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Lord of the Lost, The Raven Age, Blitz Union @ Z7 Pratteln

26.03.2024 Konzertfabrik Z7, Pratteln Schweiz

Das 15-Jahr-Jubiläum von Lord Helmchen, wie ich Lord of the Lost liebevoll zu nennen pflege. Das muss man feiern, und die Jungs machen das mit zwei Bands die plötzlich zur Konkurrenz werden könnten, weil sie ihnen musikalisch in nichts nachstehen. Respekt, diese zwei trotzdem mit auf Tour zu nehmen – denn es geht einfach um gegenseitige Unterstützung und Freundschaft. Man gönnt sich gegenseitig den Erfolg und das ist schön zu sehen, in einer Welt voller Missgunst und Eifersucht.

Nun, dass es etwas voller wird im Z7 ist sicherlich nicht nur den beiden Vorbands zu verdanken, sondern auch dem Eurovision Auftritt von LOTL im letzten Jahr. Das bringt immer treue neue Fans von 7 bis 80, unabhängig vom Abschneiden beim ESC. Daher ist heute alles vertreten im Z7: viele waren noch nie hier, andere haben bisher jede Show von LOTL in der Schweiz gesehen.

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Den Auftakt heute Abend machen die noch unbekannteren Blitz Union aus Tschechien. Die Band gründete sich 2019 mitten in einer Welt kurz vor einer Pandemie, dennoch ist ihr ganzes Erscheinen, ihre Musik, ihre Videos und ihre Message so gut durchdacht und funktioniert einfach. “Die neuen Rammstein für Generation Z & Y” werden sie von der Presse genannt; ich würde sagen, ihre Musik ist weitaus interessanter als Rammstein und zeigt sich in mehr Facetten. Wie sind sie Live? Ja, das habe ich mich auch gefragt und werde einfach nur positiv überrascht. Die vier Herren liefern von Anfang bis zum Ende eine professionelle gute Show. Ihre Songs liefern eine Message und drehen sich um Themen, welche die Welt heute belasten: Klimawandel, Social Media, Machtmissbrauch, Homophobie etc. Also klar, sie haben was zu sagen, und mit ihrer Musik – ein wilder Mix von Industrial, Goth und Elektro-Pop – machen sie das wirklich grossartig. Das Publikum ist ziemlich schnell von den Blitz Union Qualitäten überzeugt und freut sich umso mehr über die Mr. Blitz Masken, die von der Band und ihrem Mentor Mr. Blitz (der mysteriöse maskierte Herr) verteilt werden. Diese Band sollte man besser im Auge behalten. Die Songs sind mitreissend, laden zum Tanzen ein und der Gesang von Mark Blitz passt zu 100%. Starker Auftakt, der schwer zu toppen sein wird.

Der Grund, warum ich hier bin, sind eigentlich The Raven Age. Ich bin erst im letzten Jahr auf die Band aufmerksam geworden, als sie mit Monster Magnet im Z7 spielten. Ihr ganz eigener Stil macht sie einfach zu einer Band, die aus der Masse heraussticht. Tolle Riffs, grossartige Stimme, coole Jungs, von denen jeder einen eigenen Stil hat, Songs die nicht ganz so einfach sind, aber einem trotzdem mitreissen. Irgendwie kann man es nicht richtig greifen, was es ausmacht, aber sie vermögen einfach live total zu überzeugen. Wir wissen, dass Musik aus England immer etwas spezieller ist, und genau das macht es hier zu was Gutem. Die Jungs hatten seit ihrem Debut 2017 das Glück, mit sehr namenhaften Bands unterwegs zu sein (Volbeat, Iron Maiden), da lernt man schnell, wie der Hase läuft. Die beiden Matts, George, Tommy und Jai haben sich von Anfang an gut verkauft und das merkt man auch heute Abend wieder. Jedes Riff sitzt, die Stimme überzeugt und die neuen und alten Fans werden von den Musikern abgeholt. Man kann gar nicht viel zu The Raven Age sagen, ausser dass sie einfach höchst professionell rüberkommen – hoffentlich gibt es bald mal eine Headliner Tour der Herren aus London zu sehen.

