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Hamburg Metal Dayz 2012

20.-22. September 2012 Hamburg, Germany, Markthalle

Donnerstag, 20. September 2012
Persönlich war leider keiner von uns am Donnerstag, dem ersten Tag der Hamburger Metal Dayz, vor Ort. Es soll aber, zumindest in den späteren Stunden, schön voll gewesen sein. Über 3.000 Besucher sollen sich an den drei Tagen die Vorträge, Lesungen, Workshops und Konzerte erfreut haben. Wir können zumindest bezeugen, dass dies am Freitag und Samstag der Fall war.

Interaktive Fotogalerie am Textende

Freitag, 21. September 2012 (Review & Fotos: Samira Alinto)

Lesung: „Kumpels in Kutten“ und „Do it yourself“ mit Bobby Schottkowski
17:30 – 18:30 (Großer Saal)

 

Christian Krumm und Holger Schmenk hatten sich für ihre Lesung Bobby Schottkowski (Ex-Drummer von Sodom) als Verstärkung geholt und stellten ihr gemeinsames Buch „Kumpels in Kutten“ und Krumms Solo-Werk „Century Media – Do it yourself, Die Geschichte eines Labels“ vor.
„Kumpels in Kutten“ dreht sich um die Ruhrgebietmetaller Anfang der Achtzigerjahre, denen wir Bands wie Kreator und Sodom sowie das Rock Hard Magazin, den Metal Hammer und das Label Century Media verdanken. Ein wirklich interessantes Buch für Fans der Bands.
Das Hauptaugenmerk lag aber leider auf „Do it yourself“, in dem die Geschichte von Century Media erzählt wird. Zu diesem Thema hatte Bobby Schottkowski auch nicht sehr viel zu sagen. Ein paar Anekdoten aus seiner Anfangszeit und einige Richtigstellungen, was Bands und Label heutzutage angeht, konnte er dann aber doch dem leider wenig spannenden und mäßig informativen Buch beisteuern. Als Krumm ihn nach Metal und Commerz fragte, ließ Bobby ihn mit der Frage, ob er sein Buch hier präsentiert, weil er es verkaufen will, etwas verdutzt sitzen. Alles in allem war die Lesung durch die Kommentare ganz unterhaltsam, aber Appetit auf einen Buchkauf des Century-Buchs machte sie eher nicht.
Website: Kumpels in Kutten
Website: Do it yourself

Audrey Horne 19:00 – 18:45 (Großer Saal)

 

Mit Audrey Horne haben sich die Hamburger Metal Days einen ganz besonderen Opener für den Freitag ins Haus geholt. Die Hardrockband aus Bergen hat schon einige Preise eingeheimst, und wer sie schon einmal live gesehen hat, weiß auch, dass sie bald nicht mehr als Eröffnungsnummer zu holen sein werden. Der charismatische Sänger Toschie gibt immer alles und das auf, neben und vor der Bühne. Mit seiner Stimme ersingt er sich auch letzte Zauderer im Publikum und das mit voller Bandbreite der Emotionen. Aber der Rest der Band rockt und post, als wenn es kein Morgen gäbe. Überhaupt sieht man selten so viel Spielfreude auf der Bühne und das, obwohl die Markthalle bis zur Mitte des Sets erst dabei war, sich zu füllen. Mit „Charon“ und „Bridges & Anchors“ von ihrem Debütalbum fanden die Jungs auch gleich den richtigen Einstieg, um die Markthalle zu beleben. Danach gaben sie mit ein paar neuen Songs einen kleinen Vorgeschmack auf das hoffentlich bald erscheinende Album. Besonders das partytaugliche „There Goes A Lady“ schien es dabei dem Publikum angetan zu haben. Als dann ihr Hit „Threshold“ vom Album Le Fol gespielt wurde, sangen doch ein paar Hamburger mit und Toschie ließ die Band das Stück zum Teil ohne sein Mitwirken spielen, weil er im Publikum – sehr zu dessen Freude – mit Headbangen und Händeschütteln beschäftigt war. Mit „Blaze of Ashes“ verabschiedete sich Audrey Horne von der mittlerweile halb gefüllten Markthalle. Schönes Ding!
Website: Audrey Horne

Meet & Greet und Randprogramm (Foyer)
Da Rimfrost gleichzeitig mit Audrey Horne spielten, habe ich sie leider verpasst. Mittlerweile staute sich die Warteschlange für das halbstündige Meet & Greet mit Saxon fast bis zum Imbiss im Eingang. Wer rechnen kann und jetzt erst kam, holte sich lieber gleich ein Kaltgetränk und schaute sich die vielen anderen Sachen an, die es zu entdecken gab.
Am WOA-Foundation-Stand gab es eine Gitarre zu gewinnen, Merch und einen Spendentopf. Die nette Mitarbeiterin wurde auch nicht müde, jedem alles was es über die Foundation zu wissen gibt, zu erläutern. Sinnvoll und interessant.

Der glückliche Gewinner!

An den Wänden gab es eine Ausstellung von schönen Bildern, die bekannte Musiker darstellten zu bestaunen. Ich habe Lemmys Warzen noch nie so plastisch herausgearbeitet gesehen. Nett!

Stormwarrior 20:30 – 21:30 (Großer Saal)

 

Ja, es gibt sie noch. Die Hamburger Urgesteine, auch wenn nur noch ihr Mitbegründer und Sänger Lars Ramcke noch original ist. Stormwarrior spielen klassischen Power Metal á la Helloween und hatten neben einem erstklassigen Sound – der den ganzen Festivaltag so gut war – auch einen Heimvorteil. Kaum ein Kuttenträger, der nicht zumindest ein Album von Stormwarrior sein eigen nennt. „Iron Gods“ von ihrem Hit-Album Heading Northe, legten sie dann auch gleich richtig los. Mit ihren einfachen Refrains bewegen sie sogar ihre sonst so steifen Mitbürger zum Mitgrölen, was an der Stimmung sein übriges tat. Klassiker wie „Signe of the Warlorde“ und „Heavy Metal Fire“ folgten Schlag auf Schlag. Mit dem Kracher „Óðinn´s Warriors“, vom Album At Foreign Shores, entließen sie ihr feierndes Publikum aufs Feinste eingestimmt auf Saxon. Macht durchaus Lust auf mehr!
Website: Stormwarrior

Saxon 20:30 – 21:30 (Großer Saal)

 

Von Stormwarrior bestens eingestimmt war dann auch die Erwartung groß, als der charismatische Biff Byford mit seinen Mannen die Bühne in Beschlag nahm. Auch wenn Paul Quinn und Biff nicht mehr die Jüngsten sind, auf der Bühne merkt man keinerlei Alterserscheinungen. Mit Saxon als Quasi-Hausband des Wackens – es fühlt sich an, als wenn sie jedes Jahr dort spielen würden – sollte man meinen, dass das norddeutsche Publikum ihrer etwas überdrüssig geworden ist. Es ist aber noch mal eine andere Sache, bei einem Konzert in der Markthalle ein wenig auf Tuchfühlung zu gehen, als sie von weit weg auf der großen Festivalbühne zu sehen. Der Funken sprang dann auch gleich beim ersten Song über, und das beidseitig. Hits wie „Crusader“, „747 (Strangers in the Night)“ und „Princess of the Night“ und „Wheels of Steel“ ließen die Markthalle kochen. Die Feierlaune hielt bis zu den letzten verklingenden Noten von „Solid Ball of Rock“ an. Schöne Show!
Website: Saxon

Samstag, 22. September 2012 (Review & Fotos: Andreas Torneberg)
Der Samstag der ersten Hamburger Metal Dayz bot ein sehr gemischtes Programm von Punk und Rock bis Metal, alles auf hohem Niveau und mit Bands, die voll bei der Sache waren und offensichtlich genauso viel Spaß hatten wie die Besucher. Im kleinen Marx ging es etwas verhaltener zu, dafür im großen Saal umso erhitzter.

Megaherz 18:15 – 18:45 (Großer Saal)

 

Die Hamburger Metal-Tage spannen einen weiten Genre-Bogen, denn das seit 1993 bestehende Projekt Megaherz aus München zählt in wechselnder Besetzung so wie Rammstein zu den Kapellen der Neuen Deutschen Härte, bringt also Industrial und Elektronik mit Rock und deutschen Texten zusammen. Die hanseatische Fanbase hatte sich versammelt und ließ sich von den wuchtigen Breitseiten der tanzbaren Härte durchschütteln, welche von einem gut gelaunten Frontmann Alexander „Lex“ Wohnhaas serviert wurde. Selbstverständlich war der Hit „Miststück“ mit im Paket, ebenso wie „Jagdzeit“, zu der auch weibliche Reize auf die Bühne gelassen wurden.
Website: Megaherz

Devil´s Train 19:15 – 20:00 (Großer Saal)

 

Solche weibliche Zutaten, die verführerisch über die Bühne kurvten, gab es gleich im Doppelpack auch bei Devil´s Train – wie schon in ihrem gut besuchten Video zum The Guess Who Song„American Woman“. Sex sells Rock`n´Roll. Seit 2011 frisch am Start, doch als Motor angetrieben von erfahrenen Musikern wie Mystic Prophecy Sänger R.D. Liapakis sowie Stratovarius Drummer Jörg Michael und Bassist Jari Kainulainen beackert die Band die Felder des amerikanisch geprägten Hard Rocks. Noch hat sich die Band nicht recht etabliert, weswegen es anfangs etwas am Zustrom beim Publikum mangelte, aber mit Einsatz und Songs, die in Richtung Whitesnake oder Deep Purple laufen, füllte sich die Halle bald wieder. Und fürs Auge gab es ja eben auch was.
Website: Devil´s Train

