Interviews

Orden Ogan: Ein Sack Bananen für die Karriere

Anlässlich des ersten Konzerts der ersten eigenen Headliner-Tour schleiften wir Tobias „Tobi“ Kersting (Gitarre) und Dirk Meyer-Berhorn (Schlagzeug) von ORDEN OGAN vor das Mikro. Trotz der Anspannung vor der ersten Show präsentieren sie sich absolut relaxt und redselig. Selten so viel gelacht bei einem Interview!

Ihr spielt eure erste Headliner Tour in Deutschland. Seid ihr an diese anders herangegangen als an die vorherigen?
Tobi: “Ja, auf jeden Fall. Wir ja zum einen ein längeres Set als sonst und auch unsere eigenen Leute für Licht usw dabei. Um alles auszutüfteln, haben wir eine mehrtägige Vorproduktion gemacht. Wir haben uns dazu im Alten Schlachthof in Soest eingemietet und den Liveauftritt geprobt. Da wird dann auch das Licht eingestellt und geschaut, wann welche Effekte verwendet werden.“
Dirk: „Da haben wir zwischen Schweinhälften geprobt, haha!“

Gore Metal, ich verstehe…
Dirk: „so sieht es aus, haha! Sonst waren wir ja immer als Vorband unterwegs. Da haben wir natürlich auch immer intensiv geprobt, jetzt haben wir das aber noch mal ausgedehnt.“

Interessanterweise habt ihr mit Almanac Victor Smolskis neue  Band als Support dabei. Vor nicht allzu langer Zeit habt ihr noch im Vorprogramm von Lingua Mortis Orchestra gespielt. War es daher für euch naheliegend, nun Almanac mit auf Tour zu nehmen?
Tobi: „Wir haben aus mehreren Gründen einen guten Draht zu Viktor, auch schon zu Rage-Zeiten. Ursprünglich sollten ja Mystic Prophecy mitfahren, was aber aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hat. Da Seeb (Levermann, Sänger und Gitarrist von Orden Ogan sowie Produzent – TP) ja auch die Almanac Platte produziert hat, war das eine logische Entwicklung der Dinge. Die Platte von Almanac erscheint ja auch heute und insofern passt das alles zusammen.“

Ein Hingucker bei euren Konzerten sind eure Kostüme. Wovon lasst ihr euch inspirieren und vor allem, wer schneidert sie euch?
Dirk: „Das sind natürlich Unikate, die für uns angefertigt werden. So häufig wechseln wir die aber nicht. Wir haben jetzt erst das zweite Outfit. Wir hatten vorher zu „To the End“ passend Klamotten im Endzeit-Look, jetzt haben wir Sumpf-Kostüme, wie man sie aus dem ‚F.E.V.E.R.‘-Video kennt. Die sind auch viel leichter zutragen, als die vorherigen Kostüme.“

Ihr tourt momentan anlässlich der Veröffentlichung von „Book of Ogan“. Erzähl uns bitte einmal, was wir von der Veröffentlichung erwarten können!
Tobi: „Die komplette Geschichte der Band wird auf den beiden DVDs und CDs zusammengefasst. Es ist eine umfassende Bandhistory dabei, in der alle Ex-Mitglieder genannt werden, die aktuelle Besetzung ist natürlich vertreten, es sind viele Live-Ausschnitte und Festival-Impressionen vertreten. Dazu ist die erste Orden Ogan Veröffentlichung überhaupt, das „Testimonium A.D.“ Demo, zum ersten Mal überhaupt als Label-Release dabei. Dazu gibt es unzählige Fotos und ein hochwertiges Package drumherum.“

Die „Testimonium A.D.“ ist auch original gar nicht mehr erhältlich.
Tobi: „Genau, der erste Release von damals ist komplett vergriffen.“
Dirk: „Die habe ich nicht mal selber.“
Tobi: „Ich auch nicht. Aber jetzt können wir davon ja dann vielleicht wieder was spielen.“

Handelt es sich bei der Best-of CD um die „normalen“ Studioversionen, oder habt ihr hier nochmal Hand angelegt?
Tobi: „Da muss ich erstmal nachgucken, haha.“
Dirk: „Das sind die normalen Studioversionen, wie sie vorher auch veröffentlich wurden. Es handelt sich dabei um eine Best-of, die die letzten Jahre zusammenfassen soll.“

Was man auf den beiden Audio CDs vergeblich sucht, sind Live Aufnahmen. Warum habt ihr darauf verzichtet?
Dirk: „Wir haben mal darüber nachgedacht, eine separate Live-CD dazu zu packen. Ich bin mir gerade aber nicht mehr sicher, warum wir das doch nicht mehr gemacht haben.“
Tobi: „Wir haben ja in der Vergangenheit öfter Bonus-DVDs von Auftritten veröffentlicht. Dazu kommen die Live-Shows auf der DVD von „Book of Ogan“. Wir waren der Meinung, dass das reicht. Es wird bestimmt in Zukunft nochmal ein vollwertiges Live-Album folgen. Da gibt es aber noch nichts Konkretes.  Für ein Live-Album muss es meiner Meinung nach aber einen coolen Anlass geben. Sollte es irgendwann den passenden Anlass geben, dann werden wir sicherlich auch ein vollwertiges Live-Album veröffentlichen.“

Auf mich wirkt der Inhalt wie eine typische Retrospektive. Ist es dafür nicht etwas zu früh, denn so alt seid ihr ja auch noch nicht?
Tobi: „Wir fühlen uns auf jeden Fall sehr alt.“
Dirk: „Absolut!“
Tobi: „Für uns war der Zeitpunkt jetzt einfach da. Die letzten Jahren mit den langen Touren mit Hammerfall und Powerwolf waren sehr ereignisreich. Wir wollten diese ganzen Geschehnisse einfach mal zusammenfassen. Die Idee dazu stand schon länger im Raum und jetzt passte es einfach diesen Rückblick vorzunehmen.“

