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Bang your Head! 2019

Audrey Horne

Nachdem ich die letzten beiden Jahre aus unterschiedlichen Gründen auf das Bang your Head Festival verzichten musste, habe ich es in 2019 endlich wieder auf mein Quasi-vor-der-Haustür Festival geschafft. Bei dem Line up war das auch keine schwere Entscheidung. Daher hab ich bereits am Mittwochabend den Kombi vorbereitet, sodass ich am Donnerstagmorgen nur noch die Kühlbox mit den Getränken und den Proviant ins Auto packen musste und es konnte losgehen. Knappe vier Stunden später nach verhältnismäßig wenig Stau, dem ersten Bier mit Freunden an der Bändchenausgabe und Zeltaufbau konnte das Festivalwochenende für mich mit Sorcerer beginnen. Wie eigentlich üblich, ist am ersten Festivaltag um diese Zeit bereits einiges auf den Beinen, um sich mit Schwermetall der Güteklasse Doom den frühen Nachmittag zu verschönern. Die Band um Sänger Anders Engberg weiß in jedem Fall wie man das Publikum auf seine Seite zieht; das ist mit Titeln wie The dark Tower of the Sorcerer, Exorcise the Demon, the Crowning of the Fire King und the Sorcerer auch gar kein Problem.

Im Anschluss daran betreten nach kurzer Umbaupause die Norweger  Audrey Horne die Bühne und legen eine ziemlich energiegeladene Show auf den schwäbischen Bühnenboden, beginnend mit This is War vom aktuellen Album Blackout. Sänger Toschie jagt über die Bühne von einem Eck zum anderen, sich nicht eine Pause gönnend und ziemlich stylish in diverse Adiddasteile gewandet. Erwartungsgemäß verleiten Audrey Horne doch den ein oder anderen zum Tanzen und auch beim Autor sitzt der Tanzfuß heute recht locker, was bei Krachern wie Youngblood, Out of the City, Pretty little Sunshine und dem abschließenden Redemption Blues auch nicht wirklich wundert. Das Gitarrenduo Isdal und Tofthagen post jedenfalls miteinander um die Wette und reißt abwechselnd die Sechssaitige in die Höhe.

Wegen mir hätten die noch etwas höher ins Billing gehört, aber da kommt ja heute noch genug, beispielsweise The Night Flight Orchestra, das mit der Tanzmusik da weitermacht, wo die Norweger aufhören und stilgerecht mit Sometimes the World ain’t enough ihren Anteil einfordert. Die Supergroup um den Soilwork Sänger Björn Strid hat selbstredend wieder ihre beiden Stewardessen dabei, die das Bühnengeschehen mimisch und gestisch noch weiter ausmalen als es den Schweden selbst möglich wäre. Mit Turn to Miami ebenfalls vom neuen Album geht’s weiter in der Ratemühle – welche AOR Band stand für den Song jetz Pate? Keine Ahnung grade, auf dem 2017er Album hab ich noch Reo Speewagon, Journey und Survivor herausgehört, hier bin ich etwas überfragt – aber macht Laune. Kurz bevor uns die Security aus dem Fotograben jagt, merke ich außerdem, dass der unmenschlich weiße Anzug von Basser Sharlee d’Angelo mir annähernd die Augen blend. Was für ein Blitzkriegweiß!

The Night Flight Orchestra

Ich frag mich immer wieder, also nur wenn ich Soulfly sehe, wie Max Cavalera eigentlich seinen Alltag mit dieser Matratze aus Haaren managed. Das muss doch sakrisch unpraktisch sein! Naja, manche schleifen halt ihren Zoo gerne mit sich herum. Der Nu/Groove Metal des ehemaligen Sepultura Leaders wird für einen Co Headliner allerdings eher verhalten aufgenommen. Etwas mehr Leben kommt beim älteren Back to the Primitive und Jumpdafuckup auf.

 

Der Headliner des Tages heißt Michael Schenker mit seinem selbstbetiteltem Michael Schenker Fest.

Michael Schenker Fest

Der nur ganz unterschwellig selbstverliebte, ehemalig bester Gitarrist der Rockgeschichte startet mit einem Akustik Intro von Holiday bevor es mit Doctor, Doctor in die Vollen geht. Stilecht hat uns Michael auch diverse Sänger seiner zahlreichen Projekte mitgebracht. Das ebe

n erwähnte Doctor, Doctor wird von niemand geringerem als Graham Bonnet zum Besten gebracht – naja, gut er war bemüht es zum Besten zu bringen. Immerhin wesentlich angenehmer anzuhören als Michael Schenker selbst, bei dessen krassem deutschen Slang (warum schwätzt der überhaupt schlechtes Englisch aufm deutschen Festival?) ich mir einen Lachanfall kaum unterdrücken kann.

Venom Inc.

Aber Gut, für mich geht’s gleich weiter in die Halle wo Venom Inc., also die anderen zwei Drittel Venom mit Mantas und Abaddon, ach nee…… halt, nur noch Mantas und Demolition Man. Aber macht nix, ich hätte die ohnehin nicht erkannt, wohl aber den Großteil der Songs, der ja erwartungsgemäß von den genrebildenden ersten drei Venom Alben stammt, plus einige Einsprengsel der neueren Veröffentlichungen. Jeff „Mantas“ Dunn, Tony „Demolition Man“ und der Live Schlagwerker rödeln und posen sich zu Live like an Angel, die like a Devil, Warhead, Don’t burn the Witch, und einem kongenialen Finale aus Witching Hour, Black Metal, In League with Satan und Countess Bathory die Eier aus der Hose. Mächtig Cojones!

Der Freitag beginnt für mich musikalisch mit den letzten drei, vier Songs von Enforcer, die bereits einiges an Publikum vor der Bühne versammeln und mit ihrem Highspeed Metal a la Exciter und Songs wie Mesmerized by Fire, Take me out of this Nightmare, Midnight Vice und Destroyer punkten können. Die folgenden Ektomorf spare ich mir weitgehend; wozu brauche ich den Klon, wenn ich das Original einen Tag vorher schon nicht besonders gut fand. Und mit der Ansicht stehe ich scheinbar auch nicht ganz alleine da – bei Enforcer war jedenfalls wesentlich mehr los und die folgenden Beast in Black boykottier ich schon aus Prinzip,  es reicht dass die bis zum Campingplatz tönen und man sich nicht mal komplett deren Einfluss entziehen kann; wie nennt man sowas? Schlagermetal? Ganz furchtbar!

Cirith Ungol

Bei sich langsam zuziehendem Himmel beginnen die älteren Herren von Cirith Ungol mit ihrem Set und schaffen es den Atom Smasher, Join the Legion, Blood and Iron und die Black Machine in die Menge zu versenken, bevor ein sintflutartiger Regenschauer die Chose unterbricht und eine Pause von knapp 20 Minuten erzwingt, bevor es mit Frost and Fire, King of the dead, Cirith Ungol und Paradise Lost weitergehen, bzw. der Set überhaupt zu Ende gehen kann.

Dark Tranquillity guck ich mir live immer gerne an, allerdings hab ich mir seit der The Gallery irgendwann Mitte der Neunziger kein Album mehr gekauft oder angehört. Macht aber auch gar nichts, die Band um Obersympathikus Mikael Stanne spielt völlig zu Recht vor vollem Haus. Nach dem Regen hat die Band das Glück, dass die Bühne in der Abendsonne in ein gleißendes Licht getaucht ist, was dem ohnehin schon melancholischen Metal der Göterberger nochmal eine ganz besondere Note verleiht. Leider wird aus dem oben erwähnten Album kein Song gespielt; jedenfalls hab ich keinen daraus erkannt.

Exhorder

Steel Panther müssen heute leider auf meine Anwesenheit verzichten, in der Halle spielen heute Exhorder als Headliner, und wer in den letzten zwei Jahren noch keine Gelegenheit hatte, sich die mal live anzuhören, sollte das dringend nachholen. Da steht die Tightness fünf Personen hoch auf der Bühne und brettert ein messerscharfes Riff um das andere in die Menge. Den Anfang macht gleich Anal Lust vom Debüt, allein schon um die Fronten zu klären – man sollte ja wissen, mit wem man es hier zu tun hat. Der Circle Pit in der Halle kommt auch recht schnell zustande und ab dem zweiten Song Death in Vain tobt das vordere Drittel der sehr gut gefüllten Halle. So spielt sich das gute 75 Minuten ab. Die Verteilung der Songs lag heute klar beim Schwerpunkt Slaughter in the Vatican und zum Schluss kündigt Sänger Kyle Thomas ein neues Album an aus dem mit My Time auch gleich ein Song zum Besten gegeben wird.

