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Joker

122 min, FSK  16, Kinostart in D: 10.10.2019

Eigentlich dachte ich, dass wohl niemand an Heath Ledger und seinen genialen Joker rankommen kann (siehe Suicide Squad Review HIER).

Falsch gedacht.

Joaquin Phoenix in dieser Joker-Originstory (abseits des DC Extended Universe) ist eine Naturgewalt, Ledgers Interpretation zumindest ebenbürtig, etwas gepenstisch, da fast auf Knochen abgemagert (wie Batman-Darsteller Christian Bale auch mal für „The Machinist“). Mit seiner intensiven Charakterstudie macht er uns alle zu Mitwissern, ja, Verbündeten, und ich glaube, ich werde in Zukunft alle Batman/Joker Comics mit anderen Augen sehen…

Von daher kann ich gewisse Kontroversen („zu Gewalttaten inspirierend“) noch vor dem offiziellem Kinostart nachvollziehen. Allerdings bestenfalls als Diskussionsgrundlage der gesellschaftlichen Mängel, die hier schonungslos dargestellt werden. Denn in den USA gab es ja schon vor Jahren einen irren „Joker“, der in einem vollbesetzten Kino rumballerte, und bekanntlich ist ja ausschließlich die Musik von Marilyn Manson an Schulmassakern schuld und keinesfalls das versagende soziale Umfeld der Täter, oder die viel zu laxen Waffengesetze …

Zurück zum Film – so real war Gotham noch nie, siehe auch „soziale Mißstände“, millionenschwere alte Männer, die in Armut Dahinvegetierende als „Clowns“ beleidigen… oder die Mächten, die vor Jugendlichen und neuen sozialen Bewegungen Angst haben (siehe Greta). Was Regisseur Todd Phillips mit seinem Drehbuch-Coschreiber Scott Silver, Kameramann Lawrence Sher mit Mark Friedberg (Szenenbild) und Mark Bridges (Kostüme) hier auf die Beine stellten, wirkt stellenweise eher wie eine Doku als ein Fiction-Film (auch dank der Schnittführung von Jeff Groth). Obwohl die Handlung um 1980 angesiedelt ist, hast du das Gefühl, dir könnte der Joker begegnen, wenn du aus dem Kino kommst. Jedoch gibt es auch einige klassische aus den Comics bekannte Momente…

Kurz, erwartet euch bloß keinen CGI-geschwängerten Comic-Blockbuster. „Joker“ ist eher verwandt mit Taxi Driver (Robert de Niro tritt hier auch als TV-Persona Murray Franklin auf) und Nolans Batman-Trilogie wirkt im Vergleich sogar richtig fröhlich-bunt und mit positiven HeldInnen besetzt…

Kein Wunder, dass dieser Film schon vor offiziellem Kinostart Preise einheimste (Goldener Löwe der Filmfestspiele von Venedig). Bei den Oscars dürfte Joker abräumen, vor allem dessen Darsteller dürfte diese Auszeichnung sicher sein. Die Musik von Hildur Guðnadóttirträgt übrigens auch stark zum Gelingen der dichten Atmosphäre dieses Films bei – du bist richtig in den Sitz gekrallt, obwohl der Ausgang dieser Origin-Story doch vorhersehbar ist…

Brilliant, fesselnd, wenn auch verstörend, ein Muss!

 

  • 10/10
    Bewertung / rating - 10/10
10/10

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....