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Bang your Head 2016 – We are the Resistance!

14. – 16.07.2016; Balingen Messegelände

Das einundzwanzigste Balingen insgesamt und das zweite Balingen in der Drei-Tage Version stellt, was das Line up angeht, in diesem Jahr die meisten Festivals in der gleichen Größenordnung schwer in den Schatten. Friedlich geht es ja eigentlich immer zu, das ist ja hier kein Alleinstellungsmerkmal mehr, aber das familiäre Flair in dieser Größenordnung bekommt eben bei Weitem nicht jeder Veranstalter so hin wie der Horst Franz.
Extra früh bin ich dieses Mal aufgestanden, damit ich ja zur ersten Band rechtzeitig vor der Bühne stehe, sogar die Karre am Abend vorher schon teilweise beladen,…und was ist? Stau. War ja klar….also irgendwie.
Naja, egal. Wenigstens die letzten zwei Titel von Stallion bekomme ich noch mit,aber irgend wie ist beim ByH Opener sonst immer ein bisschen mehr los. Leatherwolf, die übrigens mit Stammsitz in Huntington Park, LA als direkte Slayer Nachbarn durchgehen, entern als nächstes die Bühne, um dem Publikum kalifornischen Heavy Metal mit entsprechender US-Power Schlagseite zu kredenzen, was doch schon ein paar Headbanger mehr vor die Bühne zieht. Das Stageacting ist zwar nicht ganz so viril wie bei den südbadischen Hengsten, statisch ist allerdings auch anders, die Wölfe ziehen ihr Ding ja nun auch schon seit 1981 durch – leider ist ihnen größerer Erfolg auf Dauer verwehrt geblieben. Über den Sound kann man ebenfalls nicht meckern. Sehr cooler Auftritt. Später an der gleichen Stelle sollte ich noch etwas von Battle Beast mitbekommen, im Prinzip bestätigt sich für mich live das, was ich bereits bei dem CD Review festgestellt habe – es nervt einfach nur, und zwar gewaltig!

Candlemass

Etwas später am Nachmittag ist es dann Zeit für eine ordentliche Dosis Doom auf die Ohren. Candlemass steigen mit mit Mirror, Mirror ins Set ein und lassen mit The Dying Illusion einen Song folgen, der seinen Weg nicht sehr häufig ins Live Set findet. Candle-Cheffe Leif Edling bleibt in diesem Jahr aufgrund eines Burn out Syndromes leider abstinent von sämtlichen Bühnen und mit dem neuen Sänger Mats Leven – der auch die aktuelle EP eingesungen hat – haben Candlemass zwar einen guten, aber eben keinen solchen herausragenden Sänger mehr wie eben Messiah oder Robert Lowe. Ich wundere mich auch etwas darüber, wie wenig los um diese Zeit vor der Hauptbühne ist, parallel dazu spielen Debauchery in der Halle und so viel los war da scheinbar auch nicht. Candlemass sind bei mir allerdings ein viel zu emotionales Thema, als dass ich den Auftritt hier bis ins letzte Detail auseinandernehmen will. Mit A Cry from the Crypt folgt noch ein Titel vom Ancient Dreams Album, bevor es mit dem einzigen Song aus der Lowe Ära King of the grey Islands weitergeht. Bei Demons Gate werden die anwesenden Doom Jünger von einem kurzen, aber um so heftigeren Sturzregen heimgesucht, so dass es vor der Bühne plötzlich relativ spärlich besetzt aussieht. Is mir egal, einigen anderen Die Hard Fans ebenfalls. Wir feiern jetzt die Epicus Doomicus Metallicus ab. Ausserdem gibts noch At the Gallows End, Crystal Ball und natürlich das unverzichtbare Solitude. Schade nur, dass mal wieder kein Samariter geboten wurde und leider auch kein Sorcerers Pledge.

