Knightmare: Ukulele für die Katz
Man vergibt nicht einfach so eine 10/10 bei Rezenzionen… aber unlängst gab es da noch eine australische Band, die mich mit ihrem Debütalbum “In Death’s Shadow” aus den Socken gehauen hat – Knightmare aus Melbourne. Das Line-Up besteht aus den Gründungsmitgliedern “MICKoWAR” Mick Simpson (voc) und Luke Besley (git) sowie den “Frischlingen” Jim Munro (git) und Matt McConaghy (bass). Welche Musik, Sehenswürdigkeiten oder (flüssigen) Spezialitäten Luke empfiehlt, könnt ihr hier erfahren, und warum er höchstwahrscheinlich beim Beantworten unserer Fragen Schweissausbrüche hatte…
Zunächst einmal gratuliere ich zu einem ausgezeichneten Album – wie waren denn die Reaktionen von Fans und Presse bisher? Entsprachen die euren Erwartungen, seid ihr zufrieden?
Danke! Das Feedback war generell sehr positiv” Ich bin auch beeindruckt, wie weltweit verbreitet das Ganze ist. Wir kriegen Reviews aus Polen, Italien, den USA, Finnland (klar) und wurden aus Brasilien, Japan und Deutschland kontaktiert, da kam einiges ins Rollen… wir müssen uns da öfters über Google-Übersetzer schlau machen.
Wie kamt ihr zum Mastering in den Panic Room Studios, Schweden (von Plec, der schon mit Scar Symmetry oder Watain gearbeitet hat) – habt ihr ihm einfach das Material geschickt oder seid ihr da selbst hingefahren? Falls ja, wie war´s?
Das kam durch unseren Mann am Mischpult zustande (Ermin, der hier in Melbourne lebt…), der mit diesem Mastering Studio zusammenarbeitet. Ich hätte keine Entschuldigung gebraucht, um nach Schweden zu fahren, würde ich sehr gerne tun – aber das hätte die Album-Produktionskosten schnell verdoppelt…
Seid ihr alle aus Melbourne oder aus unterschiedlichen Gegenden? Stadtzentrum oder ländliche Umgebung? Kannst du uns beschreiben, was du siehst, wenn du aus deinem Fenster guckst?
Eigentlich ist es bemerkenswert, dass alle von uns – ausser Matt – im selben Haus wohnen, das in den südöstlichen Aussenbezirken von Melbourne liegt. Was ich von hier aus sehe, sind hauptsächlich Zäune, Hinterhöfe, ungewöhnliche Lebensmittelläden und die derzeit extrem glühende Sonne über Australien… Nichts wirklich Metal-Kompatibles, fürchte ich. Ich glaube, wir stammen alle aus Melbourne, wir leben schon eine ganze Weile hier…
Kannst du die Bands kurz vorstellen – wer seid ihr, wie habt ihr euch kennengelernt, wie entstand die Band?
Tja, ich habe Mick kennengelernt, als ich 15 war, meine Schulband hat da einen kleinen Artikel in der Lokalzeitung gekriegt und er nahm daraufhin mit mir Kontakt auf. Danach zerfiel die Band, Mick und ich entschlossen uns, selbst eine zu gründen. Jim besuchte 2008 eine unserer Shows, einfach als Fan – und gewann eine signierte Ukulele bei einer Verlosung. Ich wurde von einer anderen Band eingeladen mitzumachen, Septerrus, wo auch Jim mitspielte, und von da an haben wir ihn wiederum abgeworben für Knightmare. Er besitzt noch immer diese Ukulele mit unseren Autogrammen, was nun eigentlich für die Katz ist, wenn er eh in derselben Band spielt, haha…
Matt sieht auf den Fotos so jung aus – wie gross ist denn der Altersunterschied? So gross, dass er immer wieder Stories Marke “damals, als wir jung waren (und noch dampfbetriebene Verstärker hatten)” ertragen muss? 😀
Ja, Matt ist definitiv benachteiligt durch sein Unvermögen, Gesichtsbehaarung spriessen zu lassen – aber eigetnlich ist er nur ein Jahr jünger als ich. Wir sind mit unseren Anfang 20 die jungen in der Band, und es gibt da einen Altersunterschied, wenn man uns beide mit Mick und Jim vergleicht, die eher die 30-Jahre-Marke erreichen. Matt ist allerdings noch ein Neuling im Geschäft, da Jim und ich schon viele Jahre davor in anderen Bands gespielt hatten … Wir sind allerdings alle auf derselben Wellenlänge, was Knightmare betrifft, also könnten wir genauso gut auch gleich alt sein.
