Wacken 2013
31.7.-3.8.2013 Wacken, GER
Verrückte Wetterkapriolen, Megabands, Newcomer und jede Menge gute Laune. Das 24. Wacken Open Air war ein voller Erfolg und rückte das verschlafene Nest Wacken wieder weltweit in den Fokus der Metalgemeinde. Schon seit Jahren verflüssigt sich allerdings deren Anteil durch Fernsehbeiträge und anderer Medien, die sich sonst eher mit seichten Themen befassen. Aber egal, wer dem Neupublikum aus dem Weg gehen will, kann dies auch dieses Jahr tun, indem er Wrestling, Clowns und Co einfach meidet. Frei nach dem Wackenmotto „Rain or Shine“ waren wir auch dieses Jahr für Euch vor Ort. (sa)
(Falls Fotos und Links nicht mehr funktionieren, am Textende gibt es eine interaktive Flickr Fotogalerie)
Mittwoch, 31. Juli 2013
Der Kampf um die besten Zeltplätze hatte natürlich schon lange begonnen. Schade, dass es noch keine tollen Orientierungspunkte in Form von beleuchteten und beschrifteten Ballons gibt. Bei anderen Festivals sind diese kaum mehr wegzudenken und auch in Wacken würden sie sehr gut zum Festival passen und der leichteren Orientierung dienen.
Nachdem jeder seine Zelte aufgeschlagen hatte (manche geben sich hier wirklich unglaublich viel Mühe, individuell zu sein), stürmten die Menschenmengen die Bühnen. Das Infield (der Bereich rund um die Hauptbühnen) war am Mittwochabend noch nicht freigegeben. Daher tummelten sich die meisten bei der Wackinger Stage. (gw)
Donnerstag, 01. August 2013
Nach morgendlichen Regen startete der 1. offizielle Festivaltag mit bestem Wetter, sodass die Band Skyline um den Veranstalter Thomas Hess, die knapp 100.000 Besucher auf das diesjährige Wacken Open Air einzustimmen konnten. Abweichend vom normalen Rhythmus – die Bands abwechselnd auf der Black Stage und der True Metal Stage spielen zu lassen – wurde donnerstags nur die Black Stage bespielt. Der Grund hierfür waren die Aufbauarbeiten für das abendliche Rammstein Konzert auf der True Metal Stage. Diese wurde, um dem enormen Bühnenequipment der Band Platz zu schaffen, sogar vergrößert und mit aufwendiger Pyrotechnik sowie Hebebühnen versehen. (gw)
Metal Battle (MB) Mexico – Behold the Grave – W.E.T. Stage
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Unser Donnerstag startete mit dem Metal Battle Gewinner aus Mexiko, Behold the Grave. Ihr Thrash/Death Metal war wirklich beeindruckend. Die Band gab alles, besonders der lebhafte Sänger. Einer ihrer Fans schaffte es, mit Hilfe der Securities eine mexikanische Flagge auf die Bühne zu bringen – sehr zur Freude der Band. (oa)
MB Central America – Rotten Souls – Headbangers Stage
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Als Nächstes folgte der MB-Gewinner aus Central America, Rotten Souls, die ziemlich fantastischen Black Metal ablieferten. Auch wenn der Sänger ziemlich ruhig war, störte das nicht, da sein zombiemäßiges Corpse Paint perfekt dazu paste und der Show etwas Gruseliges gab. Wenn sie die Möglichkeit gehabt hätten, ein paar Bühnenaccessoires und Pyrotechnik für ihre Show zu haben, sowie eine längere Spielzeit, wären sie in der Lage gewesen eine ziemlich bombastische Show hinzulegen. (oa)
MB Poland – Gnida – W.E.T. Stage
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Die polnischen MB-Gewinner, Gnida, folgten auf dem Fuße. Ihre extrem energetische Musik hat das Publikum richtig mitgerissen und so schafften sie es, als einzige MB-Band des Tages, ein Moshpit zu erschaffen. Ihr grindcoremäßiger Metal war wirklich mitreißend, was hauptsächlich an der Melodie – die ja als solche eine Rarität im Grindcore ist – Rythmuswechsel und eine Portion Humor lag. Einer ihrer Songs endet mit einem Abstecher in russischen Folk, indem es scheinbar ums Trinken geht. Da die meisten Songs irgendwas zwischen 30 Sekunden und zweieinhalb Minuten lang waren, schafften sie es, im Vergleich zu den anderen MB-Bands, die meisten Songs in ihrem Auftritt unterzubringen. (Anmerkung: jede Band hatte 20 Minuten Zeit). Begeistert, wie wir waren, haben wir auch gleich am nächsten Tag ein spontanes Interview mit der Band geführt, das ihr bald bei uns lesen könnt. (oa)
