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Opeth / Alcest

12. November 2014, The Circus, Helsinki, Finnland

Als Hippie mittleren Alters, vor meiner Konvertierung zum Death Metal aufgewachsen mit Pink Floyd und Konsorten, war ich ausgesprochen überrascht, wie wenig ich anfänglich mit Opeths neuer, progressiver Linie anfangen konnte. Theoretisch hätte Heritage (2011) genau mein Ding sein sollen, aber irgendwie konnte ich nicht viel mit der Scheibe anfangen, so oft ich sie mir auch gab. Es fehlte einfach das gewisse Etwas. Um was auch immer es sich dabei handelt, es ist zum Glück nicht endgültig abhanden gekommen: das neue Album Pale Communion setzt zwar im Prinzip die Linie des Vorgängers fort, aber das Songwriting ist wieder von alter Stärke, was im Falle von Mikael Åkerfeldt nichts Geringeres bedeutet als Genialität.
Wie beliebt die fünf Schweden in Finnland sind, zeigte sich daran, dass die Show fast ausverkauft war. Sogar die Empore war offen, was ich im Circus noch nie zuvor gesehen hatte.

Infolge Komplikationen an der Tür verpasste ich die ersten 20 Minuten von Alcest, aber ich hatte sie eh vor nicht allzulanger Zeit als Headliner gesehen, so dass der Verlust verschmerzbar war. Lustigerweise endete ihr Set mit „Délivrance“ – Opeth beendeten später ihren eigenen mit „Deliverance“.

Bis dahin war es jedoch noch eine ganze Weile hin, fangen wir also von vorne an. Die ersten beiden Songs waren „Eternal Rains Will Come“ und das Kingston Wall-mäßige „Cusp Of Eternity“, die zusammen die erste Seite des neuen (Doppel-)Albums bilden und live ebenso makellos klangen wie auf Vinyl, was im Circus beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Die Gitarren und Keyboards (letzteres eine eher unzureichende Beschreibung für Joakim Svalbergs Trutzburg aus Hammond, Leslie, Mellotron, Moog Voyager und anderen Gerätschaften) kamen in allen Nuancen rüber, Åkerfeldts Cleangesang war schlichtweg brillant.

Viele der Anwesenden dürsteten freilich eher nach seinen Growls, und als die Band das Intro von „Bleak“ anstimmte, kam Leben in die Bude. „The Moor“ und „Advent“ setzten den Trip in die Frühzeit der Bandgeschichte fort; auf den Publikumswunsch „Black Rose Immortal“ entgegnete Åkerfeldt, dass er sich an kein einziges Riff davon erinnern könne, spielte dann aber doch ein paar Takte der letzten Strophe. Na ja, vielleicht gibt´s den Rest ja beim nächsten Mal…

Mit „Elysian Woes“ kehrte die Band noch einmal kurz in die Gegenwart zurück, bevor mit dem wunderschönen „Windowpane“ ein weiteres Juwel aus der Vergangenheit folgte. Da ich ohnehin nicht der große Fan von „Heritage“ bin, störte es mich nicht im Geringsten, dass nur ein einziger Titel davon im Programm war, „Devil´s Orchard“ – meiner Meinung nach die beste Nummer des Albums und live im Übrigen richtig gut. Im Anschluss hieran erinnerte sich Åkerfeldt – der zu Beginn des Gigs seltsam wortkarg war, aber im Laufe des Abends dann doch zu gewohnter Form auflief – daran, wie Opeth vor 25 Jahren als eine Clique von Skateboardern anfing, die „improvisierten Grindcore“ spielte.

Zu Ehren dieser alten Zeiten gab die Band einer Coverversion von Napalm Death´s „You Suffer“ zum Besten, in voller einsekündiger Länge. Es folgte das mehr als fünfhundertmal längere „April Ethereal“ gefolgt, und die restlichen Songs waren von ebenso epischen Proportionen. „The Lotus Eater“ erinnerte daran, dass Watershed (2008) noch ausgesprochen metallische Momente zu bieten hatte, auch wenn es nicht, an seinen Vorgänger Ghost Reveries (2005) heranreichte. Letzteres ist nach wie vor mein Lieblingsalbum von Opeth und war diesmal mit dem übermächtigen „The Grand Conjuration“ vertreten, womit denn auch der eigentliche Set endete.

Bevor sich die Schweden auf den Weg zur (von Åkerfeldt nach eigenen Angaben leidenschaftlich gehassten) Fähre machten, kamen sie noch einmal für das eingangs erwähnte „Deliverance“ zurück, dass die Setlänge auf volle zwei Stunden abrundete. Wobei die Qualität der Quantität in nichts nachstand – endlich wieder ein Opeth-Gig, der mit den legendären Tavastia-Shows 2005 mithalten konnte, und nachdrücklich zeigte, warum die üblichen knapp bemessenen abgeschnitten Festivalgigs dieser Band einfach nicht gerecht werden.

Set:
Eternal Rains Will Come
Cusp of Eternity
Bleak
The Moor
Advent
Elysian Woes
Windowpane
The Devil´s Orchard
You Suffer
(Napalm Death cover)
April Ethereal
The Lotus Eater
The Grand Conjuration

Encore:
Deliverance

Photos: Tina Solda

Tina Solda

tina@stalker-magazine.rocks - Konzert- und Festivalberichte, Fotos, Interviews - - - Bevorzugte Musikrichtungen: melancholischer Death-, unkonventioneller Black-, melodischer Doom-, dramatischer Folk- und intelligenter Paganmetal (Schwerpunktregionen: Island, Finnland & Norwegen) - - - Sonstige Interessen: Gitarre, Bücher, Bier, Kino, Katzen.