Perchta und der Zyklus des Lebens
Manchmal isses ja absurd, wie es läuft… da verborgt ein finnischer Fan eine CD an eine deutschstämmige Kumpeline, die wiederum ihre ebenfalls in Helsinki ansässige befreundete Österreicherin auf das Debüt namens Ufång dieser österreichischen Band aufmerksam macht … die wiederum auch hellhörig wird … und spontan beschließt, Perchta ein paar Interviewfragen zu schicken.
Gut, gediegener Rock’n’Roll mit erdigem Dialekt (Müllionäre) oder deutschsprachiger Extreme-Metal/Prog aus den Alpen (Dornenreich) is auch nix Neues … In der dunkelschwarzen Metal-Zone mit Folk-Elementen erwartet man dennoch eher Norwegisch, Isländisch, Finnisch oder auch Russisch. Wobei so richtig gediegener österreichischer Dialekt für hochdeutschsprachige wohl ebenso unverständlich wie die genannten Sprachen ist 😉 Aber nun mehr über diese Band aus Tirol, direkt von Frau Perchta höchstpersönlich:
Wie hat die Musikerkarriere angefangen, über Musikschule und Volksmusik (wegen der Zither/Nyckelharpa) oder über Selbststudium? Habt ihr früher was anderes in Richtung Musik gemacht, also z.B. in einer Priest/Maiden-lastigen Metalband, klassischem Orchester oder Blaskapelle?
Ich für meinen Teil sowie auch der Rest der Band starteten schon als Kinder in den Musikschulen mit verschiedenen Instrumenten.
Bei mir kam nach Klavier der Saxophon-Unterricht und natürlich auch lange Gesangsunterricht. Theresa Wopfner und Lukas Massinger haben jeweils ein abgeschlossenes Hochschulstudium am Konservatorium Innsbruck in Gitarre, Hackbrett und Zither. Fabio ist sowieso seit über einem Jahrzehnt Berufsmusiker und bringt somit viel Erfahrung mit.
Somit sind auch unsere Vorerfahrungen in anderen Musikprojekten üppig. Über Coverbands bis Schulorchester war da alles dabei. Ich sammelte bereits als Kind und Teenager Erfahrungen auf der Bühne, da ich lange den Wunsch hatte Musical-Darstellerin zu werden. Unsere Gitarristen sind unter anderem sehr erfolgreich in weiteren Metalbands vertreten. Chris spielt neben seiner Hauptband Asphagor auch noch bei Agrypnie und Lukas in seiner Band D.A.W.N.
Wie habt ihr einander kennengelernt und diese Band gegründet? Was macht ihr hauptberuflich?
Die Band fand ihren Ursprung als Projekt von Fabio D’Amore und mir 2017. Erst in der final Production von Ufång ( Herbst 2019) fanden wir uns als Gruppe zusammen. Die Tiroler Szene ist klein. Unter den hiesigen Musikern kennnt man sich und supported sich gegenseitig.
Die meisten von uns sind auch hauptberuflich Musiker und Musiklehrer. Chris ist in der ID Branche tätig und ich arbeite als freiberufliche Hebamme.
Was sind eure Vorbilder, Einflüsse? Vom Sound her könnte das von Myrkur über Marduk bis Dornenreich so ungefähr alles sein … was inspiriert euch?
Von deinen Vorschlägen her, ließen wir uns wohl am ehesten von unseren guten Freunden von Dornenreich inspirieren. Dennoch war unser höchster Anspruch, etwas eigenes zu schaffen. Offenheit für all möglichen Musikrichtungen steht bei unserem Songwriting im Vordergrund. Blackmetal gibt uns einen stilistischen Rahmen, aber wir lassen uns nur ungern in ein Genre kategorisieren, um uns selbst keine Grenzen in der künstlerischen Freiheit zu setzen.
Wie seid ihr auf die Idee mit dem österreichischen Dialekt für Folk/Atmospheric BM gekommen? Und wie auf den Bandnamen (Kärntnerische Version wäre Percht’n) und das 4-Elemente-Thema bei Ufång (Titel auf hochdeutsch: Anfang)?