MB Japan – Mysterious Priestess – Headbangers Stage
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Mysterious Priestess, die MB-Band aus Japan standen als nächste auf dem Plan. Oh Mann, war das ein Mist. Die Musik kann man nur als improvisierten Experimental-Jazz-Metal bezeichnen. Die Show startete dann auch mit Jazz. Nach dem Intro, als die Musik wirklich losging, klang es, als wenn jeder Musiker einen anderen Song spielt. Um fair zu bleiben, muss man sagen, dass das Äußere nicht alles ist (wenn man gut klingt), aber die Musiker von Mysterious Priestess sahen alle aus, als kämen sie gerade aus einem Büro – selbst das ging gar nicht. (oa)
Haggard – W.E.T. Stage
Durch ein unglückliches Wrestling Intermezzo, bei dem ein Wrestler versehentlich einen Kameramann am Rücken verletzte, war der Fotograben leider gesperrt. Dem Kameramann geht es wohl schon wieder besser, da seine erste Frage nach dem Unfall an seinen Kollegen auch gleich, soweit ich gehört habe, war: „Hast Du das drauf?“ Der Wrestler hat sich sicherlich auch schon von dem Schreck erholt.
Soweit ich im vollen Zelt von der Seite erkennen konnte, war Haggard, wahrscheinlich wegen Platzmangel, in einer abgespeckten Musikerzahl auf der Bühne. Vor Jahren spielten sie auf der Party Stage in voller 22-Mann/Frau-Besetzung, was viel beeindruckender war. Derselbe Grund dürfte auch dafür verantwortlich sein, dass auf der Bühne nicht so viel wie sonst üblich passierte. Brav spielten sich die Bayern durch ein kleines Set ihres großen Symphonic-Metal-Repertoires. Mit dabei waren natürlich ihre Hits „The Final Victory“, „Awaking the Centuries“ und die Nationalhymne von Mexiko. Sicherlich war dieser 45-minütige Auftritt kein Haggard-Highlight, aber der Sound ging gerade noch und Asis Nasseri, Su Ehlers und Veronika Kramheller enttäuschten stimmlich nicht. Bei Su und Veronika wirkte die zur Schau getragene Heiterkeit allerdings etwas zu gewollt und aufgesetzt. Diese Band braucht einfach Platz um ihr volles Können zu zeigen. Hoffentlich touren sie bald wieder. (sa)
Und sonst?
Bevor Till Lindemann mit seinen Jungs die Bühne übernahm, gaben sich noch Annihilator, Thunder und die Altrocker Deep Purple die Ehre. Zeitgleich gaben 9mm und Soulless auf der W.E.T. Stage, welche heuer im Bullhead City Zelt untergebracht ist, ihr Bestes. Der Höhepunkt auf der W.E.T. Stand war aber unumstritten der Auftritt der Band Die Kassierer. Die Musiker, welche übrigens alle ein abgeschlossenes Studium vorweisen können, verstehen es, die Massen zu begeistern. Doch auch das Rahmenprogramm auf dem ganzen Gelände brauchte sich nicht verstecken. So war für jeden etwas dabei. Auch neu ist das Angebot von Spirituosen im Kuhstall. War es vergangenes Jahr nur möglich Captain Morgan zu trinken, so ist die Bar heuer um viele andere Sorten und Hersteller erweitert.
Im Punkt Verpflegung mit Nahrungsmitteln erlaube ich mir jedoch etwas Kritik: Auf dem Gelände gibt es die Bratwurstsemmel zu drei unterschiedlichen Preisen, wovon jedoch keiner günstig ist. Die Preise haben im Allgemeinen einen Sprung nach oben gemacht, sodass allen Campern den Tipp geben sei, sich größtenteils selbst zu versorgen. Ist ja auch viel gemütlicher mit den Nachbarn Steaks und Würstl auf den Grill zu werfen. Alternativ können wir auch das sehr große Angebot der Anwohner hervorheben.
