Deadlock: Von Blutbad zu Blutbank
Auf dem Weg zum „Baden in Blut„-Festival, auf dem Band am Nachmittag des selben Tages noch spielen soll, klingeln wir bei Deadlock durch. Die Band hat kürzlich ihr Label gewechselt und zudem nach 17 Bandjahren ein Best of-Album veröffentlicht. Grund genug, mal den Leutchen ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Da mein eigentlicher Interviewpartner John Gahlert (Vocals) allerdings gerade am Steuer gebraucht wird, übernimmt kurzerhand Sebastian (Gitarre) das folgende Gespräch.
Lass uns über euer neues Best of „The Re-Arrival„ reden! Wo seht ihr im iTunes-Zeitalter, in dem man sich jederzeit die Songs, die einem am besten gefallen, runter laden kann, den Sinn und
Zweck von Best of Alben?
Wir sind letztes Jahr von Lifeforce zu Napalm Records gewechselt und wollten deshalb zum Abschied noch ein Best of mit einigen neuen Songs, unveröffentlichten Demos und raren Songs machen. Das ganze ist also weniger ein reines Best of, sondern mehr ein Ding für die Fans.
Ihr habt euch dazu entschlossen, alle Songs neu aufzunehmen und einige sogar neu zu arrangieren.
Warum habt ihr es nicht wie viele andere gemacht und einfach die Originalversionen genommen?
Das fanden wir zu langweilig. Wir hatten ja auch einige Line Up-Wechsel und wollten alle Bandmitglieder featuren. Außerdem wollten wir einen homogenen Sound, damit man die Scheibe auch in einem Rutsch durchhören kann, und auch einige alte „Fehler„ ausbügeln. Es sind jetzt auch viele alte Spuren drin, die noch funktioniert haben, sodass wir jetzt einen Hybrid aus alt und neu haben.
Was man auf „The Re-Arrival„ nicht findet sich Live-Aufnahmen. Warum habt ihr darauf verzichtet?
Da haben wir ehrlich gar nicht dran gedacht. Dazu hätten wir natürlich einen guten Live-Mitschnitt
produzieren müssen und die Spuren im Studio noch mixen müssen. Da haben wir irgendwie gar nicht dran gedacht, aber vielleicht machen wir so etwas vielleicht noch mal.
Bei `Code of Honor` sind Gastvocals von Marcus Bischoff von Heaven Shall Burn zu hören. Wie kam es dazu und warum gerade er? Ich finde, dass er eurem Sänger John sehr ähnlich klingt. Ehrlich gesagt habe ich im ersten Moment gar nicht gemerkt, dass der Song von 2 verschiedenen Sängern gesungen wird.
Ehrlich? Wenn man die beiden besser kennt, hört den Unterschied wohl schneller, aber ist ja cool, wenn die ähnlich klingen. Es kam dazu, weil John und Ferdy aus der gleichen Region kommen wie die Jungs von Heaven Shall Burn. Die gibt es schon eine lange Freundschaft, wir hängen zusammen ab,
sind zusammen getourt, der Ali hat unsere Platte produziert und so hat sich ergeben. Sabine und ich hatten ja auch der „Invictus„ von Heaven Shall Burn schon ein Feature. Wir fanden die Idee cool und wollten die Platte dadurch noch wertiger machen.
Euch gibt es mittlerweile seit 17 Jahren, ihr habt 6 Alben veröffentlicht, seid also eine durch
und durch gestandene Band. Könnt ihr mittlerweile von der Musik leben?
Nein. Heutzutage können wohl nur noch die ganz großen Bands von der Musik leben und Rücklagen schaffen. Den Traum müssen wir wohl aufgeben. Die Zeiten, in denen man von Merch und Gagen leben kann sind vorbei. Für uns ist das nur ein großes, cooles Hobby und nimmt einen großen Teil unseres
Lebens ein. Aber davon zu leben ist utopisch.
Was macht ihr denn beruflich und wie kriegt Beruf, Familie, Band und das weitere Privatleben denn alles unter einen Hut?