15 Jahre Lord of the Lost: Hätte ich gedacht, dass sich diese Band so lange hält, als ich sie das erste Mal im Keller des Dynamos zusammen mit Stoneman gesehen habe? Ich glaube kaum. Auch wenn ich früher gelegentlich nicht viel für die Art von Chris Harms übrig hatte, muss ich sagen, dass ich in den letzten Jahren den treibenden Kern hinter Lord of the Lost zu schätzen lernte. Eines muss man diesem Mann und seiner Crew lassen, sie wissen, was sie tun und auch wenn es mal nicht klappt, wie zum Beispiel bei der nicht gerechtfertigten ESC Pleite vom letzten Jahr, stehen sie wieder auf und machen weiter. Sie glauben an sich und ihr Können und machen einfach, wozu sie gerade Lust haben, und genau das sieht und hört man bei der Show heute Abend. Die Songs werden in chronologischer Reihenfolge gespielt und esfällt auf, dass Lord of the Lost einfach niemals vorhersehbar sind. Sie haben ihren Stil, ihre Stärken und vielleicht auch Schwächen, aber langweilig sind diese Hamburger Jungs auf keinen Fall. Weil ihr Schlagzeuger Nik aus gesundheitlichen Gründen kurz vor der Tour ausfiel, erklärten sich kurzerhand Nico Vaeen und Jörn Schwarzburger zum Einspringen bereit – letzterer spielt die heutige Show und das nur anhand von Notizen, die er beim gestrigen Konzert machte, als Nico Vaeen noch die Sticks in der Hand führte. Unglaublich, dass so etwas ohne wochenlange Proben überhaupt möglich ist. Und der Herr hat eine super Leistung vollbracht. Chapeau, hier sieht man die Qualitäten eines guten Musikers, der kann einfach alles spielen. Neben Jörn gibt es noch ein eher unbekanntes Gesicht auf der Bühne, und zwar Benjamin Mundigler an der zweiten Gitarre. So ist Harms frei für die reine Showeinlage, lässt es sich aber nicht nehmen, dann doch auch noch kurz zur Gitarre zu greifen für „Lighthouse“ in einer Acoustic Version. Dazu ruft er das Publikum auf, die Taschenlampe am Handy einzuschalten. Dieser Song mit Hunderten von Lichtern aus dem Publikum sorgt für eine schöne Gänsehaut-Stimmung im Z7. Er bedankt sich auch bei der Z7 Crew und erwähnt, dass er hofft, dass es diesen Laden noch lange geben wird, auch wenn man mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

In der Tat ist es leider so, dass viele andere Bands nur noch in Zürich auftreten, sei es wegen den Booking Firmen oder den Bands selbst, weil man glaubt, dass man in Zürich mehr Chancen und Publikum bekommen kann. Das nur auf der Basis, dass es eine größere Stadt ist, nur eben leider keine Stadt voller Rock- und Metal Fans. Was diese Leute einfach nicht kapieren ist, dass die familiäre schöne Stimmung im Z7, das Catering, die Crew und den Umgang, laut Aussagen mehrerer hier gastierender Bands, keiner in der Schweiz so gut hinbekommt und dass das Dreiländereck ein großes Potential an Kunden bringt, die aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz ins Z7 anreisen.

Anyway, Lord of the Lost spielen bekannterweise keine Zugabe, sondern irgendwann kommt einfach der trockene Spruch von Chris: „Wenn ihr keine Zugabe hättet hören wollen, hättet ihr schon vor zwei Songs gehen müssen!“ Eine gute Einstellung, wie ich finde, und sorgt immer wieder für Lacher. Zum Abschluss gibt es Covers von Billy Idol, Sia und Lady Gaga zu hören, und mit „One Last Song“ beenden die Deutschen ihre 15 Jahre Jubiläums Show hier in der Schweiz, unter großem Applaus des bisher größten Publikums, das bisher an einer ihrer Shows im Z7 war.

Drei tolle Bands, von denen wohl Blitz Union der Abräumer des Abends waren. Eigentlich noch ziemlich unbekannt, lieferten die Tschechen eine tolle Show, die viele neue Fans brachte. Und das The Raven Age und Lord of the Lost grossartig sind, nun, das wissen wir ja alle schon lange. Auf weitere 15 Jahre, Lords, auf Blood & Glitter und alles andere, was es so braucht, um die Band zu sein, die ihr seid.

Sandy Mahrer

Fresh Act Redakteurin, Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Hard Rock, Heavy Metal und Pop-Rock, etc. Weniger Death, Black, Grind Core