Interviews

Inglorious: Keine Fahrt ins Nirgendwo…

Die aus England stammende Band Inglorious musste in den letzten Monaten viele Schwierigkeiten überstehen. Nachdem ihr Album „Ride to Nowhere“ veröffentlicht wurde, verliessen drei von fünf Bandmitgliedern die Band am gleichen Tag. Einige Zeit verging und Inglorious kam zurück mit neuem Line-Up. Im  Januar und Februar tourten sie durch England, Deutschland und Frankreich ( unser Bericht aus Köln hier ) und sie lieferten eine grossartige Show. Inglorious sind nicht auf einer „Fahrt ins Nirgendwo“, sie sind auf einer „Fahrt nach ganz oben“. Wir haben Sänger Nathan James über die Pläne für 2019 befragt, über Mobbing und über die Erfüllung seines grossen Traumes, ein Rock’n’Roll Bauer zu sein!

Du warst in den letzten Wochen mit dem neuen Line-up auf Tour, bist du zufrieden mit dem Resultat? Wie waren die Reaktionen der Leute auf die neuen Jungs?  

Sie liebten die Shows und hiessen die neuen Jungs sehr willkommen. Die Jungs fühlten offensichtlich einen hohen Druck, neu in die Band zu kommen und die ersten Leute zu sein, die das neue Material spielen. Wir sind alle total zufrieden und liebten die Shows und die vergangene Tour.

Werdie anderen Interviews in den letzten Wochen gelesen hat weiss, dass der Ausstieg von Colin, Drew und Andreas auch für dich sehr überraschend kam. Darf ich dich fragen, wie sie es dir mitgeteilt haben und wie du dich in diesem Moment gefühlt hast?

Es wurde per Email gemacht von einem von ihnen und der Rest wurde danach kontaktiert. Ich war extrem traurig, ich bin kein Roboter. Ich fühlte mich betrogen, weil es geplant war und ich war durcheinander, weil es so gut lief und wir gerade unser tolles drittes Album gemacht haben. Fünf Jahre Arbeit einfach so wegzuwerfen ist eine Schande. Trotzdem läuft es noch stark und das neue Line Up hat es bewiesen.

Du bist sehr offen auf Instagram, Twitter & Co, und deine Fans lieben es, aber es macht dich auch zum Ziel von Angriffen. Nach dem Ausstieg von Drew, Colin und Andreas war es schrecklich, wie die Leute dich und auch Danny, nach dem er als Gitarrist bekannt gegeben wurde, angriffen. Ich kann mir vorstellen, dass es eine sehr schwere Zeit für dich war. Hast du in dieser Situation darüber nachgedacht, alle Accounts zu schliessen oder nicht mehr weiterhin so viel von dir zu zeigen? Ich denke, egal wie dick deine Haut gewachsen ist, das tut weh und es ist schockierend, wie schrecklich Leute sein können bei Dingen, die sie gar nicht betreffen.

Natürlich ist es hart. Womit ich Mühe habe ist, dass Rock Fans, vor allem in England, einen immer gleich attackieren, wenn du einen Fehler machst. Ich kenne niemanden, der nie Fehler gemacht hat… Die Rockwelt schreit immer nach neuen Talenten und wir müssen immer mit diesem ganzen „Rock ist tot“ Gelabeer von alternden Rockstars und Musikexperten kämpfen. Meine Band kam und bewegte etwas in der englischen Rockszene und die Leute sollten gute, neue Musik unterstützen und auch alle jene Charaktere, worüber sich Leute beschweren, dass sie der Rockwelt fehlen würden. Feiert harte Arbeit und Können anstelle von Mittelmässigkeit. Wenn das passiert wäre während unserer Reise, dann hätten drei Mitglieder vielleicht nicht die Band verlassen. Wir haben ALLE hart gearbeitet und haben viel geopfert. Der Druck eine neue Band zu sein ist unglaublich und manchmal ist es einfach zu viel, wenn du das Gefühl hast, dass du nicht die Unterstützung bekommst die du verdient hast. Von der Presse, „Fans“, Radio, anderen Bands.

