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Dunderbeist: Egal ob verrückt oder nicht

Nachdem die Norweger Dunderbeist dieses Jahr zwei Alben veröffentlichten, exzessiv tourten und daher einiges an Ländern, Städten und Bühnen gesehen haben, ergab sich nun die Möglichkeit, zumindest via E-Mail mit Gitarrist Ronny Flissundet sowie Sänger Torgrim Torve ein wenig über die Band selbst, ihr Auftreten, und das Touren zu plaudern.

Hallo, wie war denn dein Tag bisher? Wie geht es dir und gibt es etwas besonderes, was passiert ist und du erzählen möchtest?
Torgrim: Hallo! Nun ja, es gibt eigentlich nichts hervorzuheben. Ich habe heute lange geschlafen, da ich die ganze Nacht wach war und “The Walking Dead” geschaut habe. Daher habe ich gerade meinen Kaffee genossen und habe den ganzen Tag lang nach neuer Musik gesucht.

Ihr habt in einem anderen Interview gesagt, dass ihr während der “Geburt” der Band einfach nur ihr selbst sein und verrückte Sachen ausprobieren wolltet – hat sich diese Einstellung denn geändert?
Torgrim: Nun ja, wir versuchen immer noch verschiedene Dinge, egal ob verrückt oder nicht. Aber in unseren Anfängen wollten wir irgendwie mehr reaktionär sein. Wir kamen alle von traditionellen Rock- und Metalbands und wollten etwas komplett anderes mit Dunderbeist machen. Deshalb haben wir alle möglichen seltsamen Mischungen probiert, haben versucht die Regeln im Metal zu brechen und hatten eine Menge Spaß während dieses Prozesses. Wir hatten wirklich viel Spaß, und wir haben ein oder zwei Alben mit unterschiedlicher Qualität aufgenommen. Wir haben in diesem Prozess gelernt, dass es funktioniert, aber wesentlich mehr darüber, was nicht so gut funktioniert. Daher würde ich es als spaßigen Lernprozess betiteln. Aber wir experimentieren immer noch gerne, haben jedoch aus unseren Fehlern gelernt und jetzt haben wir all dieses Wissen darüber, was wir nicht so gut vermischen können, und schreiben unsere Musik mit diesem Wissen im Hinterkopf.

Ich habe gelesen, dass das Album Crowleys Ansichten über das Thelema behandelt – wie kommt es denn, dass ihr genau diese spirituelle Philosophie / Religion als Einfluss gewählt habt, und welche Beziehung habt ihr zu dem Ganzen, außer der Gemeinsamkeit mit dem Leben als Musiker?
Ronny: Ja, das ist absolut richtig! Und toll, dass du es erwähnst. Du bist die Erste in einer Unmenge an Interviews, die wir gemacht haben, die das eigentlich bemerkt hat, was wirklich toll ist. Weil es total offensichtlich ist! Es gibt Hinweise im visuellen Aspekt und natürlich auch in den Lyrics. Die Gedanken über Thelema sind direkt übertragbar auf das Leben von jemandem, der etwas erschafft, weil du denkst, dass das was du machst wichtig ist. Und wenn man in einer Band ist, mit all unseren Logos, Bühnendekorationen und all dem Visuellen, muss man wissen, was man dem Publikum vorsetzt. Symbole, auf einem unterbewussten Level, haben Macht, besonders in Kombination mit Musik, die eine Botschaft enthält. Es gibt zu wenige Leute, die diesen Sachen einen besonderen Gedanken geschenkt haben und einfach nur die Zeichen der eigenen Lieblingsband benutzen, weil sie sie cool finden. Alles was mir machen hat einen Grund, warum es so ist, und wir haben das für uns genutzt. Und aus diesem Blickwinkel hat das Thelema ein paar wirklich gute Gedanken, die ins Tageslicht gebracht werden müssen. Es gibt viel darüber zu sagen, aber ich beende hier meine Litanei.

