Swallow The Sun – Songs From The North I, II & III
Label: Century Media, VÖ: 13. November 2015
Vermutlich ging es nicht nur mir so, dass ich es kaum erwarten konnte – ich latschte sogar 2 Wochen zu früh in den Laden, weil ich ein falsches Release Date im Hinterkopf gespeichert hatte… aber diese Woche ist es wirklich soweit, um das neue Epos der finnischen Meister der Melancholie endlich – wortwörtlich – in die Finger zu kriegen.
Was ich in digitaler Form zu Rezensionszwecken zu hören kriegte, mindert die Ungeduld nicht unbedingt… ”Songs From The North” stellt mit Sicherheit einen Meilenstein in der Karriere von Swallow The Sun dar, die immerhin schon mit ihrem Debütalbum aus 2003 (The Morning Never Came) die Autorin dieser Zeilen aus den Socken kickten.
Denn ganz schön mutig, was die Jungs zum Einstand beim neuen Label Century Media (und mit neuem Drummer Juuso Raatikainen) vorlegen: Gleich DREI volle Alben – Teil 1 über 59, Teil 2 fast 42 und Teil 3 fast 52 Minuten lang – und das bei einer Band, die eigentlich immer das Gegenteil von dem gemacht hat, was man unter ”radiotauglicher” Musik versteht… daher spricht es wohl um so mehr für die Qualität des episch-hochmelodischen Doom-Sounds der Finnen, die sich ja zu Recht einen Namen in der Szene machen konnten.
STS tun hier erneut das, was sie am besten können: Schwermut und Düsternis so süss und verführerisch zu präsentieren, dass du dich gerne in jener wogenden Traurigkeit treiben lässt – was dich seltsamerweise sogar glücklich stimmt. Im Teil 1 wird die episch-melodische Breite des STS Sounds ausgelotet, von ”1 Drumschlag pro Minute” bis zu treibendem Groove und sogar bösartigen Black Metal-Momenten (10 Silver Bullets). Hier schon zeigt Sänger Mikko Kotamäki seine Bandbreite, von eindringlichem Sprechgesang, klaren Vocals bis zu unwahrscheinlich abartigen Growls – unglaublich, wie sich dieser eher schüchterne Frontmann im Lauf der Jahre gesteigert und weiterentwickelt hat.
Herzzerreissend schöne Melodien mit ab und an orchestralen Akzenten, die gelegentlich Frühwerken Tribut zollen (With You Came… oder Brutal Silhouettes) oder gelegentlich Prog-Rock Elemente einarbeiten. Memory of Light kommt wohl dem am nächsten, was STS unter einem Popsong verstehen, eine etwas leichtere Note und eher im Melodic Metal verhaftet, gibt der Track schon einen Vorgeschmack von Teil 2.
Dieser legt den Einstieg zwar auf ”Horrorfilmatmosphäre” incl. Wolfsgeheul aus, die folgenden 7 Songs haben aber allesamt, im Vergleich zu Teil 1, eine leichtere verspielter verträumtere, Balladen-hafte Atmosphäre. The Heart of a Cold White Land entpuppt sich da als geniale Ballade, die ein zukünftiger unverzichtbarer Superhit der Band sein dürfte. Ebenso wie der Titeltrack, wo Mikko Johnny Cash channelt und hervorragend mit Gastsängerin Kaisa Vala harmoniert (auch Aleah veredelt einige Songs mit ihrer Stimme). Warum den Koordinaten von Posio, Finnland, am Karhujärvi ein Instrumental-Song gewidmet ist, bleibt allerdings ein Rätsel, das sich hoffentlich bald in nem Interview mit der Band klären lässt…
Ich hatte es ja fast vermutet, und ja, bei Teil 3 ist Schluss mit lustig, unheilschwanger, Doom aus der Hölle, mit Ausflügen in Black Metal Gefilde (jedoch ohne Blastbeats), wo Mikko unglaublich brutale Growls loslässt. Spätestens bei Empires of Loneliness klappt dir die Kinnlade runter, denn die Jungs schaffen es wieder mal mit Leichtigkeit, Brutalität, Horror und massive Riffs mit unwahrscheinlich eingängigen Melodien zu kombinieren. So unendlich traurig und doch so schön – ein Hammersong! Ein Hammer-3-Alben-Release!
Schlussendlich bleibt nur eine Frage offen – werden Swallow The Sun in Zukunft mindestens dreistündige Konzerte geben, oder wie wollen sie die Masse ihrer Hitsongs – incl. jener der Vorgängeralben – auf die Bühne bringen?
Tja, findet es selbst raus, die Jungs starten Ende November ihre EUROPATOUR
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10/10