John arbeitet beim Vegan Versand im Management. Ferdy ist Programmierer bei Skate Deluxe, das ist
ein Online-Skate-Laden. Ich arbeite in Regensburg bei der Blutbank im klinisch-chemisches Labor.
Wir machen da Blutanalysen und so. Unsere Sängerin arbeitet auch im Vegan Versand, im Lager, und gibt nebenbei Musikunterricht. Unser neuer Schlagzeuger, der Werner, ist Apotheker. Bunt gemischt also, aber arbeiten alle Vollzeit und müssen schauen, dass wir für Konzerte und Tourneen frei kriegen. Und für die Familie müssen¨auch noch da sein – das ist halt immer ein Spagat.
Im Wörterbuch wird Deadlock mit Stillstand oder Blockade übersetzt. Wo siehst du heutzutage in der Metalszene Stillstand, bzw. Blockaden?
Ich muss eigentlich sagen, dass ich die Fans als sehr offen und tolerant erlebe. Da sehe ich keine
Blockade. Musikalisch ist das schwierig. ich würde es nicht Blockade nennen, aber es gibt ja
eigentlich nichts wirklich Neues mehr. Vieles wiederholt sich, auch ich als Songwriter wiederhole mich. Das kann man vielleicht als Stillstand bezeichnen. Das ist natürlich der Kampf, dass man versucht was Neues zu machen.
Bands werden ja üblicherweise zu Beginn ihrere Karriere in Schubladen sortiert. Die wenigsten
Bands brechen in späteren Jahren aus diesen Schubladen wieder aus. Euch sortiert man in die
Schublade des Modern Metal. In wie fern ist diese Schublade für dich gleichbedeutend mit Stillstand
oder wie kannst du aus dieser Schublade wieder ausbrechen?
Mir ist das Genre, in das wir sortiert werden, eigentlich ziemlich egal. Meinetwegen kann das
irgendwie genannt werden. Ich finde, dass man grundsätzlich Musik erst mal ohne Scheuklappen hören sollte, auch andere Stile, und da frei ran geht. Ich wünsche mir natürlich, dass die Hörer das bei uns auch machen.
Die Schublade, in die wir gesteckt werden, ist uns relativ egal. Wir versuchen einfach Musik zu machen, die uns gefällt und die etwas Eigenständiges hat. In welcher Schublade wir dann letztlich landen, ist uns total egal.
Lass uns noch über eine andere Schublade reden: Ihr lebt alle vegan und macht da auch kein Geheimnis draus. Jetzt ist die Metalszene ja eher als karnivor bekannt. Inwiefern treffet ihr deshalb auf Vorbehalte?
Im Fankontakt ist das nie ein Thema. Ich bin schon 17 Jahre Veganer, aber – ich denke, ich kann da für die Band sprechen – wir sind da eher liberal. Das Thema ist für uns sehr wichtig, aber üben keinen Druck aus oder predigen was. Wir versuchen das vorzuleben und wenn sich andere dafür interessieren ist das cool, wenn nicht, ist das aber voll in Ordnung für uns.
Wie ist das beispielsweise auf Festivals: Ich kann mir vorstellen, dass beim Catering nicht so
sehr auf solche Belange geachtet wird.
Wir haben einen Rider, in dem steht, was wir gerne hätten und meistens bekommen wir das dann auch.
Dann stehen dann Sachen wie Obst, vegane Aufstriche, Säfte oder Soyamilch drin. Wir werden in der Regel schon gut verpflegt, da kann man nichts sagen.
Zum Schluss die Frage nach der Zukunft: Was bringen die kommenden 17 Jahre?
Natürlich weitermachen! Wir haben noch lange nicht die Lust verloren und lassen den Rest einfach auf uns zukommen. Wir arbeiten schon an unserem nächsten Album und haben schon ein paar Riffs und Chorus-Parts am Start. Genaueres wird es aber erst nächstes Jahr geben.