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Versengold – Nacht der Balladen @ Theater am Aegi

17.03.2023 – Theater am Aegi, Hannover, Deutschland

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Es gibt Bands, die können nur laut und volle Kanne voraus, es gibt Bands, die ihre Balladen auf ihren CDs und B-Sides verstecken – und dann gibt es Versengold, die vor doch schon einigen Jahren damit begonnen haben, ihren wunderschönen Balladen einen Raum, einen passenden Rahmen und Wertschätzung zu geben. Und zwar eine Event-Reihe mit dem Namen „Nacht der Balladen“. Immer wieder ziehen die Konzerte die Fans an, wie der Rattenfänger von Hameln – das Konzept funktioniert, und zwar deutschlandweit. Die Vorfreude auf den Ticket-Vorverkauf war groß, und in den meisten Städten – wie auch in Hannover – ist es entweder ausverkauft oder aber kurz davor.

Aber nicht nur für die Fans ist diese Show immer wieder ein Highlight – auch für die Band, die sich mit zusätzlichen Streichern und Percussionist Unterstützung holt, ist es immer wieder ein Erlebnis – das sieht, und das spürt man auch. Gerade wenn die Tour erst am Anfang steht, und noch nicht alles routiniert ist, ist es dann hier und da dann noch zusätzlich unterhaltsam.

Nachdem alle ihre Sitzplätze gefunden und eingenommen hatten im Theater, ging das Licht aus. Anschwellende Streicherklänge eröffneten den Abend, man wartete gespannt darauf, dass die Band die Bühne betrat. Man konnte die Spannung und Vorfreude schon fast greifen, so präsent war sie gewesen. Umso größer dann die Freude, als die Band dann da war – und das Licht an. Und los ging es in einen weitgehend melancholischen Abend, der aber dennoch hier und da seine Lacher, Überraschungen und Möglichkeiten zu Tanzen bot.

Mein persönliches Highlight wurde direkt zu Beginn zum Besten geboten – „Vom Zauber des Wildfräuleins“ ist einer der Lieder, die nicht nur mich im großen Stile verzaubert haben, sondern auch das Publikum versank sehnsüchtig in der Musik und den Melodien. Man konnte förmlich merken, wie alle ganz langsam aber sicher den Alltag vor den Türen ließen und einmal in diese Welt der Balladen abtauchte. Genau so voller Sehnsucht ging es dann mit „Windsbraut“ vom aktuellen Album weiter, bevor dann zum ersten Mal das Thema „Ballade“ ein wenig außen vor gelassen wurde – „Küstenkind“, ein Lied für all die Nordlichter von der (Nordsee-)Küste mag zwar akustisch in die richtige Richtung gehen, aber so ganz eine Ballade ist es nicht. Schnell wurde dann aber wieder in den Balladen-Modus zurück gewechselt, und Lieder wie „Tjark Evers“ (auf Plattdeutsch) und „Herz durch die Wand“ verzauberten das Publikum. Aber auch Themen, die leider immer noch aktuell sind – wie das allgegenwärtige Kriegsgeschehen mit all seinen Auswirkungen – fand seinen Platz in der ersten Hälfte des Sets, und zwar mit „Meer aus Tränen“. Während viel zu viele Künstler sich davor sperren, zum Nachdenken anregen zu wollen, wir hier in diesem Song eine wundervolle Gesellschaftskritik aufgetischt – etwas, was die Band gut und gerne macht, und zwar gekonnt.

Nachdem die Schwere der Gedanken bei einigen der Zuschauer vielleicht überhand nahm, war dann auch (wie bei jeder Nacht der Balladen) dann wohl fast die speziellste Ballade am Start: „Das Bier ich in der Rechten trug“. Wie genau sich der Song als Ballade qualifiziert, ja, das frage ich mich seit einigen Jahren – aber Spaß macht er. Besonders wenn Sänger Malte singend sich einen Weg durch die Sitzreihen bahnt, und mit seinen Erzählpausen seine Bandkollegen immer wieder mit einem Grinsen in den Wahnsinn treibt. So lustig dieser Abstecher in die nicht-Balladen-Welt auch war, so schnell wird es auch wieder ernst und emotional zum Ende hin. „Lautes Gedenken“ – die Erinnerung an all die, die Gegangen sind. Ein Song, der unter die Haut geht und direkt ins Herz trifft – besonders, da er noch nicht veröffentlicht ist und einem die Chance verwehrt blieb, sich mental darauf vorzubereiten. Da wurden nicht nur meine Augen sehr feucht, wenn man den Blick über die Reihen schweifen ließ.

Und dann war sie da – die Pause. Man wurde in eine kleine Verschnaufpause entlassen, Zeit vielleicht die Taschentücher zu suchen, und sich etwas zu sammeln. Ob vielleicht nicht ein leichterer Song dort besser gewesen – für meinen Geschmack definitiv. Es hing vielen noch nach, das konnte man in den nachdenklichen Gesichtern sehen. Und ehe man sich dann wieder versah, ertönte der Gong, der das Pausenende einläutete (ob ich wohl die Einzige war, die sich an ihre Schulzeit erinnert fühlte?).

Maritim wurde dann mit „Auf in den Wind“ in die zweite Hälfte gestartet, und thematisch blieb man im Anschluss auch mit „Winterflut 1717“ auch dort, bis es dann erneut politisch wurde. Malte hatte letztes Jahr, zu Beginn des Ukraine-Kriegs spontan und ungeplant das Lied „Alte Männer“ eingespielt und aufgenommen. Da das Thema ja leider weiterhin mehr als aktuell ist, wurde dieser nun unter großem Applaus auf die Bühne gebracht, nur mit Akustikgitarre und Gesang. Weiter ging es dann mit „Tod und Trommeln“, einem bisher auch noch unveröffentlichtem Song des kommenden Albums, was sehr gut vom Publikum angenommen wurde.

Danach kamen dann zwei Klassiker – „Haut mir kein Stein“ ist wohl sowas wie ein Dauerbrenner auf den Setlisten, da er sehr vielen der Fans ans Herz gewachsen ist – und die nicht-Ballade „Paules Beichtgang“ hat endlich mal das Publikum dazu gebracht, sich zu bewegen. Während vorher noch weitgehend stoisch ruhig auf den Sitzen gesessen wurde, kam jetzt endlich Leben und Schwung ins Publikum. Man kann aber auch nicht anders – zumindest nicht, wenn man den Song schon etwas länger kennt, und er einen an lustige alte Zeiten auf Mittelaltermärkten erinnert. In gleicher Manier gab es dann auch noch das „Thekenmädchen“, sodass sich jeder einmal die Beine vertreten konnte.

Und zu Ende des Konzertes gab es dann doch noch auch etwas ungeplantes, was für die Band und auch das Publikum dann doch überraschend kam – wer am St. Patrick´s spielt und Lieder mit Irland-Bezug hat, der kann durchaus von Fans aufgefordert werden, dementsprechend etwas zu spielen. Und so war da auf einmal „Kobold im Kopp“ – und die Zuschauer standen Kopf und feierten, als sei es dann am Ende doch keine ruhige Nacht der Balladen. Den wirklichen Abschluss machte dann aber doch wieder eine Ballade – mit „Mondlicht“ und ihrem persönlichen Abgesang verabschiedete sich die Band dann von der Bühne, und ein emotionaler, unterhaltsamer und sehr schöner Abend war vorbei.

Das Licht ging an, die Magie war verflogen, das normale Leben war zurück. Bis zum nächsten Mal.

 

 

Carina Ullmann

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