Accept / Damnation Day
05. Oktober 2014, Hyde Park, Osnabrück, Deutschland (Fotos von Timo Pässler auf Flickr)
Nach ihrer über 10-jährigen Pause haben sich Accept mit einem Paukenschlag zurück gemeldet. Mit ihrem neuen Sänger Mark Tornillo haben sie in 4 Jahren ganze 3 Hammeralben veröffentlich. Und auch an der Livefront ist die Band wieder mächtig aktiv. Die aktuelle Form überprüften wir beim Ortstermin in Osnabrück.
Es Sonntag Abend kurz vor 19 Uhr, als ich am Hyde Park ankomme. Auf dem Parkplatz tummeln sich bereits einige Liebhaber deutschen Stahls und warten auf den Einlass. Ein erster Blick ins Rund lässt mich das Durchschnittsalter der Versammelten auf etwa 51,3 Jahre schätzen.
Später stellt sich die Situation im Hyde Park, den ich als Konzertlocation übrigens nur empfehlen kann (angenehme Größe, ansprechendes Flair, von überall gute Sicht auf die Bühne und 2 Theken, die beide gut zu erreichen sind), etwas anders dar:
Als Damnation Day um 20:00 Uhr den Konzertabend eröffnen, hat sich das Durchschnittsalter deutlich verjüngt. Gerade in den vorderen Reihen dominieren jetzt Besucher zwischen 25 und 35 Jahren.
Damnation Day dürften den Wenigsten vor der Show ein Begriff gewesen sein (mich eingeschlossen). Zu Beginn des Sets gibt es maximal Höflichkeitsapplaus in den vorderen Reihen. Das Songmaterial erweist sich dann als recht abwechselungsreich, aber arm an Höhepunkten. So habe ich keinen Refrain entdeckt und es ist kein Part länger als bis zum nächsten Schluck Bier hängen geblieben. Schlechte Voraussetzungen, um das Publikum doch noch zu begeistern. Aber die Jungs gleichen diesen Makel mit einer engagierten und technisch einwandfreien Vorstellung aus. So gehen dann zum Ende des Sets in den ersten 5 Reihen die Arme hoch. Der Abschied fällt dann genauso flach aus wie die Songs: Ohne „Good Bye“, „Thank You“ oder Ankündigung des letzten Songs stöpseln die Jungs ihre Instrumente aus und verlassen die Bühne.
Als Accept 30 Minuten später die Bühne betreten, ist der Opener bereits wieder vergessen. Bereits zu Beginn der Show wird deutlich, dass Accept im Jahr 2014 alles andere als eine Retrotruppe sein wollen (siehe dazu auch unser aktuelles Interview mit Wolf Hoffmann). So stammen die ersten 4 Songs alle samt von den letzten 3 Alben. Dann folgen zwar 3 ältere Stücke, die Anteil neuer Songs bleibt aber den ganzen Set über hoch. In der insgesamt 21 Songs umfassenden Setlist befinden sich ganze 12 Songs, die von den Alben mit Mark Tornillo stammen. Eine mutige, aber konsequente Entscheidung, diese Alben mit den Klassikern doch mindestens ebenbürtig. Und die Rechnung geht auf, denn insbesondere der jüngere Teil des Publikums feiert Klassiker und neuere Songs zu gleichen Teilen ab. Auch wenn ich die ein oder andere Songwahl nicht ganz verstehe (warum spielt man die eher unauffälligen „No Shelter“ oder „Final Journey“ statt Granaten wie „Blood Of The Nations“ oder „Beat The Bastards“?) finde ich diese Entscheidung in Anbetracht der starken neuen Songs goldrichtig!
Neben der Songauswahl ist aber auch die Performance der Band ein Erfolgsfaktor. Peter Baltes und Wolf Hoffmann geben Vollgas und posen um die Wette. Hermann Frank agiert zwar eher unauffällig, liefert dafür aber supertighte Gitarrenriffs, ähnlich wie Stefan Schwarzmann, der nicht unbedingt ein Showanimal ist, dafür aber ein tightes, songdienliches Groovefundament legt. Sänger Mark Tornillo fühlt sich mittlerweile sichtlich wohl auf der Bühne und ist aus der Band nicht mehr wegzudenken. Und stimmlich ist seine Performance sowieso über jeden Zweifel erhaben. Etwas seltsam ist nur, dass Mark (und die anderen auch) ziemlich konsequent auf Ansagen verzichtet. Zwischen den Songs kriegt maximal den nächsten Songtitel über die Lippen, dann geht es schon weiter. Dies sorgt zwar für eine super netto Spielzeit in der 2 Stunden dauernden Show, ein wenig mehr dürfte aber schon sein.
A-Note (Setlist) und B-Note (Performance) sind also rundherum zufriedenstellend. Die C-Note (Show) kommt aber leider zu kurz. Dies geht bei der sehr spärlich dekorierten Bühne los (2 Amp-Wände, einen nett anzuschauenden Drumriser, das war`s), und geht bei dem fehlenden Hintergrund und der sehr statischen und einseitigen Lichtshow weiter. Es müssen ja nicht immer Videoprojektionen sein, aber etwas mehr Liebe zum Detail dürfte es schon sein.
Insgesamt war es ein schöner Konzertabend, der eindrucksvoll bewiesen hat, dass man mit Accept nicht nur auf Platte rechnen kann, sondern auch live. Die Abzüge in der C-Note (und auch der eher verzichtbare Opener) machen in diesem Fall dem Unterschied zwischen einer „nur guten“ Show zu einer „sehr guten“.
Setlist Accept:
Stampede
Stalingrad
Hellfire
200 Years
Losers & Winners
London Leatherboys
Starlight
Dying Breed
Final Journey
Shadow Soldier
From The Ashes We Rise
Restless & Wild
Ahead Of The Pack
No Shelter
Princess Of The Dawn
Dark Side Of My Heart
Pandemic
Fast As A Shark
Metal Heart
Teutonic Terror
Balls To The Wall
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7.5/10