Rock Hard Festival 2015
Rechtzeitig am Freitagmorgen losgefahren – Check! Genügend gekühlte Getränke eingepackt – Check! Kurz zuvor noch ein überteuertes Parkticket ersteigert, um lästigen Zelttransport und langwieriges Suchen nach einem Platz sowie den Aufbau desselben zu vermeiden – Check!
Space Chaser werden am Freitagnachmittag bereits von einem gut zu einem Drittel gefüllten Amphitheater erwartet. Der recht Overkill-lastige Thrashmetal verleitet auch schon beim Opener so einige zu den ersten Circle Pits des Tages. Kann man sich gut anhören und beim Anthrax Cover „Caught in a Mosh“ geht auch das Halbrund schon das erste Mal steil.
Die Architects of Chaos, also Ex-Iron Maiden Sänger Paul DiAnno mit seiner deutschen Band, sind in der Vergangenheit weitgehend als Iron Maiden Coverband aufgetreten und haben vor kurzem ihr erstes Album veröffentlicht. Die AoC verzichten bis auf die Zugabe weitgehend auf Maiden Songs und Paul ist auch bei erstaunlich guter Stimme – zumindest bei Beginn der Show. Auch interagiert er sehr gut mit dem Publikum und bedankt sich überschwänglich, kann sich jedoch Seitenhiebe in Richtung Maiden nicht ganz verkneifen. Leider leidet auch seine Stimme mehr und mehr, je näher der Auftritt sich dem Ende zuneigt und die Zugabe Killers wird dann eigentlich nur noch heruntergebrüllt. Trauriges Ende einer ansonsten recht guten Show.
Flotsam and Jetsam sind als nächste an der Reihe, und die Reihen vor der Bühne verdichten sich zusehends. Der melodische Speed/Thrash Metal kann auf jeden Fall begeistern und Ur-Sänger Eric A.K. und seine Begleitband können in jedem Fall als ein Highlight des Tages gesehen werden. Ebenso God Dethroned, die hier auf dem RHF ihre Welcome Back Show spielen.
Pentagram gehen weitgehend an mir vorbei. Ich bin zwar ein großer Doommetal Fan, aber bei Pentagram hat es bei mir noch nie Klick gemacht. Der weitgehend rosa gewandete Bobby Liebling ist auf jeden Fall lustig anzusehen und grooven tut´s auch ganz ordentlich. Nur leider ist Victor Griffin nicht dabei, dessen Soloplatte finde ich nämlich ziemlich geil.
Venom sind danach, nunja – kein Totalausfall, aber relativ langweilig. Leider. Ich hatte mich da schon drauf gefreut. Das Stageacting wird weitgehend vom Gitarristen übernommen, während Cronos mehr oder weniger gruselige Grimassen zieht. Meist sieht’s dämlich aus. Was er uns mit seinem merkwürdigem bauchfreien Top mitteilen will wird wohl und hoffentlich ewig sein Geheimnis bleiben. Die Setlist kann sich jedenfalls sehen lassen, es sind nicht zuviele neue Titel dabei und als zum Schluss dann noch „In League with Satan“ ertönt, kann man auch den Autor bei einigen scheinbar ziemlich alternativen, lustigen Bewegungen beobachten.
Samstag
Als ich noch unter der Dusche stehe – jaja, Duschen ist kein Heavy Metal – Scheissmirdochegal! – ertönt von weit her….. Deserted Fear. Fuck! Die wollt ich sehen und sind natürlich schon fertig als ich mich metallisch hübsch gemacht hab. Gut waren die….hab ich gehört. Motorjesus danach sind eigentlich immer eine Bank. Von denen hab ich, glaub ich, noch nie einen schlechten Auftritt gesehen. Warum die allerdings auf Festivals immer noch die Nachmittagsarschkarte haben, muss man auch nicht wirklich verstehen, vermutlich werden hier Labelinteressen und Verkaufszahlen einfach etwas zu wichtig genommen. Die Mönchengladbacher um Andi Brix machen in jedem Fall ordentlich Party auf der Stage und werden auch völlig zu Recht abgefeiert.
SciFi-Art Metal gibts dann von den Frankokanadiern von Voivod, die das Theater gekonnt in Grund und Boden rocken.
Das von Candlemass Cheffe Leif Edling ins Leben gerufene Projekt Avatarium hat für meinen Geschmack eine etwas unverdient hohe Position im Billing ergattert. Leider ist eben jener auf dem RHF nicht mit anwesend. Die meisten Augen ruhen aber ohnehin auf der bezaubernden Sängerin Jennie-Ann Smith, die zwar auch nicht allzuviel Stageacting zeigt, jedoch eine astreine Bühnenpräsenz besitzt. Die glasklare, dominante Stimme tut natürlich ihr übriges, um das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Allerdings ist es auch nicht soo verwunderlich, dass sich dass Theater gegenüber Voivod und Motorjesus nicht ganz von der vollbesetzten Seite zeigte.
Dann gibts nochmal was Kanadisches auf die Ohren. Maurizio Iacono und der Rest von Kataklysm blasen zur Schlacht und liefern mit „At the Edge of the World“, „Push the Venom“, „Thy Serpents Tongue“ und anderen Titeln ihrer mittlerweile bereits knapp fünfundzwanzigjährigen Daseins einen astreinen Soundtrack für einen gewaltigen Nackenmuskelkater. Hat mich auf Konserve aufgrund steriler Produktionen und mehrfacher Gleichförmigkeit in der Vergangenheit nie besonders interessiert, livehaftig rentiert sich das eine oder andere Ohr allerdings doch. Der Crowdsurffaktor ist bei Kataklysm erwartungsgemäß auch relativ hoch, sollte aber an diesem Abend noch getoppt werden.
Mit dem Intro zu „Arise and Purify“ vom Album „The Year the sun died“ legen Sanctuary los, und das Haus ist natürlich erwartungsgemäß ziemlich voll. Warrel Dane ist wesentlich besser bei Stimme als in der Vergangeheit, sieht allerdings aus, als wenn er in einen Topf mit Mascara gefallen wäre. Es folgen noch „Die for my Sins“, „Seasons of Destruction“ und natürlich das Pflichtprogramm „Future Tense“ und „Taste Revenge“
Mit Doro ist das immer so eine Sache. In den Medien für Ottonormalmetaller meist zu überpräsent und als Werbetafel und Aushängeschild des Metal im Allgemeinen und des Teutonenstahls im Speziellen, ist sie mit ihren ebenfalls manchmal speziellen Artikulierungen bestimmt nicht jedermanns Sache. Ein „Oldschool Warlock Set“ versöhnt da natürlich den ein oder anderen vorher schmähenden Metaller, der da ein weichgespültes Balladenfeuerwerk erwartet. Letztenendes hat die Queen of Metal bestimmt niemanden im Amphitheater wirklich enttäuscht. Ich habe so einige beinharte Death- und Wasweißichwas Metaller gesehn, die alkoholgeschwängert zu „True as Steel“, „I rule the ruins“ und „Hellbound“ mehr als nur mit dem Kopf genickt haben und eben beim Schmachtfetzen „Für immer“ mit Nebenmann, Nebenfrau oder was-eben-grade-da-war gekuschelt haben. Man kann es nicht abstreiten; Doro hat es einfach immer noch drauf und sie wird bestimmt auch auf ewig unsere Metal Queen bleiben.
Bei Kreator spitzt sich die Crowdsurferdichte ziemlich zu und die Security hat annähernd Schwerstarbeit zu verrichten. Kein Wunder! Ist ja auch quasi ein Heimspiel für die Essener. Die Ansagen von Mille, die sich etwa im gleichen qualitativen Level bewegen wie bei Doro, halten sich seit einer Weile auch etwas in Grenzen. Mit „Terrible Certainty“, „Awakening of the Gods“ und „Renewal“ befinden sich auch ein paar Titel in der Setlist, die Mille & Co. auch schon seit geraumer Zeit nicht mehr gespielt haben. Sehr geil! Ansonsten ist die Kreator Setlist ja ohnehin meist über jeden Zweifel erhaben und das Publikum zollt es mit Circle Pits der Extraklasse und massig wirbelndem Haupthaar. Können die eigentlich noch größer werden, ohne an Credibility einzubüßen? Schwer vorstellbar und ganz großes Kino.
Sonntag
Die Schweden Air Raid können am letzten Festivaltag nicht ganz so viele verkaterte Alkoholleichen aus den Zelten locken wie es die Opener am Freitag und Samstag geschafft haben. Trotzdem kann der deren Auftritt als Erfolg verbucht werden. Von den Spiders habe ich persönlich noch nie etwas gehört, geschweige denn gesehen. Die Mischung aus Glam- und Punkrock weiß aber durchaus zu gefallen, und die äußerst ansehnliche Sängerin tut ihr Übriges.
Die Belgier von Channel Zero können sich seit Jahren auf eine treue Fanschar in Deutschland verlassen und so wird deren Auftritt von einer immer größer werdenden Publikum unter strahlender Sonne verfolgt. Coole Aktion von Sänger Franky, der während der letzten zwei Songs auf die Ränge des Theaters steigt und vom Publikum aus weitersingt und währenddessen mit dem ein oder anderen Fan etwas Blödsinn macht.
Refuge, also Rage in alter Besetzung mit Peavy, Manni Schmidt und Christos Eftimiadis, spielen dementsprechend Rage Material aus der Zeit zwischen 1984 und 1994, also in etwa. Da ich mich bei Rage nicht so wirklich auskenne und auch deren Werdegang nie besonders verfolgt habe, widme ich mich eher einigen gekühlten Getränken. Refuge werden trotzdem abgefeiert und den Abschlusstitel „Don´t fear the winter“ kenne ich dann doch.
Es ertönt Doctor, Doctor, und jeder der schon mehr als zwei, drei Mal auf einem Iron Maiden Konzert war, erwartet nach dem Titel irgendwie schon automatisch die eisernen Jungfrauen. Aber nix da. MSG, ach nee. Das heißt ja jetzt Michael Schenkers Temple of Rock und das, also rocken, tun die schon etwas betagteren Herren auch leidenschaftlich. Vielleicht auch nur weil sie von irgendwas leben müssen, darf Francis Buchholz eigentlich noch Geldgeschäfte tätigen? Nunja, ähem. Jedenfalls sorgt die ehemalige Hälfte der Scorpions plus Doogie White für einen ordentlichen Querschnitt der jeweiligen Schaffensphase von UFO, den Scorpions und selbstverständlich MSG. Zum Schluss gibt’s dann auch noch „Rock you like a Hurricane“ und niemand wurde verletzt.
Mit Overkill kann man als Booker für ein Metal Festival eigentlich sowas von überhaupt nichts falsch machen, und es bestätigt sich einmal mehr, dass Overkill eben ein Garant für rotierende Matten, Circle Pits und erhobene Fäuste sind. Die Ansagen von Bobby „Blitz“ Ellsworth sind zwar auch immer die gleichen, man bedankt sich für die jahrelange Treue und fühlt sich in Deutschland wie in seiner zweiten Heimat, aber das Publikum merkt eben, dass das auch von Herzen kommt und dankt es Blitz, D.D. Verni und Co. durch entsprechend heftiges Crowdsurfen. In der Mitte des Sets wird bereits ein Killer Tripel aus „Powersurge“, In Union we stand“ und einem in Überschallgeschwindigkeit gerotzten „Rotten to the Core“ zum Besten gebracht. Auffallend auch, dass das „Feel the Fire“ Album gleich mit drei Titeln vertreten ist. Das hab ich in der Vergangenheit auch schon anders erlebt. Als Zugabe wird nach einem ebenso mörderisch schnellem „Fuck you“ noch „Take on the World“ von Judas Priest zum Besten gegeben. Coole Idee, die mit entsprechenden Overkill Chören gedankt wird. Definitiv der Gewinner und eigentliche Headliner des Tages.
Zum Abschluss des Festivals haben es Thin Lizzy aka The Black Star Riders nicht allzu leicht das Stimmungslevel mit dem gediegenen Hardrock zu halten. Das Publikum macht es den Iren jedoch trotz merklich gelichteten Reihen einfach und tanzt einfach die eineinhalb Stunden durch, die uns Scott Gorham, als einzig verbliebenes Original Mitglied von Thin Lizzy, Rick Warwick, dessen Coolnessfaktor sich im Gegensatz zu den „Ich mach einen auf extraharten Biker“ The Almighty Zeiten mindestens verdoppelt hat, bescheren.
Ansonsten gilt in 2015 wie auch in 2014; astreines Festival! Es war mir mal wieder ein Fest und im nächsten Jahr dürft ihr mit Sicherheit wieder mit mir rechnen.