(gw)
Deep Purple – Black Stage
Deep Purple ist eine dieser Old-School-Bands, die sich viele Leute alleine deshalb ansehen gehen, weil man nicht weiß, wie lange es sie noch geben wird. Ein paar Leute im Publikum waren alt genug, dass sie die Band noch in ihrer Glanzzeit erlebt haben dürften. Als die Show losging, war das Erste, das mir aufiehl, dass Ian Gillans Stimme daneben war. Entweder hatte er ein paar Biere zu wenig, um richtig loszulegen, oder er ist einfach zu alt. Es wurde zum Ende hin besser, also gehe ich mal davon aus, dass wirklich nur ein paar Bierchen fehlten. Das Nächste was nervte war Don Airey, der seine Keyboardsoli wirklich etwas kürzer hätte halten können, da sie mir wirklich ein Zähneknirschen abrangen. Eine positive Überraschung war Steve Morse, der seine Gitarre, wenn man sein Alter berücksichtigt, in dem Arthritis und andere Probleme im Weg sein können, mit erstaunlicher Präzision spielte. Alles in allem war die Show doch verdammt gut gelungen. Gespielt wurden natürlich viele der alten Klassiker wie “Perfect Strangers”, Highway Star” und “Smoke on the Water” – bei dem dann auch fast jeder mitsang. (oa)
Rammstein – True Metal Stage
Das absolute Highlight des Donnerstags, sowie des ganzen Wackens, war Rammstein. Das nicht nur einfach eine Performance, sondern eine extrem intensive Show! Eine Menge Bands haben Pyros, aber nur die wenigstens machen wirklich etwas daraus – und so wie Rammstein macht das sonst keiner. Bei Rammstein scheinen alle Details und Pyros eine genau geplante Funktion zu haben. So ist zum Beispiel während “Mein Teil”, in dem es ja bekanntlich um Kannibalismus geht, ihr Keyboarder, Christian “Flake” Lorenz in einen riesigen Kochtopf gesprungen und Sänger, Till Lindemann, hat ihm dann, zunächst mit einem kleinen, dann einem größeren Flammenwerfer, Dampf unterm Kessel gemacht. Teile der Pyro haben mich komplett verblüfft. Flammenwerfer an den Gitarren, die die Gitarren nicht verstimmen und ein in Flammen stehendes Mikrofon sieht man nicht alle Tage. Ihre Setlist begann mit den schnelleren Stücken, wie den Opener “Ich tu dir weh” und “Feuer Frei”, ging dann zu langsameren wie “Ohne Dich” über und endete mit dem allmächtigen “Pussy”. Den einzigen wirklichen Minuspunkt gibt es für den völlig überflüssigen Auftritt von Heino, einem abgehalfterten Deutschen Schlagersänger, der versuchte in dem er etwas “Trendiges” mit den jungen Leuten macht, seine tote Karriere wiederzubeleben. (oa)
Vier Ohren, zwei Meinungen:
Der Captain Morgan Stand mit Aussichtsplattform blieb dennoch erhalten, welcher uns einen großartigen Blick auf die Bühne bescherte, als es um 22:15 Uhr hieß: Rammstein übernimmt die Bühne. Gute 100 Minuten lang machten die Jungs klar, wieso sie die Headliner sind und dass es sehr gut war, die Bühne einen Tag komplett für Aufbauarbeiten zu sperren. Ein Feuerwerk jagte das Andere. Gut gespickt mit Explosionen und Lichteffekten. Nicht zu schweigen von Flammenwerfern und überdimensionalen Gadgets. Im Rahmen der Zugabe, als die Band zum Countdown für ihr Lied „Sonne“ ansetzte, wurde es plötzlich dunkel und still. Sofort ging ein Raunen durch die Menge. Bereits im Vorfeld gab es Gerüchte, dass Heino live mit Rammstein auftreten würde. Als Till Lindemann dann ins Scheinwerferlicht trat und seinen Gast Heino begrüßte, teilte sich die Schar auf dem Infield. So war zu beobachten, dass viele Tausend Hände nach unten sanken und auch die Fangesänge wurden leiser. Nach dem Lied „Sonne“ verabschiedete sich Heino unter lautem Applaus wieder und Till und Flake entließen die Massen mit der Piano Version von „Mein Herz Brennt“. (gw)
Der 1. offizielle Festivaltag neigte sich somit dem Ende und wartete auf den Freitag, welcher mit 32°C und wolkenlosem Himmel sicher viel zu bieten hat … (gw)