Dezperadoz 19:00 – 19:30 (Marx)

 

Die aus Heidelberg stammende Band von Alex Kraft schüttet den Wüstenstaub von Italo Western über fetten Heavy Rock und erschafft damit seit ihrem ersten Album vor 120 Jahren (sorry, eine Null zuviel) ihre eigene Welt: Deutscher Cowboy Metal. Die Band musste rasch für die im Stau stecken gebliebenen Perzonal War einspringen, weswegen der Soundcheck noch in Zivilklamotten etwas hastig ablief. Die Mikrofonständer wurden mit Gewehren verstärkt, das Western-Ambiente durch Rinderschädel und Galgenschlinge dekoriert, und kurz darauf fand sich die Crew in entsprechender Kostümierung wieder ein. Die Musik ist einfach äußerst originell – auch live kommen der zelluloide Wüstensound und die leicht abgedrehte Atmosphäre gut rüber. Staubig, hart, dreckig und spaßig. Da wurde sogar ein kleiner Country mit Banjo-Introduktion rustikal zwischen die fetzenden Rock/Metal-Klänge gemogelt. Yiehah!
Website: Dezperadoz

Betontod 20:30 – 21:30 (Großer Saal)

 

Plötzlich war der große Saal der Markthalle rammelvoll. Der Ruf der Rheinberger Punkrocker, die seit 22 Jahren die deutschen Bühnen mit sozialkritischen Liedern unsicher machen, hat sich eindeutig herum gesprochen. Geradlinig, direkt, schnell und eingängig. Nicht unbedingt wahnsinnig abwechslungsreich, aber offenbar genau das richtige Futter für alle, die nach einprägsamen, zum Mitgröhlen motivierende Refrains suchen. Und natürlich nach Liedern, die klare Meinungen aus und für das Volk repräsentieren. Es wurde also gegröhlt, getrampelt, gefeiert und das Absperrgitter vorn an der Bühne verbogen. Und Oliver Meister und seine Mannen tobten sich eine volle Stunde Non-Stop in bester Stimmung aus.
Website: Betontod

Perzonal War 21:00 – 21:45 (Marx)

 

Obwohl schon 7 CDs hinter sich, immer noch ein Geheimtipp des metallischen Untergrunds, gelten die vier Jungs aus Nordrhein-Westfalen als Vertreter des Thrash Metal. Sie waren diejenigen an diesem Abend, bei denen die Show eher sekundär nach hinten rückte und keine weiblichen Kurven, keine Kostüme oder Harte-Rocker-Allüren präsentiert wurden, vielmehr alle Aufmerksamkeit in die Musik investiert wurde. Harter Metal und nichts als Metal, doch sehr variantenreich und voller Ideen wurde serviert. Refrains zum Mitsingen suchte man vergeblich, Rhythmen zum Tanzen gab es eher nicht. Perzonal War machten Musik für Liebhaber brachialer und zugleich spannender und subtiler Soundgewitter.
Website: Perzonal War

Doro 22:00 – 23:15 (Großer Saal)

 

Klar, auch hier wurde in der großen Halle geschoben und gedrängelt, damit alle rein passten. Seit 30 Jahren und unzähligen Schlachten muss man über die Düsseldorfer Metal-Queen nichts mehr sagen, das gehört ja zur musikalischen Allgemeinbildung. Dementsprechend waren alle Generationen vertreten. Frau Pesch startete von Anfang an mit Zeigern auf 140 Prozent, wirbelte mähnenschüttelnd über die Bühne, verfolgt von den Objektiven der zahlreichen Fotografen im Graben, und stürzte sich denn auch gleich hinunter an die Absperrung, wo sie mit ihrem dort ausflippenden Fanclub im Duet sang; Doro zum Anfassen. In Bombenstimmung verteilte sie ihr strahlendes Lächeln über den ganzen Saal; dem Charme konnten sich auch die hintersten Eckensteher nicht entziehen. Vom neuesten Album war nur „Raise your fist in the air“ dabei, ansonsten hauptsächlich älteres Material, auch aus Warlock Zeiten z.B. „All we are“.
Website: Doro

Fazit: Die Organisatoren des Reeperbahn-Festivals und des Wacken Open Airs hatten sich schwer ins Zeug gelegt und mit den Hamburger Metal Days ein hoffentlich nun jedes Jahr wiederkehrendes Event an den Start gebracht. Die Stalker-Crew wird dann wieder dabei sein – dat is so seker as dat Amen in de Kark.

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text & photos: Andreas Torneberg, Samira Alinto

Contributors

Andreas Torneberg

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