Bei welchen anderen Bands hast du denn gespielt, gibt es neben Knightmare noch weitere Bandprojekte, die du nebenbei machst?
Also, einige Jahre hab ich bei Septerrus gespielt – da sollte auch heuer im Februar ein Album herauskommen, woran schon seit einigen Jahren gearbeitet wurde. Das ist eher Thrash und nicht wirklich “meine” Band, ich schreibe da keine Songs, ich spiele da nur Gitarre. Dann spiele ich noch in einem weiteren Projekt namens Seventh Sage, das im Prinzip aus mir und dem Sänger von Septerrus besteht, was für uns eine nette Experimentierwerkstatt darstellt, um einfach so gut wie alles auszuprobieren (ich singe da die meisten Songs, die wir herausgebracht haben). Was bisher so erschien, kann als Post Black Metal bezeichnet werden – aber wir machen auch alberne Coverversionen oder elektronische Musik… worauf wir grad Bock haben (so zum Beispiel eine Dancepopversion von Meshuggah). Könnt ihr euch auf unserem Youtube-Kanal ansehen, falls es euch interessiert: youtube.com/seventhsageband
Ich vermute, dass die Lage in Australien ähnlich ist wie in Europa – Musiker können kaum von der Musik alleine leben, also was sind denn so eure Hauptberufe?
Du hast absolut recht – eine Metalband ist nicht wirklich eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen. Jim arbeitet für eine Software-Entwicklungsfirma als Subunternehmer, Matt in einem Supermarket, Mick nimmt viele verschiedene Projekte in Angriff, gewissermassen als Unternehmer, und ich studiere Ingenieurswesen an der Uni.
Wie definierst du euren Stil? Wo kommen denn so die Einflüsse her (in der Review hatte ich Savatage und Amorphis erwähnt)?
Ich fand das ziemlich interessant, als ich das las – es ist immer interessant zu sehen, welche Einflüsse andere Leute aus einem Album heraushören – die genannten sind tolle Bands, aber ich bin von keiner wirklich ein Fan. Was Einflüsse betrifft – ich hör mir z.B. gerne Devin Townsend, Gojira und Wintersun an. Und klar, ich hab mir die Klassiker angehört – Iron Maiden, Megadeth, Blind Guardian. Ich stehe jetzt auf Extreme Metal, besonders wenn dieser mit anderen Musikstilen kombiniert wird, wie etwa bei Alcest. Ich bin auch ein Riesenfan von Soundtracks – jetzt beim Tippen hör ich mir gerade den Borderlands Soundtrack an. Um Knightmares Stil zu definieren – ich würde den als einen Schnittpunkt von Power Metal, Extreme Metal und Filmmusik bezeichnen.
Gibt es eine Story, die sich hinter dem Bandnamen verbirgt, oder habt ihr da nur mit Worten und Bedeutungen gespielt?
Mick fiel das mal ein, ist einige Jahre her – ich glaube nicht, dass da viel Planung dahintersteckt, er dachte bloss, dass es cool klingt.
Welche Themen habt ihr denn so in eure Songtexte verpackt, woher kommt die Inspiration dazu, und wer schreibt die, ist das nur eine Person?
