Interviews

U.D.O. – Surving the Pandemic

Vor kurzem haben U.D.O. das Live Album „Live in Bulgaria“ veröffentlicht. Eigentlich kaum der Rede wert, wäre das Werk nicht mitten in der Corona Pandemie entstanden. Grund genug für uns, Udo Dirkschneider mal auf den Zahn zu fühlen (auch im Video-Interview).

Wenn du heute an das Konzert aus dem letzten September zurückdenkst, welche Gefühle kommen dann in dir hoch?

Zuerst Glücksgefühle, dass wir diese Show überhaupt spielen konnten. Auch wenn es im September etwas lockerer war, war das lange gar nicht sicher. Wir haben über unseren Promoter die Anfrage von der Regierung aus Bulgarien gekriegt, ob wir uns vorstellen können, eine Show zu spielen. Da haben wir natürlich sofort zugesagt, auch wenn wir nicht so richtig daran geglaubt haben, dass es klappt. Wir sind damals sowieso zu einer Fotosession in Deutschland zusammen gekommen und habe diese Gelegenheit dann auch genutzt, um vorsichtshalber zu proben. Als wir dann gehört haben, wo die Show stattfinden soll, haben wir sofort beschlossen, sie mit zu filmen, denn die Location ist sensationell.

Wir sind dann nach Bulgarien geflogen, was auch einwandfrei geklappt hat. Vor Ort wurde peinlichst auf die Hygiene geachtet, im Hotel bei Interviews, überall. Kurz vor der Show wird uns dann gesagt, dass die Fans nicht vor der Bühne stehen werden, sondern sitzen. Das Konzert selber kann ich ganz schwer beschreiben. Es war unser einzigstes in 2020 und für die 2500 bis 3000 Fans wahrscheinlich auch. Das Vergnügen war dann beiderseits: Die Leute haben sich total gefreut eine Show zu sehen, wir haben uns unheimlich gefreut, eine Show zu spielen. Das waren an dem Abend unglaubliche Emotionen. Das kann man schlecht beschreiben, aber ich glaube, die kommen auf den Aufnahmen gut rüber. Das war ein spezieller Abend und ich denke, den werden alle Beteiligten nicht so schnell vergessen.

In Deutschland haben wir seit mittlerweile einem Jahr keine Konzert mehr. Welche Vorkehrungen haben denn die bulgarischen Veranstalter getroffen? Könntest du dir vorstellen, dass das auch ein Weg für Deutschland für?

In der jetzigen Situation wohl eher weniger. Im September war es etwas einfacher. Die Leuten saßen auch nicht weiß Gott wie weit auseinander und wir haben uns gefragt, ob das wohl gut geht. Wir haben hinterher dann über unseren Promoter mal nachgefragt, ob sich denn Leute an dem Abend angesteckt haben. Da war zum Glück nichts. Ich weiß nicht, ob die die Leute vorher alle getestet haben. Wie gesagt: Zum Glück ist alles gut gegangen.

Nach „Live in Sofia“ bringt ihr nun zum zweiten Mal ein Livealbum aus Bulgarien heraus. Verbindet euch etwas mit Bulgarien oder ist es dem Zufall geschuldet?

Wir sind nicht gerade schlecht angesagt in Bulgarien. Wenn wir beispielsweise in Sofia spielen, haben immer zwischen 1500 und 2000 Leuten da. Ein bisschen Zufall ist aber auch mit dabei.

Du warst in den letzten Jahren sowohl mit Live-Alben unter dem Namen U.D.O., als auch unter DIRKSCHNEIDER sehr präsent. Hast du keine Angst, dass das Interesse daran nachlässt?

Dann würde auch kein Interesse mehr an Live-Alben von Iron Maiden bestehen, die nach jeder Tour eines herausbringen. Das halte ich nicht für gefährlich. So viele Live-Alben haben wir mit U.D.O. ja auch nicht gemacht. DIRKSCHNEIDER war ein Muss, jetzt kommt halt Bulgarien. Aber es ist ja nicht so, dass wir nach jeder Tour ein Live-Album herausbringen. Deswegen mache ich mir da keine Sorgen.

Du kannst ja mittlerweile auf einen enormen Fundus an Songs zurückgreifen…

Ja… (seufzt)

…wie stellt ihr eure Setlist zusammen?