Die Bemalung und die Uniform, die die Band als Ganzes definieren – das ist die eine Seite von euch, wenn ihr auf der Bühne steht. Wie notwendig ist es denn eigentlich, diese Unterscheidung zwischen der Bühnenperson und der Alltagsperson zu machen?
Torgrim: Eigentlich ist es auch, wie wir im Alltag erscheinen. Das ist quasi die traditionelle norwegische Tracht.
Nein, ist es nicht. Das ganze theatralische Outfit ist eine Sache der Unterhaltung. Wenn wir unser Make-Up auftragen und unsere Anzüge anziehen, dann schlüpfen wir in unsere Rollen. Wir haben strenge Rituale vor Auftritten, und diese hatten wir von Anfang an, und ich kann mich nicht mehr erinnern wie alles begann. Aber die Live-Auftritte und die ganzen visuellen Aspekte der Band (nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf Fotos, in Videos etc.) waren für uns immer wichtig. Es ist ein Teil des Beschreibens des Gefühls, das wir kommunizieren, und es ist auch ein Teil davon, was die Band wie eine Einheit aussehen lässt. Bei Dunderbeist geht es nicht um die einzelnen Personen, sondern um die Gruppe als ein Ganzes.

Ich habe gelesen, wie wichtig visuelle Aspekte während der Auftritte sind – was denkt ihr über den wachsenden Bedarf an der Visualisierung von Musik, z.B. in Musikvideos? Mehr und mehr ist es notwendig um die eigentliche Musik den Hörern nahezubringen…
Torgrim: Nun, es kann als Tor zur Musik funktionieren. Wir ertrinken in allen Arten von Musik und Bands heutzutage, und es ist schwierig diese gigantischen Massen an Künstlern zu überblicken, daher ist es sehr wichtig, eine visuelle Komponente zu haben. Letztendlich spricht die Qualität der Musik für sich selbst, daher fallen dort einige Bands durch. Aber wir versuchen ein komplettes Paket zu vermitteln. Das Dunderbeist Universum und die Musik darin, jeder Teil ist dort gleich wichtig.

Nachdem ihr schon recht viel auf Tour gewesen seid, was würdet ihr denn als die größten Unterschiede nennen, wenn es um das Konzertpublikum in den jeweiligen Ländern geht? Seht ihr Unterschiede in dem ganzen „Kult“, der mit der Musik zusammenhängt?
Torgrim: Die meisten Metalheads auf der Welt scheinen eine Menge gemeinsam zu haben (natürlich ohne irgendjemanden als Stereotyp zu bezeichnen). Aber als wir letztens in einigen Wochen durch fast ganz Europa getourt sind, haben wir von Land zu Land ein paar Unterschiede festgestellt, auch wenn diese nicht so leicht festzuhalten sind (oder ist es nur die Angst, jemanden zu beleidigen?).

Die Länder, die uns wirklich positiv überrascht haben, waren Portugal und Frankreich. Diese waren die beiden Länder auf unserer Tour, wo ich dachte, dass sie das schwierigste Publikum haben, aber sie haben gezeigt, dass wir falsch lagen. Dänemark und Deutschland waren auch toll, mit einem sehr enthusiastischen Publikum, das sogar nach der Show T-Shirts und CDs gekauft hat. Spanien war etwas anders, auch wenn sie sehr enthusiastisch waren, schien es so, als seien sie wesentlich mehr Punk Rock als z.B. Deutschland oder die Schweiz, die scheinbar jeweils die meisten Hardcore Metal Typen hatten. In Norwegen sind wir alle eher kalt nach außen hin, besonders bei Konzerten während der Woche. Aber gib der Menge genug zu trinken und sie schmelzen wie Schnee im Frühling.

Ich habe festgestellt, dass eine immer größer werdende Anzahl an norwegischen Bands den Schritt wagt, international zu arbeiten – wie schwer, oder vielleicht aufregend, war dieser Schritt für euch? Was waren eure Erwartungen?
Torgrim: Für uns war es überhaupt nicht schwer. Das ist das, was wir die ganze Zeit machen wollten. Wir haben uns in den ersten Jahren auf Norwegen konzentriert, um uns als Live-Band aufzubauen. Dann, als wir endlich einen gescheiten Plattenvertrag mit Indie Records bekamen, unsere Schutzschilder standen und wir die richtige Rückendeckung und Live-Erfahrung hatten, um auf den Rest von Europa losgelassen zu werden. Und wir werden wiederkommen. Das ist ein Versprechen! Unsere Erwartungen waren nicht allzu hoch. Wir waren absolut nicht sicher, wie wir im Ausland akzeptiert werden würden. Aber das Feedback von der Presse und auch den Fans für unsere zwei 2012-Veröffentlichungen waren toll! Daher sind wir jetzt ein paar Strahlemänner, die ihre Zukunft und die Weltherrschaft planen…

