Schandmaul: Traumtänzer als Familie
Seit Jahren schon veröffentlicht die Münchener Band Schandmaul ein gutes Album nach dem nächsten. Obwohl sie im Mainstream eher wenig wahrgenommen wird, brachte ihr diese stetige Entwicklung sogar die Nominierung zum „Echo„ im Jahr 2009 ein. Dies stellt für Schandmaul aber keinen Grund dar, die Zügel beim Songwriting schleifen zu lassen. So stellten veröffentlichten sie im letzten Jahr „Traumtänzer„, das es sogar bis auf Platz 4 in die deutschen Charts schaffte. Höchste Zeit also die Jungs und Mädels (in Person von Drummer Stefan Brunner) mal zu stalken!
Stefan, ihr sitzt mit eurer Musik zwischen ziemlich vielen Stühlen: Rock, Folk, Metal, Mittelalter… In welcher Szene fühlst du dich am wohlsten und findest dich am ehesten wieder?
Das ist schwer. Mittlerweile ist ja beispielsweise auf Festivals die Bandbreite so groß geworden… selbst in Wacken spielen schon Mittelalterbands. Wenn du auf das M`era Luna fährst, hast du Bands, die nicht unbedingt gothikafin sind. Ich persönlich fühle mich eher in der Gothikszene heimisch, weil dort auch eine Menge zugelassen wird. Da werden auch Bands wie Depeche Mode zugelassen, die im Grunde ja eine reine Pop-Band sind. Da darf man viel, da fühle ich mich wohl.
Beschreibe bitte, welcher Musiker in eurer Band für welche Ausrichtung verantwortlich ist!
Die Birgit ist mit den Flöten ganz klar für das Mittelalterliche zuständig, die Anna mit der Geige für das Folkige, teilweise auch Klassische. Die anderen – aber das bieten ja auch die Instrumente schon an – sind eher das Rockfundament, oder bisweilen auch das Popfundament.
Ihr spielt seit nunmehr fast 15 Jahren in einem stabilen Line-up – von einem einzigen Wechsel am Bass mal abgesehen. Das ist für eine Band, die so oft tourt wie ihr, sehr ungewöhnlich. Wie schafft ihr es, so gut miteinander auszukommen?
Wir verstehen uns einfach gut. Teilweise sehe ich meine Bandkollegen ja häufiger als meine Frau, wir sind da teilweise fast wie Geschwister. Es hat zwar jeder seinen eigenen Charakter und wir können uns auch mal ordentlich die Meinung sagen, aber letztlich haben wir uns immer wieder lieb. Ich glaube, dass es eine große Stärke von uns ist, dass wir uns immer ausgesprochen haben, wenn was im Raum steht. Deshalb können wir uns nach 14 Jahren immer noch in die Augen schauen und verstehen uns immer noch gut. Teilweise verbringen wir Urlaube gemeinsam und es gab sogar mal eine WG bestehend aus Thomas (Gesang), Matthias (Gitarre) und Anna (Geige). So etwas funktioniert wirklich nur, wenn man sich gut versteht.
Nimmt man die Chartplatzierungen eurer Alben als Indikator, so kann man sagen, dass ihr immer erfolgreicher werdet. Euer letztes Album hat es sogar bis auf Platz 4 der deutschen Charts geschafft. Wie erklärst du dir diesen stetigen Erfolg und wann ist für euch das Ende der Fahnenstange in den Charts erreicht?
Ich erkläre mir den Erfolg durch unsere Kontinuität. Wir sind einfach stabil gewachsen. Die ersten beiden Platten haben wir im Eigenvertrieb veröffentlicht, auch da kamen schon Leute zu unseren Konzerten. Unsere Plattenfirma, bei dir wir jetzt schon länger sind, ist gemeinsam mit uns gewachsen, unsere Fanbasis ist stetig gewachsen. Heute kam zum Beispiel ein Fan, der uns seit 2002 schon begleitet und mittlerweile schon zu einem Freund geworden ist. Der spielt vor den Konzerten immer Schach mit dem Thomas. Und solche gibt es mehrere. Wie gesagt, unsere Fanbasis ist einfach gesund gewachsen.