Tja, die Musik und die Instrumentierung sind so ziemlich 100% von mir. Die Texte auf In Death’s Shadow stammen hauptsächlich von mir, Mick hat sich an einigen Songs beteiligt. Das generelle Thema, das wir in unseren Texten ausdrücken, dreht sich um das menschliche Dasein, eher im Bereich des Mentalen und Experimentellen. Viele Themen behandeln Beobachtungen von oder Reaktionen auf bestimmte Situationen und Erfahrungen in unseren Leben.
Wie spielt sich der Kompositionsprozess ab – ist das Teamarbeit? Wie lange dauert es für gewöhnlich, einen Song fertigzustellen?
Für gewöhnlich sitze ich um 3h morgens am Computer, starre die Lautsprecher an wie einen Duellgegner in einem Clint Eastwood Western und versuche, dutzende verschiedene Ebenen aufeinander abzustimmen, ehe ich einschlafe. Dann schick ich das an die Jungs, wenn ich finde, dass es gut genug zum Herzeigen ist, und wir reden darüber, was uns daran gefällt und was nicht. Dann beginnt der Zyklus für mich wieder von vorne, bis wir finden, dass der Song fertig ist.
Der Kontinent da unten, da gibt es Unmengen an Klischees, von AC/DC, Kängurus und Koalas bis zu Schafen, Surfen und Haie – welches davon nervt dich am meisten? Inwieweit entsprechen diese Klischees der Wahrheit?
Oh, da gibt es nichts Nerviges, ich finde es zum Brüllen! Als 15jähriger war ich mal in Italien und besuchte auch eine Woche lang die Schule, gemeinsam mit dem Sohn meiner Gastfamilie – und ich hab tatsächlich ein Mädchen davon überzeugen können, dass bei uns Kängurus als öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden. Jeder kann die als so ne Art Beuteltier-Taxi benutzen. Wenn dir mal ein Klischee über Australien zu Ohren gekommen ist, das lautet “alle haben das ganze Jahr lang Shorts an, veranstalten Grillfeste, gucken beim Cricket zu und brüllen rum, mit einem Bier in der Hand” – yeah, das stimmt absolut.
Wenn du nun für eine Metalfan-Gruppe als Reiseleiter agieren würdest – was würdest du denn empfehlen, was sollte man in deiner Gegend auf keinen Fall verpassen?
Das einzige, was mir da einfällt, wäre ein Foto schiessen in einer Strasse hier in der Stadt, die „ACDC Lane“ heisst – ja, wir haben eine Strasse in Melbourne, die nach eienr Band benannt wurde.
Welches australische Bier würdest du empfehlen (tja, da sind wir wieder bei den Klischees angelangt) – oder welchen (Rot)Wein?
Ah, ich liebe bier. Ich muss nun aufpassen, dass ich jetzt keine Romane schreibe – aber ich vermute, das ist hier so wie in den meisten anderen Ländern. Das Bier, das man so als “berühmte” australische Marken kennt – VB, Fosters, XXXX (four X) etc. – sind klarerweise totaler Schrott und nicht mal geeignet, damit das Auto zu waschen. Aber es gibt hier einige winzige Brauereinen, die zwar klein aber unfassbar gut sind – Moon Dog und 2 Brothers sind da zwei meiner Lieblingsmarken.
Mein Vater ist auch totaler Rotwein-Fan, ich akzeptiere das, aber ich finde nichts daran – wenn du Rotwein magst, ist Grange Hermitage der ultimate australische Shiraz, nur kostet der $500 pro Flasche. Mr Riggs ist ein netter Wein, für den man sich nicht in Schulden stürzen muss. Und vermeide Yellow Tail. Das ist das Fosters der Weine.
