Skáld @ Ääniwalli Helsinki
Die französische Neofolk-Band SKÁLD wurde 2018 vom Produzenten Christophe Voisin-Boisvinet gegründet und gab am 17. Oktober 2022 ihr finnisches Live-Debüt im Ääniwalli Club, Helsinki. Dies ist die erste Tournee der Band, die auch die fenno-skandinavischen Länder mit einschließt. Während unseres Interviews an diesem Tag schien die Band neugierig darauf zu sein, wie sie in jenen Ländern aufgenommen würden, aus denen ihre Inspiration und ihre Originaltexte stammen. Der Großteil ihrer Texte stammt aus der Edda und wird daher quellengetreu in Altnordisch vorgetragen – die Band arbeitet dafür mit Sprachexperten zusammen, um der korrekten Schreibweise der Verse so nahe wie möglich zu kommen. Die Band ist tief in diesen Traditionen verwurzelt, ist aber bestrebt, ihre Kompositionen zeitgemäß klingen zu lassen.
2022 bedeutete für SKÁLD ein Jahr der Veränderungen, die auch das gesamte Line-up veränderten. Im Laufe der Tournee entdecken viele Fans online, dass Justine Galmiche sich von der Band getrennt hatte und es eine neue Sängerin gibt: Lily Jung. Die Band scheint sich nicht im Detail dazu äußern zu wollen, während Justine online bekanntgab, dass sie sich anderen Interessen widmet. Seit 2022 gibt es also eine neue Besetzung: neben Cristophe sind Steeve Petit, Marti Ilmar Uibo (beide – Schlagzeug und Gesang), Ravn (traditionelle Instrumente), Julien Loko (Gesang, irische Bouzouki, Talharpa) und Lily Jung (Gesang) Teil der Gruppe. Lily ist als Interpretin traditioneller mongolischer Musik und als Teilnehmerin der französischen Version von „The Voice“ bekannt. Auch die anderen Musiker bewiesen ihre Fähigkeiten in ihren früheren Karrieren.
Eröffnet wurde der Abend vom französischen Drehleier-Virtuosen Guilhem Desq (der auch Schlagzeug spielt und singt). Leider wurde mir eine etwas abweichende frühe Version des Zeitplans übermittelt, sodass ich nur die letzten paar Songs mitbekam. Offensichtlich war es ein sehr passendes Warm-up für SKÁLD, denn die Drehleier ist eines der am schönsten klingenden traditionellen Instrumente. In finnischen Clubs ist es sonst üblich, dass der Großteil des Publikums nur für den Hauptact erscheint, aber hier war der Saal für Guilhem bereits ziemlich voll.
Da diese Band zum ersten Mal in Finnland auftrat, konnte ich keinen Eindruck davon gewinnen, wie die neue Skáld Besetzung im Vergleich mit dem Original ankam. „SKÁLD ist vor allem eine Percussion-Band“, sagt Christophe im Interview für Stalker, das in Kürze folgt. Das wird gleich zu Beginn klar, als Steeve Petit mit einer großen Trommel nach vorne kommt; seine Schlagzeugecke ist viel näher am Publikum als der Rest der Band und er setzt sein wildes, von der Headbang begleitetes Trommeln während der gesamten Show fort. Gleich vom diesem ersten Moment hat die Musik von SKÁLD das Publikum in ihren Bann gezogen. Da ich mit meiner Kamera in der ersten Reihe saß, ist es schwierig, sich daran zu erinnern, was wann passiert ist – es war einfach ein intensives Erlebnis, viel Trommeln, Gesang und Licht, mit einer guten Balance zwischen den Songs. Das extrem schöne Sólarljód war einer der Momente, die ich mir besonders gemerkt und sogar auf meinem Handy aufgezeichnet habe – und im Vergleich zur Studioversion kann ich nur feststellen, dass Lilys Gesang den von Justine tatsächlich ziemlich gut ersetzt. Natürlich ist es eine andere Klangfarbe, aber es geht auf jeden Fall absolut nichts verloren, und ich hätte gar nichts dagegen, eine amtliche Aufnahme dieses Songs und einiger anderer mit der neuen Sängerin zu hören.
Ein anderthalbstündiger Auftritt vergeht wie im Flug. Als die Band geht und sich die Menge an der Garderobe aufstellt, bleibe ich bei SKÁLD-Mastermind Christophe stehen, der völlig unbemerkt vom Publikum damit beschäftigt ist, hinter dem Technikpult zusammenzupacken. Seine Augen leuchten und er fragt mich, ob ich die beiden neuen Songs im Set bemerkt habe; er reicht mir die Setlist und weist auf „Ljósálfur“ und „Troll Kalla Mik“ hin. Sicherlich kennt er das Material besser als ich, denn ich fühle mich immer noch ziemlich überwältigt von diesem Gig. Für mich war dieses Konzert einer der Höhepunkte, die mir vielleicht einmal im Jahr passieren.