Ne Obliviscaris Citadel/Exul-Tour: Wenn die Luft-Geigen schmachten
12.10.2024, Kulttuuritalo Helsinki, Finnland
Eine meiner Lieblingsbands wieder auf Tour und noch dazu ein besonderes Programm, das darf man doch nicht verpassen! Und das gilt auch für euch – denn die Tour hat ja gerade erst begonnen, also checkt umgehend die TOURDATEN!
Die Australier Ne Obliviscaris, die nicht nur ihre spezielle Art von Extrem-Prog-mit-Geige-Metal, sondern auch das gesamte Drumherum mit organisieren und finanzieren weitgehend selbst machen, kriegt man in Europa ja doch nicht so oft zu sehen. Was den Abend zusätzlich attraktiv macht – die Band spielt gleich zwei ihrer legendären Alben, Citadel und Exul, live in voller Länge durch – also garantierte volle 2h Programm, wie geil ist das denn?? Also gleich mehrere Gründe, euch diese Show nicht entgehen zu lassen – überdies unterstützt man die Band wirklich direkt in vollem Umfang, über den üblichen Erwerb von Merchandise hinaus.
Zunächst eröffnen, noch vor etwas schütterer Publikumskulisse, die Australier Freedom of Fear den Konzertabend. Ihre Art von Extreme Metal, die sie selbst als Melodic/Tech/Blackened Metal bezeichnen, und die dramatische Darbietung zieht die Anwesenden schnell in den Bann – und mich ebenso. Für mich ist es immer wieder schön, ungebremste Girl Power mit brutalen Growls zu erleben, die Qualität der Musik ist überdies mit den Headlinern vergleichbar (zB der Titeltrack ihres aktuellen Albums Carpathia). Das kurze Set erntet viel Applaus, am Schluss sind alle Fäuste oben – das Quartett hat bei seinem allerersten Europa-Besuch mit Sicherheit einige neue Fans in Finnland gewonnen.
Kurzer Umbau, dann steht schon die zweite Supportband Walkways aus Israel auf der Bühne, für mich ebenso wie die der erste Act ein unbeschriebenes Blatt. Über die energiegeladene Show freute sich die bereits recht ansehliche Meute im Saal, wir Fotografen freuten uns da weniger… Ein Frontmann mit einer kraftvollen, versatilen Stimme, ein brutales Brett gemischt mit eingängigen Melodien – klar, das kommt beim finnischen Publikum ebenfalls gut an. Für meinen Geschmack hat dieser Alternative Metal etwas zu viel an -core Einflüssen mit dabei, also nicht so ganz mein Fall und ich kann nicht viel darüber sagen.
Wieder eine kurze Pause und super pünktlich beginnen die Headliner Ne Obliviscaris ihren Triumphzug – denn anders kann man diesen Abend nicht beschreiben. Kaum betritt Mastermind, Geiger und Clean-Sänger Tim Charles die Bühne, jubeln die finnischen Fans so laut, dass man sich in einem völlig ausverkauften Saal wähnt (in die Sitzreihen an den Seiten hätten aber noch Leute gepasst). Offensichtlich haben sich die Australier mit ihrem unverwechselbaren Geigen-Metal eine solide Fanbasis geschaffen, die konstant am Wachsen ist: der Großteil der Anwesenden kennt die Band schon, jedoch – wie Tims Nachfrage zeigt – erleben viele hier ihr erstes NeO Konzert. Für mich dürfte es schon ein halbes Dutzend Mal gewesen sein – die Gänsehautmomente bleiben dennoch nicht aus, seien es ein schmachtendes Geigensolo, jazzige Passagen, Flamencorhythmen oder brutale, massive Soundwände mit fiesen Growls, durchwoben mit einer engelsgleichen Stimme – eben der abwechslungsreiche NeO Trademark-Sound.
Obwohl die Gitarrenfraktion Benjamin Baret, Matt Klavins und Martino Garattoni, angetrieben von der gnadenlosen Blast-Beat Maschine Dan Presland, meist voll auf ihre komplexen Songstrukturen konzentriert wirkt, reißt der Kontakt zum Publikum nie ab. Die beiden Frontleute (Tim und James Dorton als Vertretung von NeO Growler Xen) lassen die Meute kaum zur Ruhe kommen. Neben dem klassischen Moshpit kann man diesmal auch Ausdruckstanz und „Luft-Violine“ beobachten, was dann auch James immer wieder ein breites Grinsen entlockt. Ansonsten besticht erneut Tim als Strahlemann und souveräner Entertainer, er hält seine launigen Ansagen kurz, verspricht aber mehrmals, dass die Band wiederkommen wird. Na das hoffen wir doch schwer! Denn auch nach 2 Stunden volle Bedienung wollte das Publikum nicht ohne Zugabe nach Hause, mit „And Plague Flowers The Kaleidoscope“ war aber dann doch endgültig Schluss.
Kann mich nur wiederholen – geniale Band, tolles Package, checkt die Tourdaten, lasst euch diesen Live-Genuss nicht entgehen!