Wie sieht es mit der Szene “da unten” aus – gibt es viele Liveclubs, welches Genre ist am populärsten, arbeiten die Bands zusammen, haben sie ein enges Verhältnis zu Fans – wie sieht so ein “typischer Metalgig” aus? Und wie eine typische Australientournee (irgendwie kommen mir da Szenen aus dem “Priscilla”-Film in den Sinn…)?
Es gibt hier einige gute Bar/Kneipe/Liveclubs, aber die machen leider alle so nach und nach dicht, da Live-Musik anscheinend nicht mehr so läuft… dennoch bin ich mir nicht so sicher, ich weiss nur, dass ein paar zugesperrt haben. Was die grösseren Festivals betrifft, da gibt es nur eines, das seit Jahren läuft und welches auch Metal-freundlich ist, nämlich Soundwave Anfang März. Letztes Jahr war ich dort, um mir Gojira, Meshuggah, Devin und System of A Down anzusehen – es war toll.
Was die lokale Metalszene betrifft, ich finde, dass Australien ziemlich Deathcore/Metalcore-lastig ist. Da gibt es unglaublich viele Bands und Fans. Es gibt auch einige klassische Thrashbands, auf die Slayer und Pantera Fans total stehen. Ein typischer Gig sieht ungefähr so aus – eine ungewönlich kleine Menschenmenge an einer Bar starren auf eine viel zu kleine Bühne, und die Gitarren sind viel zu laut.
Welche anderen australischen Bands würdest du empfehlen? (Ich hab hier bereits u.a. Vanishing Point + Ne Obliviscaris angepriesen)
Sicher – da sind z.b. Adrift For Days aus Sydney, die eine wirklich interessante Mischung von Stoner- und einer Art Progressive-Drone-Elementen spielen. Sie geben dem Ganzen einen neuen Dreh, empfehlenswert, wenn du auf Neurosis und so stehst. Eine weitere Band ist Hybrid Nightmares – Black Metal mit fantastischer Bühnenshow und charismatischer Performance.
Bestehen Chancen, dass ihr es nach Europa zu Sommerfestivals schafft, oder sogar für ne Tour? Mit welchen Bands würdet ihr denn gerne touren? Welche Orte würdet ihr gerne besuchen? (Wart ihr schon mal mit ner anderen Band in Europa unterwegs?)
Oh, wir würden GERNE in Europa touren und bei Festivals auftreten. Wir arbeiten schon daran, ein Netzwerk und Kontakte aufzubauen. Das ist definitiv wichtig für Knightmare! Ich würde gerne überall in Europa spielen, um ehrlich zu sein. Mit wem auf Tour? Ich könnte da tausende Namen nennen. Aber ich glaube, ich wäre gerne mit Devin Townsend Project unterwegs, deren Show sieht wie ein irres mystisches Abenteuer aus.
Als Österreicherin musste ich mir auch schon einige Klischees anhören – welche kursieren denn da z.b. In Australien? Und weil ich nun in Helsinki lebe, was erzählt man sich denn so über Finnland?
Du musst wissen, ich liebe Schnee, also hoffe ich dann auch darauf zu stossen. Und was Klischees betrifft, ich glaube nicht, dass es da viele gibt… ich denke da an lange Schweigezeiten, mitten in einem eisigen Wald. Eventuell einmal nicken, alle 20-30 Minuten, denn es ist in der Kultur verwurzelt, dass du nur das Notwendigste äusserst. Und wir stehen dann da und denken “Sollen wir was sagen? Was soll ich tun?!”
Was du unbedingt loswerden willst und ich nicht gefragt habe…
Ja! Also, da hast du mich überrascht, ich finde, das war schon ein sehr ausführliches Interview, also fällt mir da keine unter den Tisch gefallene Frage ein… Ich sollte vielleicht ein paar Geheimnisse verraten – ich liebe Computerspiele. Ich bin süchtig nach Team Fortress 2. Und wir können es kaum erwarten, nach Finnland und nach Europa zu kommen – ist nur eine Frage der Zeit!
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