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Bloodstained Metal Minifest @ Alimus

29.-30.11.2024, Alimus, Helsinki, Finnland

Einerseits ließe sich der nach wie vor fehlende Ersatz für so eine legendäre Metalfestival-Location wie Nosturi beklagen. Andererseits tauchen immer mehr neue Klubs (wie z.B. Playhouse Bar) auf, welche die Frequenz der Rock/Metalgigs in ihrem Angebot erhöhen, und einige ältere Venues (z.B. Ääniwalli) investieren in Bühnentechnik und Ambiente. Das bedeutet, dass die Live-Zukunft für Metalheads in der finnischen Hauptstadt eigentlich recht rosig aussieht. Das erste Bloodstained Mini Metalfest bot mir nun die passende Gelegenheit, eines der neueren Venues namens Alimus mal anzutesten.

Und der Club selbst zeigt sich gleich sympathisch – ein altes Gebäude, dessen Deko, massive Holzkassettendecken und ein Piano (oder Mini-Orgel?) die frühere Nutzung über kirchliche Gemeinschaften nahelegt… Seit etwa einem Jahr agiert Alimus als professionelles Multifunktions-Venue (geräumige Bühne wortwörtlich im Underground, beeindruckende Licht/Tonanlage) mit breitgefächertem Programm von Stand-Up-Comedy bis hin zu regelmässigen Rock/Metal Gigs.

Der erste Act des Mini-Metalfestivals hat sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, die eben genannten Genres zu kombinieren: Carnival Academy fällt mit schön bunten Klamotten auf, noch ehe der erste Ton gespielt wird. Die Mucke klingt, als ob hier Linkin Park, The Cult und Volbeat gemeinsam Songs geschrieben und mit einem Schuss Disco garniert hätten – gerade die richtige Dosis an -core, um nicht zu nerven. Ein überkandidelter Frontmann macht die Show besonders unterhaltsam, leider vor noch etwas schütterer Kulisse, obwohl dieser Gig den Metalheads jeder Altersschicht offensteht (wegen strenger Alkohol-Schankregeln sind viele finnische Clubshows & Festivals erst ab 18 zugänglich). Bandwebsite

Als die Prog-Metaller Kaira die Bühne entern, hat sich der etwa 150 Stehplätze bietende Saal etwas besser gefüllt – das gesamte Festival bleibt es leider bei etwa halber Kapazität, der Enthusiasmus der Anwesenden macht das jedoch locker wett. Einige der Kaira Bandmitglieder kennt man ja bereits von Keoma … Auch diese Band hat sich auf lange, intensive und epische Songs mit wunderschönen Melodien spezialisert, hier jedoch gibt es finnische Texte und starke Doom-Tendenz. An diesem Tag sind die Kids von Sänger Jasse wohl die jüngsten im Publikum, die hier begeistert mitmachen. Bandwebsite

Überhaupt herrscht das gesamte Festival über eine entspannte Familientreffenatmosphäre, denn im Publikum finden sich Teens bis Senioren. Positiv fallen auch die kurze Umbaupausen und der pünktliche Ablauf auf.

Offensichtlich sind viele Fans der Epic Melancholic Melodic Death Band Beyond the Hate da, denn erstmals tummeln sich nicht nur die Fotografen ganz vorne. Die Metalveteranen lassen sich vom anfänglichen technischem Schluckauf am Gesangsmikro nicht beirren und liefern eine solide Show mit wortwörtlichem Publikumkontakt. Sprich, da geben freundliche Fans zwischendurch ein bisschen von ihren Drinks an durstige Musiker ab. Bandwebsite

SulfuriS haben auch ein bisschen Startschwierigkeiten, was etwa die Clean Vocals beim ersten Song betrifft – später klappt der Wechsel zwischen Gesangsstilen von Growls, Shouts und Clean besser. Die energiegeladene, dramatische Show reisst jedoch sofort alle mit – hier dreht ein Gitarrist im Publikum eine Runde, dort liefert der Frontmann Goth Rock Metal Ausdruckstanz und sorgt mit sarkastischen Ansagen für Unterhaltung. Die ungebremste chaotische Energie erinnert mich an die frühen Lost Society Shows. Bandwebsite

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SulfuriS (6)

 

Ich hätte wohl nicht die Pünktlichkeit loben sollen, denn am Tag 2 beginnt Artifer bereits mit 20 min Verspätung. Die Alternative Metal Band aus Estland ist zum ersten Mal in Finnland zu Gast – und wohl nicht zum letzten Mal. Eingängige Melodien, hart am Pop vorbei, dazu ein bisschen an Punk und Industrial, das alles kommt gut an. Bei Britneys „Baby one more time“ Coverversion mitsingen können auch jene, deren Eltern beim Erscheinen des Originals gerade erst auf der Welt waren… Schön, die Knirpse von Rock/ Metal begeistert zu sehen. Am Schluss wird es endgültig -core, wo der Frontmann ohne Gitarre etwas lockerer wirkt. Oder war es einfach die Aufregung? Bandwebsite

Bei EGRES (Startfoto) wird der Grund für längeren Soundcheck klar – eine Musikvideopremiere (wirklich sehenswert “Retrieval”) auf großer Leinwand leitet den in jeder Hinsicht spektakulären Auftritt der Finnen ein, volle Pulle mit Special Effects. Symphonic Prog Metal, die vielen Instrumentalisten und SängerInnen, dazu ein Cello – das für eine Liveshow hinzubiegen ist alles andere als einfach. Kann an dieser Stelle den Soundleuten mein Kompliment aussprechen. Für den einzigen finnische Song im Programm, eine KÄRKY Coverversion, kommt auch dessen Komponist Henrik Illikainen als Gastsänger mit auf die Bühne. Bandwebsite

Strych:9 sind ein weiterer Gast aus Estland und ebenfalls erstmals in Finnland live zu sehen. Und auch hier bleibt zu sagen, wohl nicht zum letzten Mal. Der hochenergetische Industrial Metal sorgt umgehend für Partystimmung, sind die flotten Songs doch unglaublich tanzbar. Bandwebsite

Und Kompliment an die Organisatoren, welche die ohnehin so kurz konzipierten Umbaupausen in Rekordzeit absolvierten. Als die Finnen DOL loslegen, beträgt die Verspätung im Zeitplan gerade mal 10 Minuten… Die Partystimmung wird mit traditionelleren Rock/Metal Klängen fortgesetzt, wo die Coverversion von “Hurt” etwa in der Mitte von NIN und Johnny Cash angesiedelt ist. Bandwebsite

Abschließend kann ich nur sagen, dass ihr alle Bands mal anchecken solltet, denn vom Programm her war das Festival ein voller Erfolg: Allesamt gute Bands und eine Genrepalette, aber nicht zu viel an Kontrasten. Ein bisschen mehr Publikum hätte anwesend sein können, hoffentlich klappt es beim nächsten Bloodstained Metal Fest auch in dieser Hinsicht.

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....