Albtraummäßig, haha! Wir haben mittlerweile, so wie bei Accept auch, Songs, die können wir nicht weglassen. Wir versuchen immer zu mischen, Klassiker und Songs, die wir lange nicht mehr gespielt haben. Zusätzlich proben wir immer noch ein paar Songs ein, die wir länger schon nicht mehr gespielt haben, damit wir die mal wieder ausprobieren können. Die Setlist zu machen ist aber schon wirklich ein Albtraum.

Ein eher seltener Livesong, zumal er auch neueren Datums ist, ist ‚Rose in the Desert‘. Die Studioversion finde ich schon gut, aber die Liveversion toppt ihn nochmal.

Den Song haben wir zum ersten Mal auf der letzten Tour vor Corona ausprobiert und dabei festgestellt, dass er live sehr gut funktioniert. Ich finde die Version auch toll. Den werden wir sicher noch weiter im Programm haben.

Wo du gerade schon Songs von Accept angesprochen hast: Auf „Live in Bulgaria“ sind wieder einige Accent-Klassiker vertreten. Eigentlich wolltest du mit dem DIRKSCHNEIDER-Projekt doch einen endgültigen Strich unter deine Accept-Zeit machen.

Ja, das ist richtig. Mit DIRKSCHNEIDER spiele ich Accept-Songs, mit U.D.O. nicht mehr. Aber die Bulgaren haben uns auf Knien angefleht, ob wir nicht ein paar Klassiker spielen können und weil es das einzige Konzert in diesem Jahr war, haben wir uns dann dazu entschieden fünf Accent-Songs in die Setlist aufzunehmen. Das wird aber kein Dauerzustand werden, sondern eine Ausnahme bleiben.

Wo wir gerade über Accept reden: Wolf Hoffmann ist ja seit einigen Jahren wieder mit Accept aktiv, wenn auch mittlerweile mit komplett ausgetauschter Mannschaft. Verfolgst du noch, was Wolf mit Accept macht?

Ganz ehrlich? Nicht wirklich! Ich nehme zwar wahr wenn sie ein neues Album rausbringen, verfolgen tue ich es aber nicht. Für mich hat sich das Thema erledigt, zumal nur noch Wolf von der ursprünglichen Besetzung übrig ist. Ob man das noch Accept nennen kann, weiß ich wirklich nicht. Das ist eher ein Wolf Hoffmann-Projekt. Wobei ich sagen muss, das Wolf wirklich ein sehr guter Gitarrist ist.

Lass uns zum Ende noch einmal zu Corona kommen: Wie beschäftigst du dich zur Zeit privat?

Wir komponieren zur Zeit via Skype auf Halde. Es hat ja keiner was zu tun, also schreiben wir Songs. Ich bin zur Zeit auf Ibiza, das komplett abgeschottet ist. (Anmerkung: Das Interview wurde im Februar 2021 geführt.) Man kommt zwar raus – ich fliege z.B. nächste Woche nach Deutschland – aber hier ist auch absoluter Lockdown. Der wird aktuell auch wieder um zwei Wochen verlängert. Alle Restaurants sind zu, aber wenigstens der Einzelhandel hat auf. Zum Glück gehen die Zahlen hier aber gerade auch wieder nach unten. Dagegen ist Deutschland ein Hochrisikogebiet. Aber da wir in Deutschland in einem Studio arbeiten werden, komme ich dort ja auch kaum mit Leuten in Berührung.

Udo, zum Abschluss noch eine Frage, die ich dir nicht ersparen kann: In deinem Alter sind die meisten Menschen in Rente. Du hingegen nicht. Hast du mal darüber nachgedacht, kürzer zu treten?

Rente kriege ich zwar mittlerweile, aber in Rente gehen… Ich habe neulich schon gedacht, dass sich die Corona-Situation so ähnlich wie Rente anfühlt. Aber ganz ehrlich? So ohne Musik machen, das ist noch nichts nicht für mich. Never ever! So lange es mir Spaß macht, so lange meine Stimme funktioniert und so lange wir so touren können wie jetzt, sehe ich überhaupt noch kein Ende. Wenn ich alleine nur an die ganzen Touren denke, die jetzt verschoben wurden, da sind wir alleine bis 2023 mit gut beschäftigt. Also an Rente kann ich noch nicht denken!

Dann drücke ich die Daumen, dass uns deine Stimme noch lange erhalten bleibt, du noch lange fit bleibst und uns U.D.O. noch lange erhalten bleiben.

Wir tun unser bestes!

Fotos: K. Weber (vom Tuska 2017 – das waren noch Zeiten, Live-Bands, Sommerfestivals…)

Timo Pässler

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