Into Darkness 2012
12.+ 21.11.2012 Markthalle Hamburg, GER, Z7 Pratteln, CH
Die Into Darkness Tour sandte 2012 eine massive Packung dunkler Härte mit Bands aus Griechenland, Finnland, Portugal und Schweden durch neun europäische Länder: Scar Of The Sun, Lake Of Tears, Swallow The Sun, Moonspell und Pain. Mit Doom bis Gothic Metal werden die schwarzen Kessel beheizt; presented by Metal Hammer, Legacy, Noizeletter, Orkus, Musix, Metal.de, X-tra-X, BLAST. Daher haben sich gleich zwei Leute aus dem STALKER Team diesem Thema angenommen:
Pratteln, 12.11.2012
Mein Auto und ich, immer noch dieser steinalte Renault Clio, haben heute eine Mission zu erfüllen, denn die Into Darkness-Tour verspricht finstere Klänge, dunkle Grooves, melancholischer Gesang und düstere Growls. Also alles was das Herz begehrt. Wegen fünf Bands fängt das Ganze auch schon um halb sieben an. Bei meiner Ankunft in der Halle sieht es Fan-mässig recht düster aus, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden denn es ist ja noch früh und ich bezweifle, dass an einem Montag Abend viele um diese Zeit schon aus dem Geschäft draussen sind!
Scar Of The Sun
In der Zwischenzeit sind doch noch ein paar Leute mehr eingetroffen und die Band aus Athen kann loslegen. Voller Power präsentieren die Griechen ihre Songs vom Debüt-Album „A Series of Unfortunate Concurrencies“. Ihre Musik, eine Mischung aus Gothic-Doom Metal, überzeugt die Meute, wie auch Sänger Terry Nikas mit seinem Organ, das bestens zum Stil ihrer Mucke passt. Doch kaum angefangen ist der Spektakel auch schon wieder vorbei. In dreissig Minuten zu zeigen was man drauf hat und die Anwesenden mitzureissen ist kein leichtes Unterfangen, doch Scar of the Sun haben das super hingekriegt, und es sollte nicht allzu lange dauern, bis man wieder in den Genuss dieser Band kommt.
Lake Of Tears
Umbauphase abgeschlossen und die nächsten Mannen rauf auf die Bühne. Gothic Metal aus Schweden, düster und melancholisch gepaart mit Doom bis hin zum Psychedelic Rock. Auch hier kriegen wir Songs aus ihrem letzten Album „Illwill“ zu hören. Schöne Lieder super gespielt, und auch hier passt die Stimme von Sänger Daniel Brennare perfekt dazu. Die mittlerweile ungefähr sechshundert Menschen in der Halle sind auch hier voll mit dabei. Und unter den vielen schwarz Gekleideten steht einer, mit seinen leuchtend gelben Arbeiterhosen und seinen schweren Sicherheitsschuhen, direkt von der schweren schweisstreibenden Arbeit kommend, um hier beim Headbangen abzugehen. So sind Metaller – unermüdlich, kämpferisch, ihren Bands absolut treu und meistens gute Bierschlucker.
Swallow The Sun
Wenn es in Finnland langsam Winter wird und dunkel, neigen einige dazu, depressiv zu werden oder zu viel zu trinken – und andere nützen diese kreative Phase, um diese Stimmung in melancholischen Songs festzuhalten. Düster, traurig, herzzerreissend – das sind Swallow the Sun. Ihre Art, sich mit ihrem Melodic-Death/Doom-Metal auszudrücken ist speziell, alle sind sie ausgezeichnete Musiker und wer ausser Sänger Mikko Kotamäki könnte diese musikalischen Stimmungen rüberbringen. Doch bei dieser Band stechen zwei besonders raus, zu einem Drummer Kai Hahto, der gerade noch mit Wintersun auf Tour war und bei diesen starken Tempowechseln einiges zu tun hat. So wie Keyboarder Aleksi Munter mit seinen akrobatischen Headbanging Einlagen – mit seinem bösen Blick könnte er glatt kleine Kinder erschrecken. Die Setliste besteht aus Songs von ihrem neusten Werk „Emerald Forest And The Blackbird“. Auch wenn die Jungs auf der Bühne eine super Show abgeliefert haben, müssen sie das Feld räumen für den nächsten Act.
