Scarecrow NWA – Fresh Act März 2011
Diese Band gibt es schon seit 15 Jahren, die Österreicher waren u.a. mit Manowar, Overkill, Nevermore, Labyrinth, Iron Saviour, Edguy, Finntroll, Within Temptation, Týr, Hollenthon, Alestorm & Svartsot als Support gemeinsam auf der Bühne, spielten bei Festivals auch jenseits heimatlicher Grenzen (z.b. Metalcamp). Dennoch hat sich für die Steirer noch immer kein Label gefunden, das ihnen den Weg aus dem Underground ebnen würde. Woran das liegt, hoffte STALKER in diesem Fresh Act Interview mit Alex (git) und Bernd (voc) herauszufinden.
Wie gehts? Alles klar im Alpengebiet?
Bernd : Hi zusammen! Erstmals danke für euer Interesse an uns, is ja nicht selbstverständlich heutzutage. Soweit ist alles klar im Alpenland.
Alex : Danke, geht gut – in den Bergen nichts Neues.
Stellt doch bitte kurz die Band und alle Bandmitglieder vor, z.B. musikalischer Background + Vorlieben, was ihr außerhalb der Musikszene so macht.
Alex : Ja gut, wir bestehen mal aus 5 Musikern uzw: Alex (lead guit), Bernd (vocals), Stef (drums), Ohlsen (bass) & Gsputi (rythm.guit).
Meine musikalischen Vorlieben sind wie du dir denken kannst im Metal und das über alle Richtungen dieses Genres verteilt, natürlich hört man auch noch andere Musik aber nichts speziell Erwähnenswertes.
Bernd : Sieht bei mir nicht anders aus, wobei ich nicht alle Richtungen gleich gern höre. Ich hör viel finnisches Zeugs, Blackmetal & Schweden- bzw. Old School Death. Außerdem steh ich voll auf Frank Sinatra und ähnliches Zeugs. Im Allgemeinen würd ich sagen, sind wir eine Band die nicht nur Metal macht sondern auch hört… aber wie gesagt nicht nur.
Alex : Ansonsten arbeiten wir tagsüber alle mehr oder weniger und gehen einem doch geregelten Leben nach.
Bernd : Mehr oder weniger ist gut, haha… ich studier auch noch.
Wenn ihr euch als „Familie“ definieren würdet – wie wäre die Rollenverteilung, z.B. Mami, Papi, Teenager, Baby, Opa, Oma, Haustier (und bitte mit Erklärung warum)?
Alex : Da seh ich Bernd und mich als „die Eltern“ weil wir alles verwalten, leiten und arrangieren. Man muss auf die Kleinen ja immer Acht geben, sonst verirren sie sich auf dem schweren Weg des Musiker Lebens.
Bernd : Also Alex ist ganz klar der Papa, er schafft an. Ich wäre dann wohl die Mama, die alles checkt und hinterher aufräumt. Stef ist der leicht grantige Opa, muss man nicht erklären. Bei Oli und Gsputi tu ich mir schwer ob Haustiere oder Kinder. Vom Fell her eher die Tiere, aber ich sag trotzdem Kinder. Brave, wohlerzogene Kinder, die aber schon recht selbstständig sind.
In der langen Bandhistory hat es ja viele Personalwechsel gegeben (ist das richtig, Alex ist der einzige aus der Urbesetzung?) – wie lange ist denn nun das aktuelle Line-Up miteinander verbandelt?
Alex : Das stimmt wohl, Wechsel gab es genug, nunmehr sind aber 2 Jahre vergangen in denen sich eigentlich nichts an der Besetzung geändert hat und das ist gut so.
Wie hat sich euer Stil so entwickelt (der für die Death/Grindcore-Nation Österreich ja nicht unbedingt typisch ist)? Wie würdet ihr euren Stil selbst definieren?
Alex : Also mit Grindcore hab ich eigentlich gar nichts am Hut. Das ist so eine Sache mit der ich einfach nichts anfangen kann. Alle anderen Metal Richtungen lassen wir aber quer durch die Bank in unsere Songs einfließen. Eine eindeutige Definition ist so gesehen eigentlich gar nicht möglich, Außer man geht jeden Song im Detail an. Irgendwo zwischen Death/Speed/Progressive/Core und einigen melodiösen Dingens kann man uns aber ungefähr einordnen.
