7 TodsündenArchivInterviews

Hanzel und Gretyl und die 7 Todsünden

Im aktuellen Live-Line-Up sind die US-Amerikaner Hanzel und Gretyl ein Trio (Vas Kallas, Kaizer Von Loopy, Chris Kling), die unlängst die Graveyard Party 4 auf den Kopf stellten und das finnische Publikum mit ihrer wüsten Mischung aus Industrial/Metal/Punk, Deutschen Texten und abgefahrener Bühnenshow unterhielten (mehr dazu hier ). Wie zu erwarten, zeigten sich HuG so „über alles“, dass das Interviewthema sie nicht besonders beeindruckte. Klar, was dann als Antwort kam, was denn die 8. Todsünde sein sollte: “Diese Band anhören!”

Völlerei
Vas Kallas: Völlerei? Oh, genau! Also wenn man viel isst? (alle lachen)
VK: SCHULDIG!!
Kaizer Von Loopy: Oder etwas metaphorischer, du kannst in jedem Lebensbereich der Völlerei schuldig werden, oder teilst du gerne mit anderen?
VK: Ich esse viel Eis. Mmmmm… Ich versuche, das nicht zu tun, aber ich werde zum Schlemmer, wenn es um Eis geht.
Chris Kling: Muss ES was mit Essen zu tun haben?
VK: MUSS es was mit Essen zu tun haben? Oder Getränken? Unmengen von Jägermeister, yeah…
KVL: Was trägst du denn zur Völlerei bei?
CK: Bier, unglaublich viel Bier.
VK: Und du?
KVL: Ja – Völlerei = unglaublich viel Bier.
VK: Wisst ihr was? Ihr solltet da etwas kreativer sein.
KVL: Was würdest du darauf antworten? Ich muss da ehrlich sagen, dass wir bei der Liste der 7 Todsünden wohl irgendwo auf einen grünen Zweig kommen werden, aber Völlerei ist die geringste unserer Sünden. Wir sind keine Schlemmer…
VK: Sprich für dich selbst! Du nimmst den Mund ja immer wirklich voll – wie gerade eben!
(alle lachen)
KVL: Also warum beantwortest du die Frage dann nicht einfach für mich?
VK: Ok – er trinkt gerne Unmengen an Bier und Jägermeister, vor der Show. Und ich kann kochen, tu´s aber selten…
CK: Ich grille!
VK: Er ist oft am Grillen! Und ich koche. Gib mir 4 Zutaten und ich mach irgendwie eine Mahlzeit daraus.
CK: Aber die besteht dann aus Bier, Jäger…
(alle lachen)

Neid
CK: Oh Mann… Ich beneide absolut jeden und hasse sie alle! (lacht)
VK: Bin ich neidisch? Hmmm… im Stillen, ja…
KVL: Aber das ist nicht gut fürs Interview!
VK: Was? Wen ich beneide? Bin ich der Sünde Neid schuldig?
KVL: Neid ist eine vergeudete Emotion.
VK: Nein, es ist wie … Bin ich der Sünde Neid schuldig? Ist das die Frage? Natürlich werd ich bei bestimmten Dingen neidisch…
CK: Wow, du weichst der Frage aus…
VK: Also wenn Leute mehr Bier haben als ich, dann werd ich natürlich neidisch, aber ich verrate nicht warum, weil das ist ein Geheimnis!
(alle lachen)
KVL: NA HÖR MAL!!!
VK: Dann beantworte doch du die Frage, nur zu! Du bist der nächste.
KVL: Keine Ahnung… ich meine, wie gesagt, Neid ist vergeudete Emotion, ich verschwende dafür keine Zeit…
VK: (in säuerlichem Ton) SPRICH FÜR DICH SELBST!
KVL: Ich beneide jeden, der ein einfaches, gesegnetes, glückliches dummes Leben führt, darauf bin ich neidisch. Fällt dir jetzt was ein?
CK: Worauf du neidisch bist?
KVL: Worauf DU neidisch bist.
CK: Yeah, so ungefähr jede beschissene kleine Band, die viel mehr Kohle macht als wir!
VK: GENAU, DAS ISSES! Das ist der Neid!
KVL: Genau, genau!
VK: K-O-H-L-E!!!
CK: yeah…
VK: Geld – Völlerei – Neid.
KVL: Und unser Drummer spricht nun für die Band, wenn er sagt, dass jede blöde talentlose Band mehr verdient als wir.
CK: Kein Spass, keine Ecken und Kanten – nichts …
KVL: JEDE Band, die nicht mindestens einen Song in deutscher Sprache hat, sollte getötet werden … Losers.
(CK lacht)
VK: Oh mein Gott, das alles wird ja mitgeschnitten…
KVL: Schon gut, ihr könnt mich da zitieren.


Faulheit
KVL: Vergiss es, wir sind Meister der Faulheit..
VK: Was? Wenn wir schlampig sind?
KVL: Nein, es geht um faul sein.
VK: Nöö, ich bin nicht faul, wirklich nicht. Ich hab immer viel zu tun. Ich bin immer (macht Blubbergeräusche) – unaufhaltsam!
KVL: Yeah, ich mag Faulheit. Ich glaub ich bekennte mich schuldig..
VK: Ja, du bist da schuldig.
KVL: Das ist ein grosser Anteil meiner Existenz, meiner Persönlichkeit. Du musst einen Grad der Faulheit im Leben beibehalten, sonst gibt´s ein Burn-Out.
VK: Ich bin nur faul, wenn ich schlafen gehe.
KVL: Das ist nicht mal Faulheit, das ist Aufschieberitis, aber wenn du wirklich gar nichts tust, dann ist es fast kriminell.
VK: Genau. Bekennst du dich schuldig?
KVL: Ja, ja – in jeder Hinsicht. Und du?
CK: Egal, ich mag diese Faultiere. Ich finde sie toll.
(alle lachen)
KVL: “Faultiere sind toll!” (lacht) Unser Drummer lässt sich von dieser Frage nicht beeindrucken, nächste Frage.
VK: Die nächste Sünde bitte!

Eitelkeit
VK: EITELKEIT!!!
KVL: Na endlich etwas, wo wir uns austoben können!
VK: Es gibt wohl niemanden auf diesem Planeten, der nicht mal ein kleines bisschen eitel ist. Also ja, diese Band ist eitel. Lass es mich so ausdrücken: du musst eitel sein, wenn du auf der Bühne stehst, du musst es zu einem gewissen Grad einfach sein. Und ja, ich schaue in den Spiegel, lege mein Make-Up auf und reg mich auf – “ach, egal” – aber mir ist es eigentlich schnurz.
KVL: Als Band in diesem Genre sind wir gar nicht so eitel, ausser vielleicht unser Mädel vom Merchandise, sie hat früher meine Augenbrauen getrimmt, und das war toll – danke!
CK: Ja, eigentlich lustig. Ich hab immer so viel zu tun, dass ich mir dafür niemals die Zeit nehme… ich meine, ich versuche mich in Schuss zu halten, aber ich starre nicht dauernd in den Spiegel, oder zupfe an meinen Haaren rum. Und als wir heute hier ankamen, hab ich ungefähr 2 Stunden in den Spiegel im Badezimmer gestarrt und gedacht, wie schön ich doch eigentlich bin! (alle lachen)
VK: WAS!!!!!!!!!!!!
CK: yeah… aber was Vas schon über das Auf-die Bühne-Gehen schon sagte, es gibt da etwas in dir, das gerne hätte, dass die Leute dich beneiden, was als eitel sein durchgeht, das gehört irgendwie zusammen.

KVL: (kommentiert was die Journalistin notiert) Sie hat gerade geschrieben: “total narzissistisch”
(alle lachen)
CK: Ich glaube, dass es gut ist, ein Auge auf sich zu haben…
VK: Das musst du auch! Ich meine, du ziehst was an und musst dann in den Spiegel gucken, wie es aussieht…
CK: ausserdem, es ist langweilig in den Spiegel zu starren, wo du dann eine Falte entdeckst, die vorher noch nicht da war, oder ein graues Haar, das dir aus der Wange wächst…
KVL: …und das von unserem blutjungen Drummer!

Gier
VK: oh, Gier ist guuuuut. Bin ich gierig?
KVL: Sie fragt nicht, ob du der Sünde der Gier schuldig bist. Der beste Teil dieses Interviews ist, dass sie nur diese Sachen sagt und dann auf unsere Reaktionen achtet.
VK: Gier – yeah! Ich will, dass viele Leute… ich will Geld – yeah!
CK: Macht…
VK: Gibs mir! Gib mir Geld, kauf unser Merch, bezahl mich…
KVL: Also du bist gierig?! Sag´s doch!
VK: Bis zu einem gewissen Grad. Ich bin doch kein Idiot!
KVL: Also bist du keine idiotische gierige Person …
VK: Ich kenne meinen Wert. Ich bin doch nicht so (schrill) – “ich-will, ich-will, ich-will” – aber ich kenne meinen Wert und wieviel ich kriegen sollte, und dann bin ich zufrieden.
KVL: Ich würde also annehmen, dass wir nicht gierig sind.
VK: Wir sind gierig, bis wir haben, was wir unserer Einschätzung nach wert sind.
CK: …wobei es da keine Obergrenze gibt. Also, ich glaube… wer will denn nicht eine Menge Kohle machen?
VK: Ich kenne meinen Wert und ich akzeptiere nichts darunter. Also bin ich nicht gierig, wenn du es so siehst. Und ich sage das sowohl als Person als auch als Künstlerin, den diese Band ist mein Leben.
KVL: Gier ist ein unstillbarer Drang, immer mehr haben zu wollen.
VK: Ich vermute also, dass ich nicht gierig bin.
KVL: Nächste Frage.


Zorn
KVL: YES!
VK: Was ist Zorn?
KVL: So in etwa…
CK: Alles in dieser Band ist Zorn! Es ist Tyrannei, Missbrauch…
KVL: Es ist so nervig, jedes Mal muss ich dir erklären, was die Frage bedeutet! Hast du denn kein eigenes Wörterbuch?
VK: Ist es so wie Chaos und Machtergreifung?
KVL: Nein! Zorn ist, wenn du Schaden zufügst, wenn du an jemanden deine Wut auslässt, es ist böse…
VK: Ok, es gibt viel Zorn auf der Bühne.
KVL: Tyrannischer böser Zorn wird da überschwappen! Wie stehst du zum Zorn? Wieso muss ich dich interviewen? Verstehe deine eigenen Fragen!!!
VK: Weil du gierig bist!
KVL: Nimm dir ein Faultier!
VK: “Nimm dir ein Faultier!” (lacht)
CK: Du bist ein gieriges Faultier!
(alle lachen)
VK: Sind Faultiere zornig?
KVL: Zorn ist toll auf der Bühne, aber nicht so sehr abseits davon.
VK: Oh, ich kann abseits der Bühne zornig sein!
KVL: YES!! Ich sagte nicht, dass du das nicht tun kannst, ich sagte, dass es nicht so lustig ist.
VK: Ich mag es, ein wenig Wut an bestimmten Dingen rauszulassen.
KVL: Ich mag es im Alltagsleben nicht, wenn Leute ihre Wut an dir auslassen, und ich gestikuliere nun hier rum, weil das auf Band aufgenommen wird, aber für die Bühne glaub ich ist es sehr notwendig, all diese genannten Dinge zu haben, ausser Faulheit. Alles andere – ja!
CK: Das ist dann für die anderen 23 h des Tages – Faulheit. Ansonsten ist es Zorn pur!
(alle lachen)
KVL: Wieder einmal hat unser Drummer die Antwort perfekt kristallisiert, er ist echt super beim Zusammenfassen. Er nimmt unser Gedankenkollektiv und macht daraus was Schlüssiges, er macht das wirklich gut. Und wie er gerade sagte, Zorn – eine Stunde pro Tag, Faulheit – die anderen 23. Nächste Frage.


Lust
VK: oh mmmmm, Lust… Lust passiert nicht immer, leider.
CK: Wir sind zu sehr mit Zorn beschäftigt!
VK: Wir SIND zu sehr mit dem Zorn beschäftigt, und der Faulheit und der Völlerei…
KVL: Wir verschwenden zu viel Zeit an all das!
VK: Lust passiert bei uns nicht so oft…
KVL: Machst du Witze?! Ich meine…
VK: Es ist SEHR selten bei mir, die… die … die Lust. Passiert mir nur bei seltenen Gelegenheiten.
KVL: Vergiss nicht, dass Lust nicht unbedingt die sexuelle Lust sein muss, es ist…
CK: Das ist doch langweilig, Mann!
VK: (lacht) Tja, du kannst auf eine Person Lust haben…
KVL: Du hast Lust auf Stiefel! Weisst du noch, dass du nach Barcelona fliegen wolltest, um diese Stiefel zu kaufen?!
CK: Ach hör doch auf damit – wer will denn hier was von Stiefeln hören!?
VK: Ja, das ist wahr, aber hallo – ich glaub nicht, dass es hier um die Stiefel-Lust geht, sondern um die geile Lust! Aber mich gelüstet es nach Stiefeln, ich liebe Stiefel.
KVL: Ich glaube, bei uns 3 ist es so, wir sind nicht die Intellektuellen, aber wir haben was in der Birne, wir grübeln viel, aber das heisst nicht, dass wir intellektuell oder besonders schlau sind, aber vielleicht denken wir zu viel nach, und das tötet dann die Lust ab.
VK: Sprich für dich selbst. DU grübelst zu viel.
KVL: Ich glaube, damit Lust wirklich existieren kann, müssen die Gedanken eine Zeit lang abgeschaltet sein.
VK: Pass auf – ich hab Lust! Definitiv.
KVL: Wenn du dich gehen lässt und es raus lässt!
VK: Aber da gibt es bestimmte Dinge! Ich bin wählerisch bei meiner Lust.
KVL: Selektive Lust!
VK: Ich mach das – selektive Lust! Und dann verfolgt mich diese Lust, aber bei Lust gibt es keine Kontrolle, wie es scheint, und dann – “Oh Gott!” – ist es schon da, das ist ganz natürlich.
KVL: Das ist ganz natürlich (lacht), genauso wie ein Müsliriegel!

http://www.hanzelundgretyl.com/

Stalker.cd thanks Harri Proteus for assisting our journalists.
Autor: Marina Sidyakina, transl. K. Weber, photos: Julia Sheremetyeva, Wikipedia

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski