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Into Darkness Festival 2009

20.+22.10.2009 Markthalle Hamburg, GER, Z7 Pratteln, CH

Into Darkness Festival im Schweizer Pratteln, ganz klar, was uns da erwartet: dunkle Gestalten, düstere Musik und Elektro-Technobeats. Langweilig wird es garantiert nicht bei all den glitzernd glänzend geschminkten Boys auf der Bühne und all den aufgestylten, mit farbigen Augenlinsen ausgestatteten Männlein und Weiblein des Gothicgenres. Den Abend eröffnen die italienischen Macho Boys von
Dope Stars Inc.
Rockige Gitarrenriffs mit Technobeats unterlegt dröhnen bei den Amore Boys aus den Boxen. Dem einen gefällts, dem anderen nicht. Für den einen ist es der richtige Sound zum Tanzen, für den andern nur Schmerz in den Ohren. Dieser geteilten Meinung scheinen auch einige der heute Anwesenden zu sein. Hin und wieder sieht man ein paar Wavende Gothics die Hände durch die Luft schleudern, und andererseits wieder solche, die lieber die Zeit draussen verbringen und auf die nächste Band warten. Trotz allem liefert die Band eine gute Show und vielleicht sollte man fast sagen, dass sie vom Soundtechnischen her die beste des ganzen Abends war. Zum Schluss wurde noch Darins Bass in die Höhe gehoben, auf dem seit dem letzten Mama Trash Fest in grossen Buchstaben VITTU steht, doch leider wissen die meisten Schweizer nicht wirklich, was sie damit anfangen sollen – daher gab’s auch kaum Reaktionen darauf.
Lacrimas Profundere
Als ich diese Band zum letzten Mal gesehen habe, waren sie noch mit ihrem alten Sänger Christopher Schmid unterwegs, und diesen zu übertreffen oder ihm gleichzukommen scheint mir schlicht unmöglich. Darum bin ich hier vielleicht ein wenig zu kritisch, wenn ich sage: weg mit dem neuen, zurück mit dem alten Sänger. Vom gesanglichen her ist Rob Vitacca zwar gut, seine tiefe eingängige Stimme kann bei den alten wie neuen Liedern überzeugen, nur ist bei ihm ganz klar zu sehen, dass Ville Valo sein grösstes Vorbild ist: seine Bewegungen, seine Art sich zu kleiden, Gesten und Körpersprache – alles deutet darauf hin, dass er seinem Vorbild nacheifert, was sehr schade ist. Wenn er nur etwas hätte, das ihn zu einer eigenen Persönlichkeit macht, würde ich sagen – ok gekauft klasse Band, ob mit oder ohne Christopher; aber leider zerstört es das ganze Bandbild.
Diary of Dreams
Passt meiner Meinung nach auch überhaupt nicht zu dieser Tour, das extrem Gothic-lastige Repertoire der Band nimmt die ganze Stimmung, welche die beiden ersten Bands aufgebaut haben, wieder weg. Zwar scheinen viele nur wegen dieser Band heute gekommen zu sein, aber ich kann nicht mehr sagen ausser: lahme Musik mit einfallslosen Texten, die sich ständig wiederholen. Ganz klar, diese Band ist nicht mein Geschmack, und wenn man nichts Gutes sagen kann, sagt man am besten nichts.
Deathstars
Nachdem ein Grossteil der Besucher bereits vor der letzten Band die Halle verlassen, wird der ganze Saal mit Nebel gefüllt, langsam erklingen die Töne des Deathstars Intros und das Gekreische geht los. Was diese Herren wohl an sich haben, dass die Damen reihenweise umfallen… eine der Armen hat noch nicht mal den Start miterlebt, weil sie bereits zuvor raus getragen wurde. Tja – wir wissen es nicht! Die Halle ist so voller Rauch, dass man nur knapp die Umrisse der Band sehen kann. Man kann es 1000-mal versuchen, ein gutes Foto zu bekommen – es ist schlicht und einfach nicht möglich bei diesen Verhältnissen. Naja, dafür hofft man auf ein gutes Konzert und guten Sound – aber das bekommt man leider auch nicht.
Mr. Whiplasher konnte man kaum hören, und der restliche Sound war auch nicht wirklich der Hit. Und wenn man dann in einer Halle steht und von dem, was auf der Bühne abgeht, nichts sieht ausser ein paar Umrisse, hätte man sich doch besser die Anfahrt erspart und sich die CD angehört. Wenigstens wurde bei den letzten zwei Songs der Nebel so gut wie weggelassen und die Damen bekamen noch die drei nackten Oberkörper der Herren Skinny, Cat und Whiplasher zu sehen. Es ist schade, dass durch Licht und Soundtechnik dieser Auftritt der Band zu einem schlechten wurde, dafür kann die Band nichts, denn die Jungs haben wie immer alles gegeben – aber man sollte vielleicht die Bühnentechnik nochmal überdenken! (Sandy Mahrer)