Bernd : Vom musikalischen Angebot her würd ich Österreich gar nicht so als Grind-Nation abstempeln. Es sind in meinen Augen eher die Fans, die mehr auf sowas abfahren als die Bands. Wobei ja Grindcore auch nicht gleich Grindcore ist. Auf Alle Fälle ist es für mich kein Metal, auch wenn man´s heutzutage dazuzählt mancherorts.
Wenn ich unseren Stil geografisch ansiedeln müsste, würd ich uns eher Skandinavien zuordnen. Mir kommt auch vor, dass Bands aus diesem Raum offener für unterschiedliche Einflüsse sind. Wie wir eben. Den von Alex erwähnten Core möchte ich aber auch nicht mit unserer Mucke in Verbindung bringen, hehe.
Gibt es eine Story hinter dem Bandnamen? Wofür steht NWA?
Alex : Zu Beginn hatten wir ja nur den, mittlerweile öfters benutzten Namen „Scarecrow“ – der klang einfach cool und deshalb haben wir uns so genannt. Den Zusatz NWA haben wir kurz nach Bernds Einstieg übernommen, da sich hier doch einiges an unserer Art geändert hat. Die Songs wurden eingängiger, durchdachter und gingen einen härteren Weg. Einer der ersten Songs war damals der Gassenhauer „New World Annihilation“ und wer 1+1 zusammenzählen kann wird sich ob des Kürzels am Ende nun nicht mehr allzu schwer tun.
Bernd: Ha! Kurz nach Bernds Einstieg! Das gefällt mir. Den Beinamen NWA führen wir seit 2006, ich bin 2001 zur Band gestoßen. Also sagen wir lieber kurz nach Stefs Einstieg. Grund für das NWA war auch die Namensgleichheit mit anderen Bands und wir wollten halt „Einzigartig“ sein.
Ihr habt 2010 eure 15-Jahr-Bandjubiläumstour abgeschlossen, wie wars? (Was ist da in Wien passiert, und wieso war Klagenfurt seltsam?)
Alex : Ich fand die Tour eigentlich nur geil. Die Leute sind bei allen Shows wunderbar gewesen. Das einzige was etwas gestört hat war natürlich die Herumfahrerei, aber das war es schon wert. Mir persönlich wäre in Wien nichts Unangenehmes aufgefallen – die Leute waren wie immer gut drauf, sind mitgegangen und haben alle hocherfreut gewirkt. Vielleicht waren die Vorgruppen nicht ganz passend gewählt, die doch in die Richtung (!) Grind/Death gingen und musikalisch nicht so auf unserer Welle dahin schwammen. Das mag vielleicht den ein oder anderen Zuhörer etwas verwirrt haben. Zum seltsamen Klagenfurt kann sicher Bernd mehr erzählen….
Bernd: Es war echt eine geile Stimmung rund um die Minitour. Die Leute waren super, wir spielten auch ganz passabel und zu trinken gab es auch genug, was will man mehr… Außer jemanden anderen, der die Postings auf unserer Website bzw. div. Plattformen schreibt. Ich kann sowas augenscheinlich nicht, denn ich werde da immer missverstanden. An Klagenfurt war nur das Gefühl seltsam. Es waren echt wenige Leute dort, aber die Stimmung war so phantastisch, dass es uns echt gut ging. Normalerweise fällt man ja nach Gigs mit wenigen Besuchern eher in ein Motivationsloch, aber dem war nicht so. Es war echt cool! An Wien hat mich nur die Verzögerung durch die letzte Supportband gestört. Sonst war´s auch geil, wie immer im Escape. Ich hatte zu der Zeit einfach persönlich ein Stimmungstief und da hab ich dann wohl die gute Stimmung die wir hatten nicht ganz rüberbringen können. Aber wir waren eben grad wieder in Wien und es war wieder toll.
Eure Bilanz der letzten 15 Jahre – die Höhepunkte, die Tiefschläge?
Alex : Für mich waren die Höhepunkte natürlich die großen Festivals die wir bespielt haben, sei es Rock in Allhau (Manowar, Overkill, Nevermore u.v.m.), Summer Nights, Metal Camp und auch einige Supportshows wie vor Within Temptation im ausverkauften Orpheum, oder 2-3 Auftritte mit Ensiferum.
Bernd: Das geniale Kaltenbach Openair (3 mal bespielt) nicht zu vergessen.