Freitag, 02. August 2013
Ich bin begeistert! Der zweite Tag auf dem W:O:A ist wie im Flug vergangen. Ist ja auch kein Wunder, denn es gab so einiges zu feiern. Alleine mit dem Auftritt von Doro Pesch, die heute ihr 30. jähriges Bühnenjubiläum mit Tausenden Fans und vielen, vielen Musikkollegen gefeiert hat, hätte sich dieser Tag füllen lassen. Heute wurde auch die dritte Hauptbühne, die Party Stage bespielt, was die Auswahl der persönlichen Running-Order jedoch in keiner Weise erleichterte. So fiel die Wahl sehr schwer, ob man seinen Kopf zu Soilwork oder zu Agnostic Front schwenkte. Musikalisch jedenfalls lag man mit beiden keinesfalls falsch. Anschließend wurde die True Metal Stage an Sabaton übergeben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war das komplette Infield voll mit Metalheads. Der Auftritt von Motörhead musste nach 30 Minuten aufgrund gesundheitlicher Probleme beendet werden. Mit Corvus Corax war allerdings für erstklassiges Ersatzprogramm gesorgt. Nach der gewaltigen Show von Doro hatte man wieder die Qual der Wahl: mit Amorphis und ASP konnte man nochmals auf eine musikalische Reise gehen, bevor man mit Grave Digger in die sommerlich warme Nacht entlassen wurde. (gw)
Harpyie – Wackinger Stage
Da es noch leer war auf dem Weg zum W.E.T./Headbanger Stage, kam ich viel zu früh auf dem Gelände an. Mit mehr als 40 Minuten Zeit bis zum Auftritt von Eat The Gun, blieb ich vor dem Wackinger Stage hängen. Darauf gab sich gerade Harpyie alle Mühe eng gequetscht gegen den fürchterlichen Soundmatsch anzuspielen/singen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Septett, Harpyie, unter anderen Bedingungen sehr gut klingen kann. Der instrumentelle Teil war zu erahnen und das klang sehr interessant. Was den Gesang von „Aello die Windboe“ (Wirklich?! Ich dachte schon „Das letzte Einhorn“ von In Extremo wäre die Krönung solcher Namen …) – angeht, kann ich leider nichts sagen, da er komplett unterging. (sa)
Eat the Gun – Headbanger Stage
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Da Eat the Gun, nach Negator, schon der zweite Fresh Act of the Month des STALKERs sind, der es auf eine Wackenbühne geschafft hat – sogar zum zweiten Mal -, war es für uns klar, dass wir uns den Auftritt nicht entgehen lassen werden. Es hatte sich auch schon ein etwa 500 Leute großes Publikum eingefunden, als die Vorhänge aufgingen. Was man sah, war die mittlerweile auf ein Trio zusammengeschrumpfte Band. Außer dem Sänger und Gitarristen, Hendrik Wippermann (früher Ücüncü) ist nur noch Drummer Gereon Homann aus der Originalbesetzung dabei. Peter Bergmüller ist erst dieses Jahr zum Eat The Gun-Bassisten geworden und komplettiert die Band. Leider ist vom Rock’n Roll früherer Jahre nicht viel übrig geblieben. Der Sound ist flach und Hendrik übertreibt mit sich ständig wiederholendem Auge zukneifen, ins Publikum zeigen und freudig überrascht den Mund öffnen so maßlos, bis es nur nervig ist. Stimmlich hört man noch, was ihn früher zum tollen Frontmann machte, aber auch hier hat der Zahn der Zeit genagt. Nichtsdestotrotz ist diese magere Version von Eat the Gun immer noch mehr als genug, um das erste Moshpit des Tages zu kreieren und einen rockenden Start in den Tag zu sichern. Wenn die Band sich vielleicht wieder eine zweite Gitarre dazu holt, Hendrik seine Stimmgewalt wiederfindet und nicht so schrecklich bemüht wirken würde, könnten die Münsteraner noch einmal zu alten Höhen aufsteigen. Potenzial haben sie immer noch. (sa)
Gojira – Black Stage