Wenn es um die Kommentare geht, die ich über Danny und mich gelesen habe, sie waren schrecklich und gaben mir sehr wenig Hoffnung in der Rock Gemeinschaft. Kein Wunder das „Rock tot ist“. Und eine ernste Bemerkung nebenbei, wenn meine Haut nicht so dick wäre, dann hätte das eine ganz andere Geschichte werden können und ich glaube, die Leute verstehen nicht, wie schädlich ihre Worte sein können. Alles was ich will ist Musik machen und mein Talent zu teilen. Wir in England haben andere Dinge, die uns Sorgen machen sollten im Moment…

Jetzt mit ein bisschen Distanz zu allem blickst du einer tollen Zukunft mit deinen neuen Bandkollegen entgegen?

Ja, die Festival diesen Sommer werden wild. Ich bin sehr aufgeregt, die neuen Jungs auf den grossen Bühnen zu sehen. Ich erinnere mich an unser erstes Outdoor Festival … es war Download Encore Stage, wir waren die zweite Band …ein paar Fehler und Probleme, aber die 30 Minuten vergingen so schnell und fühlten sich grossartig an. Mit diesem Line Up wird es richtig Spass machen. Ich liebe die neuen Jungs sehr und möchte, dass sie diese unglaublichen Erlebnisse haben.

Ich glaube Danny Dela Cruz ist schon seit einigen Jahren ein guter Freund von dir, wie geht es dir damit, mit ihm zusammen zu spielen, und wie hast du die anderen Jungs ausgewählt? Wart ihr auch bereits zuvor befreundet?

Ich verehre Danny als Person und als Gitarristen, er erinnert mich an all meine Lieblings-Gitarristen, und wenn Danny 18 gewesen wäre. als ich diese Band gestartet habe, wäre er von Anfang an dabei gewesen. Ich kenne Dan von Metalworkz in London und er ist so gut und ein so netter Typ beim Touren. Vinnie wurde mir von einem anderen Musiker empfohlen und nachdem ich ihn die Songs spielen hörte, wusste ich, dass er der richtige Typ ist. Wir haben auf der ganzen Tour gelacht und ich genoss die Zeit mit ihnen.

Picture: Nedim Nazerali

“Ride to Nowhere” ist der Titel eures neuen Albums, warum dieser Titel? Ich glaube nicht das ihr einen „Ritt ins Nirgendwo“ wollt mit eurer Band, ich würde eher sagen, ihr seid auf  „Der Fahrt nach ganz oben“ trotz des Line-up Wechsels.  

Danke! Der Grund, warum ich diesen Titel wählte, war – nachdem mein Grossvater starb, hatte ich wirklich Mühe mit meiner eigenen Sterblichkeit und habe erkannt, dass alles was wir zurück lassen, die Familie und Kunst/Musik ist. Das Artwork deutet allerdings nicht auf das Ende hin… aber einfach das Unbekannte. Welches erschreckend und spannend zugleich ist. Ziemlich so, wie die Fans sich vielleicht gefühlt haben über die neue Ära der Band.

Du hast viele Male erwähnt, dass die Texte des neuen Albums die persönlichsten bisher sind, du hattest eine harte Zeit mit dem Tod deines Grossvaters und eines guten Freundes, eine zerbrochene Beziehung, der Wegzug von deinen Freunden, um deinen Traum als Farmer zu erfüllen – ich nehme an, das alles hat dich zu den Texten inspiriert? Welche guten Dinge sind passiert im vergangen Jahr, wenn du zurück denkst? Ich meine deinen Traum zu erfüllen, muss dich sehr stolz gemacht haben.

Yeh… mit grossem Kummer kommen grosse Emotionen. Ich hatte nie solche Gefühle zuvor, also war es sehr beängstigend für mich, um ehrlich zu sein. Ich liebe mein neues Leben in Devon. Ich vergöttere meine Tiere und ich habe das Gefühl, dass ich jetzt die perfekte Balance zwischen Musik und dem echten Leben habe. Das hält mich bei Verstand…

Hast du die guten Dinge auch in den Texten festgehalten, oder ist es so, dass man eher dazu tendiert, über die schlechten Dinge zu schreiben als eine Art Therapie?

