Interviews

Kelly Nickels: „Es war eine unglaublich magische Zeit.“

Kelly Nickels, eigentlich geboren in Frankreich, kennt man nicht nur als einen legendäreren Bassisten diverser berühmter US Bands, wie etwa Faster Pussycat und L.A. Guns. In den letzten Jahren ist er hauptsächlich in der Montauk Salvage Company aktiv, die er zusammen mit dem bildenden Künstler Scott Hewett gründete und die auf Computergrafiken, individuelle Illustrationen und Kunstmalerei sowie eine eigene Bekleidungslinie spezialisiert ist. In diesem Chat geht es jedoch um Musik …

Wann hast du angefangen, dich für Musik zu interessieren, Kelly?
Mit ungefähr 15 schenkte mir ein Freund der Familie 3 Alben zum Geburtstag. Aerosmith 1, Kiss Alive 1, und eine Black Sabbath-Platte. Mit der Aerosmith-Platte fing alles an. Sie sahen so verdammt cool aus. Da ich schon immer lange Haare trug, hatte ich das Gefühl, dass ich meinen Platz in der Welt gefunden hatte. Je mehr ich über das Schreiben von Songs, das Aufnehmen und das Touren herausfand, desto mehr wurde mir klar, dass das mein Ding ist. Aber eigentlich suchte ich nach einer Möglichkeit, um die Welt zu reisen. Ich wusste immer, dass ich so viel wie möglich von diesem erstaunlichen Planeten sehen wollte. Und das Musikerleben schien eine großartige Möglichkeit zu sein, genau das zu tun… und so war es auch!

Irgendwelche Lieblingsbands?
Meine Lieblingsbands waren schon immer Aerosmith und die Rolling Stones.

Wie war es, bei Virgin Steele zu spielen?
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass manche Leute mich nach dieser Band fragen. Um ehrlich zu sein, erinnere ich mich nicht an viel. Ich erinnere mich nur daran, dass ich ein paar Mal bei den Jungs zu Hause gejammt habe, aber ich war nicht sehr gut. Ich hatte gerade erst angefangen zu spielen.

Wie hast du die Jungs kennengelernt?
Ich weiß es nicht mehr genau, aber es muss über eine Anzeige in einer lokalen Musikzeitung gewesen sein.
Glaube ich!

Als nächstes warst du bei Sweet Pain beigetreten. Erzähl uns mehr darüber.
Mein Freund Micheal Corcione arbeitete für einen unabhängigen Plattenvertrieb namens Combat Records auf Long Island. Damals waren Importe wirklich groß. Eine Menge Metal-Bands kamen aus Europa und so. Irgendwie brachte er sie – oder sie ihn – dazu, eine Band zu gründen, und sie sagten, sie würden die Platte herausbringen, also ließen wir ein paar Leute vorspielen und fanden einen guten Schlagzeuger und einen Gitarristen, aber wir konnten keinen Sänger finden. Wir haben eine Handvoll Leute vorsingen lassen und die waren alle schrecklich, also beschloss Michael, dass er der Sänger sein würde. Wir waren stark von Hanoi Rocks beeinflusst, aber das war’s dann auch schon lol.

Wie hast du die anderen Mitglieder von LA Guns 1987 kennengelernt?
Ich begegnete Tracii 1985 im Rainbow, als ich an ihm vorbeiging. Wir bewunderten gegenseitig unsere Tattoos. Das war noch in den Beginnzeiten der Tattoos, er hatte eins und ich hatte eins und wir fingen an zu reden und trafen uns manchmal, und dann traf ich Mick. Die beiden waren bereits befreundet und so hat sich alles irgendwie ergeben.

Kannst du uns erzählen, was dich zu „The Ballad of Jayne“ inspiriert hat?
Nun, The Ballad of Jayne war der letzte Song, der für das Album Cocked & Loaded aufgenommen wurde. Mick und ich hatten die Musik geschrieben und Phil hatte ein paar Scratch-Vocals und einen Text dazu gemacht, der mir nicht wirklich gefiel, und ich fragte Phil, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn ich die Aufnahme mit nach Hause nehmen und versuchen würde, mir etwas anderes dafür auszudenken. Er war damit einverstanden. Wir hatten nur noch einen Tag im Studio, also nahm ich alles in der Nacht mit nach Hause. Ich war damals Single und wohnte in einem Apartment in der Melrose Avenue in LA, und ich hatte den Playboy-Kanal an. Es gab eine Sondersendung über Jayne Mansfield und sie interviewten einen ihrer Ex-Ehemänner, Mickey Hargitay.
Und er sprach über Jayne und war immer noch sichtlich berührt, 50 Jahre später oder so war er immer noch voller Trauer über ihren Verlust. Das hat mich sehr bewegt und mir wurde klar, dass man über manche Dinge im Leben nie hinwegkommt, man muss einfach lernen, damit zu leben. Ich habe diesen Song für all jene gemacht, die jemanden verloren haben. Sie ist die Jayne von allen.