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Als Gojira die Bühne betraten flirrte die Luft bei etwa 35 Grad. Sie schafften es trotzdem ein großes Publikum vor der Bühne zu versammeln, welches die Band bis zum Ende abfeierte. Sie spielten ihre allseits beliebten Songs wie “The Heaviest Matter in the Universe” und den Abschlusssong “Gift of Guilt”. Sänger, Joe Duplantier, widmete “L’Enfant Sauvage” allen Eltern im Publikum. Die Sache mit Bands wie Gojira ist, dass ihre Musik sehr kompliziert ist. Es ist die Art Musik, die von Leuten kreiert wurde, die Musik studiert haben und als solche perfekt ist, um im MP3-Player oder zu Hause auf der Anlage zu laufen, aber live fehlt ein Stück der Energie und Rohheit, die die Massen in Bewegung bringt. Nichtsdestotrotz hat das Publikum die Show von Anfang bis Ende genossen. (oa)
Emperor-News:
Ein besonderes Schmankerl für alle Black Metal Fans gab es auch noch. EMPEROR verkündeten ihre Auferstehung und gaben im Anschluss mittags auf dem Autogrammstand fleißig Autogramme und ließ Fotos mit den Fans machen. Lang genug spekuliert wurde ja über eine mögliche Reunion. Wen wundert es da, dass Emperor zu den ersten angekündigten Acts des nächsten Wacken Open Airs gehören. Mal sehen, ob die Herren an vergangene Zeiten anknüpfen können – das Wacken das erste bekannt gegebene Festival ist, spricht allerdings Bände. (sa)
Ugly Kid Joe – Party Stage
Die nächsten Veteranen auf der Bühne waren Ugly Kid Joe, die sich noch Phil von Motörhead mit auf die Bühne geholt hatten. Sänger, Whitfield Crane hat es, was Bühnenpräsenz und Energie angeht, immer noch drauf. Auch, stimmlich hat er sich kaum verändert. Andererseits sprechen wir hier von einer Band, die aus den 90ern und nicht aus den 70ern stammt, also ist es keine so große Überraschung. Das Publikum war von der prallen Sonne schon sehr angeschlagen und dehydriert, aber Crane schaffte es trotzdem, zu beigeistern. Besonders bei “Cats in the Cradle” und “Everything About You” sang jeder mit. (oa)
Soilwork – Party Stage
Soilwork hatten mit zwei großen Problemen zu kämpfen. Zum einen spielten sie auf dem Party Stage, der neben den beiden Hauptbühnen steht, auf denen Agnostic Front zeitgleich spielte. Zum anderen hatten sie eigene Soundprobleme. Wahrscheinlich deshalb verabschiedete sich ein stattlicher Teil des Publikums nach einer Weile, andere murrten, knurrten und riefen Beleidigungen oder standen einfach nur still wie Salzsäulen, anstatt zu jubeln. Die Band gab trotzdem ihr Bestes und spielte ältere Songs wie “Follow the Hollow” und “Stabbing the Drama” aber auch neuere wie den Opener “This Momentary Bliss”. Der Bassist, Ola Flink, spulte seine Duracell-Performance ab und Sänger, Björn “Speed” Strid, verfluchte die Hitze bei jeder sich bietenden Gelegenheit. (oa)
Corvus Corax meets Wadokoyo – Party Stage
Zunächst musste man sich schon weit nach rechts und nach vorne bewegen, um etwas zu hören, obwohl die Taiko-Trommeln von Wadokoyo, mit denen Corvus Corax gemeinsam auftrat, eigentlich laut genug hätten sein müssen. Nach dem kaum hörbaren Trommelintro, wurde die Lautstärke zumindest ein wenig erhöht, sodass man wenigstens etwas vom ersten Song „Bibit Aleum“ verstehen konnte. Motörhead spielte zeitgleich auf der Black Stage und machte es schwer sich auf Corvus Corax zu konzentrieren – zu fett war der Sound.
Die Trommeln, die Dudelsäcke und der Gesang waren schon ein Erlebnis. Diese Kombination klingt so stimmig, dass man sich wünschte, die Acts würden immer zusammen auftreten. Leider kam danach eine Tröte (man verzeihe mir, dass ich den korrekten Namen des Instruments nicht kenne) hinzu, die, wie Messer ins Hirn schmerzte und kaum zu ignorieren war. Auch hierfür gibt es Fans, aber mir vergrätzte es den Spaß an der ansonsten stimmigen Performance doch sehr. Dass die Dudelsäcke (besonders einer) sich öfter im Ton vergriffen, war eher zu tolerieren. Songs wie „Sverker“ waren trotzdem großes Kino und Castus Rabensang enttäuschte kaum, da er nur bei sehr schnellen Passagen aus der Puste kam.