Es ist ganz klar eine Therapie für mich. Ehrlichkeit im Schreiben ist wichtig… man kann einen Unterschied hören.

Bei unserem letzten Interview hast du gesagt, dass dein grösster Traum sei, eine Farm zu besitzen mit vielen Tieren. Jetzt nur zwei Jahre später wurde dieser Traum Wirklichkeit, scheint so als wärst du wirklich eine Person, die hart daran arbeitet, ihre Ziele zu erreichen?

Haha, yeh. Ich bekomme nicht immer was ich möchte, natürlich.. aber ich kann ehrlich sagen, dass ich diese Tiere brauchte. Sie bringen mich zum Aufstehen, noch ehe die Sonne aufgeht. Sie geben mir Liebe und ich glaube, es ist eine tolle Ablenkung von dem, was ich letztes Jahr durchmachen musste. Ich bin nicht weniger fokussiert auf die Band, aber ich realisiere, dass es mehr als das im Leben gibt.

Wie sieht ein normaler Tag für dich aus, wenn du nicht auf Tour bist?

Zuerst Kaffee, die Tiere raus lassen, sie füttern, ins Gesundheitszentrum zum Schwimmen gehen, zurück kommen, zum Strand gehen, Freunde treffen, frisches Essen kochen.. welches normalerweise Eier beinhaltet, da ich täglich etwa 20 Stück von meinen Hennen und Enten bekomme. Essen mit meiner Familie, die Tiere ins Bett bringen, Pub, schlafen, wiederholen.

Du hast Hunde, Hühner, Enten, Perlhühner, Wachteln, eine Königspython, drei Schweine, 2-3 Nandus und ein Hausschaf namens Georgia, als nächstes gibt es Alpakas, hast du gesagt, du hättest noch mehr Pläne für neue Tiere?  

Ich habe fünf Alpakas und wir werden unsere beiden Weibchen noch decken lassen, also haben wir nächstes Jahr um diese Zeit zwei kleine Babies!!! Das nächste auf meiner Liste sind Ziegen, Ich hatte Ziegen als Kind und ich liebte sie, sie sind echte Charaktere. Ich habe auch noch Pfaue, die ich Ziggy, Freddie und Elton genannt habe.

Picture:Paul Harries

Als du nach Devon gezogen bist, was ca 4 Stunden fahrt von London weg ist, hast du viele Freunde und auch Teile der Familie zurück lassen müssen; wie war das und wie haben deine Freunde darauf reagiert? Haben sie es verstanden? Ich nehme an, dass für die meisten jungen Londoner Party-Leute ein Bauernleben nicht sehr schick klingt.

Ich klinge, als wäre ich ein alter Mann, aber ich habe es getan… Ich habe den Party Lifestyle zu lange gelebt und bin glücklich, dem entkommen zu sein. Meine Freunde verstehen es nicht, ehe sie herkommen und sehen, wie wunderschön es ist – und nachdem sie eines meiner frischen Eier meiner Hühner gekostet haben, verstehen sie es total, haha. Mein bester Freund ist auch weggezogen, also war es eine gute Sache. Ich fahre, und Züge sind gut, also wenn ich zurück ins Partyleben möchte, kann ich das… aber ich bevorzuge eine frühe Nacht und vermisse meine Babies, wenn ich weg bin.

Du bist letzten Sommer 30 geworden, hast du das Gefühl, dass sich für dich was geändert hat? Erste Midlife Crisis? Tickende Uhr?

Haha JA. Ich hatte eine grosse BBQ artige Party für meinen 30er und danach hatte ich einen Moment lang Panik… ich hatte das Gefühl, dass ich nicht genug erreicht habe, aber ein paar Wochen später habe ich für die War of the Worlds Arena Tournee geprobt und dachte .. Mir geht es gut, Ich bin gesund und glücklich und ich liebe es immer noch zu singen.

Wenn du zurück an deine jungen Jahre denkst, sagen wir mal als du halb so alt warst wie jetzt, hast du gedacht, dass du mit 30 an diesem Punkt bist oder hast du es dir total anders vorgestellt?