Bei Carcass vermisse ich etwas die Zeit, als deren Auftritte noch einen gewissen Seltenheitswert hatten, bei mir macht sich ein leichtes carcasssches Sättigungsgefühl breit. Soll nicht heißen, dass die Auftritte von Jeff Walker, Bill Steer & Co. irgendwie schlecht wären. Na – ich denke ihr wisst was ich meine. Im Prinzip gab’s ne solide Zusammenstellung aus Klassikern wie Heartwork, Corporal Jigsaw Quandary, Incarnated Solvent Abuse und neueren Titeln wie Captive Bolt Pistol, Unfit for human Consumption und The Dark satanic Mills. In jedem Fall hat Jeff Walker den trockensten Humor und den stylishsten Bass. Ach! – wenn ich so rückblickend drüber nachdenke, war doch ziemlich geil!

Carcass - Jeff Walker und der schönste Viersaiter in Balingen 2016

Ich weiß nicht, ob es gestern oder vorgestern war, dass ich über Facebook das Statement von Kerry King in einem Interview gelesen habe, dass die Zukunft von Slayer ziemlich ungewiss ist. Allein deswegen schon bin ich doch recht froh, dieses Viertel der Big Four in diesem Jahr gleich zwei Mal live sehen zu können. Ein riesengroßes Backdrop mit dem Cover des Repentless Albums ist im Hintergrund drapiert und nach dem Intro vom Band geht’s eben mit Repentless gleich in die Vollen. Ziemlich tight, allerdings nicht übermässig laut – macht auch nichts, Tinnitus braucht kein Mensch. Gary Holt, der den Platz des verstorbenen Jeff Hannemann einnimmt, fühlt sich mittlerweile scheinbar merklich wohl in seiner Rolle bei Slayer. Allerdings scheinen sich Holt und King ein bisschen im Hintergrund zu halten, denn beinahe die komplette Präsenz geht eigentlich von Tom Araya aus, der das Publikum durch seine ruhige, geerdete Art in seiner Hand hat. Die Setlist stellt natürlich ein Best of dar, natürlich mit einigen Titeln vom aktuellen Album, erfreulicherweise werden aber doch relativ viele Songs vom 83er Debüt Show no Mercy gespielt. Sogar Fight ‚til Death schafft es ins Set und ich kann mich ehrlich nicht erinnern, den Song mal live gehört zu haben. Leider wird allerdings die Hell Awaits völlig außen vor gelassen und auf Chemical Warfare wartet man leider auch vergeblich. Man kann halt nicht alles haben! Nichtsdestoweniger ein saumässig geiler Auftritt der Thrash Kings.

Der Empfehlung meiner Bekannten folgend, jedes dritte Bier durch ein Wasser zu ersetzen, bin ich am Freitagmorgen natürlich entsprechend fit, um rechtzeitig um halb zwölf den Kaliforniern Night Demon zu lauschen. Ach! Was heißt hier lauschen. Alter Scheiss sind die geil! Mit dem neuem Gitarristen Armand John Anthony (und so sieht der auch aus) an ihrer Seite, legen die drei aus Ventura los, als ob es nicht früh am Morgen sondern spät am Abend und sie selbst Headliner wären. So muss das! Im letzten Jahr wurde mit Curse of the Damned bereits ein ziemlich beachtliches Debüt veröffentlicht, das der NWoBHM in jeder Hinsicht huldigt. Kurz vor Ende wird noch ein ziemlich energisches Radar Love Cover in die Menge gepfeffert. Night Demon sollte man nicht aus den Augen verlieren. Gut sind die bereits, aber ich denke da kommt noch was Großes. Manilla Road sind ebenfalls großartig, allerdings ist deren Auftritt wesentlich statischer, Bryan „Hellroadie“ Patrick, der ja nur bei einem Teil der Songs Sänger ist, hat sonst eben nicht viel zu tun und stellt sich auch mal zu diversen Bekannten an den Rand. Vom Bassisten Josh Castillo kommt ebenfalls nicht allzuviel Bewegung, und so bleibt das Augenmerk meist auf dem einzig verbleibenen Originalmitglied Mark Shelton, der jedoch mit seiner erhabenen Präsenz beinahe die komplette Bühen alleine ausfüllt. Die Setlist konzentriert sich weitgehend auf das Crystal Logic, von dem alleine fünf Titel zum Besten gegeben werden.

Impelliteri hatte ich nie so wirklich auf dem Schirm, hierzulande haben die auch live nie besonders viel gerissen – dafür ist die Band um den namensgebenden Gitarristen in Japan scheinbar eine größere Nummer. Vielleicht ist das auch der Grund warum es vor der Bühne so langsam recht voll wird. Mit Sänger Rob Rock und Titeln wie Speed Demon, Time Machine, We own the Night oder Wicked Maiden haben die Amis das Publikum dann doch ordentlich begeistern können – mich übrigens auch. Kurz darauf kommt ein Sound von der Bühne den man als Thrasher einfach kennt. Sacred Reich erkennt man einfach, da kommt so schnell nichts ran. Mit The American Way wird eingestiegen und alles wippt mit, der eine mit dem Bier, der andere mit dem Fuss, nur mit dem Kinn, dem Arm in der Luft oder mit dem ganzen Kopf – das nennt man dan übrigens Headbangen. Außerdem ist Phil Rind einer der gar nicht mal so vielen Sänger, denen man auch zwischen den Songs zuhören kann, ohne dass man denken muss: Halts Maul und spiel! Man kann sich natürlich vortrefflich darüber streiten, ob und wie sinnvoll es ist, sich einfach nur auf seinen Lorbeeren auszuruhen und jahrein und -aus mehr oder weniger dasselbe Klassiker Set zu spielen – Aber Hey! Klassiker sind das, was die Leute auf Festivals hören wollen und grade im Fall von Sacred Reich; erinnert sich noch jemand an „Heal“ von 1996? Eben. Mit Songs wie Death Squad, Love…Hate, War Pigs (ja natürlich das Sabbath Cover!), Ignorance, einem miserabel aber sehr unterhaltsam geupfucked’em Who’s to blame und Surf Nicaragua geben Rind & Co. der Audience was die Audience möchte.

Metal Church - Mike Howe

Warum Metal Church vor Annihilator auf die Bühne müssen ist mir ein Rätsel, aber man muss ja auch nicht alles verstehen. Nach dem Terminator Intro kramen Howe, Vanderhoof and the new Guys mit Fake Healer vom Blessing in Disguise Album gleich zu Anfang tief in der Klassiker Kiste herum. Mike Howe ist stimmlich auf einem absoluten Hoch, laut einigen etwas älteren Bekannten, die M.C. bereits Jahre vor mir live bewundern durften, singt der Nachfolger des verstorbenen Ur-Sänger David Wayne wie zu seinen besten Zeiten – naja gut, vielleicht hat er die auch jetzt zur Zeit. Wär doch auch möglich. Aber keine Ahnung was mit dem Kurdt Vanderhoof eigentlich nicht stimmt. Jedes Bild, das ich von dem mache, taugt nicht, was hier absolut nicht an meinem Alkoholpegel liegt – Leut! Um die Zeit noch nicht! Der Kerl verzieht beim Spielen immer derartig die Fresse, dass man innerhalb weniger Momente denkt, er bekommt ne Wurzelbehandlung, kommt dabei und ist kurz vorm Ersticken. Aber geil! Super Auftritt. Lediglich der Song Metal Church und wird schmerzlich vermisst, Ton of Bricks ebenfalls, aber abgesehen davon astreines Stageacting, Sound mehr als tauglich – Metallerherz, was willst du mehr?
Annihilator im Anschluss schaue ich mir nur kurz an. Wirklich schlecht waren die noch nie – im Gegenteil. Wirklich gerockt haben die mich aber auch noch nie, für mich war bei Annihilator nach der Never, Neverland Schluss und ehrlich gesagt wollen die meisten Leute ja ohnehin nur Alison Hell hören. Testament hinterher sind wieder ein absolut würdiger Thrash Abriss. Chuck Billy schreit sich heute die Seele aus dem Hals, als bräuchte er ab morgen seine Stimmbänder nicht mehr, und soundmäßig passt es heute ebenfalls. Bei Testament ja keine Selbstverständlichkeit. Spielerisch gibts sowieso nichts zu meckern, einzig Alex Skolnicks etwas ZU selbstverliebtes Gepose ist doch recht auffällig, wird aber von Chuck Billy’s Präsenz doch noch überschattet. Auch die Setlist geht in Ordnung so, ich hätte mir nur mal wieder Sins of Omission gewünscht.

40 and fuck it! So das Motto der Twisted Sister Abschlusstour und man merkt – Snider, Mendoza, French, Ojeda und der für den verstorbenen Pero eingesprungenen Mike Portnoy wollen es gut machen. Mal ehrlich, hat irgendjemand jemals eine schlechte Twisted Sister Show erlebt? Ich bin jetzt niemand, der den New Yorkern hinterher gereist wäre, aber vier- oder fünf Mal habe ich die jetzt auch schon gesehen und da war nicht eine Show schlecht. Klar, Twisted Sister waren erst vor zwei Jahren hier in Balingen und wenn die nicht ihren Bühnenabschied geben würden, würde es vermutlich noch eine Weile….ach egal. Selbstverständlich gibt es ein Greatest Hits Programm, die letzte reguläre VÖ war die „Love is for Suckers“ von 87′ – Alter Scheiss – auch schon beinahe 30 Jahre her; und ich glaube niemand erwartet ernsthaft, dass Snider & Co. irgendwelche Weihnachtslieder von der 2006er Schandtat „A twisted Christmas“ spielen. Dee Snider, mittlerweile auch schon einundsechzig Lenze alt, fegt immer noch wie ein Derwisch wild bangend über die Bühne, und beim Bassisten Animal Mendoza merkt ebenfalls zu jeder Zeit eine nach vorn drängende Energie. Die Setlist besteht im Prinzip aus den üblichen Verdächtigen, da gibt es nicht all zu viel Veränderung. Es wird relativ viel zwischen den Songs gesprochen, Jay Jay French bedankt sich überwschwänglich für den Support der letzten 40 Jahre. The Price wird dem im letzten Jahr verstorbenen A.J. Pero gewidmet. Als eine von insgesamt vier Zugaben wird It’s only Rock’n Roll (but I like it) von den Stones gespielt und ganz zum Schluss kommt auch das gar nicht mal so oft gehörte Under the Blade zum Zuge. So mancher Headbanger wird sich gegen Ende des Sets dann bewusst was für eine großartige Entertainer hier Abschied nehmen, ich für meinen Teil bin jedenfalls sehr froh, die Twisted Sister nochmal gesehen zu haben.

 

Am Samstagmorgen von Black Trip geweckt werden hat schon etwas für sich. Joseph Tholl, unter anderem Gitarrist der schwedischen Heavy Metal Band Enforcer, hat damit sein Baby auf den Weg gebracht und sorgt mit Songs wie Die with me, The Storm und Shadowline vom gleichnamigen Album für Stimmung. Wieviel vor der Bühne los ist kann ich nicht sagen, da ich zu dem Zeitpunkt gerade auf dem Campingplatz direkt neben dem Gelände am frühstücken bin. Tankard gehen ja eigentlich immer, größere Ausfälle kennt man von den Frankfurtern auch nicht, und der heutige Auftritt zählt in jedem Fall zu den unterhaltsameren. Gerre hüpft wie immer kreuz und quer über die Bühne, würde der Mann nach zurückgelegten Metern bezahlt werden, Tankard müssten den Headlinerslot bekommen müssen. Außerdem scheint da irgendein Mädel in der Front Row ständig Radau zu machen und zieht damit mehrmals die Aufmerksamkeit des vollschlanken Sängers auf sich, die darin gipfelt, dass Gerre die Dame fragt, ob sie denn vielleicht ein Kind von ihm wolle. Und wie jeder Tankard Gig endet auch dieser selbstverredlich mit dem Lied über den leeren Bierkrug.