Seine „Wikingerlieder und Heldengesänge“ lenkten einen sogar so sehr ab, dass man die plötzliche Ruhe auf der Black Stage erst nach ein paar Momenten bemerkte. Motörhead mussten ihren Auftritt abbrechen, da Lemmy gesundheitliche Probleme bekam. Mit Sorge um Lemmy im Hinterkopf, gab es dann noch etwas mehr als eine halbe Stunde unangefochtene Soundallmacht der Spielleute aus Berlin. Mit Songs wie „Spielmannstanz“ und „Ragnarök“ brachten sie das Publikum zum tanzen. Ein gemeinsames Springen/Hüpfen mit der Band und Dudelsackstakkato am Ende ihres Sets, forderte von den sonnenverbrannten, kaputten Fans noch einmal alles, bevor eine schöne Show endete. (sa)
Motörhead – Black Stage
Motörhead übernahmen die Bühne und spielten Rock’n Roll, aber nicht für sehr lang. Lemmy begann die Show mit “Damage Case” und sagte dann, dass er gerade im Krankenhaus war und sich nicht so wohl gefühlt hat. Er sah auch ziemlich blass aus. Nach “Metropolis” und “Over the Top”, verließ er die Bühne für eine Weile, während Phil ein extra langes Solo spielte. Danach spielten sie noch einen Song bevor Lemmy die Bühne wieder verließ. Nach einer ziemlich langen Wartezeit, kam einer der Wacken-Organisatoren auf die Bühne, entschuldigte sich für die Kürze der Show und sagte, dass es nichts gibt, was er tun kann. Unnötig zu sagen, dass die Menge ziemlich geschockt war und niemand so recht wusste was er tun soll. Im Nachhinein wäre es nett von uns gewesen Lemmy zuzujubeln, aber auch ich war so schockgefroren wie jeder andere um mich herum. Der Schock eine lebende Legende so verletzlich und schwach zu sehen, brachte dann Tränen in die Augen einiger Fans. (oa)
Samstag, 03. August 2013
Nach dem Auftritt von Rammstein am Donnerstag und dem Bühnenjubiläum von Doro am Freitag machten sich die Ersten schon auf den Heimweg. Sicherlich war der fast halbstündige, kräftige Regenschauer für den ein oder anderen auch ein Grund, seine Zelte abzubrechen.
Diejenigen, die sich nicht vom Regen abhielten ließen, erwartete auch am letzten Tag des Open Airs ein großartiges Line-Up. So konnte man nachmittags noch die Staubwolken der Besuchermassen vor der Bühne der True Metal Stage beim Auftritt der Apokalyptischen Reiter bestaunen. Danach gaben sich beste Bands die Klinke in die Hand: Lamb of God, Anthrax und Sonata Arctica hatten trotz der dicken Regentropfen – zu Recht – ihre Zuhörer.
Abendliche Highlights waren der Auftritt von Altrocker Alice Cooper, welcher mit einer gut inszenierten Bühnenshow und mit all seinen Hits begeistern konnte, und der heiß ersehnte Auftritt von Nightwish mit neuer Sängerin. Kraftvolle Klänge und eine spektakuläre Bühnenshow ließen niemanden kalt – trotz der mittlerweile abgekühlten Abendtemperaturen. Mit Lingua Mortis feat. Rage und Subway to Sally war das Nachtprogramm auch noch mal richtig hochkarätig besetzt. (gw)
Lamb of God – Black Stage
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Der letzte Tag startete für uns mit Lamb of God, wie scheinbar einen Wettergott ziemlich geärgert hatten. Zu Anfang der Show war es noch heiß und sonnig, aber schon nach dem Opener “Ghost Walking”, war der Himmel bewölkt und die ersten Tropfen fielen. Je länger sie spielten, desto mehr fing es an zu schütten. Nach „Omerta“, waren dann auch nur noch die wirklichen Hardcorefans der Band übrig, da es mittlerweile eimerweise goss. Es war dann wohl auch nur noch die Musik, die das Publikum warm hielt und als, aus irgendeinem Grund die Band dann auch noch eine kleine Pause machte, fühlte die sich super lang an und man kühlte nun wirklich aus. Jeder stand still und fror vor sich hin, bis sie dann endlich weiter spielten. (oa)
Danzig – Black Stage
Glenn Danzig ist einer der Musiker der im Normalfall stark polarisiert. Entweder man liebt oder hasst ihn. Jeder wird unterschreiben, dass er einen Hit hatte „Mother“. Taktisch klug, spielte er diesen Song dann auch erst letzten vor der Zugabe, denn sonst wären vorher sicherlich viele noch mal Eis essen oder kühles Flüssiges zu sich nehmen gegangen. Wer Glenns Stimme mag, wird trotzdem etwas enttäuscht worden sein, denn sie wird mit den Jahren nicht unbedingt besser. Aus dem Publikum hört man Zurufe wie „Schinkengesicht“ und „Zwergobolika“, daher kommentiere ich sein Äußeres mal nicht.