Von Steel Panther bekomme ich im Anschluss dann grad noch die typische Damenparade auf der Bühne mit bei der, wenn ich noch recht hab geradeaus schauen können, doch etwas Zickenterror angesagt war, im Sinne von wer darf wo stehen. Nachdem auch diese Schlacht ohne Ergebnis bleibt, lasse ich den Abend noch bei Community Property, Death to all but Metal und Gloryhole bei dem ein oder anderen Cocktail ausklingen.

Armored Saint

Eigentlich hätte ich RAM am Samstagmittag gerne vom Festivalplatz gesehen statt nur entfernt als Begleitmusik zum Frühstück, aber so kanns gehen wenn man ned aus den Federn kommt. So komme ich eben erst zu Flotsam and Jetsam aufs Festivalgelände und sehe mir die Herren aus Arizona ab den ersten Takten des Songs Prisoner of our Time vom starken neuen Album The End of Chaos an, auf das gleich Desecrator vom überragenden Debüt folgt. Sänger Eric freut sich offenkundig über die nicht unbeachtliche Menge die den Weg am letzten Festivaltag vor die Bühne geschafft hat. F.a.J. feuern den Song Iron Maiden vom selbstbetitelten Album in die Menge, auf den außerdem noch diverse Klassiker wie Dreams of Death, I live – you die und natürlich No Place for Disgrace folgen. Wie in den letzten Jahren immer mehr auffällt, geben sich gerade beim Bang your Head altgediente Namen die Klinke im Nachmittagsprogramm in die Hand, die selbst mittelgroße Hallen auf eigenen Touren füllen, während die Headliner selbst kaum mehr Publikum ziehen, wie man offensichtlich am Interesse und der Anzahl vor der Bühne ablesen kann. Diese unglückliche Entwicklung wurde ja im letzen Jahr auch durch Veranstalter Horst Franz in seiner ääähh…. Brandrede angeschnitten, die er in 2019 teilweise revidiert im Sinne von Alles halb so wild. Teilweise aber auch bestätigt und ankündigt, für 2020 nochmal ein Bang your Head veranstalten zu wollen und alles Weitere, je nach Entwicklung, abwarten zu wollen.

Armored Saint stürmen auf die Bühne und rocken das Bang your Head Festival nun bereits zum fünften Mal (?) . Die Amis um die Rampensau und Sänger John Bush spielt wie eigentlich immer auf den Punkt und haben sichtlich Spass am Auftritt. Natürlich gibt es hier ein Best of ohne besonderen Schwerpunkt, auf die Kalifornier kann man sich eigentlich immer verlassen. Von Jon Bush, Joey Vera, Phil Sandoval und Co. bin ich bisher immer gut unterhalten gewesen, was mit Songs wie Creepy Feelings, Last Train Home, Can u deliver?, Reign of Fire, Win hands down vom gleichnamigen und leider etwas unterrepräsentiertem aktuellem Album sowie dem traditionellen Rausschmeißer March of the Saints auch nicht weniger als garantiert ist.

Candlemass

Von Candlemass kann zumindest ich eigentlich nie genug bekommen, aus dem Grund haben die Könige des Epic Doom für mich mal wieder einen viel zu frühen Slot bekommen. Aber es kann ja nicht alles laufen wie anno 2013, als die werten Herren aus Schweden den Warm up Gig in der Halle geheadlined haben. Im Unterschied zu damals hat Mastermind und Chefdenker Leif Edling Anfang diesen Jahres verhältnismäßig kurz vor der Veröffentlichung des neuen, und saustarken, Albums den Ur-Sänger Johan Langquist und damit ziemlich Verwirrung und Überaschung ausgelöst; positive Überaschung wohlgemerkt, waren doch Candlemass in den zwei, drei Jahren vorher quasi nur eine bessere Tibute Band ihrer selbst. Aber genug der Theorie – sofern hier anders überhaupt möglich – wird mit the Well of Souls von dem Doomklassiker überhaupt gleich in die Vollen gegangen und Candlemass spielen vor…. naja, fast Full House. Mit Dark Reflections vom live viel zu unterrepräsentierten Tales of Creation Album geht’s weiter und mir fällt auf, dass der Ur-Sänger Titel vom Nachfolger singt. Aber dafür war Messiah viel zu stilprägend für diese Band, als dass man dessen Titel außen vor lassen könnte. Mirror, Mirror vom Ancient Dreams Album folgt darauf beim dem die vorderen Reihen bereits recht textsicher mitgehen und Johan Langquist recht theatralisch, anders als dessen Vorgänger Mats Leven, aber nicht weniger gut zu Werke geht. Beim einzigen Song vom aktuellen Album Astorulos, the great Octopus hör ich noch meinen Kumpel Hille witzeln, ob jetzt gleich noch Toni Iommi auf die Bühne kommt, um das Solo zu spielen, tut er natürlich nicht, aber wär doch auch mal was. Warum Mister Edling bis heute allerdings den Samariter aus der Setlist gestrichen hat und dafür das wesentlich miesere Bewitched spielt, ist mir bis heute ein Rätsel, nicht nur mir, wie zum Ende des Sets doch ein paar vereinzelte Sprechchöre beweisen. Mit Dark are the Veils of Death, dem alles überragendem A Sorcerers Pledge – mit minutenlangen Singalongs über das Ende des Songs hinaus, und dem kaum schlechteren Solitude ist dann auch schon wieder Schluss. Candlemass kamen, sahen und rockten und konnten obendrein wieder etwas Boden gutmachen nach dem gecanceltem Headlinergig auf dem Keep it true dieses Frühjahr.

