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Moonspell / Swallow The Sun / Cataleptic

Der Weg von Portugal nach Finnland ist weit, und Moonspell hatten ihn seit vielen Jahren nicht mehr beschritten. Genauer gesagt sah ich sie zuletzt auf dem Tuska 2007. Umso mehr freute mich die Ankündigung ihrer kurzen Clubtour – erst recht angesichts der zweiten Band auf dem Billing, nämlich Swallow The Sun, die sich in den letzten beiden Jahren ebenfalls ziemlich rar gemacht haben. Das beste Paket dieser Tour wurde Jyväskylä beschert, wo als Opener Omnium Gatherum verpflichtet worden waren, die erst kürzlich einen Anwärter auf das Album des Jahres auf den Markt gebracht haben, aber leider hatte ich weder die Zeit noch das Geld für einen 300-km-Trip mitten in der Woche.

In Helsinki wurde der Abend dagegen von Cataleptic eröffnet, die schon seit einigen Jahren existieren und Ende 2011 ihr Debütalbum herausbrachten, aber bis auf Weiteres unbekannt geblieben sind. Woran allerdings auch dieser Gig nicht viel ändern dürfte – die Band spielte Doom/Death von der Stange, was zwar nicht gerade das Ohr beleidigte, aber eben auch in keinster Weise in diesem hängen blieb.

Schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass kurz darauf Swallow The Sun die Bühne betraten und auf eindrucksvolle Weise demonstrierten, wie sich Doom idealerweise anhört. Das majästetische „Descending Winters“ war ein wuchtiger Einstieg, der keinen Zweifel daran ließ, dass diese Band es eigentlich gewöhnt ist, selbst als Headliner im Rampenlicht zu stehen. Glücklicherweise sah der Club diesmal von seiner üblichen Praxis extrem später Spielzeiten ab, und die Bands durften früh genug anfangen, um ordentlich Zeit für ihre Darbietungen zu haben. STS spielten zehn lange Songs, und darunter keinen, der nicht als Hit durchgegangen wäre. Aleksi Munters Keyboards und Juha Raivios Gitarre waren anfangs schlecht zu hören, was sich jedoch relativ bald besserte, auf alle Fälle rechtzeitig vor dem exquisiten Gitarrensolo von „Cathedral Walls“. Dieser Song war auch ansonsten ein Highlight, wenn ich denn eines nennen soll – genausogut könnte ich allerdings auch die nächste Nummer hervorheben, „Hold this Woe“, die wieder das härtere Ende des Spektrums repräsentierte. Die Qualität war durchgängig superb, und selbst wenn danach keine weitere Band mehr aufgetreten wäre, wäre es bereits ein lohnender Abend gewesen.

Moonspell
Und dabei hatten wir gerade erst die Hälfte gesehen. Als die langersehten Lusitanier auf die Bühne kamen, trug Frontmann Fernando Ribeiro einen Helm, als würde er in die Schlacht ziehen, aber das Publikum ergab sich den Eroberern ohne den geringsten Widerstand. Nach „Axis Mundi“ hatte der Helm seine Schuldigkeit getan und die schwarze Lockenmähne ward zum Moschen freigegeben. Fernando turnt nicht groß auf der Bühne herum, aber von einer statischen Angelegenheit konte nicht die Rede sein. Neben seiner unglaublichen Stimme hat der Mann zum einen ein fast schamanisch anmutendes Talent dafür, alles um sich herum in seinen Bann zu ziehen, und zum anderen ein äußerst fähiges Orchester hinter sich. Für „Opium“ leistete darüber hinaus Mikko von Swallow The Sun vokalistische Hilfe, während Gitarrist Pedro Paixão kurzzeitig an die Keyboards wechselte.


Besagtes „Opium“ wurde als Leckerli für die Fans der alten Schule angekündigt, sollte jedoch beileibe nicht das einzige seiner Art bleiben: auf dem Programm standen volle zwei Drittel von Wolfheart und vier Songs von Irreligious, was sich mit der Anzahl der Songs von den drei letzten Alben – unter denen erwartungsgemäß Alpha Noir den Schwerpunkt bildete – in etwa die Waage hielt. Die Jahre dazwischen waren dagegen nur durch wenige Stücke repräsentiert, aber irgendwo ist immer ein Kompromiss nötig, und der gut zweistündige Set dürfte wahrhaftig keinen Fan unbefriedigt gelassen haben. Zumal „lange Dauer“ zu keinem Zeitpunkt als Synonym für „Langeweile“ herhalten musste; die von der Band gelieferte Intensität wurde vom Publikum von Anfang bis Ende voll erwidert.

Vom Flüster/Kreisch-Wechselbad in „Everything invaded“ oder dem brutalen „New Tears´ Eve“ (gewidmet Peter Steele, den Fernando einst ausgerechnet im Tavastia hier in Helsinki live erlebte) und dem unmittelbar darauf folgenden, zärtlichen „Scorpion Flower“ bis hin zur abschließenden Klassikerkavalkade war die Songauswahl ein Musterbeispiel für gut strukturierte Dramaturgie. Nach dem Publikumsfavoriten „Alma Mater“ legte die Band eine wohlverdiente Pause ein, kam aber bald für eine lange und powergeladene Zugabe zurück: „Wolfshade“, „Mephisto“ und als abschließende Klimax „Full Moon Madness“.

Falls Moonspell das Gefühl gehabt haben sollten, den finnischen Fans nach der sechsjährigen Pause etwas schuldig zu sein, bezeuge ich hiermit, dass die Außenstände bis auf den letzten Cent beglichen wurden.

Moonspell set:
Axis Mundi
Alpha Noir
Finisterra
Night Eternal
Opium
Awake
Everything Invaded
Lickanthrope
Love Is Blasphemy
Abysmo
Nocturna
New Tears Eve
Scorpion Flower
Em Nome do Medo
Vampiria
Trebaruna
Ataegina
An Erotic Alchemy
Alma Mater

Encore:
Wolfshade
Mephisto
Full Moon Madness

Swallow The Sun set:
Descending Winters
Out of This Gloomy Light
Labyrinth of London (Horror pt. IV)
Psychopath’s Lair
Cathedral Walls
Hold This Woe
New Moon
Emerald Forest and the Blackbird
Swallow

Tina Solda

tina@stalker-magazine.rocks - Konzert- und Festivalberichte, Fotos, Interviews - - - Bevorzugte Musikrichtungen: melancholischer Death-, unkonventioneller Black-, melodischer Doom-, dramatischer Folk- und intelligenter Paganmetal (Schwerpunktregionen: Island, Finnland & Norwegen) - - - Sonstige Interessen: Gitarre, Bücher, Bier, Kino, Katzen.