Viel los war auf der Bühne nicht, außer einem sehr angestrengt wirkendem Glenn Danzig. Angefangen mit „Skin Carver“ und „Hammer of the Gods“ – okay, das zählt auch noch als Hit – spielte er sich durch ein Set von weiteren sechs Songs, bevor er ankündigte, dass er einen engen Freund auf die Bühne zu sich holte, was er sonst nicht tut – besonders nicht in Deutschland – und ihm scheißegal ist, was andere von ihm denken. Nun gut, sehr werbewirksam, denn wer da mit seinem schon fast Furcht einflößenden, imposanten Body auf die Bühne stürmte, war niemand anderes als Doyle, Ex-Gitarrist der Misfits, der Mitte April sein neues Album „Abominator“ rausbrachte. Trotz gebeugter Haltung überragte er, den sehr aufrecht stehenden, Glenn um mehr als einen Kopf und bolzte sich gemeinsam mit Danzig durch sieben Misfits Cover. Beim letzten Cover bevor „Mother“ gespielt wurde, holte Glenn noch Randy Blythe von Lamb of God mit auf die Bühne und sang „Last Caress“ im Duett mit ihm, was wirklich das Highlight des Auftritts war. Als bekennender Misfits-Fan, war das für Randy sichtlich ein besonderes Vergnügen. Als Zugabe nach Evergreen „Mother“ folgte „Die, Die My Darling“ als letztes Cover. Wer das nur letzte Drittel der Show gesehen hat, hat nicht so viel verpasst. (sa)
Alice Cooper – Black Stage
Alice Cooper war verdammt gut. Die Show begann mit ein paar kleineren Theatereinlagen, wie Bühnenoutfitwechsel, sehr bald wurde er aber schon in seine Zwangsjacke gestopft und nicht viel später auch schon mit der Guillotine hingerichtet. Danach wachte er auf einem Friedhof auf und spielte “Break on Through” von den Doors, “My Generation” von The Who und Klassiker von Lennon und Hendrix. Ich bedauerte die ein wenig, die nicht bis zur wunderbaren Zugabe von “Schools Out” geblieben waren, in das “Another Brick in the Wall” gemixt wurde. Aber wer da eher ging, hat es auch nicht anders verdient. Das Einzige, was ich an dem Auftritt kritisieren kann, ist die Tatsache, dass es vor zwei Jahren sehr offensichtlich war, dass kein Playback benutzt wurde, da der Gesang manchmal daneben lag – was verzeihlich ist. Dieses Mal war es fast schon zu perfekt. Ich will ja nicht spekulieren, aber … Davon abgesehen hätte das Schlagzeugsolo etwas kürzer ausfallen können, aber das ist auch schon alles, was ich kritisieren kann. (oa)
Dunderbeist – W.E.T. Stage
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Für mich waren Dunderbeist nicht nur der Abschluss des diesjährigen Wacken Open Air, sondern auch eins der unerwarteten Highlights. Gerade noch knurrend und murrend von der Alice Cooper Show gekommen, brauchte die Band und ihr etwa 500 Mann starkes Publikum, gerade mal einen Song um mich Cooper auf der Black Stage völlig vergessen zu lassen und mich mitzureißen. Wow! Wie ich durch Zurufe erfuhr, spricht sich die Band aus der Hedmark, die ihren Sitz in Oslo hat, nicht Dunderbeist sondern Dünderbeist aus. Rein optisch machen die Norweger einiges her – und das ganz ohne viel Schnickschnack. Einheitlich mit weißen Hemden, Jeans und Waschbär/Zorro/Clockwork Orange-mäßig geschminkter Augenpartie und sonst ganz ohne Schnickschnack, gaben die sechs Musiker ein einfaches, aber nichtsdestotrotz ansehnliches cooles Bild ab. Ihr Stil ist Genre übergreifend und das Raushören der darin enthaltenen Bandanleihen ist gewollt – daher die Räuberschminke. Hier ist aber nichts einfach kopiert, sondern zu etwas ganz eigenem und meist auch Besserem transformiert. Mal erinnern sie stark an Hurt, mal an Alice in Chains, auch ein Einschlag ihrer Bergener Kollegen von Audrey Horne kann man raushören. Man kann die Liste noch lange weiterführen, hier ist etwas Rob Zombie-mäßig und da etwas Nick Cave/Tom Waits… etc. Kein Song, der hier auf der W.E.T. Stage gespielt wurde, war langweilig und mindestens die Hälfte des Sets waren echte Ohrwürmer.