Alex : Tiefschläge gab es eigentlich keine wirklichen. Natürlich waren die Abgänge der diversen Mitstreiter nie angenehm vor allem nicht weil es doch eine Zeit benötigt neuen Musikern die Materie nahe zu bringen und bis die dann alles können dauerts auch…
Bernd: Ich bin zu positiv für Tiefschläge. Raunzen (= sich beklagen) bringt nix, einfach weitermachen. Was ein weiterer Höhepunkt war, bzw. Höhepunkte: Die erste CD, das erste Merch, der erste kleine Labeldeal…
Apropos: Nach einigen Releases in Eigenregie habt ihr jetzt ein (Vertriebs)Label – wie funktioniert die Zusammenarbeit? Was macht PH Music für euch?
Alex: Da kann ich nicht mehr sagen als dass es das Label gibt… zumindest hat es uns geholfen in div. Plattenläden zu kommen und dass wir nun international erhältlich sind ist auch gut. Das war es dann aber auch schon an Unterstützung.
Bernd : Genau. Ich denke nicht, dass wir das nächste Album wieder bei PH rausbringen werden.
Wieso das Thema Moby Dick bei eurer aktuellen CD – Konzeptalbum „Ishmael“? Von wem stammt das Artwork?
Bernd : Ganz kurz: Wir suchten einen Namen für einen Song – den nunmehrigen Titeltrack – und aus Vorschlägen à la „Is mir egal“ wurde der „Ishmael“. Der stammt ja bekanntlich aus dem Buch Moby Dick und so nahm ich eben dieses Werk zum Vorbild für die Lyrics. Allerdings weniger um es nachzuerzählen, denn zu interpretieren. Das Artwork stammt vom Fantasymaler Franz Miklis. Das Original hängt bei Alex…
Wie sieht ein typischer Scarecrow NWA Probetag aus, wie läuft das so ab?
Alex: Nun gut, wir haben einen recht feinen Proberaum mit allem was man braucht. Zuerst wird mal über dies und jenes geplaudert, getrunken und dann geht´s ans spielen. Alles relativ stressfrei und frohsinnig. Woran dann konkret gearbeitet wird entscheidet immer das was in näherer Zeit ansteht.
Bernd : Soll heißen 5 Jungs treffen sich am Feierabend auf´n Kaffee und nen Keks… Wenn Konzerte anstehen wird brav die Setlist gezockt, ansonsten geht´s ans Songwriting. Alles andere (Management, Promo etc.) machen Alex und ich die restliche Zeit.
Wer hat beim Songwriting das Sagen, wie entstehen die Songs, wer ist für die Texte verantwortlich?
Alex: Für die Musik zeichne ich mich hauptverantwortlich. Die Texte gehen aber auf Bernds Kappe. Der kann das einfach gut.
Bernd : Hauptsongwriter ist klar Alex, er ist einfach das musikalische Genie in unserer Truppe. Er kommt mit ner Idee und macht auch aus unseren Vorschlägen das Beste. Wir anderen spielen einfach unseren Part und das macht dann eben den fertigen Song aus. Aber natürlich findet sich jeder von uns in der Musik wieder.
Metal-Festivals in Österreich haben sich ja langsam in der Szene etabliert, und Bernd, du bist ja auch als Journalist viel rumgekommen – inwieweit können österreichische Festivals da im EU Vergleich mithalten?
Bernd : Österreichische Festivals können definitiv mit anderen mithalten. Von der Organisation bis hin zu den Bands. Was mir aber aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die Fans in anderen Ländern „offener“ sind. Da wird einfach jede Band abgefeiert, ob sie nun den bevorzugten Stil spielt oder nicht. In Österreich gibt es da vielleicht etwas zu viel Genredenken. Aber jedes Volk hat seine Eigenheiten. Wo die Deutschen vielleicht Mimosen sind (Moshpit), sind sie halt was Gelände und Infrastruktur anbelangt härter im Nehmen.
Ihr habt ja vor Jahren selbst ein Underground Festival gegründet, Live Jam – warum und was wurde daraus?
Alex: Zu Gründungszeiten war es einfach die Idee, dass im Raum Graz sowas fehlt. Damals konnte man um wenig Geld sowas aufstellen. Die Leute kamen scharenweise und scheuten sich nicht mehr als 10EUR (gut, damals ca. 120 ATS) zu bezahlen. Die teilnehmenden Bands waren mit Freude dabei und taten ihren Teil dazu, dass die ersten paar Live Jams ein großer Erfolg wurden. Es war eigentlich nicht die Idee dahinter, so etwas jährlich zu veranstalten, sondern nur dann, wenn es uns in den Kram passte und wenn Bedarf an einem Festival in Graz war.
