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Wardruna @ Meistersingerhalle Nürnberg

16.11.2024, Meistersingerhalle, Nürnberg, Deutschland

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Draußen war es dunkel, kalt und ungemütlich, und so war jeder froh, als er in die Halle gelangen konnte an diesem Samstag – nur um dann vor erneut verschlossenen Türen zu stehen. Denn auf die Plätze, da konnte man erst noch nach einiger Zeit hin. Langsam füllte sich die Meistersingerhalle, die ausschließlich vorhandenen Sitzplätze waren bis auf den Letzten besetzt. Jung und alt, die Gothic-Braut, der Metal-Fan, die Mittelalter-Liebhaber, das ältere Ehepaar oder die habstarken Typen – alle saßen zu Beginn des Konzertes gespannt und glücklich auf ihren Plätzen.

Dann wurde es dunkel, und die Band um Sänger Einar Selvik huschte auf die Bühne, auf denen es dann auch sobald mit den Moraharpa-Klängen von John Stenersen und mit „Kvitravn“ los ging. Wem sich diese Anfangs-Melodie nicht in den Kopf brennt, den bewundere ich. Weiter ging es dann auch sofort mit einem der Track vom kommenden Album „Birna“ – nämlich mit „Hertan“. Der Song ist mit „Himinndotter“ der Einzige, den die Fans von den Neuen zu hören bekamen – außer sie hatten Glück gehabt und einen Platz im begehrten Pre-Listening gewonnen. Beide neuen Songs kamen beim Publikum durchweg sehr gut an, sind aber am Ende des Tages auch eher dem absolut typischen Wardruna-Style zuzuschreiben und für eine Liveshow mit puristischer aber sehr durchdachter Lichtshow einfach nur so gemacht.

Dass aber dann doch die bekannten Songs immer noch höher im Kurs stehen, das konnte man bei „Skugge“ , „Fehu“ und besonders „Solringen“ sehen.

Letzterer hat dann doch trotz Sitzplatzpflicht so einige zum Bewegen – oder aber „Herumrutschen auf dem Stuhlpolster“ – verleitet. Es wurde mitgeschwungen, und in eine andere Welt abgetaucht mit geschlossenen Augen. und spätestens jetzt war die Atmosphäre, die die Band ausstrahlte, wirklich bei jedem in der weitläufigen Halle angekommen.

Absolut magisch wurde es dann mit „Lyfjaberg“ – auf deutsch so viel wie „Berg der Heilung“: wenn man in die Gesichter vieler schaute, dann waren sie zu tiefst in der Musik versunken, teilweise sichtbar emotional (zu denen gehörte wohl auch ich) oder einfach nur Kraft aus der Musik und der Performance ziehend. Besonders hier kann man nur sagen: Einar Selvik legt sein ganzes Herz und seine Seele in jedes Wort, welches er bei einer Show singt – man spürt auch ohne Sprachkenntnisse einfach, um was es im jeweiligen Lied geht. Perfekt untermalt musikalisch, und weitgehend simpel aber eindrucksvoll durch die Lichtshow unterstützt. Hier bei „Lyfjaberg“ gibt es auf dem Backdrop einen Berg zu sehen, und der Nebel quillt über den Boden und schwappt über die Bühnenkante in die ersten Reihe. Absolut magisches Zusammenspiel, wofür man allen Beteiligten nur gratulieren kann.

Wenn man nun aber Einar Selvik´s Stimmgewalt anpreist, so sollte man nicht vergessen, dass neben ihm jemand auf der Bühne steht, ohne die die Lieder doch oftmals eindimensional wirken würden: Lindy-Fay Hella bringt eine stimmliche Vielfalt auf die Bühne, und eine Vocal Range, die man von dieser zierlichen Frau erwarten würde, wenn man Wardruna nicht kennen würde. Besonders faszinierend ist in diesem Zusammenhang „Isa“ – einer der Songs, die per se relativ simpel gehalten sind, aber von den ausgefallenen Vocals lebt. Einfach immer wieder ein Erlebnis, dieses Lied live zu hören und Lindy-Fay zuzuschauen (nicht nur beim Singen dieses Liedes, sondern auch bei all den Tanzeinlagen, die von so viel Liebe zur Musik zeugen).

Auch nicht aus der Setliste wegzudenken und definitiv DIE Lieder des Abends sind immer  „Voluspá“, „Helvegen“ sowie „Snake Pit Poetry“. Es ist immer wieder spannend anzusehen, wie ein körperlich nicht ganz so großer Mann in einem schwarzen langen Rollkragenpulli bei  „Voluspá“ alleine mitsamt Instrument auf der Bühne steht, und mit seiner Ausstrahlung und seiner Stimme eine ganze Halle für sich einnehmen kann. Gänsehaut, überall und jedes Mal auf´s Neue – egal wie oft man den Song schon live gehört hat, es ist jedes Mal einfach Faszination pur. „Helvegen“ hingegen schafft diese Gänsehaut dann noch einmal mit gesamter Besetzung, und brennenden Fackeln – genau so, wie man sich die Präsentation eines solchen Songs wünschen würde. Der Song geht jedem Mitten ins Herz, und der Applaus ebbt auch hier nur sehr langsam ab. Gleiches gilt auch für den Konzertabschluss durch „Snake Pit Poetry“ – der Mann, ein Instrument, und schon hat man noch ein letztes Lied voller Magie, mit der man dann wieder in die Realität zurück entlassen wird – leider.

Ohne Standing Ovation kam die Band aber auch in Nürnberg nicht von der Bühne, und es ist immer wieder schön zu sehen, wie keiner in dieser Band das als normal hinnimmt – sichtlich berührt ist da jeder, vornweg Einar Selvik, das Mastermind der Band. Wie sagt er so schön: es ist eine gegenseitige Sache, man schätzt sich, und das braucht nun mal keine großen Worte. Und die gab es auch weitgehend nicht, denn während einer Wardruna Show gibt es keinerlei Geplänkel zwischen den Songs, man lässt bis zum Ende die Musik wirken. Aber hier und da ein kleines bisschen trockenen Humor lässt der Sänger doch durchblicken.

Was kann man noch sagen? Wann immer Wardruna auftreten, versinkt das Publikum in eine andere Welt, jeder in seiner kleinen eigenen Welt erlebt und genießt diese 90 Minuten voller Kraft, Leidenschaft, Schmerz, Magie. Wem genau das in seinem Leben fehlt – der sollte definitiv auf die Website der Band gehen und schauen, wo es noch Tickets gibt. Denn auch eine (weitere) Anreise lohnt sich bei Wardruna definitiv!

 

Setliste:

Kvitravn
Hertan
Skugge
Solringen
Kvit hjort
Runaljod
Lyfjaberg
Voluspá (Skaldic Version)
Tyr
Isa
Grá
Himinndotter
Rotlaust tre fell
Fehu
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Helvegen
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Snake Pit Poetry – Skaldic Mode

Carina Ullmann

carina@stalker-magazine.rocks - Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - - - Alles von Klassik bis Metal, es kommt immer auf die Band und meine Laune an ;) - - - Favorisierte Bands? - - ...das wären zu viele, um sie alle hier aufzulisten... - - Sonstige Interessen? - - - Fotografie, Kulturen, Literatur