Rock Hard Festival 2017
2.-4. Juni 2017, Amphitheater Gelsenkirchen
Freitag
Und auch in diesem Jahr heißt es wieder: Auf zum Rock Hard Festival! Und ebenso: Wenn du die ersten Bands sehen willst – reise am besten schon Donnerstags an! Mit dem Verkehr im Pott an einem Freitag ist das wirklich ein Kreuz.
Zu Mantar schaff ich es dann auf das Gelände, die sehe ich zwar auch nicht ganz von Anfang an – aber gut – Mantar hab ich auch schon drei oder vier Mal gesehen. Der Black-Doom-Punk verliert jedenfalls nichts von seinem zerstörerischen Reiz. Mit den einzelnen Titeln kenne ich mich zwar nicht so besonders gut aus, ich erkenne nur Cross the Cross, Era Borealis und White Nights, aber im Publikum geht es in den vorderen Reihen schon einigermassen rund und die ersten Crowdsurfer werden auch schon gesichtet.
Die Dead Daisies hatte ich bisher gar nicht so richtig auf dem Schirm; klar, man weiß dass Doug Aldrich und John Corabi da mitspielen – und offensichtlich ziemlich geilen Hardrock abliefern.
Die Gänseblümchen starten mit Long Way to go und legen direkt Mexico nach. Man merkt denen die Spielfreude richtig an und Sänger Corabi macht mit seiner Jack Sparrow Schlagseite die Mädels in den ersten Reihen verrückt. Danach folgt Make some Noise – das Titelstück vom aktuellen Album und ein absolut hitverdächtiger Groover. Dann folgt mit Fortunate Son auch schon das erste von so einigen Covers dem noch einige von the Who, den Beatles und der Grand Funk Railroad folgen sollen.
Der Chopin’sche Trauermarsch leitet dann mein persönliches Highlight des Tages ein, nämlich Candlemass. Die schwedischen Doom Pioniere starten dann mit Born in a Tank vom selbstbetitelten Album durch und legen direkt Bewitched nach. Das Nightfall Album hat dieses Jahr 30-jähriges Jubiläum, und so wie es in der Metalszene aktuell en Vogue ist werden Alben, die 20 Jahre und älter sind mit besonderen Auftritten oder gar kompletten Touren gewürdigt. So auch hier. Allerdings fällt im Laufe des Candlemass Auftritts auf dass ein Gutteil der Titel vom Ancient Dreams Album stammen und der wichtigste Song vom Nightfall Album gar nicht gespielt wird. Kein Samarithan? Was soll der Scheiss? The Well of Souls, Dark are the Veils of Death, Under the oak und At the Gallows End – alles Super Songs keine Frage und die Herren Leven, Björkman, Johansson und Lindh legen auch eine ordentliche Show hin, aber ohne den Samariter isses halt irgendwie ……doof. Zum Ende hin kommen noch die einigermaßen üblichen Mirror, Mirror, Crystal Ball und natürlich das wirklich unverzichtbare Solitude bevor dann Schicht mit Doom für heute ist. Schade.
Warum Blues Pills heute den Headliner Slot bekommen haben, muss man nicht so wirklich verstehen. Klar machen die gute Musik – keine Frage, aber wenn man die Bedeutung von Blues Pills gegen die von Candlemass abwägt, ziehen die Pills auf jeden Fall den Kürzeren. Da ich die jetzt auch schon einige Male gesehen habe und mir der Magen knurrt, mache ich mich erstmal auf die Suche nach etwas Essbarem und bin erst kurz vor dem Zugabenteil wieder da. Devil Man und das Jefferson Airplane Cover Somebody to love. War gut.
Der Samstag beginnt für mich musiktechnisch mit Ketzer, die dem noch etwas müde drein blickendem Publikum ein Liedchen von trocken werdender Milch trällern. „When Milk runs dry“ vom aktuellen Album Starless. Für diese unchristliche Zeit auf jeden Fall schön kurzweilig der Auftritt der Kölner.
