KolumneSpecials

Ein unvorhergesehenes Abenteuer

”Wenn man sich nicht aus den eigenen 4 Wänden raus traut, erlebt man auch keine Abenteuer”, kommentierte mein ”Partner-in-Crime” die Sache hinterher, jedoch beschloss ich, selbiges nicht Teil des offiziellen Nummirock-Reports zu machen.
In der englischen Version probiere ich es mit Poesie, aber bleiben wir hier prosaisch:
Nach Ankunft am Mittwoch und Aufstellen unserer Zelte wollten wir einfach die Gegend erkunden – Fotomotive finden und einem Nummirock-Neuling wie mir die Umgebung zeigen. Besonders dann, wenn man bei Festivals im Medienbereich tätig ist, geniesst man so einen Tag frei von Verpflichtungen und Fotogräben.

Muss ich da noch erwähnen, dass Festivals an sich ein Event sind, wo man andere Leute kennenlernt, abhängt, neue Freundschaften schliesst? Dazu gehört auch, bei einem Lagerfeuer Essen oder Getränke miteinander zu teilen. Nichts Ungewöhnliches also.

Ungewöhnlich ist es allerdings, nach nur nem kleinen Schluck aus einer rumgereichten Pulle im Krankenhaus Seinäjoki wieder das Bewusstsein zu erlangen.
Drogentests verliefen positiv, und die können nur mit nem Drink in unser System gelangt sein. Wir haben leider keine Ahnung, was genau passiert ist – totales Blackout. Wir hatten noch Glück, dass andere Camper unseren Zustand bemerkten, der schlimmer war als “einen zuviel in der Krone”, und sie verständigten die Rettung…
und deswegen verpassten wir fast alle Bands am 1. Tag.

Irgendwie will ich auch nicht mal so recht glauben, dass böse Absichten dahinter steckten – denn es fehlte nichts, scheinbar musste nur unsere Würde schwere Verletzungen hinnehmen. Eventuell dachte da jemand, uns könnte ein kleiner Trip gut tun – und hatte keine Ahnung, dass wir unseren “Stoff” hauptsächlich aus einem gewöhnlichen Supermarkt, Platten- oder Buchladen beziehen.
Und weil sich von denen, die den Drink rumreichten, auch keiner gemeldet hat, werden wir wohl auch nie rausfinden, was eigentlich passiert ist.

Bloss waren alle, die davon hörten, schlicht entsetzt, dass sowas überhaupt passiert – bei einem Metal-Festival, in Finnland. Wohl ein Einzelfall – hoffentlich – und ich bin noch immer stinksauer, dass mir da ein Super Festival in toller Location ziemlich versaut wurde. Und dass ich in Zukunft gewisses Misstrauen so ziemlich jedem gegenüber wohl kaum vermeiden kann.

Also was ist die Moral aus der Geschichte?
”Mach nie die Tür auf, geh niemals raus, nimm nix von Fremden an?”
Nein.
Denn das schiebt die Verantwortung (und die Schuld) der falschen Partei in diesem ungeschriebenen Deal, in diesem ungeschriebenen Gesetz in der Metal-Gemeinschaft zu.

Stattdessen will ich lieber an euch da draussen appellieren, nicht nur auf euch selbst aufzupassen, sondern auch an die Leute um euch rum zu denken. Bedenkt bitte, dass beispielsweise alle möglichen Allergien weit verbreitet sind, und irgendeine “harmlose” Substanz in was reingemischt für jemand anderen “Intensivstation” bedeuten kann. Oder Schlimmeres.
Überlegt euch lieber andere Streiche und kleine Bosheiten.
Mein Gedicht (in der englischen Fassung dieses Artikels) etwa – das lässt wohl sogar Vogonen erschaudern. Find ich zum Beispiel viel lustiger, Leute auf diese Art zu nerven…

PS: Noch mal ein grosses DANKESCHÖN an die Crew vom Nummirock bzw. All jene, die uns in dieser Notsituation geholfen haben!
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Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....

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