Wohin die Reise noch geht, weiß ich nicht. Ich denke schon, dass wir mit unserer Musik limitiert sind, insbesondere was die Radiolandschaft betrifft. Wir machen keine Musik für das Radio, zumindest sehen das die Radiosender so. Wenn du einen Song im Radio laufen hast, ist deutlich mehr möglich – wie bei den Kollegen von Unheilig. Das Radio ist da einfach die größte Macht. Aber da werden wir wohl nicht reinkommen, was wir auch gar nicht vor haben. Deswegen limitiert sich unser Erfolg sicherlich irgendwo, aber wann und wo weiß ich nicht.
Ihr seid ja kürzlich für einen „Echo“ nominiert worden und habt auch in der Vergangenheit schon einige Preise und Auszeichnungen im Folk- und Rockbereich gewonnen. Was bedeuten dir solche Auszeichnungen?
Eigentlich ist es schon ein Schulterklopfer, dass man wahrgenommen wird, insbesondere wann man zusammen mit Die Ärzte und den Toten Hosen nominiert wird. Die Toten Hose gibt es mittlerweile immerhin 30 Jahre, uns nicht mal die Hälfte. Aber ich muss das nicht unbedingt haben. Es ist zwar toll, wenn man so ein Teil im Schrank stehen hat oder auch eine goldene Platte an der Wand hängt, insbesondere wenn man Besuch kriegt. Aber davon wird das Leben auch nicht toller.
Mit „Kunststück„ habt vor einigen Jahren einen sehr aufwändigen Akustik-Event mit orchestraler Unterstützung organisert und anschließend sogar eine kurze Tour dazu veranstaltet. Darf man sich Hoffnung auf eine Wiederholung machen?
Tendenziell ja, die Frage ist nur wann. Wir haben da auf jeden Fall Bock drauf und haben auch tausende Ideen in die Richtung. Fest steht, dass irgendwann was in die Richtung geben wird, aber was genau, steht noch nicht fest. Ich denke nicht, dass wir es noch mal mit Orchester machen, denn das hatten wir ja schon. Vielleicht wird es dann eine reine Akustiktour. Es ist aber noch nichts konkretes in Planung.
Bislang habt ihr ja fast ausschließlich im deutschsprachigen Raum getourt. Können sich denn unsere anders-sprachigen LeserInnen Hoffnung machen, euch auch mal im Ausland zu sehen?
Mittlerweile spielen wir schon regelmäßig in Russland. Aber um ehrlich zu sein, sind Tourneen im Ausland immer so eine Art Bandurlaub. Es interessiert halt nicht genug Leute, dass es finanziell lohnenswert wäre. Insofern ist es halt eher als ein Ausflug in eine Gegend, in der man noch nicht war, zu betrachten. Ich will da deswegen nichts grundsätzlich ausschließen – man soll ja niemals nie sagen – aber das Angebot muss schon passen und sich rechnen. Wir sind ja 6 Mann und brauchen auch noch etwas Crew, sind also mit mindestens 10 Mann unterwegs. Dann müssen wir halt für 10 Mann Flüge, Hotel und so weiter bezahlen. An uns scheitert das nicht, aber wir brauchen halt auch einen Veranstalter, der es mitträgt.
Kommen wir zum letzten Teil des Interviews: Bitte beantworten die folgenden Fragen möglichst spontan! Welchen Song spielst du am liebsten live?
Lichtblick.
Welchen Song würdest jemandem empfehlen, der Schandmaul noch nicht kennt?
Traumtänzer.
Im Tourbus hörst du am liebsten was?
Erste Allgemeine Verunsicherung.
Mit welcher Band / welchem Künstler würdest du gerne mal zusammen spielen?
Muse.
Welche Band würdest du gerne als nächstes live sehen?
Muse, haha.
Ich danke für das Interview!
www.schandmaul.de