The Night Flight Orchestra liefern im Anschluss die totale Sause. Die Band, bestehend aus Björn ‚Speed‘ Strid von Soilwork, Sharlee D’Angelo und weiteren Mitgliedern von Mean Streak und Soilwork, bedient sich bei ihrem leichtfüßigen AOR Rock äußerst schamlos bei allen Vorbildern, die man sich in dem Bereich vorstellen kann. Da scheint Toto, Saga, Journey und Survivor immer wieder durch und bei jedem Stück hat man den Eindruck, das schon mal in irgendeiner Serie aus den Achtzigern gehört zu haben. Ganz großartig.
Martin van Drunen und Asphyx sind im Anschluss dran und im Publikum geht es das erste Mal an diesem Samstag mit geil brutalen Granaten wie „Vermin“, „Death – the brutal Way“, „MS Bismarck“, „Scorbutics“ und selbstverständlich das unverzichtbare „The Rack“ so richtig rund. Van Drunen ist wie eigentlich immer irgendwo zwischen begeistert vom Publikum und schwer angepisst…. von was auch immer, seine Sprüche knattern zwischen den Titeln ebenso salvenartig wie Drummer Husky sein Set verprügelt. Ich hatte im Vorfeld ja die vage Hoffnung Exodus mal wieder mit Gary Holt erleben zu dürfen, aber der scheint z.Zt. mal wieder mit Slayer beschäftigt zu sein. Allerdings ist sein Vertreter an der sechssaitigen ja des Postens durchaus würdig, und getragen wird der Auftritt in dem Fall ja ohnehin von Steve ‚Zetro‘ Souza und Lee Altus. Vor der Bühne ist spätestens jetzt rappelvoll, und wer von A nach B möchte, der tut das crowdsurfend zu einem Soundtrack wie „Bonded by Blood“, „…and then there were none“, „Pleasures of the Flesh“, „Blacklist“ und dem Giftwalzer. Die Crowdsurferdichte war dieses Festival nicht mehr so groß wie bei Exodus…. glaub ich wenigstens.
Das überdimensionale Sofa hab ich auch schon mal gesehen. Hatten D.A.D. das nicht schon beim letzten RHF Auftritt? Ist auch nicht soo lange her? Die Dänen gehen immer als Gute Laune Hardrock durch, das ist hier und heute nicht anders. Vor allem der Basser ist mit seiner kuriosen Sammlungen an Bassgitarren, z.B. zweisaitige Bassgitarre in Form einer Rakete, ohnehin DER Blickfang auf der sehr bunten Bühne.
Mit dem Samstagsheadliner Behemoth folgt auch hier wieder ein absolut konträres Programm. Die totale Dunkelheit ist hier angesagt, die Bühne ist in kaltes blaues und grünes Licht getaucht, und die Polen scheinen viel weniger aus Danzig denn viel mehr aus Mittelerde zu stammen. Genauer noch – aus der Brutstätte eines weißhaarigen Zauberers. Entsprechend sphärisch, atmosphärisch auch die Umsetzung. Nergal und Mit-Uruks lassen diverse unheilige Hymnen über die Arena hereinprasseln, als da bspw. wären: „Blow your Trumpets, Gabriel“; „Amen“, „The Satanist“, „In the Absence ov Light“, „Oh Father, Oh Satan, Oh Sun“ und weitere.
Am Festivalsonntag läuft der Einlass leider so gar nicht reibungslos. Aus diesem Grund sollten doch recht viele Metaller den Auftritt von Night Demon zum Teil oder sogar zur Gänze verpassen. Warum man Pressemitarbeiter in diesem Jahr nicht mehr durch den Seiteneingang hereinlässt, bleibt mir auch ein Rätsel, zumal es hier keine Hürde wäre, jemanden kurz abzutasten, der Durchgang muss so oder so bewacht sein. Sei es drum, jetzt is rum. Der Auftritt muss gut gewesen sein, immerhin gehört hab ich ihn ja und den Publikumsreaktionen hört man an, dass es ein Erfolg war. Blood Ceremony im Anschluss ist Neuland für mich, ganz nett – viel mehr auch nicht. Genauso wie Secrets of the Moon.
Auf Demon hab ich mich sehr gefreut, irgendwie hat es bei mir bisher nie geklappt, die Briten live zu Gesicht zu bekommen. Mit „Night of the Demon“ startet man ins Set, das aufgrund der Spielzeit leider nicht alle Höhepunkte abdecken kann. So beschränkt man sich leider weitgehend auf die ersten beiden Alben. Ich hätt mir ja noch was von der „Taking the World by Storm“ gewünscht, aber man kann ja leider nicht alles haben. „Into the Nightmare“ war dabei, „Sign of a Madman“ war dabei und zum Schluss natürlich auch „Don’t break the circle“. Passt. Noch traditioneller als Demon wird es jetzt bei Ross the Boss und im Amphitheater wird es erstmalig episch kuschelig. Großes Kino – leider kein ganz großes, da der Nachfolger von Mike Cotoia diesem stimmumfangmässig leider nicht ganz das Wasser reichen kann. Immerhin hat Marc Lopez Bühnenpräsenz und die stellt er auch entsprechend zur Schau. Eine Stunde Manowar Classics! Natürlich kann man es in dieser Zeit nicht jedem Recht machen, aber „Fighting the World“ hätte man echt nicht auspacken müssen. Der Rest war über jeden Zweifel erhaben. „Death Tone“, „The Oath“, „Blood of my Enemies“,“Thor (the Powerhead)“, „Sign of the Hammer“ und natürlich die unfehlbare „Battle Hymn“ Alles in allem so mitreißend, dass ich vor lauter Mitshouten vergessen habe, Bilder zu machen. Aber hey! War Subber!
Für Fates Warning hatte ich im Anschluss dann irgendwie nicht so richtig Nerv und außerdem Hunger – und Durst. Hab mir die zweite Hälfte dann von einem etwas gemütlicheren Platz aus angesehen. Fates Warning waren auch gut, aber da ich die neueren Alben nicht so wirklich kenne, war es mit dem Zugang dazu auch nicht so sehr weit her. Den Leuten hat es sehr gefallen, das ist die Hauptsache. Udo Dirkschneider……spielt jetzt seit gefühlten acht Jahren die gleiche Setlist – jaaa gut, nicht ganz. Aber fast. Kommt drauf an ob er als U.D.O. oder als Dirkschneider unterwegs ist und wen interessiert das eigentlich, es will doch ohnehin fast jeder nur die Accept Sachen hören. Und damit kommt hier zum x-ten letzten Mal die Vollbedienung. Natürlich isses gut, aber irgendwann ist man einfach satt mit „Princess of the Dawn“, „Breaker“, „Fast as a shark“ und – vor allem für mich „Balls to the Wall“. „Restless and wild“ dagegen geht immer.
Tja. Der Opeth Auftritt hatte scheinbar die gleiche Grandesse wie vor zwei Jahren – da hab ich mir die das letzte Mal auf dem Summer Breeze angeschaut, nur mit dem Unterschied, dass ich da noch recht nüchtern war – dieses Mal nicht. Leider. „Ghost of Perdition“ hab ich noch erkannt, zwischendurch kam ein kurzes Gewitter a’la Napalm Death. Ach – das war ein „You suffer“ Cover. Ein Witzknubbel ist das, der Akerfeldt. Na zum Schluss gab es dann noch „Deliverance“. Das kannte ich auch noch.
Alles in Allem war es mir wieder ein Fest in jeder Hinsicht. Nur nicht für mein Portemoine, das hat ganz schön gelitten. Besonders unter den erhöhten Bierpreisen. Frechheit. Der Rest war einigermaßen leistbar, allgemein wird es ja immer teuerer, das Survival auf den Festivals. Mein Tipp wäre – einfach nicht alles kaufen. Ich erinnere da an eine Band aus Coventry, die leider ihre Instrumente an den Nagel gehängt hat. Die haben ihre Shirts für zehn bis fuffzehn Euronen verteilt. So geht’s halt auch.
Zur Galerie geht’s übrigens hier entlang.
Photos: Björn Schmiterlöw