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Hellish Rock pt2 – Helloween / Gamma Ray / Shadowside

Diese Tour hat mit der Hölle (oder teuflischer Musik?) und Rock Musik so viel zu tun wie ein Döner mit Pferdefleisch. Normalerweise also nichts. Stattdessen steht deutsches Schwermetall der alten Hamburger Schule auf dem Speiseplan. Vorhang auf zu Kay Hansen und Michael Weikath reunited, part 2!

Der Abend beginnt überpünktlich um 19:55 Uhr mit den Brasilianern Shadowside. Das recht weitläufige Congresszentrum Bochum ist bereits ordentlich, aber noch angenehm, gefüllt. Der 4er um Sängerin Dani Nolden ist gar nicht so neu im Geschäft, hierzulande aber noch weitgehend unbekannt. Obwohl man bereits seit 2001 unterwegs ist und bereits eine Tour mit Helloween gefahren ist, steckt die Band nach wie vor im tiefsten Underground. Typisch dafür ist es auch, dass alle 4 veröffentlichten Scheiben Eigenproduktionen sind.

Der heutige Auftritt steht natürlich im Zeichen des letzten Albums „Inner Monster Out„, welches mittlerweile aber auch schon 2 Jahre auf dem Buckel hat. Dies ist in diesem Fall aber kein Nachteil, denn die Band hat die Songs mittlerweile richtig verinnerlicht, sodass sie mit sehr professionellem Stageacting überzeugen können. Auch wenn sie nur wenig Bewegungsfreiheit vor den beiden Drum Kits der Hauptbands haben, nutzen sie die bleibende Fläche gut aus und reißen von Song zu Song immer mehr Zuschauer mit. Highlight des Sets ist sicherlich das `Ace of Spades`-Cover, bei dem Frontsirene Dani demonstriert, dass sie auch richtig brutal shouten kann.

Es folgt eine kurze Umbaupause, die mir an dieser Stelle die Gelegenheit gibt, einige Randnotizen loszuwerden:
Zunächst einmal einen Hinweis zur Location: Das Ruhr Congresszentrum hält weitestgehend was der Name verspricht. Die Erreichbarkeit mit dem Auto ist optimal, Parkplätze sind (zumindest kostenpflichtig) reichlich vorhanden. Die Crew, die von der benachbarten Matrix gestellt wird, ist sehr professionell und freundlich. Dafür versprüht die Halle natürlich null Metal Charme, was aber durch die sehr guten Sicht- und zumindest annehmbaren Soundbedingungen ausgeglichen wird. Insgesamt ist die Location so durchaus für mittelgroße Konzerte zu empfehlen.
Interessant ist die Zusammensetzung des Publikums des heutigen Abends. Eine empirische Vollerhebung förderte folgende Statistik zu Tage: 12% der Besucher sind unter 25 Jahren, 73% über 45 Jahren. Unter anhaltendem Haarschwund leiden bereits 69%. Die gleiche Anzahl verlässt heute Abend die Halle ohne ein einziges Mal gebangt zu haben – die Vermutung, dass dies mit der einhergehenden Angst vor weiterem Haarausfall zu tun hat, liegt hier nahe. Ach ja, nicht zu vergessen: 18% sind weiblich.
Und noch eine letzte Anmerkung: Als ich auf dem Weg zum Austreten war, führte mich mein Weg am Merchandisestand vorbei. Was ich hier sah, veranlasste mich mir einmal verwundert die Augen zu reiben. Aber tatsächlich: Hier saß tatsächlich Helloween-Basser Markus Großkopf und schrieb vergnügt Autogramme – eine Aktion, die ich in meiner 20-jährigen Historie als Konzertgänger noch nie bei einer Band dieser Größenordnung gesehen habe. Cool!

Andi Deris hat in unserem Interview nicht zu viel versprochen, als er angekündigt hatte, dass beide Hauptbands des heutigen Abends ihre Setlists ordentlich durcheinander gewürfelt haben. Im Falle von Gamma Ray führt dies dazu, dass weite Teile des Publikums einen Großteil der Songs anscheinend wenig bis gar nicht kennt. Die eine Hälfte der Setlist setzt sich aus Songs der letzten Live-CD zusammen (u. a. `Anywhere in the Galaxy`, `the Spirit` und `Dethrone Tyranny`), die andere Hälfte aus neueren Stücke wie `Empathy`, `Master of Confusion` und `Empire of the Undead`. Man merkt den Gamma Rays an, dass sie zwar durchaus Bock auf den heutigen Auftritt haben, trotzdem wirken sie etwas zu routiniert. Oder anders formuliert: Die Handbremse ist stets leicht angezogen. Dies wirkt sich auch merklich auf das Publikum aus. Obwohl in diesem einige Leutchen mit Gamma Ray-Leibchen vertreten sind, ist die Zustimmung eher zurückhaltend. Erst das Helloween-Cover `Future World`, dessen Sinn sich mir am heutigen Abend nicht erschließt, sowie die letzten beiden Stücke `To The Metal` und `Send me a Sign` lassen die Menge so richtig wach werden.

Jetzt ist die Halle wenigstens auf Betriebstemperatur für Helloween. Die erwischen auch gleichen einen sehr gelungenen Einstieg in ihren Set. Als Intro performen Sänger Andi Deris, Basser Markus Großkopf und Drummer Dani Löble `Wanna be God`, wobei die Bühne durch ein riesiges Tarnnetz verhüllt ist. Erst zum abschließenden Gitarrenakkord fällt das Tarnnetz und die anderen Bandmitglieder betreten die Bühne. Die Band steigt dann nahtlos in die letzte Single `Nabataea` ein. Wow, was für ein geiler Einstieg! Der nachfolgende Set steht ganz im Zeichen des neuen Albums „Straight out of Hell„, von dem ganze 7 Songs auf der Setlist stehen. Dazu gesellen sich mit `Where the Sinners go`, `If I could fly`, `Hell was made in Heaven` und `Are you Metal?` weitere 4 Tracks, die nach 2000 veröffentlich wurden. Es ist eine gewagte Setlist, die aber heute, trotz des fortgeschrittenen Alters des Publikums, auf erstaunlich gute Resonanz trifft. Dies mag aber auch an der engagierten Vorstellung der Band liegen, die beispielsweise den recht blutarmen letzten Auftritt auf dem Wacken locker in den Schatten stellt. Selbst Weiki, der sonst immer etwas lustlos wirkt, hat heute richtig Spaß auf der Bühne.
Nach fulminanten 90 Minuten ist es dann Zeit für den Zugabenblock. Hier gesellt sich zunächst Kai Hansen zu einem Medley zu der Band, bevor auch die anderen Gamma Rays die Bühne zum finalen `I want out` die Bühne betreten.

Alles in allem war es schöner Konzertabend, der nach einigen Anlaufschwierigkeiten (was die Publikumsresonanz betrifft) doch noch volle Fahrt aufgenommen hat und keinen der Anwesenden enttäuscht haben dürfte. Fest steht, dass Gamma Ray und Helloween noch lange nicht zum alten Eisen gehören und man auch in Zukunft mit ihnen rechnen kann.

Timo Pässler

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