Das war eigentlich mein Traum.  Genug Geld mit der Musik zu verdienen und nicht einen „richtigen Job“ zu haben und von Tieren und Feldern umgeben zu sein.

Du hast einige deiner Fans zu dir nach Hause eingeladen, um mit dir Geburtstag zu feiern und hast auch noch eine Weihnachtsfeier organisiert, welche schon eine Art Tradition geworden ist. Hast du den Plan, dass jedes Jahr zu machen, um den Fans die Möglichkeit zu geben, dich zu treffen?

Yeh, es macht mir so viel Spass es zu planen und es was Besonderes zu machen. In einer Welt, die nicht immer nett und lustig ist, versuche ich solche Dinge zu machen, um mir und den Fans etwas zu geben, worauf man sich freuen kann… Es gibt so viel Verderben und Trübnis heutzutage, da ist es gut, sich auf etwas freuen zu können.

Hast du andere Pläne für spezielle Events auf deiner Farm? Ein Nathan James Festival oder ein Sommer Musik Camp?

Ich möchte ein Inglori-fest machen… seid bereit. Ich plane auch Song Writing Wochenende für junge Bands und Gesangs-Workshops.

Du hast eine sehr enge Beziehung mit deinen Eltern, den Song „Queen“ hast du deiner Mutter gewidmet. Du hast einmal erwähnt, dass sie nichts davon wisse, weiss sie es denn jetzt und wie hat sie reagiert?

Sie hatte keine Ahnung, ich hatte Angst, dass sie es nicht mögen würde, aber ich glaube sie tut es, haha. Es ist toll für mich, dass ich einen Song schreiben kann für eine Person, die ich liebe… Für mich ist es der ultimative Weg, jemanden Ehre zu bezeugen.

In einem Interview mit Planet Rock beschreibst du dich selber als leidenschaftlich, emotional, ehrlich und als leidenschaftlich treue Person. Auf deinem neuen Album ist ein Thema, das immer wieder zur Sprache kommt „Betrug“, wie man auch im Video zu „I Don’t Know You“ sehen kann. Zählt denn diese Treue auch, wenn es um Beziehungen geht? Von einem Rockstar würde man ja eher erwarten, dass er eine Geliebte in jeder Stadt hat und sagt „Was auf Tour passiert, bleibt auf der Tour“, was denkst du darüber?

Das ist die schwierigste Frage in diesem Interview. Ich bin kein Heiliger, aber ich würde es sehr schwer finden, in JEDER Stadt eine Geliebte zu haben Hahaaa. Nach einer Show möchte ich eine Dusche, eine Tasse Zitronen Tee und 8 Stunden Schlaf. Wir wissen nie, wie die Situation einer Person ist, also sollten wir auch nicht urteilen. Ich glaube, jeder sollte sich grundsätzlich ein bisschen mehr um seine eigenen Sachen kümmern, wenn es um solche Dinge geht.

Deine Eltern sind seit mehr als 30 Jahren verheiratet, ist das etwas, was du dir auch für dich selber wünschst?

Natürlich. Meine Eltern sind meine Helden. Ich habe oft gesagt, wie stolz ich auf sie bin. Sie haben zusammen hart gearbeitet, um mir und meinen Geschwistern ein grossartiges Leben und Reich aufzubauen. Ich möchte, was sie haben und wenn ich es erreiche, dann bin ich sehr stolz darauf.

2019 hat gerade erst angefangen, wie sieht dein perfektes Jahr aus? Welche Pläne hast du?  

Ich gehe nach New York für einen Gig mit meiner Freundin Chloe Lowery, auf deren Album ich gesungen habe. Die Festivalsaison wird gut, mehr Touren, Akustik Shows und Schreiben…

Vielen Dank, dass du diese Fragen beantwortet hast, ich musste alles wissen 😉 Und alles Gute mit „Ride to Nowhere“.

Vielen Dank!

Sandy Mahrer

Fresh Act Redakteurin, Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Hard Rock, Heavy Metal und Pop-Rock, etc. Weniger Death, Black, Grind Core