Riley's L.A.Guns / The Ballad Of Jayne / Acoustic Version

Wie waren die Aufnahmesessions für das erste LA Guns-Album und später für „Cocked and Loaded“?
Es war eine unglaublich magische Zeit. Wir waren so glücklich, endlich einen Plattenvertrag zu haben und ins Studio gehen zu können, um Songs aufzunehmen. Wir haben jede Minute davon genossen. Es war ein wahrgewordener Traum. Es war jahrelange Arbeit, zu Castings zu gehen, eine Band mit der gleichen Vision zu finden und einen Plattenvertrag zu bekommen, das ist gar nicht so einfach. Als dann alles zusammenkam, waren wir begeistert. PolyGram nahm uns für sieben Alben unter Vertrag, und ich weiß noch, wie ich dachte, dass ich wenigstens ein paar Jahre lang was zu essen haben würde.

Später hast du die LA Guns verlassen und bist erst später wieder eingestiegen. Wie war es, nach einem tragischen Motorradunfall eine Zeit lang von der Musik weg zu sein?
Nun, mein Unfall passierte, bevor ich bei den LA Guns einstieg und während ich bei Faster Pussycat war. Ich musste also die ganze Zeit, in der ich bei den LA Guns war, damit fertig werden. Und das war eine echte Belastung. Ich habe mir das Bein ein paar Mal auf der Bühne gebrochen. Ich war sechs Jahre lang auf einen Stock und Krücken angewiesen und hatte 10 größere Operationen. Das war alles andere als lustig. Ich habe so ziemlich meine gesamte Musikkarriere mit einem kaputten Bein durchlebt. In der Nacht, in der Faster Pussycat einen Plattenvertrag bekamen, wurde ich von einem Auto angefahren und lag drei Monate lang im Krankenhaus. Sie mussten ins Studio gehen und ihre Platte aufnehmen, und da ich dazu nicht in der Lage war, mussten sie mich gehen lassen. Ich verstand das, aber nachdem ich jahrelang versucht hatte, eine gute Band zu finden und schließlich einen Plattenvertrag zu bekommen, war es ziemlich niederschmetternd, gefeuert zu werden. Ich wusste nicht, wie es danach weitergehen würde. Als ich aus dem Krankenhaus kam, flog ich zurück nach New York. Ein paar Tage später erhielt ich einen Anruf von Tracii Guns, der mich fragte, ob ich in die Band einsteigen wolle. Ich sagte, dass ich einen Gips bis zum Hintern habe, und er sagte: „Das wird schon wieder werden“. Also stieg ich in ein Flugzeug und flog zurück nach LA und begann mit ihnen zu proben. Und ich war immer dankbar für diese zweite Chance.

Was machst du jetzt?
In den letzten Jahren habe ich in Riley’s LA Guns gespielt, und das hat viel Spaß gemacht. Wir haben zwei Alben herausgebracht und einige Konzerte gespielt. Seit 20 Jahren bin ich als Grafikdesigner tätig. Ich mache all die Kunst für Riley’s LA Guns.

Welche Erinnerungen hast du an Steve Riley?
Von Steve im letzten Jahr Abschied nehmen zu müssen war ein großer Verlust, aber wir hatten viel Spaß zusammen und ich habe nur gute Erinnerungen an ihn. Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit ihm in einer Band zu sein, und er war ein hervorragender Schlagzeuger.
Wir haben uns immer sehr gut verstanden. Vor jeder Show haben wir uns irgendwohin geschlichen und zusammen einen Joint geraucht, was kann ich sonst noch sagen? lol 🙂🍺

Interview: John Wisniewski    photos: Kelly Nickels

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. John Wisniewski, Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser