Clorox Girls: Freudenhäuser und Bratwürste
Die Clorox Girls sind gekommen, um einmal mehr Europa unsicher zu machen. Im Gepäck haben die Jungs aus Portland diesmal ihre neue Platte „J`aime les filles“. Was euch erwartet, ist 70`s Style Punk mit Rock`n`Roll Einflüssen a la Buddy Holly und Chuck Berry. Man darf also gespannt sein! Sänger und Gitarist Justin Maurer erzählt, wie man auf so einen originellen Bandnamen kommt, wieso es auf dem Album so viele französische Einflüsse gibt und warum Kebabverkäufer ein lukrativer Job ist.
Wie geht`s dir und wo bist du grade?
Hallo! Justin hier. Mir geht`s ganz gut, ein bißchen müde und ein bißchen durch den Wind (verwirrt und in anderen Zeitzonen). Hier ist es 8 Stunden später. Wir sind gestern aus den Staaten hier in Europa angekommen. Wir sind in Groningen, Niederlande in der Wohnung unseres Freundes Robert. Er hat den größten Teil unserer Europa-Tour gebucht und ist auch so nett und lässt uns bei sich für ein paar Tage relaxen bevor wir uns dann zur superlangen Europa-Tour aufmachen. Das wird dann unsere vierte Tour hier sein.
Die Band wurde erst im Jahre 2003 gegründet, also gibt`s vielleicht noch nicht so viele Leute, besonders in Europa, die von euch gehört haben. Könntet ihr euch deshalb kurz vorstellen, was sind zum Beispiel die guten und schlechten Eigenschaften jedes Bandmitglieds?
Hahaaa, wie ich schon gesagt hab, das ist jetzt unsere vierte Europa-Tour, also hoffe ich doch mal, dass uns hier ein paar Leute kennen! haha Wir haben auch schon 7 Singles (7“ Vinyl) in Europa veröffentlicht – zwei in Österreich, zwei in den Niederlanden und drei in Spanien. hahaaa Ich glaube, die österreichischen und holländischen 7inch sind auch in Deutschland erhältlich. Wie dem auch sei…zurück zur Frage, Justin Maurer, ich, spiele Gitarre, singe und schreibe die meisten Songs. Meine beste Charaktereigenschaft ist meine Kommunikationsfähigkeit, ich bin gut darin, mich aus schwierigen Situationen rauszuquatschen. Meine schlechteste Eigenschaft ist mein großer Mund! Ich gerate deshalb oft in Schwierigkeiten. haha Richie Cardenas spielt Drums und manchmal Tamburin. Seine beste Charaktereigenschaft ist, dass er sehr gesellig ist, er hat immer Spaß und feiert gern. Seine schlimmste Eigenschaft ist, dass er nen Problem damit hat, einfach nur still dazusitzen, er kann nicht ruhig sein und nix tun. Dennis Lyxen aus Umea, Schweden spielt Bass in der ersten Woche unserer Tour. Wir sind erst seit kurzem befreundet, seine guten und schlechten Eigenschaften werden sich also erst zeigen. Daniel Sayer, unser eigentlicher Bassist wird in Wien, Österreich zu uns stoßen. Sein bester Charakterzug ist seine Liebe zum Detail und seine praktische Entscheidungsfähigkeit. Seine schlechteste Eigenschaft ist, weil er so praktisch ist, wird er fast zu einem Vorgesetzten…aber ich denke, jede Band braucht ihren Buchführer und Vater! hahaa
Wie bist du dazu gekommen, bei den Clorox Girls zu spielen? Was ist dein musikalischer Hintergrund?
In meiner Familie väterlicherseits (lettische und deutsche Immigranten in Amerika) sind alle Musiker. Mein Großvater war in den 40ern in nem Barbershop Quartett. Mein Vater spielte in ner Punkband namens Defenders in Los Angeles in den späten 70ern und frühen 80ern. Ich hab angefangen, Drums und Gitarre zu spielen, als ich 11 Jahre alt war. Ich hatte meine erste Band mit 12. Ich hab getourt seit ich 13, 14 bin, hab in vielen Bands gespielt. Ich hab also ne Menge gelernt in den letzten 10 Jahren auf Tour. Ich bin jetzt 24. Wir haben mit den Clorox Girls angefangen, als ich 19 war. Es hat sich also ne Menge getan seit damals, als ich noch mit meiner Schwester in ner Garage auf Bainbridge Island, Washington (nähe Seattle) Drums und Gitarre gespielt hab bis jetzt, 10 Jahre später, wo wir um die Welt touren. Wir hatten das Glück letztes Jahr durch Kanada, Mexiko, Brasilien und Argentinien zu touren…ich bin gespannt, was die Zukunft bringt!
