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Eluveitie, Skálmöld + Ithilien – Klubi, Turku 4.12.2015

Ob das jetzt eine gute Idee ist, hier bei hohem Wellengang am Rande der Seekrankheit diesen Bericht in die Tastatur zu hacken, wird sich zeigen, aber probieren will ich’s zumindest. Die Tatsache, dass ich an diesem stürmischen Abend auf einer schwankenden Fähre die Ostsee überquere, um die drei nachfolgend beschriebenen Bands noch einmal zu sehen, lässt wohl darauf schließen, wie gut mir die Show in Turku gefiel. Direkt angefangen mit dem Opener Ithilien: eine völlig neue Bekanntschaft für mich, aber auch ohne ansatzweise Kenntnis des Materials überzeugte der kurze Set vollauf.

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Die sympathischen Belgier hatten offensichtlich Spaß auf der Bühne, obwohl sie ständig Gefahr liefen, sich gegenseitig auf die Füße zu treten. Klubi ist eine meiner Lieblingslocations für Konzerte, gerade weil der Laden so klein und gemütlich ist, aber der monströse Drumriser von Eluveitie, der mehr als die Hälfte der ohnehin knapp bemessenen Bühne einnahm, verschaffte den Vorgruppen eine intimere Atmosphäre als sie sich vermutlich gewünscht hätten. Zumal beide aus sechs Mitgliedern bestanden und jeweils ihr eigenes Drumkit mitgebracht hatten. Dem Platzmangel zum Trotz war Ithiliens Fünf-Song-Set jedoch temperamentvoll und energisch, und besonders „Drinkin‘ Song“ fand verständlicherweise Anklang beim Publikum.

Schon das majestätische Intro „Innrás“ wurde mit lautstarkem Applaus bedacht, und die Zahl der Skálmöld-Shirts im Publikum ließ vermuten, dass nicht wenige mindestens ebenso wegen der zweiten Band gekommen waren wie wegen des Headliners. Wie Leadsänger Björgvin nach „Fenrisúlfur“ erwähnte, war es der erste Besuch der Isländer in Finnland, aber ich hoffe inständig, dass es nicht der letzte sein wird. Der Laden war schon zu diesem Zeitpunkt rappelvoll und die pure Spielfreude der Band war absolut ansteckend.

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Besonders Drummer Jón Geir und Leadgitarrist Þráinn strahlten den den ganzen Gig über so, dass es dem weiblichen Fan warm ums Herz wurde, aber auch der Rest der Band stand ihnen in dieser Hinsicht kaum nach. Das Publikum ging voll mit, und gegen Ende von „Narfi“ stellte ich fest, dass ich nicht mehr die einzige war, die mitsang. Apropos Singen, die klare Überraschung des Sets war „Með fuglum“, unerwartet deswegen, weil der cleane Mittelteil normalerweise von Keyboarder Gunnar Ben gesungen wird, der bei dieser Tour nicht mit dabei war. Aber Stellvertreterin Helga – Schwester von Bassist Snæbjörn und Gitarrist Baldur – übernahm nicht nur seine Tastenparts, sondern auch den Gesang. Eine Oktave höher als im Original, aber aber ihre ätherische Stimme passte in diesem Fall perfekt zum Text. Mit „Að vetri“ folgte ein weiterer Song vom aktuellen Longplayer.

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Trotz Böbbis anfänglicher Versicherung, dass die Band Material von allen drei Alben spielen würde, waren bis zum Erreichen der 40-Minuten-Marke ausschließlich Songs von Með vættum (2014) und Börn Loka (2012) dabei. Aber zum Glück waren noch zehn Minuten übrig, und zum krönenden Abschluss servierten Skálmöld selbstredend das übermächtige „Kvaðning“…

Im Gegensatz zu ihren Reisegefährten waren Eluveitie schon früher in Finnland gewesen, aber ziemlich selten und schon gar nicht nach Turku. Vor vier Jahren hatte ich sie auf dem Nummirock gesehen, doch dabei hatte es sich um einen kompakten Festivalgig ohne besondere Extras gehandelt. Dieses Mal gab es die ganze große Produktion, und ich beziehe mich damit nicht nur auf die überdimensionierte Bühnenkonstruktion. Mindestens ebenso massiv war der Set selbst, der volle zwei Stunden dauerte, ohne langweilig zu werden. Das Eröffnungstrio – „King“, „Nil“ und „Thousandfold“ – war eher konventionell, aber je länger die Show andauerte, desto mehr Feines gab es auf die Ohren.

Ich mag an Eluveitie seit jeher am liebsten die gallischen Songs, die auf den Alben viel zu knapp bemessen sind, an diesem Abend jedoch etwa ein Drittel des Programms ausmachten. Obendrein wurde das nomalerweise englische „The Call Of The Mountain“ in Schwyzerdütsch gesungen. Bei diesem Song jodelte das Publikum fleißig mit, obwohl wir wahrscheinlich nicht allzu authentisch klangen. Nach „Brictom“ blieb Anna mit ihrem Hurdy-Gurdy alleine auf der Bühne zurück und spielte ein geradezu magisches „Scorched Earth“ , bei dem zwischendurch Chrigel hinzukam und ein paar Flötentöne beisteuerte. Der akustische Teil setzte sich fort mit einem keltisch-irischen Folk-Jam und dem kurzen „Carnutian Forest“, wonach der Rest der Band für die Instrumentals „Isara“ und „Memento“ kam. Die verbleibenden fünf Songs des Hauptsets waren allesamt von Helvetios (2012) und zeigten wieder eher die Metal-Seite von Eluveitie. Was immer noch nicht alles war, denn als Zugabe durfte der Klassiker „Inis Mona“ keinesfalls fehlen.

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Abschließend sei erwähnt, dass der Großteil des Obigen dann doch nicht auf dem Boot entstand. Seekrank auf der Hinfahrt, die Rückfahrt verschob sich wegen der Wetterlage um mehr als einen halben Tag, aber es gelang mir, die Show noch ein weiteres Mal zu sehen. Und das war die damit verbundenen Unpässlichkeiten wahrlich mehr als wert…

Tina Solda

tina@stalker-magazine.rocks - Konzert- und Festivalberichte, Fotos, Interviews - - - Bevorzugte Musikrichtungen: melancholischer Death-, unkonventioneller Black-, melodischer Doom-, dramatischer Folk- und intelligenter Paganmetal (Schwerpunktregionen: Island, Finnland & Norwegen) - - - Sonstige Interessen: Gitarre, Bücher, Bier, Kino, Katzen.

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