Deftones / Coheed and Cambria
22. November 2010, Live Music Hall, Köln, Deutschland
In Teil 2 unserer neuen Reihe „Wir sind ja eigentlich nur für die Vorband gekommen, aber, na gut, wenn wir schon mal da sind, schauen wir uns die Hauptband auch noch an“ treffen wir dieses Mal in Köln auf Coheed and Cambria (Vorband) und die Deftones (Hauptband). Zweifel kamen mir schon im Vorfeld auf, ob diese beiden Bands überhaupt zusammen passen würden. Viel eint beide Bands ja nicht unbedingt, außer vielleicht die Tatsache, dass die Frontmänner beider Kapellen ihre lateinamerikanischen Wurzeln nicht ganz verleugnen können. Musikalisch gesehen, gibt’s bei Coheed & Cambria eher progressive Töne, die ja eher eine ganz spezielle Zuhörerschaft ansprechen, während den Deftones eigentlich fast jeder was abgewinnen kann, der Alternative Metal mag. Und fast pünktlich geht’s dann in der gut gefüllten Live Music Hall mit den vier Herren aus New York und Umgebung auch schon los.
Coheed & Cambria
Seit „unserem“ letzten gemeinsamen Gig sind so einige Jährchen ins Land gezogen, umso größer also die Freude vor diesem Support-Gig. Und da stand sie nun, in schummeriges Licht gehüllt – meine Lieblingsband. Und ganz geheimnisvoll ging das 50-minütige Set auch gleich mit „In Keeping Secrets“ los.
In ihrer Heimat um einiges bekannter als in hiesigen Gefilden, hatte man gehofft, mit diesem Special Guest Slot neue Fans zu bekehren. Allerdings muss man ganz ehrlich sagen, macht die Band es Neulingen, zumindest heute Abend, nicht gerade leicht. Jeder spielt sein Instrument sehr konzentriert und professionell, der Zuschauer jedoch, ist mehr oder weniger sich selbst überlassen. In meinem Fall ist tanzen und mitsingen angesagt, in den meisten anderen Fällen eher stehen und gucken. Von beiden Seiten wird nur selten diese imaginäre Barriere überwunden, die sich da zwischen Bühne und Saal aufgetan hat. So etwa bei „Welcome Home“, wo’s dann auch wieder etwas mehr Zuschauerbeitrag gibt und auch ein kurzes Lächeln von der Bühne.
Erst gegen Ende werden noch ein paar Gitarrentricks aus dem Sack geholt, auf die man auch schon lange gewartet hatte. Showmänner gibt’s bei anderen Bands, aber nicht bei Coheed! Hier steht die Musik absolut im Vordergrund. Und heute Abend waren es vor allem die älteren, etwas energiegeladeneren Songs, die noch am meisten gezogen haben.
Die Songauswahl an sich war sehr ausgewogen, es gab von jedem Album mindestens einen Song, vom letzten „Year of the Black Rainbow“ derer drei. Am Ende versiegte der Applaus für meinen Geschmack etwas zu schnell. Na zumindest EINE haben die Coheed Jungs heute Abend definitiv glücklich gemacht… vielleicht hört der eine oder andere doch noch in ein Album der Jungs rein, es lohnt sich wirklich!!
Deftones
Mit den Deftones gab’s dann eine kräftige Dosis „Adrenaline“, dass sogar das „weiße Pony“ „Diamantenaugen“ bekommt. Ähh, ok, ich hör schon auf. Definitiv jedoch, absolutes Kontrastprogramm zu Coheed. In dem Moment, in dem die Show beginnt, geht die Lutzi oder vielmehr der Chino ab. Rechts, links, oben, unten, der Frontmann der Deftones ist überall und schreit die Zuschauer an – im guten, musikalischen Sinne natürlich.
Auf der Bühne ist auch so was wie eine Rampe aufgebaut, auf die Chino steigt, um sich die Menge sozusagen untertan zu machen. Und er hat heut Abend wirklich leichtes Spiel. Die Leute sind ihrem neuen Herrn von Beginn an ergeben. Die Frage ist nur, wie lange kann Chino das ständige und gleichzeitige, rumrasen, hoch und runter, und shouten durchhalten? Lange, denn bis zum bitteren Ende lassen sich kaum Ermüdungserscheinungen erkennen. Nach über einer Stunde Spielzeit mit mehr als 20 Songs, ist er immer noch professionell schreifähig, dieses Fitnessprogramm verdient absoluten Respekt!
Weiteren Respekt verdient auch die Bühnengestaltung, die wohl jeden Abend die Stromrechnung ins Unermessliche treibt. Die gesamte Rückwand ist mit Scheinwerfern bestückt, die dem Gig allerdings ganz besondere visuelle Eindrücke bescheren. Bei der Songauswahl ist auch für jeden was dabei, vor allem auch der neue Song „Diamond Eyes“ erweist sich als Ohrwurm vor dem Herrn und könnte bisherige Deftones Klassiker wie My own Summer, Change und Minerva (die allesamt an diesem Abend auch zu Gehör gebracht wurden) alsbald ausschlagen.
Was haben wir also gelernt? Die Deftones sind nicht nur eine gute Studioband, sondern auch live absolut sehenswert. Und vielleicht gibt’s ja auch bald eine Fitness-DVD?
Und die Moral von der Geschicht, machmal ist es besser, wenn sich Gegensätze nicht anziehen. Das gilt zumindest für die Mannen von Coheed, die im Schatten der Deftones, wie ein schwarzer Regenbogen, doch etwas untergegangen sind.