Da mir das letzte Album „Songs of the Buried“ nicht so recht gefallen hatte, war ich doch überrascht, wie viel mal wieder live im Vergleich zum Studio ausmacht. Auf der Bühne klangen aber sonst eher nichtssagende Songs wie der Titeltrack „Songs of the Buried“ und „Father Serpent“ einfach toll. Die beiden Gitarristen, Fredrik Ryberg und Ronny Flissundet, verwöhnten die Ohren mit schönen Riffs, ohne dabei zu übertreiben. Auch Bassist, Kristian Liljan und Drummer, John Birkeland Hansen, lieferten eine tolle Leistung ab. Besonders bei Hits wie „Fear and Loathing“ und „Shields Aligned“ vom vorherigen Album „Black Art & Crooked Tails“ wurde mitgesunden und frenetisch abgefeiert. Überhaupt hätte die Stimmung nicht besser sein können – auf und vor der Bühne. Der Sound war für W.E.T. Stage Verhältnisse hervorragend und das Licht war auch gut. Das Sänger-Duo Torgrim Torve und Åsmund Snortheim übertrafen sich gegenseitig bei jedem Song und rockten mit ihren Bandkollegen 45 Minuten lang das W.O.A. Leider kamen sie danach, trotz minutenlangen Rufen der Zuschauer, nicht wieder auf die Bühne zurück. Dunderbeist waren ein mehr als angemessener Abschluss für mich. Danach spielten zwar noch Kryptos und Crematory, aber wegen einer üblen Sommererkältung war für uns das Festival nach Dunderbeist zu Ende.
Dunderbeist ist eine dieser Bands, die man einfach einmal live gesehen haben sollte, bevor sie zukünftig zu groß werden um in kleinen Clubs zu spielen. Am 24. August spielen sie einen Club-Gig in Gregers – Hamar, Norwegen. Im November gehen sie in Deutschland und Dänemark auf Tournee. Die Tourdaten findet ihr auf der Dunderbeist-Website. (sa)
Fazit:
Während dieses Wacken Open Airs kam leider wieder ein Fan zu Tode. Der polnische Fan, erlitt wohl bei der Hitze in seinem Zelt einen natürlichen Tod. Unser Beileid gilt seinen Angehörigen und Freunden.
Außer diesem Unglück, gab es nur einen Unfall mit einem Gaskocher, jede Menge Sonnenbrände und einige Sonnenstiche (ich hatte Freitag einen nach Danzig). Der Matsch vom Megaregen, der bei Lamb of God anfing, war Samstagabend zum Glück schon wieder so weit angetrocknet, dass es alle Autos wieder heil vom Acker geschafft haben müssten.
Einen neuen Rekord gab es auch noch: Nachdem schon am Sonntag 30.000 Tickets für das 25-Jahre-Jubiläums W.O.A. verkauft waren, dauerte es nicht einmal zwei Tage und schon war das komplette Festival ausverkauft. Bisher stehen für 2014 Amon Amarth, Apocalyptica, Arch Enemy, Avantasia, Behemoth, Children of Bodom, Emperor, Iced Earth, King Diamond, Kreator, Prong und Schandmaul fest. Mal sehen wer zum Jubiläum aufgeboten wird. AC/DC, Metallica und die Rolling Stones haben ja auch noch nie auf dem W.O.A. gespielt… (sa)
Text: Ozzy Aikas (oa), Samira Alinto (sa), Guido Wegener (gw)
photos: Samira Alinto (und ICS Festival Service GmbH – Textillus)