Wie würdest du euren Sound beschreiben?
Es klingt so, als ob Buddy Holly und Roy Orbison in den späten 70ern in LA Punkbands spielen und 1 bis 2 Minuten Songs schreiben würden.
Wie schreibt ihr eure Songs? Gibt`s nen Hauptsongschreiber oder sind alle beteiligt?
Ich schreibe fast alle Songs. Daniel, unser Bassist, hilft mir, wenn ich mal nicht weiterkomme oder einen Song fertigzustellen… er ist der …“Inhaltsprüfer“, wir versuchen nur die bestmöglichen Sachen zu behalten. Das ist jetzt unser Leben. Wir haben keine Wohnungen, Jobs oder Freundinnen zu Haus, also ist es sehr wichtig für uns, die bestmöglichen Songs zu haben. Musik ist das letzte, was uns noch übrig geblieben ist.
Einige recht große Namen im Musikbusiness wie Thurston Moore von Sonic Youth haben euch nen positives Feedback gegeben, ist euch deren Meinung wichtig und wie sieht`s mit Kollaborationen aus?
Thurston Moore hat ne nette Rezension zu unserer ersten Platte im Arthur Magazin geschrieben. Es ist immer großartig, was Positives zu lesen, aber ich würde gern auch etwas mehr konstruktive Kritik von Rezensenten hören…die meisten Musikjournalisten sind nicht sehr ehrlich. Also ja und nein, ihre Meinung ist uns auf der einen Seite schon wichtig, auf der anderen Seite muss man Rezensionen aber auch immer mit Vorsicht genießen. Wir versuchen Reviews nicht allzu ernst zu nehmen. Wir haben mit Conor St. Kiley von Holy Ghost Revival auf unserer letzten Platte zusammengearbeitet, und auch mit Douglas Burns von The Observers und Red Dons. Wir würden gern mit Vicious aus Umea, Schweden was machen oder mit Power Chord aus San Diego, Kalifornien. Beides sind tolle Bands! Dennis Lyxen, der mit uns in der ersten Woche unserer Tour spielt, ist wahrscheinlich die „berühmteste“ Person, mit der wir je gespielt haben. hahaa
Dann natürlich euer Bandname! Wie seid ihr darauf gekommen? Werdet ihr von der Clorox Firma [Bleichmittelhersteller, edit] gesponsert oder müsst ihr gar was an sie zahlen? Würdet ihr der Firma erlauben einen eurer Songs für eine Werbung zu benutzen? Wenn ja, welcher?
Es kommt von Red Cross (später „Redd Kross“ [kalifornische Punkband, edit]) Von ihrer ersten 12“ EP auf Posh Boy Records von 1980 „Clorox Girls, hair so white, Clorox Girls they`re outta sight“. Ron Reyes von Black Flag spielte Drums auf der Platte und Greg Hetson, später bei Circle Jerks und Bad Religion, hat auch mitgespielt zusammen mit den McDonald Brüdern, Jeff und Steve. Unser erster Drummer Clay Silva und ich waren von der Platte total begeistert, als wir die Band gründeten, total geniale eine-Minute-Lieder. Totaler Surfpunk… „Annette`s Got The Hits“, „Cover Band“, „Clorox Girls“, „I Hate My School.“ Alles geniale Lieder! Totale Klassiker! Die Clorox Firma hat uns noch kein Geld gegeben, wir haben sie mal um eine Lizenz gefragt, aber sie haben “Nein” gesagt. Nachdem wir mit nem Anwalt gesprochen haben, sagte der, dass Clorox uns nicht verklagen kann, weil unsere Musik nicht mit ihrem Produkt verwechselt werden kann. Ein Song, den sie für ne Werbung nutzen könnten…vielleicht „Flowers of Evil“ hahaa
“J`aime Les Filles” ist jetzt schon euer drittes Studioalbum in ner recht kurzen Zeitspanne. Habt ihr so ne hohe Arbeitsmoral?
Ja. Musik ist unsere höchste Priorität zur Zeit, also müssen wir schon alles dran setzen!
Verglichen mit eurem ersten Album, was hat sich verändert? Wie habt ihr euch als Band weiterentwickelt?
