Nummirock 2018: Sisu und HeldInnen ohne Capes
Can you festival? In Finnland hat diese Frage eine besondere Bedeutung, besonders zu Juhannus (20. – 23. Juni). Klar, Nummirock ist immer eine Reise wert, zumal das Festivalgelände am Nummijärvi nahe Kauhajoki zu einem der genialsten überhaupt zählt – Badestrand gleich am Bühnenrand… Und stets tolles Programm. Leider konnte ich von den vier Festivaltagen nur den Freitag und Samstag genießen (Kollege Sander Burmeister hat auch Fotos von Mittwoch und Donnerstag) … Der heißeste Mai seit langem mit 20-25 Grad im Plus, ein Monat lang keinen Tropfen Regen – braune Wiesen, Waldbrandgefahr, sodass vielfach Grillen verboten war, auch hier am Nummirock-Campinggelände… tja…
Leider entschlossen sich die Wettergötter, den wochenlang fehlenden Regen am Festival-Freitag zu liefern, und dann gleich alles auf einmal. Vertikale Vollbäder…. Mir taten die vielen freiwilligen HelferInnen da im Freien und Silver Bullet leid, die mitten im ärgsten Guss auch tatsächlich ihr volles Programm spielten – vor einem Häuflein unerschrockener Fans. Das nenne ich Sisu – in der finnischen Kultur in etwa stoisch-stures Durchhaltevermögen. Tja, ich sah mir da doch lieber das Rahmenprogramm mit StereoTerror DJs, Mörder-Mysterium und Krapula-Bingo (Kater-Bingo) an…
Der Regen formte nicht nur in Nullkommanix einen See vor Inferno- und Kaaos-Stage, er hätte auch fast die Absperrung letzterer weggeschwemmt. Aber ebenso unerschrocken wie Band und Fans zeigte sich die Organisation: schnell eine Paletten-Brücke über den See gelegt, so konnte ich mir die Stimmungsmacher BarbeQBarbies ansehen. Leute mit Schaufeln und richtig große Maschinen – und nur ne Stunde später sah man vom See nichts mehr. Statt Güssen auch nur noch Gedribbel, so sollte es auch den Großteil des Tages bleiben. Vixen störte die erhöhte Luftfeuchtigkeit ebenfalls nicht, die Ladies sorgten mit ihren klassischen Hardrock-Ohrwürmern und ner geilen Version von Deep Purples Perfect Strangers für Stimmung. (Keine Vixen-Sprechchöre – anscheinend war hier niemand der deutschen Sprache mächtig… ahem….) Der Trash Metal von Maniac Abductor knallte auch ganz ordentlich. Rytmihäiriö wurden heftig umjubelt, ebenso Sodom und Beast in Black, die anscheinend diesen Sommer bei allen Festivals in Finnland spielen. Dann endlich die Band, auf die ich sehnsüchtig wartete – Saxon. Und ja, gegen Schluss und bei den klassischen Zugaben (Crusader, Princess of The Night, Denim And Leather) war es mir auch völlig egal, dass ich zum dritten Mal an diesem Tag ne Dusche abkriegte… Sorry, Barren Earth, aber ich wollte mir doch lieber die britischen Legenden reinziehen.
Rein theoretisch hätte an diesem Tag die Sonne so gut wie nicht untergehen sollen – aber denkste, Wind, feucht-kalte grimmige Atmosphäre, also genau richtig für Abbath. Auch hier bewiesen die Fans viel Sisu, mir war es viel zu kalt … Und leider hatte der Herr mit ca. 15min Verspätung begonnen, daher konnte ich den Sonder-Reunion-Gig von Before The Dawn nicht in voller Länge genießen. Aber ich vermute, nicht nur ich war dankbar für die Feuershow zum Aufwärmen…
(Man beachte, wie bei diesem Foto die Regentropfen auf der Linse für zusätzliche Effekte sorgen… )
Auch am Samstag retteten mich HeldInnen ohne Capes, dass ich überhaupt zum Festival bzw. anschließend nach Seinäjoki kam – vielen Dank an Euch alle!! Und auch an all die vielen Freiwilligen, die dieses Festival erst ermöglichen – und vor allem die „Lebensretter“ mit der leckeren Lihakeitto (Fleischsuppe)… Es haperte nämlich nicht nur an Öffis (Feiertage…), auch der Festival-Shuttlebus war mangels Interesse (wie ich hörte) eingestellt worden. Vorschlag für nächstes Jahr – eine Social-Media-Gruppe für „Hitchhiker“ oder um Gruppentaxis zu organisieren?
Nur mit Hilfe genannter HeldInnen gelang es mir, es rechtzeitig zu Hevisaurus zu schaffen. Da hätte ich doch tatsächlich was verpasst, da ging die Post ab! Die Erwachsenen hatten bei dieser Metal-für-Kinder-Band ja noch mehr Spaß als die Kids, zumal die Songs klasse sind – das Festival verwandelte sich in einen bunten Karneval – mit Massenandrang (siehe Startfoto). Hevisaurus waren also hinsichtlich Stimmung, Publikumsandrang und Massen-Mosh/Tanzpit die Superstars des gesamten Festivals!
Der Karneval sollte später Danko Jones – delicious und eine Garantie für gute Laune wie immer – etwas verwirren, erspähte er neben Dinosauriern und Darth Vader nebst Sturmtruppen auch Leute in Hawaiihemden, Slapshot-Kostümen oder Borat-Slips … und an diesem Tag spielte auch das Wetter mit, um diesen Spaß so richtig zu genießen. Vorher schenkten Timo Rautiainen & Trio Niskalaukaus, Oceanhoarse und eine Newcomerband namens Chronoform (mit NuMetal/Thrash) so richtig ein. Eine weitere Neuentdeckung für mich waren The Agonist – wow, tolle Stimme, tolle Show. BRHG (Bloodred Hourglass) wie immer absolut geil – wann spielen sie endlich auf ner Festival-Hauptbühne? Peinlich, da willste Lauri ärgern und brüllst „Eero“, und erntest verwirrte Blicke ausm Backstagetrailer, denn – ups, es WAR tatsächlich Eero (HIER erfahrt ihr, was es damit auf sich hat). Eventuell sollten wir Fans eine neue „Tradition“ begründen und „Lauri“ brüllen, wenn Eero spielt…
Hatte Herr Rautiainen dem gerade verstorbenen Vinnie Paul mit 5 Schweigesekunden Tribut gezollt, so legte sich der Flohzirkus Lost Society sich extra ins Zeug mit Pantera-Cover und Tribut Marke Mega-Moshpit. Als amtlicher Headliner und würdiger Abschluss des Festivals gaben Turmion Kätilöt eine Mega-Feuer-Licht-Danceparty-Show zum Besten – auch diese konnte ich nicht in vollem Umfang genießen, da ich irgendwie den letzten Bus nach Seinäjoki erwischen musste… Dennoch, viel besser als Campen – siehe Clip vom Kollegen Sander Burmeister:
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