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Amorphis, Eluveitie und Gäste in Helsinki & Wiesbaden

3.12.2022 Helsinki Jäähalli Black Box, Finnland

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Auf der Fahrt zur Jäähalli (Eis)-Arena zählte ich etwa vier Lastwagen für die Tour der Bands und ihrer Show durch Europa. Bei der Show wurde mir klar, dass trotz dieser enormen Laderaumkapazität eine Person offenbar nicht hineinpasste – ein Lichttechniker. Stattdessen gab es eine Videowand. Irgendjemand hatte wohl beschlossen, dass dies für das Publikum ausreichte. Doch die Wand war nicht wirklich so hoch, dass sie die Bühne überragte und wirkte eher wie eine mittelgroße Kulisse.

Als ich Jäähalli betrat, war sie in Bühnenrauch gehüllt, also nicht nur die Bühne, sondern auch das Publikum. Ich glaube, das ist ein Muster bei diesen Eishalle-Konzerten, da sie im Vergleich zu anderen Venues immer sehr rauchgefüllt aussehen.

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Das Konzert läuteten Nailed to Obscurity ein, eine deutsche Band, die 2005 gegründet wurde. Irgendwie hat man das Gefühl, dass der Name zu wörtlich genommen wurde – ich hatte noch nie zuvor von ihnen gehört. Für eine Aufwärm-Band war ihr Auftritt ganz okay, aber man hatte buchstäblich das Gefühl von „Aufwärm-Material“: Während der Sänger massiv mit Rock-Posen auftrumpfte, standen die anderen Mitglieder einfach nur da und machten keine große Show. Es fällt mir schwer, ihr Material zu analysieren, aber es wirkte weniger überzeugend als das, was danach kam.

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Ich war erstaunt, dass Dark Tranquillity nicht ebenbürtig zu Eluveitie und Amorphis bei dieser Tour beworben wurden. Schließlich handelt es sich um eine erfahrene Band mit einem sehr starken Stil. Die Art und Weise, wie sie ihre Musik komponieren, und die damit entfaltete Wirkung sind normalerweise genau richtig. Das war auch heute der Fall. DT zeigen einige Videos an der Wand, hatten aber auch eine starke Bühnenpräsenz. Nicht spektakulär, aber solide.

Eluveitie kamen dieses Jahr zum zweiten Mal nach Finnland nach ihrem Tuska-Auftritt. Ich finde, dass man die Band am besten unter freiem Himmel anhören sollte, denn der Auftritt beim Tuska fühlte sich irgendwie „freier“ an. Sie spielten ihr gut zusammengestelltes Set, aber ich war wirklich perplex über die derzeitige Situation mit der visuellen Seite der Dinge. Normalerweise hält Fabienne ihre Harfe und tritt von der vorderen oder mittleren Bühnenseite auf. Diesmal war die Harfe statisch ganz hinten angebracht – und als sie spielte, war sie wegen des Rauchs und der suboptimalen Beleuchtung kaum zu sehen.

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Ich würde sagen, dass es viel besser ist, wirklich die gesamte Band im Zusammenspiel zu sehen, wenn man neben Chrigel oder Fabienne oder andere Bandmitglieder gut beobachten kann. Diesmal stand lichttechnisch aber nur Chrigel im Fokus. Fabienne kam oft genug nach vorne, aber das Licht wurde ihr nicht gerecht – zum Beispiel war sie beim ersten Song einfach in ein rotes Fill und nichts anderes gehüllt: Die Art von Licht, die man in kleinen Clubs mit brutalen Möchtegern-Black-Metallern findet, die „eine Atmosphäre“ wollen. Um es direkt zu sagen, Fabienne ist eine wunderschöne Sängerin, eine wunderschöne Frau und eine großartige Persönlichkeit, und es fühlte sich wirklich unfair an, sie nicht sehen zu können. Das Gleiche gilt für den Rest der Band, sie alle sahen gut aus und spielten 1 A, nur leider fast ohne Licht. Ich muss auch anmerken, dass dieser Auftritt, im Gegensatz zum Tuska, mit der neuen Drehleierspielerin Annie Riediger absolviert wurde. Sie ist sicherlich ein passender Ersatz für Michalina Malisz, welche die Band für ihr eigenes Projekt Lyrre verlassen hat. Genauso wie Michalina (die heutzutage als Gast bei Eliuveitie-Konzerten vorbeischaut), ist sie sehr aktiv auf Social Media.

Nachdem ich Amorphis schon oft gesehen hatte, konnte ich keinen großen Unterschied zu ihren früheren Gigs feststellen – wie immer genial. Die Musik von Amorphis ist stark und die Band hat kein Problem damit, eine Handvoll Gigs pro Jahr zu spielen. Wieder wurde die Show stark von der Videowand unterstützt, wie es Amorphis seit vielen Jahren tun, aber das Licht war wieder komplett aus. Das war ziemlich verwirrend, denn Tomi Joutsen ist ein sehr energiegeladener Frontmann und es fühlt sich wirklich seltsam an, ihn bloss im Schatten verloren zu sehen. Früher war die Wand kein Problem, wenn er richtig beleuchtet wurde. Aber das war diesmal wirklich seltsam.

Fazit: Ein sehr solides Set von Bands und eine tolle Show für Metal-Fans, aber die Bands sollten wirklich auch einen Van für eine Lichttechnik-Person anmieten.

Text & Fotos: Askar Ibragimov

14.12.22 Wiesbaden Schlachthof

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Den meisten Fans ging es im Vorfeld dieses Konzertes wohl so: Absolute Begeisterung und Vorfreude obgleich dieses grandiosen Packages an Bands, welches sich am Jahresende den Weg durch Europa bahnte und am heutigen Abend im Wiesbadener Schlachthof Station machte, um den Fans ordentlich eins mitzugeben.

Die bisherige Tour verlief überaus erfolgreich und es wäre sehr verwunderlich gewesen, wenn sich heute daran etwas geändert hätte. Die Bands haben allesamt einen hohen Bekanntheitsgrad und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass hier nahezu jeder Act den Status als Headliner inne haben könnte. Wahrscheinlich nicht nur aus diesem Grunde war der Schlachthof sehr gut gefüllt.

Leider führte die winterliche Verkehrssituation dazu, dass ich den Opener Nailed To Obscurity verpasste, was mich maßlos ärgerte, denn laut Aussagen verschiedener Fans spielten die Norddeutschen Melodic Death Metaller einen guten Gig und untermauerten einmal mehr ihren Status als geniale Live Band.

Dark Tranquillity waren die nächsten, die ihre technisch versierten Songs zum Besten gaben und gehüllt in ein mystisches Licht, zeigten die Schweden ihre ganze Klasse: Sänger Mikael Stanne nutzte jeden Zentimeter der Bühne aus und brachte mit seinem einzigartigem Gesangsstil die Menge richtig in Bewegung. Schon beim ersten Song „Indentical To None“ lief er zur Höchstform auf. Der Rest der Band stand ihm in nichts nach und so spielte man sich durch Klassiker wie „Atoma“, welches wirklich unter die Haut geht, oder „Hours Passed In Exile“ vom grandiosen „Damage Done“ Album und bekam den lautstarken und verdienten Beifall von den Fans. Dark Tranquillity setzten mit ihrer Performance ein ganz starkes Ausrufezeichen.
Nach knapp 45 Minuten war die Darbietung leider vorüber und die folgende Umbaupause überbrückten viele Fans mit einem Bierchen. 🙂

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Dann waren die überaus angesagten Schweizer Eluveitie an der Reihe, bei denen es ja wirklich schwer ist, sie in irgendeiner Form zuzuordnen. Aber genau das macht die achtköpfige Band aus der Schweiz aus und so besonders: Sie kombinieren Elemente aus der keltischen Musik mit Melodic Death Metal und erzeugen ein spezielles Maß an Harmonie. Besonders live ist es sehr beeindruckend, wie die Band es versteht, ihren Kompositionen durch die Verwendung von z. B. Drehleier, einer keltischen Harfe, Mandola und einer Violine eine faszinierende Schönheit zu geben und trotzdem die Heavyness niemals aus den Augen zu verlieren.
Frontman Christian Glanzmann war in ständigem Kontakt mit dem Publikum und überzeugte mit variablem Spiel und mit seinem abwechslungsreichen Gesangsstil. Hier jetzt einzelne Musiker hervorzuheben wäre vermessen, denn bei Eluveitie ist es ein sehr vielfältiges Zusammenspiel, was den Songs die enorme Ausdrucksstärke verleiht. Die Schweizer wurden bedingungslos abgefeiert und Sänger „Chrigel“ bedankte sich tausendfach für die Unterstützung des Wiesbadener Publikums. „A Rose For Epona“ oder „The Call of the Mountains“ sind nur Auszüge aus einem sehr starken Set von Eluveitie. Die Fans wollten immer mehr und so bildeten „Aidus“, „Ategnatos“ und „Inis Mona“ den Abschluss eines Auftritts, den ich so nicht erwartet hätte und der mich mehr als überzeugt hat. Respekt !!

Nachfolgend dauerte die Umbaupause etwas länger, aber die Fans waren nun richtig eingestimmt auf die Finnen Amorphis. Schon bei den ersten Klängen von „Northwards“ schwappte die Welle von der Band zum Publikum über – die Fans feierten jeden einzelnen gespielten Ton der Finnen. Sänger Tomi Joutsen performt voller Inbrunst und lebt die Songs richtig aus. Man kann förmlich mit ihm mitleiden, wenn man hört, wie er gekonnt zwischen seinen tiefen Growls und seiner cleanen Bariton-Stimme wechselt und das Gefühlsbarometer ganz oben hält.

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Man hat den Eindruck, dass sich die Band im Zusammenspiel abermals verbessert hat, so sehr verstehen es die Mannen um Tomi Juotsen, die Songs in die Ohren der Fans zu transportieren und sie bekommen dafür verdientermaßen eine Menge Applaus. Ein Großteil der Setlist konzentrierte sich natürlich auf das aktuelle Album „Halo“: Songs wie „On the dark Waters“ oder „The Moon“ kamen beim Wiesbadener Publikum sehr gut an und sorgten für ordentlich Bewegung vor der Bühne.

In einem Amorphis-Set dürfen Kultsongs wie „Into Hiding“ oder das geniale „Black Winter Day“ auf keinen Fall fehlen und wurden von den Fans mit Begeisterung aufgenommen. Hier fühlte man sich teilweise zurückversetzt in alte Zeiten !! 🙂 Mit „Silver Bride“ hatte man auch einen Hammersong aus der noch jüngeren Bandhistorie am Start. Nach etwas mehr als einer Stunde beschlossen Amorphis einen sehr guten Auftritt mit dem genialen „House of Sleep“ und sorgten für zufriedene Gesichter bei den Fans.

Text und Fotos: Hanzi Herrmann

Contributors

Hanzi Herrmann

hanzi@stalker-magazine.rocks ---- Festival- und Konzertberichte, Konzertfotos, Interviews