Es gab ne Menge Lineup-Wechsel, viele Leute kamen und gingen. Der Sound ist definitiv sehr viel reifer geworden. Es gibt sehr viel mehr 60er Einflüsse und die Betonung liegt weniger auf „Punk“. Wir versuchen einfach nur Musik zu machen, die wir mögen; eine Platte, die wir uns gerne anhören würden. Das dritte Album ist bis jetzt mein Favorit, vielleicht noch zusammen mit dem ersten Album! Wir haben ne Menge für die Band geopfert, also haben wir uns auch als Menschen verändert…immer weiterentwickelt…und auch ne Menge Schmerz eingesteckt. Wir scherzen, dass jeder Tag auf Tour uns eine Woche unseres Lebens nimmt. hahaa
In den USA und England wurde euer Album schon im April veröffentlicht. Wie ist dort das Feedback? Ich konnte für Deutschland und den Rest Europas noch keinen Veröffentlichungstermin finden, weißt du ob und wann eure Platte hier raus kommt?
Das Feedback war bis jetzt überwiegend positiv. In Deutschland wird es von Cargo & Green Hell vertrieben. Es gab eine Verzögerung bei den Vinyls, aber sie sind wohl gerade angekommen. Das neue Album sollte also ab nächster Woche in den Läden stehen.
Ihr habt den 70er Song “Le Banana Split” auf eurem Album gecovert, warum habt ihr diesen Song ausgesucht?
Weil`s einer der besten Popsongs ist, der jemals geschrieben wurde.
Es gibt ne Menge französische Referenzen auf dem Album, hassen Amerikaner die Franzosen nicht?
Nein, eigentlich ganz im Gegenteil, viele Amerikaner (zumindest die gebildeten Amerikaner) schätzen französische Kunst, Filme, Literatur und manchmal Musik! Wir lieben Les Calamites, Jaques DuTronc, Lio, Starshooter, Warum Joe und ne Menge andere französische Musik, vor allem aus den 60ern und den späten 70ern. J`adore Lio.
Auf eurer Myspace Seite ist über euren Sound geschrieben “Eine Band, bei der man nicht sicher ist, ob man sie mag bis ein Review in irgendeinem Magazin es für einen entscheidet“. Also wie würdest du mich überzeugen, ein gutes Review für euer Album zu schreiben?
Ahhh…ok, das neue Album ist post-modern, apokalyptisch und sinnlich. Wichtiger für die deutsche Kultur als Tischtennis…so köstlich wie bayrisches Bier. Besser als ein Besuch im Freudenhaus. Lecker…wie der erste ausgehungerte Biss in eine perfekt gebratene Bratwurst.
Ihr tourt ja auch ausgiebig weltweit. Macht euch das Spaß? Was war bis jetzt eurer Lieblingsort und wo war`s am schlimmsten?
Ja, wir mögen touren ziemlich gern, sonst würden wir`s ja nicht machen! Es ist immer toll verschiedene Speisen zu kosten, neue Leute zu treffen, neue Städte zu besuchen. Die schlimmsten Erfahrungen, die wir auf Tour hatten, waren in Mittelamerika, Polen und Argentinien. Die besten überall sonst besonders Brasilien, Westeuropa und Kanada.
Wie reagiert denn die Menge so bei euren Gigs?
Manchmal tanzen niedliche Mädels ganz vorne, in der Nähe der Bühne. Die Jungs sind eher wie tollwütige Hunde, schäumen aus dem Mund. Normalerweise sind wir am Ende des Abends mit Schweiß, Bier und manchmal Blut bedeckt. Ich hoffe, wir fangen uns keine Krankheiten ein.
Was ist eure Ambition mit der Band? Was würdet ihr tun, um ein Nummer 1 Album zu haben?
Wir wollen weiter touren und Platten aufnehmen. Hoffentlich können wir eines Tages davon leben. Zur Zeit leben wir von 5 Dollar pro Tag, das sind ungefähr 3 Euro pro Tag. Also könnte man sagen, dass wir etwa 90 Euro im Monat pro Bandmitglied verdienen. Ich glaube, wir würden mehr verdienen, wenn wir an nem Kebabstand arbeiten würden, stimmt`s? Wir würden nichts für ein Nummer 1 Album aufs Spiel setzen, aber andererseits sind wir offen für Vorschläge!
Und zum Abschluß, was sind eure Zukunftspläne?
Nach den 7-8 Wochen Europatour, touren wir im August/September noch mal in Europa mit unserer anderen Band Red Dons. Dann Enden Oktober touren wir in den USA und vielleicht Kanada. Im November/Dezember wollen wir in Japan touren und im Januar in Brasilien! Yeah!
Photos: Clorox Girls