Photos: Andreas Torneberg, Sandy Mahrer

„I want to love-hate you! Ich zertrümmere eure Schädel, so dass das Blut über eure blonden Haare spritzt! Ist das okay für euch?“ Jaaaa! Die Mädels in den vorderen Reihen direkt am Graben vor der Bühne sind begeistert! Vergewaltigung durch Whiplasher Bernadotte, den Frontmann der Deathstars ist geil! Bevor es aber dazu kommt, übernehmen erstmal die Dope Stars Inc. aus Rom den undankbaren Part der Anheizer.
Pünktlich um 19 Uhr stürmen die Römer die Bühne. Promotion ist für die italienische Combo letztens ja kräftig gerührt worden, darum ist der Saal auch schon gut gefüllt. Victor Love mit riesiger Sonnenbrille schreit, was die Lunge hergibt und seine Jungs sind auch frisch und bei der Sache, den atemlosen Dope Stars Partyrock zum Abtanzen ins Publikum zu fegen. Eine stürmische halbe Stunde wird gerockt, wobei live die Gitarren deutlich prägnanter kommen als auf der Platte. Bloß keine Besinnungspause aufkommen lassen, scheint das Motto, was nach 30 Minuten Full-Speed etwas ermüdend ist, da es etwas an Vielfältigkeit fehlt, die dem stampfenden Rhythmus und den Elektro-Gitarren-Breitseiten Tiefe und Kontrast verleihen könnte .
Diesbezüglich bedeuten die nachfolgenden Lacrimas Profundere eine Steigerung. Auch hier sind das Posen und die wilde Show Mutter der Darbietung. Die Band blickt ja auch schon auf reichlich Erfahrung zurück und weiß, wie sie live eine dreiviertel Stunde Spielzeit so ausschlachtet, dass selbst ein Kostverächter ihrer musikalischen Kunst Gefallen an ihrem Auftritt findet, in jedem Fall aber die Fans ihren vollen Spaß kriegen. Das machen die Jungs wirklich gut und engagiert. Die Hitze im Saal steigt. Nach der Show Umbauphase. Die Festivalbanner werden abgeflaggt und durch große Banner der kommenden Formation ersetzt: Die Deathstars.
Auf diese scheinen die meisten gewartet zu haben. Der Saal ist plötzlich rumsvoll. Und man mag sie lieben oder hassen – live sind die schwedischen Deathstars der Abräumer. Sie haben eine Stunde. Diese Stunde wird auf der Bühne getobt, als wäre es das letzte Mal. Unterbrochen von einigen mehr oder weniger zynischen Ansagen des Sängers, der der musikalische Raserei und seiner Band ein paar Ruhepausen verschafft. Allerdings verfügt auch die Musik live über Spannungsbögen, die den gesamten Auftritt über bis zum Schluss eine Menge Adrenalin in der feiernden Menge freisetzen. Eine weniger ernst zu nehmende, aber äußerst unterhaltsame Show. Hammer.
Danach sollen Diary of Dreams den Abschluss machen, die bekanntlich eher in ruhigeren Zonen zuhause sind. Keine einfache Sache nach dem furiosen Treiben der Schweden. Tatsächlich wandern auch schon eine Menge Leute ab. Und es wird ruhiger. Anstatt vor Energie tobender Showrocker wallen nun düster die melancholischen Klänge von Adrian Hates über die Bühne. Ein enormer Kontrast zu dem Spektakel zuvor, aber gerade darum so wirkungsvoll. Anfangs sogar noch besonders verhalten, bemüht er sich, das von den Deathstars hypnotisierte Publikum in seine Welt zu holen – und es gelingt. Die dunkle Intensität zieht die Gäste nach vorne, der Saal füllt sich wieder. Adrian schnallt sich nach einigen Stücken aus seinem letzten Album die Gitarre ab und überlässt die Saitenarbeit Gaun:A – nun erst nach einer halben Stunde werden treibendere, elektronischere Tanznummern herausgeholt, die die Schwerlastigkeit mildern und für erneute Bewegung im Publikum sorgen, das schließlich wieder ins Jubeln kommt und etliche Zugaben herausklatscht.        Andreas Torneberg

Contributors

Andreas Torneberg

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