Inwieweit kann die österreichische Szene / Bands generell mit dem „Rest Europas“ mithalten?
Alex: Hierzulande wird für meinen Geschmack leider oftmals zuviel gesudert (= gemeckert, Anm.d.Red). Sei es a) dass nicht alle Bands den Geschmack treffen, b) es unter der Woche stattfindet, c) es mehr als EUR 4,90 kostet, d) es regnet, e) es zu heiß ist usw. usf…
Bernd : Man kann das nicht verallgemeinern, aber wenn man in den diversen größeren Plattformen des Landes rumschmökert, erhält man halt diesen Eindruck.
Alex: Die Bands können mit dem Rest auf jeden Fall mithalten, sei es musikalisch wie auch kompositorisch. Da gibt es neben uns durchaus auch andere Größen, die allerdings alle an Österreich scheitern.
Bernd : Und diese Aussage trifft nicht nur auf die Musikrichtung „Metal“ zu. Der österreichische Markt ist ein verhältnismäßig kleiner. Und mit „Randgruppenmusik“ ist es halt noch schwerer. Man führe sich nur einmal das derzeitige Getue um den Vertreter Österreichs beim Song Contest vor Augen. Hier wird nicht der beste Song gesucht, sondern der „Künstler“, welcher in den Augen der Medienmacher den wenigsten Schaden anrichten kann. Und solche Unterfangen gehen von vorneherein in die Hose…
Österreicher haben es anscheinend schwerer im Business, mir z.B. fallen auf Anhieb da viel mehr Schweizer Bands mit internationaler Rep und „amtlichen“ Plattendeal ein als Bands aus Österreich – wie seht ihr das?
Alex: Genauso.
Bernd : Na man würde ja auch sein Geld eher einer Schweizer Bank geben als einer Österreichischen.
Als Promo-Plattform würde das Internet (Myspace, Facebook) ja die Chancen bieten, die heimatlichen Grenzen zu überschreiten – wie hat das bisher bei euch funktioniert?
Alex: Natürlich ist das Internet eine feine Sache, nur haben das die anderen Länder auch und somit wird die Masse an Bands, Musik und Anbietern nur noch grösser und unüberschaubarer. Ein Segen und ein Fluch in einem.
Bernd : Es funktioniert bei uns eigentlich ganz gut. Nur muss ich ehrlich zugeben, dass wir uns im Gegensatz zu anderen Bands nicht sehr darum bemühen. Wir sind uns einfach zu schade, um ständig irgendwen mit unseren „ach so heißen“ News vollzuspammen. Außerdem leben wir alle in der realen Welt und für uns sind Facebook, Twitter und Co zwar „Arbeitsmittel“, aber nicht Lebensinhalt.
Als „gelernte Österreicherin“ kenn ich ja noch die Lage, wie es vor ner Dekade war, kaum metal-freundliche Live-Clubs oder Promoter, die Bands müssen alles selbst organisieren, auf eigene Kosten und Risiko – hat sich daran was geändert? Und wenn ja, zum Positiven oder Negativen?
Alex: Da hat sich nicht viel geändert. Durchs Internet kommt man nun leichter an die div. Institutionen ran, was aber noch nicht heißt dass man Antworten bekommt. Man lernt auf jeden Fall zu warten.
Bernd : Wir wollen ja hier auch nicht rumjammern. Uns geht´s nicht schlecht und wenn wir´s zumindest schaffen, dass es Generationen nach uns etwas besser geht, hat es sich gelohnt. Der Prophet hatte es im eigenen Land halt schon immer schwer.
Weil im finnischen TV die Anvil-Doku lief – was wäre für euch ein Traum, den ihr auch nach 30 Jahren nicht aufgeben würdet, komme was wolle?
Alex: Weiter Musik zu machen…
Bernd : So ist es…
Zukunftspläne?
Alex: Aktuell arbeiten wir an neuen Songs für unser nächstes Album. Ein paar Auftritte wird es heuer sicher auch geben, aber vorrangig ist die kommende CD.
Bernd : Und dann sehen wir weiter 😉 Ein weiterer Plan ist sicher mehr Konzerte außerhalb Österreichs zu spielen. An alle Veranstalter: Seid nicht zögerlich, wir sind bescheiden… und an die Musikhörer, Konzertbesucher etc. da draußen: Traut euch was, seid mutig und probiert mal über Genregrenzen hinauszublicken, es lohnt sich! Danke und stay metal…
Bandwebsite: www.scarecrow.at