Moonspell
Eine Combo aus Brandoa bei Lissabon – diese Portugiesen sollten eigentlich allen Fans dieses Genres bekannt sein, denn sie sind wahre Meister ihres Fachs. Sänger Fernando strahlt bei jedem Auftritt eine unglaubliche Stärke aus, durch die Maske, die er beim ersten Song trägt, wird seine mystische Ausstrahlung noch intensiver. Auch seine Bandkollegen wissen, wie sie sich auf der Bühne zu präsentieren haben. Die Songs für diese Tour sind die gleichen wie schon bei der Festival Tour, einige sind noch dazugekommen – ein paar der neuen Schmuckstücke vom „Alpha Noir/Omega White“ Album dürfen nicht fehlen. Aber die Fans jubelten der Band am meisten zu als es hiess „Vampiria“. Moonspell live sind immer ein Vergnügen, denn diese Herren geben sich ausgesprochene Mühe, ihren Fans gerecht zu werden.
Pain
Scheinbar sind Pain nicht die gefragteste Band heute Abend, denn die Halle verliert ein bisschen an Menschenmasse, als die Schweden endlich die Bühne erklimmen. Aber vielleicht ist es einfach schon zu spät, denn in Pratteln hat man an einem Montag bereits um 11 die letzte Zugverbindung. Pain gehen mit ihrem neuen Album „We come in Peace“ an den Start. Aber die Show beginnen sie wie immer mit „The same old Song“, ja, langsam wird es derselbe alte Song, immer und immer wieder. Aber es ist ja ein gutes Lied. Peter in der Zwangsjacke auf der Bühne hat auch was ganz Spezielles, da man diesen Mann wohl besser mal in eine steckt, damit er mal ein paar Tage nicht an neuer Musik bastelt. Herr Tägtgren und seine Mannen liefern eine gute Mischung an alten und ein paar neuen Songs. Als letztes Schmankerl gibt es dann noch „ Shut your mouth!“, ehe die Band – nachdem sie brav alle Picks und Schlagzeugsticks verteilt hat – von der Bühne geht und den Abend beendet.
Fazit: Eine gute Zusammenstellung für die Into the Darkness Tour, allerdings hätte es eine Band weniger auch getan, weil es zumindest bei den Daten an Wochentagen schwierig wird, alle zeitmässig unterzubringen. Und sind wir mal ehrlich, die erste Band ist wohl immer die Verarschte, sie bezahlt weiss Gott wie viel um dabei zu sein, aber bekommen gerade mal 30 Minuten Spielzeit, was ich persönlich einfach unfair finde. Darum ist manchmal einfach weniger mehr. Ansonsten Top für die Schweizer Show. (Sandy Mahrer)
Photos: Andreas Torneberg, Sandy Mahrer
Hamburg, 21.11.2012
Scar Of The Sun aus dem Land der antiken Tempelruinen, des modernen Euroruins und der Stadt der Nachteulen kam die Aufgabe zu, den Vorheizer zu machen. Anfangs noch weitgehend leer, brauchten die Wunden der Sonne zwei bis drei Portionen ihres melodiösen, teilweise progressiven Metals, ehe sich die rauchende, trinkende oder sonstwie abgelenkte Menge aus den Gängen und Räumen im Saal einfand. Die Band ließ den Fuß nicht vom Gaspedal und fuhr ihre Show mit viel Energie. Komplexe Metalstrukturen benötigen immer eine gewisse Anlaufzeit, ehe sie zünden. Am Ende des Auftritts fühlten sich sichtlich etliche Besucher entzündet, wenngleich die klar gesungenen Vocals von Terry Nikas insbesondere in den höheren Tonlagen etwas bemüht klangen und man seiner Stimmlage eine halbe Oktave tiefer die Erleichterung anfühlte. Im Vorjahr hatten sie ihr Debütalbum herausgebracht, das viel positive Kritik erntete; zurzeit arbeiten sie an ihrem zweiten Werk.
Nach den Wunden die Tränen: Seen gibt es in Schweden bekanntlich viele, einer der musikalischen davon nennt sich Lake Of Tears, dessen Debüt dagegen schon auf 18 Jahre zurück blickt. Acht Studioalben und eine Neugründung später kann man von einem alten Schlachtross sprechen, das hier mit schwerem, teilweise bis in Gothic-Rock sinkenden Death-Metal die Bühnenbretter durchbiegen ließ und – geprägt vom kratzig rauen Gesang von Daniel Brennare – die mentalen Lichter im Saal ausschaltete und dichte Darkness über die Stimmung breitete. Für die Anhänger der schwarzen Szene und Liebhabern von Bands wie Tiamat oder Anathema wurde hier wohlschmeckende Schwermut gereicht. Insbesondere vom letzten Album “Illwill” kamen diverse Songs wie “Taste Of Hell”, „Illwill“ oder „House Of The Setting Sun“. Nun war der Saal schon gut gefüllt.