Andere nordische Länder haben sehr viel Unterstützung von der Regierung, wenn es um Musik geht (z.B. günstiger oder kostenloser Musikunterricht) – wie sieht es in Norwegen aus?
Torgrim: Wir sind günstige oder kostenlose Musikstunden nicht wirklich gewöhnt. Diese Stunden sind meist recht teuer in Norwegen, egal ob in öffentlichen oder privaten Musikschulen. Aber wir bekommen viel Unterstützung von unserer Regierung, die norwegischen Künstlern und Bands mit ihrer Finanzierung für Aufnahmen und Touren hilft, besonders wenn es um den Musikexport geht – wie z.B. Touren im Ausland. Norweger werden meist recht stolz, wenn andere Norweger etwas international erreichen. Irgendwie füttert das unsere Egos hier im frostigen Norden.

Lass uns zu einem anderen Teil des Interviews überwechseln und Reden über die Musik bei Seite schieben. Wenn dich jemand in einem Aufzug einsperren würde, wer würde die Person sein, mit der du am wenigsten gern zusammen dort eingesperrt sein wolltest und wieso?
Torgrim: Coole Frage! Hmm. Die Person, mit der ich am wenigsten gern in einem Aufzug feststecken würde, wäre jemand, der permanent versuchen würde, dummen Smalltalk mit mir zu führen. Ich bin wirklich schlecht, wenn es um solchen Situationen geht, daher würde ich womöglich ausrasten und ihm/ihr ins Gesicht schlagen, da ich nicht weiß wie ich in solch einer Situation normal reagieren sollte. Und dann würde ich mich unbehaglich fühlen und es würde mir für den Rest der Zeit leidtun, mit zu viel peinlicher Stille und flüchtigen Blicken voller Bedauern (von meiner Seite) und voller Verachtung von der anderen Person…
Ich fände es generell überhaupt nicht angenehm, in einem Aufzug festzustecken (auch wenn mir das einmal passiert ist, aber das ist eine andere Geschichte), aber wenn ich in der unglücklichen Situation wäre, dann würde ich lieber allein sein, bestenfalls mit einem funktionierenden Handy und einer Packung Zigaretten.

Du wurdest ausgewählt, in einer Neuauflage eines Horrorfilms mitzuspielen. Welchen würdest du auswählen und welche Rolle würdest du spielen wollen und wieso?
Torgrim: Ich würde Wendy Torrance (ursprünglich gespielt von Shelley Duvall) in einer Neuauflage von “The Shining” spielen wollen. Dieser Film, weil es einer meiner Lieblings-Horrorfilme oder generell mein Lieblingsfilm ist. Und diese Rolle, weil sie die ganze Zeit so winzig und ängstlich aussieht. Sie hat das beste entsetzt-sein-Gesicht in der Geschichte des Filmemachens, und wenn ich jemals ein Schauspieler werden sollte, dann sollte es schon eine wirkliche Herausforderung sein. Wie zum Beispiel diese Rolle zu meistern. Ja, ich weiß, sie ist eine Frau! Daher wäre es eine noch größere Herausforderung…

Seit dem Beginn eurer Karriere habt ihr sicherlich schon viele Fragen von Journalisten gestellt bekommen. Welche Frage würdet ihr denn gerne gefragt werden, da sie noch nicht gestellt wurde? Und was wäre die Antwort zu dieser Frage?
Torgrim: Ich glaube, dass mich bisher niemand nach meiner Lieblingsfarbe gefragt hat. Was eine wirklich wichtige Frage ist, ich denke, denn die Welt verliert alle Arten von Nuancen und solchen Dingen. Daher würde ich diese Frage einfach mit „grau“ beantworten…

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt die Fragen zu beantworten!
Torgrim: Dank DIR und euren Lesern!

https://www.facebook.com/dunderbeist

Carina Ullmann

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