Die Thematik mit Perchta, der alpinen Folklore und Texten im Dialekt kam mir schon vor Jahren ganz von selbst. Wir haben das unglaubliche Glück, hier in Tirol zu leben, umgeben von mächtiger Natur und einem kulturellen Sagenschatz. Für mich somit eine scheinbar unerschöpfliche Quelle an Inspiration. Der Dialekt in unseren Liedern passt nicht nur thematisch, er hilft mir auch Emotionen in den Songs besser zum Ausdruck zu bringen.
Ufång und der Kreis der 4 Elemente symbolisiert unseren Anfang und den Zyklus des Lebens Geburt – Leben – Tod und Wiedergeburt.
Wie hat das österreichische Publikum auf BM plus Dialekt reagiert? Und wie reagiert internationales Publikum – für z.B. Briten klingt Österreichisch wohl ebenso exotisch wie Finnisch 😉
Die nationalen und internationalen Reaktionen auf Ufång und Perchta waren durch die Bank sehr positiv. Das freut uns angesichts der schwierigen Zeiten ohne Live Auftritte natürlich sehr! Viele erleben Perchta als sehr erfrischend, auch im Hinblick auf die female fronted Sparte.
Ich denke auch, dass sich die Faszination der Leute sehr mit derer für die skandinavisch sprachigen Bands vergleichen lässt. Die Sprachmelodie klingt exotisch und mystisch.
Wie ist die österreichische Metal Szene derzeit – früher war sie ja ziemlich Death/Grind-lastig?
Oh, sehr schwierig zum einschätzen. Vor 15 Jahren kam mir auch vor, dass die Szene sehr Death-lastig war. Im Moment sehe ich persönlich einen musikalischen Generationenwechsel. Es gibt so viele Genres und Subgenres inzwischen, dass sich alles sehr verläuft.
Meines Erachtens hat sich in den letzten 10 Jahren die österreichische Black Metal Szene extrem weiter entwickelt. Den Facettenreichtum empfinde ich als sehr positiv.
In meiner österreichischen Heimatstadt ist es ja mit der Zeit schlimmer geworden mit der Infrastruktur, auch vor Corona kaum noch Live-Klubs, Rock/Metalfestivals oder auch einschlägige Metal-freundliche „Wasserlöcher“ (wo man alles Mögliche, nur kein Wasser trinkt). Ist die Lage bei euch auch so?
Wir haben einen Reichtum an hervorragenden Bands, doch unsere Infrastruktur an Szene Bars, Clubs und Veranstaltungshallen schwindet Jahr für Jahr dahin. Es ist wirklich traurig. In Tirol gibt es kaum noch Konzerte (Mangel an Veranstaltungslokalen und an Besuchern und Zuschauern) und tatsächlich nur noch eine einzige Metalbar, die es leider im Moment durch Corona sehr schwer hat. Aber leider fingen die Probleme schon vor der Pandemie an. Jetzt ist es noch wichtiger als zuvor, seine lokale Szene zu unterstützen, indem man raus geht und Bars und Konzerte besucht. Wenn man nicht gerade wieder im Lockdown sitzt!
Organisiert ihr eure Gigs selber?
Konzertanfragen erhalten wir meistens per Mail über Prophecy (die Plattenfirma, Anm.d.Red.) oder Direktanfrage.
Habt ihr die Videos alle selbst gedreht? Und war das eine teure Angelegenheit?
Videokonzepte und Produktion entstanden in Zusammenarbeit mit Dominik Geißler (M. T. A. M. Production) und mir.
Um gleich auf die nächste Frage einzugehen: Das Medium Musikvideo erwies sich als besonders hilfreich, um Ufång zu promoten, während Corona.
Auch wenn es nicht ganz günstig war und größtenteils privat finanziert wurde, schreibe ich unseren Videos einen großen Teil unseres bisherigen Erfolgs zu.
Außerdem war es eine tolle Arbeit und ein weiteres künstlerisches Mittel, um unseren Liedern mehr Tiefe und Ausdruck zu verleihen.
Corona als Chance – z.b. Streaming-Gigs aus dem Proberaum, Studio oder einem Clubraum, wird eventuell das neue „Normal“…. Habt ihr dahingehend Pläne?
Unsere Hoffnungen liegen auf dem Jahr 2021 und den bereits zwei bestätigten Live Konzerten am Dark Easter Metal Meeting 2021 im April und Vienna Metal Meeting im Mai. Mal schaun, was die kommende Saison bringt, sonst müssen andere Pläne geschmiedet werden.
https://perchta.tirol/
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