Die Wunden, die Tränen und nun die totale Dunkelheit: jene, die die Sonne schlucken, sind bekanntlich der finnischen Düsternis entsprungen. Doch so pechschwarz ist ihre Welt nicht, vielmehr scheint sie von einem inneren, sehr melodienreichen und atmosphärischen Leuchten erhellt zu werden, dessen Klänge sich wie ein magischer Glanz über die Wände des Saals und über das Publikum ausbreitete. Aus den Wäldern des variantenreichen Metal präsentierten Swallow The Sun ihre eigene, eher langsame und von melancholischer Schönheit funkelnde Version bis hin zum Doom; der Gesang am abwechslungsreichsten von allen: klar gesungenen Parts wurden grandios von bösartig tiefem Growlen und Schreien wie Peitschenhiebe zerfetzt. Neben den Gitarren besaß hier das Keyboard eine tragende Funktion und reihte sich auch optisch vorne in die am Bühnenrand agierenden Musiker. Der Auftritt schraubte die Intensität des Abends um eine ganze Stufe nach oben.
Der Saal voll, die Stimmung nach dem Verschlucken der Sonne bereit für den Zauber der Mondes: Moonspell aus Portugal feierten ihr 20-jähriges Jubiläum und bewiesen, dass sie live kein Stück ruhiger oder nachlässiger geworden sind und diesbezüglich zu den Top-Acts unter den Akrobaten des Metal-Zirkus zählen. Nach kurzer Introduktion kam Fernando Ribeiro, der charismatische Frontmann mit der gewaltigen Stimme auf die Bühne, kämpferisch mit einem antiken Kriegerhelm dekoriert und somit im Zeichen des diesjährigen Gothic Death Metal Doppelalbums „Alpha Noir/Omega White“. Doch den Helm setzte er bald ab, und auch die Setlist blieb nicht in den neuen Produktionen kleben, sondern reichte zur Freude vieler bis in die dunklen Werwolfzeiten von „Wolfheart“ und dem Klassiker „Irreligious“ zurück, heulend, dämonisch und wild. Am Anfang war Rebeiro noch nicht ganz mit der hanseatischen Zurückhaltung der Begeisterungswelle zufrieden, doch um diese zu erhalten, kämpften er und seine Band mit vollem Einsatz und erreichten schließlich ihr Ziel: Am Ende der Show perlte der Schweiß von den Wänden, die Begeisterung schlug Wogen, und die Verbindung von Publikum zu Band hatte sich zu einer selten in dieser Form so entwickelten Herzlichkeit und Intensität gesteigert. Dieses Gefühl wurde sichtlich auch so von der Band empfunden, die sich gar nicht von der Bühne lösen mochte und noch minutenlang im Applaus badete.
Dieser Auftritt war nur schwer zu übertreffen. Schwierig für die so ernannten Headliner der Tour, Pain aus Schweden, diesen Höhepunkt des Abends zu steigern. Und dies gelang auch nicht wirklich, wenngleich mit Peter Tägtgren, dem Sänger, Gitarristen und Songwriter der Band, ein großer Name der Metalszene (Hypocrisy) und der Musikproduktion am Start war. Wohl um morbide Akzente zu setzen, hatte er sich lässig in eine durch praktische Benutzung angeschmuddelte Zwangsjacke gekleidet. Seine Musik zieht bis in Bereiche des Industrial und teilweise Heavy Metals („Dirty Woman“), rockig, direkt und sehr dynamisch. Man merkt, woher die Wurzeln kommen, Led Zeppelin, Slayer, AC/DC und dergleichen, eine Basis, die sich deutlich von der mystischen Aura der Band davor unterscheidet und von daher innerhalb des Abends einen gewissen Bruch bedeutete. Die Kurve in einem fiktiven Höhepunkte-Diagramm machte eine leichte Senkung abwärts, dennoch lieferte das musikalische Niveau dieses Konzerts ein beeindruckendes Erlebnis, hielt die Leute bei Laune und sorgte für einen runden Abschluss, obwohl – wie Tägtgren dies auch selbst in einem Interview bekundet hatte – seine Band keine ideale Wahl für eine „Into Darkness“-Tour und damit Hinwendung zur eher dunkleren Szene bedeutete. (Andreas Torneberg)