Árstíðir @ Colos
25.9.2014 Aschaffenburg GER
Der Colos-Saal in Aschaffenburg bietet ideale Bedingungen für so ziemlich jedes Konzert, da die örtlichen Sound- und Lichttechniker genau wissen was sie tun. Wenn dazu eine Band kommt, die weiß das auszunutzen und ein interessiertes Publikum da ist, wird es garantiert ein guter Abend. Mit Árstíðir war es vom ersten Ton an klar, dass dieses Konzert besonders schön werden würde. Sie brachten uns neue uns schon bekannte Stücke, Geschichten, Lacher und auch Tränen, zumindest für diejenigen von uns, die es zuließen, die emotionale Achterbahnfahrt mitzumachen, die da angeboten wurde. Wie noch viele andere im Publikum, ging ich an diesem Abend völlig in der Musik auf und blinzelte etwas verstört, als das Konzert zu ende war.
Da die Band bei der Anfahrt stundenlang im Stau gestanden hatte, fing das Konzert etwas später an, als es ursprünglich geplant war, aber das Warten schien niemanden zu stören. Der Saal war gut gefüllt und die Gäste unterhielten sich angeregt, bis das Licht aus ging und Árstíðir die Bühne betraten. Sie begannen den Abend mit einigen älteren Songs, bevor sie welchem vom neuen Album spielten, das sie gerade aufnehmen. Am Anfang wirkte die band noch ein wenig abgelenkt, aber das gab sich bald und ab dem dritten Stück waren sie sehr präsent.
Das Konzert fing mit den schon bekannten Songs „Heiðin“ und „You juts have to know of me“ vom ersten Album an. Bereits das wunderbare Intro zu „You just have to know of me“ nahm mich gefangen und malte mir ein Lächeln auf’s Gesicht. Danach folgten „Orð að eigin vali” und einer meiner Favoriten, „Days & Nights“ vom zweiten Album. Die Akustik im Saal war unglaublich gut und wer immer da an den Reglern saß, verstand sein Handwerk. Im Publikum sahen alle so aus, als seien sie genauso in der Musik versunken wie ich. Als nächstes erfuhren wir, dass das aktuelle Album leider nicht zum Tourstart fertiggeworden war, sie aber trotzdem neue Songs für uns spielen wollten. Der erste was „Silfurskin“, der mit einem leise rufenden Klavier anfängt, dem zuerst die Gitarre und dann die Geige antworten. Der Song hört sich traurig an, die Melodie voll Melancholie. Da ich keine Ahnung habe, was der Isländische Text bedeutet, bin ich hier auf meine Vorstellungskraft angewiesen. Der schöne Gesang, aufgeteilt zwischen Gunnar, Daníel und Ragnar trieb mir zum ersten Mal an diesem Abend die Tränen in die Augen.
Im ersten Set waren noch weitere Stücke der ersten beiden Album zu hören, manche davon so alt, dass die Band noch ein Trio war als sie geschrieben wurden. Karl, der Violinist, scherzte gar, „Ages“ sei geschrieben worden, bevor einige der Menschen im Publikum geboren wurden. Insgesamt war die Band guter Stimmung, aber anstatt immer viel zu erklären, ließen sie lieber die Musik sprechen. Das Set endete mit einer absolut atemberaubenden Version von „Shades“, wo besonders Guillaume am Cello über sich hinauswuchs und am Ende den Raum in plötzlicher Stille hinterließ, bevor der Applaus einsetzte. Während der Pause, setzten wieder angeregt Gespräche ein und überall sah man glückliche Gesichter.
Bald schon war die Band zurück auf der Bühne für den zweiten Teil des Konzerts. Es enthielt fast nur Songs vom neuen Album und entpuppte sich als emotionale Achterbahn. Als erstes spielten sie „RÓ“, ihr einziges Instrumentalstück. Entgegen der Version, die man vielleicht aus den Toppstöðin Sessions kennt, spielte Karl hier jedoch nicht geige, sondern gemeinsam mit Ragnar Klavier, wodurch das Cello noch mehr betont wurde. Eine gelungene Abwandlung. Bei „Someone who cares“ kamen mir wieder die Tränen, während ich bei „The Cannon“ lachen musste, über die Geschichte, die dazu erzählt wurde: Nachdem er zum ersten Mal ein Gewehr abgefeuert hat und dabei vom Rückschlag beinahe niedergeworfen wurde, kann ein Musiker, der etwas auf sich hält natürlich nur eins tun, nämlich ein Liebeslied darüber schreiben.
Während einige der neuen Songs bei früheren Konzerten bereits gespielt wurden, war „You again“ noch brandneu. Es wurde auch in einem Video der Künstlerin Kitty Von-Sometime verwendet, das gerade veröffentlicht wurde. Diese Song und der folgende, „Shine“ ließen mich die Luft anhalten. Ich lauschte so andächtig, dass ich einfach vergaß, dabei regelmäßig zu atmen. „Shine“ war von dem Moment an, als ich das Stück im letzten Jahr zum ersten Mal hörte mein Favorit und damals war es noch ein wenig ungeschliffen. Inzwischen ist daraus ein wahres Meisterwerk geworden. Vor dem letzten Song, stellte Daníel die Band vor, was sonst selten passiert, es war eine nette Geste.“Nú gleymist ég“ beendete das zweite Set und danach fühlte ich mich emotional ziemlich ausgelaugt, wollte aber trotzdem noch mehr hören. Alle anderen im Saal schienen das gleiche zu wollen und klatschten laut Beifall.
Die Band kam zurück und schlug das Publikum mit „Ljoð í sand” sofort wieder in ihren Bann. Die Zuschauer hörten fast ehrfürchtig zu, ließen sich kein Wort entgehen. Dieser Song schafft es jedes Mal, alle zu überzeugen. „Kill us“ folgte und zeigte sich als perfekter Abschluss, der zunächst Spannung auf- du dann mit einem Knall wieder abbaute. Die letzten Töne schienen noch in der Luft zu hängen, als Árstíðir die Bühne wieder verließ und das Publikum nach einer weiteren Zugabe rief. Noch einmal kehrten sie zurück und gingen dieses Mal mitten in den Raum, um „Because“ ohne Mikrophone oder Instrumente inmitten der Zuschauer zu singen. Eine wunderbare Darbietung, genau richtig, um den Abend zu beenden. Genau so sollte ein Konzert sein. Ich persönlich kann das nächste kaum erwarten.
Text & photos: Stefanie Oepen
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