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Ihr habt zu euren bisherigen Alben auch immer professionelle Videos gedreht. Was versprecht ihr euch heutzutage davon?
Dirk: „Natürlich gibt es kein Musikfernsehen wie z.B. „Metalla“ bei VIVA mehr. Aber YouTube ist ein super Medium für solche Videos und ich finde, dass das nach wie vor funktioniert. Mir sind Videos sehr wichtig, weil sie auch was Visuelles bieten, zumindest zu 1 oder 2 Songs. Nur weil es keine klassische Metal-Sendung mehr im Fernsehen gibt, heißt das ja nicht, dass man keine Videos mehr produzieren sollte.“

Aber die Produktion von professionellen Videos kostet ja immer auch eine Stange Geld. Sehr viele, auch erfolgreiche Bands, verzichten deshalb mittlerweile bewusst auf Videos, weil es sich nicht rentiert.
Dirk: „Es geht ja nicht nur um Geld. Es macht ja auch Spaß…“
Tobi: „Also 2 Stunden im Sumpf stehen war nicht so spaßig, haha! Du hast ja gesessen…“
Dirk: „Ich habe gesessen, das stimmt. Aber das Endergebnis ist schön und ich schaue mir das gerne an. Dafür machen wir das. Und YouTube ist als Medium nicht zu unterschätzen. Wenn man sich die Klick-Zahlen mancher Videos anschaut, dann sieht man ja wie viele Leute man auf diesem Wege erreicht. Ich denke also schon, dass sich das lohnt.“
Tobi: „Ein wirklich gutes Video, bei dem man sich Mühe gibt, ist auf keinen Fall zu unterschätzen. Man kann auch einfach nur eine Platte machen, nicht touren und zuhause bleiben. Aber wenn man vorwärts kommen will, dann hilft so etwas. Die Klick-Zahlen, Dirk hat es gerade schon gesagt, sprechen ja eine deutliche Sprache. Dazu die Präsenz und Verlinkung auf Facebook und so spricht es sich herum. Das  ist ansprechender, als wenn man nur einen Audio-Track irgendwo anhört. So sieht man den Menschen, wie er im Sumpf steht und findet ihn gleich viel sympathischer.“

Wie erlebt ihr als Band die anhaltende Digitalisierung der Musikindustrie – iTunes, Spotify und Co als Stichwort?
Tobi: „Also YouTube hat uns sicherlich sehr geholfen.“
Dirk: „Willst du darauf hinaus, dass man Musik digital kauft?“

Genau. Macht es für euch als Band überhaupt Sinn bei Plattformen wie Spotify, wo nach Angaben von vielen Künstlern kaum Geld übrig bleibt, präsent zu sein?
Dirk: „Das macht für uns schon Sinn. Das ist halt der Zeitgeist und dann musst du da auch vertreten sein. Nichtsdestotrotz kaufen insbesondere Metal-Fans hinterher trotzdem das neue Album als Hardware – auch wenn sie es vorher heruntergeladen haben. So erlebe ich das und so mache ich das auch: Ich höre mir neue Musik im Netz an und kaufe sie mir dann aber, wenn sie mir gefällt. Mir fehlt sonst das Gefühl was in der Hand zu haben und ich glaube, dass gerade dieses Gefühl im Metal noch stark vertreten ist. Zum Glück!“
Tobi: „Wir als Band legen großen Wert auf ein schönes Produkt. Es darf gerne eine Limited Edition mit schönem Marschall-Cover sein. Das machen wir ja nicht, weil wir uns denken: ‚Ach, da könnte ja mal irgendjemand ein Cover zu malen.‘ Das gehört für  uns einfach dazu. Das war uns damals schon bei ‚Vale‘ wichtig. Ich denke, wenn das Gesamtbild schön ist, dann wird eine CD auch angenommen.“

Zum Schluss noch eine persönliche Fragen: Könnt ihr von der Band leben?
Dirk: „Wir könnten von der Band leben, wenn wir konstant touren würden. Dann wäre es möglich, so wie wir es machen, reicht es aber nicht. Wir sind alle noch berufstätig. Tobi, Niels und ich sind als Musiklehrer an Musikschulen tätig. Seeb hat sein Studio, dass er intensiv betreibt und mit dem er sehr viel zu tun hat.

Aber bislang habt ihr keine Probleme, eure Jobs und die Band unter einen Hut zu bekommen?
Tobi: „Die wissen nicht, dass ich hier sitze, haha!
Dirk: „Haha! Ja, das geht. Wenn ich einen „normalen“ Job irgendwo hätte und mit meinen Urlaubstagen auskommen müsste, dann würde es schwer werden. Aber wir haben zum Glück die gleichen Ferienzeiten wie normale Schulen auch. Dann sind wir dann einfach weg und das passt.“
Tobi: „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir das gut miteinander vereinbaren können. Jetzt momentan sind gerade wieder Ferien, dann passt das also ganz gut. Sonst wäre es auch schwierig, das alles zu finanzieren…“
Dirk: „Außer du bist nur unterwegs…“
Tobi: „Oder du isst nur Bananen.“

Das wäre einseitig, man könnte aber lange davon überleben.
Tobi: „Ich wusste, dass es gut war, mir heute extra einen Sack Bananen für diese Tour zu kaufen, haha!“

www.ordenogan.de

photos: Band, Timo Pässler

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Timo Pässler

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