Skid Row

Mit Metal Church im Anschluss spielt gleich wieder der nächste hochkarätige Act, von dem ich durch diverse Biere und triffste hier jemand und da jemand nur grad die Hälfte mitbekomme. Die durch die Jahre mehrfach gebeutelte und wiederauferstandene Band aus Seattle weiß aber bis heute, was sie ihrer Fangemeinde schuldig ist und so wird auf der Bühne richtig geackert. Mike Howe, das Energiebündel, fetzt über die Bretter was geht und Kurdt Vanderhoof macht wieder seine lustigen Gesichter beim Spielen. Metal Church stellen ihr neues Album Damned if you do mit drei Titeln in der Setlist vor, leider bekommen die ersten beiden Alben für meinen Geschmack ein bisschen zu wenig Aufmersamkeit, immerhin Watch the Children pray und Beyond the Black sind dabei. Ton of Bricks vermisse ich seit Jahren allerdings schmerzlich.

Skid Row habe ich zwar erst vor relativ kurzer Zeit auf dem Rock Hard Festival gesehen, aber dort haben die dermaßen Laune gemacht, dass ich mir das hier auch nicht unbedingt entgehen lassen will; davon abgesehen habe ich gerade beschlossen, nach Skid Row nach Hause zu fahren; frisch verliebt und so, da sind andere Sachen wichtiger. Nichtsdestoweniger fahren Skid Row ordentlich auf und beweisen, dass immer noch mit ihnen zu rechnen ist. Die Setlist unterscheidet sich erwartungsgemäß nicht sehr von der in Gelsenkirchen und die Fanreaktionen sind knapp 300km weiter südlich ebenfalls nicht viel exotischer. Neusänger ZP Theart haut dem Publikum abwechselnd Songs vom Debütalbum und dem Nachfolger Slave to the Grind um die Ohren, während sich Bandleader Dave „The Snake“ Sabo weitgehend hinter seinem Mikro aufhält und grimmig guckt. Die Menge vor der Bühne hat sichtlich Spass und man sieht hie und da mal einen blanken Mops, ist es wirklich schon so spät, hat wer an der Uhr gedreht? In Balingen bringen Skid Row allerdings zusätzlich noch I remember you, was zu einigen kollektiven Umarmungen führt, für Feuerzeuge ist es noch zu hell, dafür leuchten die Handydisplays in der beginnenden Dämmerung. Ich bin bestimmt kein Fan von Früher-war-alles-besser-Geseier, aber im Bezug auf diese Unart stimmt das tatsächlich. Ich hab nie verstanden, warum man sich ein Konzert teilweise die komplette Spielzeit über ein kleines Display ansieht und dann…. sich das wahrscheinlich nie wieder anschaut. Vor allen Dingen: Welcher Sinn liegt darin, halbe Songs zu filmen und die auf Youtube einzustellen? Lasst den Scheiß!

Avantasia

Nach der Verabschiedungsrunde fangen gerade Avantasia an und ich entschließe mich kurzerhand noch dazu ein paar Foddos zu machen, im Photograben isses jetzt auch schöne kuschelig und irgendwie ist die Stimmung hier plötzlich auch ziemlich unentspannt. Naja, zwei Songs lang ertrag ich den Sammet schon, die Musik ist nicht mal so schlimm, wenn nur der Sänger nicht so ein schmieriger Unsympath wär. Er merkt aber recht schnell, dass er schon mal hier war, allein an den vielen Warnschildern, die hochgehalten werden, wird der Sammet an den Bühnensturz von 2015 erinnert. Schön wars, bin gespannt auf’s nächste Jahr.

Björn Schmiterlöw

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