Grave Digger im Anschluss haben für den verhältnismässig frühen Auftritt eine richtig fette Bühnendeko zu bieten, lauter aufgestellte Särge und so. Allerdings scheinen die Gladbecker nicht gerade die Publikumslieblinge in Balingen zu sein und offensichtlich ist Mr. Boltendahl auch mit den Reaktionen nicht so wirklich zufrieden. Meine Lieblinge waren die auch noch nie, und so schaue ich mir in der Halle lieber die Rückkehr der thrashgroovenden Hamburger Warpath an. Die Band hat zwischen 1992 und 96 vier eisenharte Groove-Thrash Granaten abgefeuert, anfangs noch mit mehr Power Metal, später mit Crossover und Doom Schlagseite. Anfangs doch relativ spärlich besetzt, füllt sich die Halle während der ersten Hälfte des Auftritts doch merklich. Könnte daran liegen, dass der Auftritt von Warpath ein echter Hammer war, für mich mit einer der Besten überhaupt auf dem ByH 2016. Sänger Dirk „Dicker“ Weiss ist in jedem Fall eine ziemliche Rampensau mit entsprechender Präsenz und Bühnencharisma. Der Mann verdreht die Augen auf eine gruselige Art, so dass man nur noch das Weiße sieht und man sich einem Wahnsinnigen ausgesetzt sieht. Der Soundmann hat heute seine Spendierhosen an und kredenzt den Hamburgern einen fetten Sound, den man für diese Art Groove Thrash eben braucht, um das Publikum zu begeistern. Da die Band jedoch recht lange weg vom Fenster war und scheinbar so einige Metaller, wie ich auch, die Band heute zum ersten Mal antesten, ist nicht allzuviel Bewegung vor der Bühne auszumachen. Titel wie Mind commits Murder, Paranoia, Remember my Name und weitere hochexplosive Projektile lassen die Hamburger auf das Publikum regnen, ein neues Album wird es ebenfalls in Bälde geben. Wir dürfen gespannt sein, für mich wird mit Sicherheit nicht das letzte Warpath Konzert gewesen sein.

Auf Uriah Heep hatt ich mich im Vorfeld eigentlich schon gefreut, allerdings bin ich nach dem Brett in der Halle noch viel zu aufgekratzt, um dem eher getragenen Hardrock der britischen Institution allzuviel abgewinnen zu können. Viele sehen das allerdings ganz anders, denn vor der Bühne wird es doch ganz schön eng. Da ausser Mick Box aber niemand mehr von der Originalbesetzung dabei ist, geht die aktuelle Besetzung für mich eher als bessere Tribute Band durch, im Prinzip ähnlich wie bei Candlemass. Die Band startet mit Gypsy vom Very ‚eavy Album in ihre Hardrock-Geschichtsstunde. Songtechnisch greift man weitgehend die frühen Alben zurück, allerdings werden auch zwei Songs vom 2014 Album Outsider zum Besten gebracht. Abgeschlossen wird das Hammond Gewitter dann von einem göttlichen July Morning und dem ziemlich obligatorischen, aber nicht weniger für mich ergreifenden Lady in Black.

Es gab mit Sicherheit nicht wenige Festivalbesucher, die sich gewünscht haben, die beiden Headliner am Abschluss Samstag hätten die Reihenfolge getauscht und U.D.O., oder Dirkschneider, er tritt ja seit einer Weile unter seinem Nachnamen auf, hätte den besseren Slot bekommen. Aber es ist ja kein Wunschkonzert hier – oder vielleicht doch? Na jedenfalls wird es von dem kleinen Mann mit der Stahlfräsenstimme heute nur Accept Klassiker geben, da er vor einer ganzen Weile beschlossen hat, nach dieser Tour eben keine Accept Songs mehr live zu spielen. Warum auch immer!? In jedem Fall ist es auf dem Platz jetzt wirklich gerammelt voll und Mr. Dirkschneider steigt mit Starlight in das Set ein und die Menge geht ab wie Schmidt’s Katze. Es folgt wirklich ein Kracher nach dem anderen: Midnight Mover, Princess of the Dawn, Restless and wild, Screaming for a Love Bite, Son of a Bitch, Metal Heart, Fast as a Shark, Balls to the Wall und zum Abschluss gibts noch Burning. Kommunikation gibts praktisch keine, muss auch gar nicht. Ein Metal Brett nach dem anderen ist doch mehr als genug kommuniziert.

Auch wenn ich Jon Schaffer mit seiner übertrieben patriotischen Art und seiner scheinbar recht obskuren Weltanschauung persönlich nicht besonders mag und ihm damals „The Glorious Burden“ trotz ein paar guten Titeln ziemlich übel genommen habe, ist „seine“ Band Iced Earth seit vielen Jahren noch immer unter meinen Top Favoriten. Mit dem noch immer neuen Sänger Stu Block hat man sich auch einen äußerst fähigen Barlow Nachfolger an Land ziehen können, und Jon Schaffer hat nun mal einfach ein Händchen für geile Songs. Aktuell eigentlich mit den Aufnahmen zum Plagues of Babylon Nachfolger im Studio beschäftigt hat man sich vom Veranstalter beitschlagen lassen, das Bang your Head headzulinen. Ohne allzuviel Geschwurbel, einfach ein doch recht imposant großes Backdrop im Hintergrund, geht’s mit The Dark Saga gleich mal in die Vollen. Die Setlist ist heute ohnehin sehr Dark Saga-lastig und das hat natürlich auch einen bestimmten Grund, wie uns vom Sänger irgendwo zwischendrin erklärt wird. Das Album wird dieser Tage bereits zwanzig Jahre alt. Ach soooo! Na wenn das soo ist!? Na egal, es folgt eigentlich sowieso ein Kracher dem anderen Plagues of Babylon, Vengeance is mine, V – We are the Resistance, Burning Times, Pure evil, I died for you, Damien, Slave to the Dark, A Question of Heaven und es geht grad so weiter. Zwischendurch gibts noch die Aufforderung vom Sänger Stu aufgrund der aktuellen Lage – in Nizza ist zwei Tage zuvor ein kurzfristig religiös Verblendeter mit einem LKW in eine feiernde Menschenmenge gerast und hat 85 Menschen getötet – einfach mal irgendwelchen umstehenden Headbangern eine herzliche Umarmung zu geben, was natürlich umgehend umgesetzt wird und sich, wasweißich, fünfundzwanzigtausend Leute mal kurz in den Armen liegen und sich mal eben drücken, damit nicht alles so kacke ausschaut, wie es zur Zeit den Anschein hat. Nach My own Saviour ist der reguläre Teil des Sets erstmal beendet und Veranstalter Horst Franz überreicht seinem Freund Jon Schaffer einen Preis, und es werden diverse gegenseitige Liebesbekundungen ausgesprochen und sich für den Anschluss auf ein Bier hinter der Bühen verabredet, bevor es mit dem Killersong Dystopia in den Zugabenblock geht, der mit The Hunter und Watching over me beendet wird. Dass der Übersong Dante’s Inferno mal wieder nicht gespielt wurde, fällt bei der Killershow heute kaum ins Gewicht. Aber ich gebe die Hoffnug dahingehend nicht auf.
Hernach kommt Horst Franz noch mit seiner kleinen Tochter auf die Bühne, die das Feuerwerk starten darf. Es gibt die üblichen Dankesgrüße an das Publikum und ein zwei ermahnende Worte, am Sonntag ordentlich ausgeschlafen den Heimweg anzutreten.

Auch an Rock- und Metalveranstaltungen geht natürlich die aktuelle Lage mit der gar nicht mehr latenten Terrorgefahr nicht spurlos vorbei und ungute Gefühle beim Ein oder Anderen, wenn es darum geht, musikalische Großveranstaltungen zu besuchen, werden in der nächsten Zeit vermutlich nicht weniger. Ich hatte das Gefühl, dass die hart rockende Gemeinschaft noch etwas mehr zusammen gerückt ist und auch noch etwas mehr aufeinander Acht gibt.

Schön wars, einmal mehr.

Fotos: Björn Schmiterlöw

Björn Schmiterlöw

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