeiten in ihrer Stimme gibt, ist sie doch anders, sie hat ein anderes Gefühl in ihrer Stimme und wie ich schon sagte, es gibt Gemeinsamkeiten, also kommt sie mit dem älteren Material ziemlich gut klar, obwohl sie es auf eine andere Art singt. Ich weiß, dass Annekes Stärke daran lag, dass sie sehr emotional singen konnte, ich glaube Silje ist da eher kontrolliert. Es ist eine andere Art von Gefühl, nicht so sehr ein Herausströmen von Gefühlen und es passt auch perfekt zu ihrer Musik und das war natürlich auch die Hauptsache. Könnten wir jemanden mit den gleichen Voraussetzungen finden? Und das ist genau das, was passiert ist.
Wo kommt die Inspiration für eure Lyrics her?
Hans: Ich würde sagen, das normale Leben. Dinge, die passieren, fiktive Dinge. Mit Silje ist es nicht wirklich „märchenhaft“. Es ist keine Geschichte, die einfach aus dem Nichts entsteht. Es gibt keine Märchen und Drachen und so weiter. Es ist das echte Leben. Vielleicht noch poetisch geschrieben, nee, ist es nicht, hmmm, jedenfalls kein Schwachsinn.
Wo habt ihr denn die größte Fanbase?
Hans: Ich glaube Südamerika. Da sind die Länder, in denen wir live die meisten Zuschauer anziehen.
Welche Länder denn genau?
Hans: Ich glaube, Chile. Jep, wir sind in Chile am berühmtesten. Wirklich seltsam, das Ende der Welt.
Silje, wie ist es denn bis jetzt für dich gewesen, in die doch recht großen Fußstapfen von Anneke zu treten?
Silje: Ich habe Anneke nie laufen sehen, also weiß ich es nicht. Ich versuche nur meinen Job so gut wie möglich zu machen und nicht über ihre Schrittlänge oder sonstiges nachzudenken. Ich glaube die Band hat einen gewissen Standard und sie wollen sich auch auf diesem Level bewegen und ich will einfach nur mein Bestes geben und natürlich auch in dieselbe Richtung gehen, in die sie gehen.
Was denkst du über die Reaktion der Fans bis jetzt?
Silje: Bis jetzt sehr gut. Wirklich richtig nett. Ich muss sagen, dass die Fans von The Gathering ein netter Haufen Leute sind, sie scheinen sehr viel Respekt für die Band zu haben und sie respektieren auch die Situation, in der die Band ist, aber, na ja, man kann es nie jedem recht machen und jeder kann auch seine Gefühle über Dinge offen aussprechen, aber im allgemeinen wurden wir doch überwältigend gut aufgenommen, das Album.
Wer sind deine größten musikalischen Einflüsse?
Silje: Da gibt´s viele. Sie sind aus dem Extreme Metal: Emperor, Slayer und Metallica und ich bin mit Jazz und Folk aufgewachsen, weißt du, Sigur Ros zum Beispiel, Pink Floyd haben mich natürlich sehr beeinflusst und auch Black Sabbath. Es gibt nicht nur einen, aber innerhalb bestimmter Genres gibt´s so einige.
Was ist denn dein Hintergrund, wenn´s ums Singen geht, vor Octavia Sperati?
Silje: Um ehrlich zu sein, gibt´s da nicht viel zu erzählen. Ich hab angefangen, Klavier zu spielen als ich sechs war und dann…meine Familie hat sich schon immer für Musik interessiert. Mein Vater ist Jazzmusiker, er ist auch schon professionell aufgetreten und meine Mutter hat schon immer gesungen, sie singt im Chor und meine Schwester macht das auch. Ich hab auch viel getanzt als Kind. Ich hab nirgends professionell gesungen oder war im Chor oder so was. Ich hatte eine Band, als ich 13 war, aber das war mehr… das war nur so zum Spaß. Ich hatte ein paar Gesangsstunden, ich hab auch ein paar Kurse für Rocksänger gemacht.
Es war echt nett, euch zu treffen und ich denke, wir lassen euch jetzt mal in Ruhe.
Silje: Bleibt ihr noch bis zum Abend? Für die Show?
Na klar!
Silje: Na, dann sehen wir uns ja später.
Danke.
Silje: Dir auch.
Autor: Lann Davis, transl. Kathleen Gransalke, Photos: The Gathering, Dušan Hýl